Euthanasie und Export - sozialkonservative Aufbruchssimulation in Berlin

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Aus ihrem Kaleidoskop politischer Abwegigkeiten sind der Regierung der nationalen Selbstüberhöhung nach vier Wochen Dauerfehlstart nur zwei große Brocken geblieben: Ein Thema das in Zukunft keines mehr sein wird, und ein Zukunftsthema welches sie brachial auf die Irrwege der Gegenwart hinzubiegen versucht - die Rentenausschüttung und der ökologische Umbau der Ökonomie. Zu beidem gibt es aus anarchistischer Sicht Grundsätzliches anzumerken, und auch wenn es nicht Aufgabe einer außerparlamentaristischen Opposition ist die Dummheiten der Regierung und ihrer Organe zu korrigieren, so sollte es doch Anspruch sein diejenigen zu warnen die ihnen nichts mehr oder noch nichts entgegenzusetzen haben. Das untergehende System gefährdet die Lebensgrundlagen der ganz Alten und der ganz Jungen welche sich nicht wehren können noch weitaus stärker als die derjenigen die es aus ihrer Lebensmitte heraus tun. Sein Zangengriff gegen die ganze Gesellschaft setzt in besonderer Heimtücke an ihren schwächsten Punkten an, und das Gebot des vorausschauenden Handelns erfordert eine vollständige Ausleuchtung dieser Taktik um sich ihrer als Ganzes erwehren zu können.

 

Die Rente ist kein Thema weil es sich dabei um eine Ausgleichssubvention handelt. Sobald der Tod in greifbare Nähe rückt mag selbst der kapitalistische Staat nicht mehr die Folgen der Vorenthaltung des gesellschaftlichen Grundeinkommens rechtfertigen. Daher wurden Umverteilungssysteme eingerichtet welche allerdings weder den Gezeiten der Altersstruktur noch den Stürmen der Krise gewachsen sind. Doch da dieser tut was er nicht rechtfertigen kann ist das Nicht-Thema innerhalb dessen scheinbar doch ein Thema, weil ihr Wegfall die Alten vor ein materielles Nichts stellt.

Das sozialkonservative Rentenmodell basiert auf der ideologischen Differenzierung gesellschaftlicher Gruppen. Anstatt gleiches Geld für alle wird bei der Auszahlung nach gesellschaftlicher Rolle und ideologischer Gewichtung entschieden. Die Rentensoziologie welche dabei den Gleichbehandlungsanspruch verdrängt ist darauf zugeschnitten Verhaltensweisen zu fördern welche Ausdruck von Hilflosigkeit sind. Doch darüber hinaus bedeutet die kleinteilige ideologische Instrumentalisierung der Rentenabhängigkeit auch eine Gefahr für die noch todesferneren Generationen, denn mit einer solchen Ideologisierung werden die Grundlagen für eine systematische politische Ausschlachtung der Altersschwäche gelegt.

Sobald die Altersversorgung nach Gutsherrenart gehandhabt wird, also der ideologischen Willkür einer Regierung ausgeliefert ist die sich mit der Ausnutzung derjenigen die nicht mehr klarer sehen können die Zustimmung für eine als Ganzes menschenverachtende Politik zu erkaufen versucht, führt das Mikrolobbying mit dem die gesellschaftliche Vielfalt gefleddert wird um aus jeder einzelnen Zwangslage das größtmögliche Ausmaß an ideologischer Zustimmung herauszuschinden erfahrungsgemäß innerhalb nur weniger Generationen zum Aussterben einer Gesellschaft durch Verlust der strukturellen Grundlagen ihrer Mündigkeit. Die Gefahr der Entvölkerung geht nicht von einem fremdartig scheinenden Feind am Waldrand aus, sondern tritt in aller Gespenstischkeit aus dem Innersten der hegemonialen gesellschaftlichen Strukturen zutage.

Dort wo Konzerne das Land entleeren um es industriell zu verwerten werden sind diese Effekte bereits jetzt brutal sichtbar: Die nur bedingt abwehrbereiten Alteigentümer, denen ohnehin bereits jeglicher sozialer Zusammenhalt fehlt, sind den gezielt heimtückisch auf ihre persönlichen Entscheidungsspielräume zugeschnittenen Willkürangeboten jeder für sich hilflos ausgeliefert, die systematische Ausnutzung der materiellen Unterschiede zerreißt die letzten autarken Strukturen, die Emotionen einzelner erschöpfen sich am irrsinnigen Materialaufwand des kranken Systems, und je enger das personenbezogene Mikrolobbying auf die individuelle Situation der Alten zugeht desto eher sterben sie an gebrochenem Herzen.

Ist der sich mit Entschädigungen schadlos haltende Konzern der Staat dann bekommt der Begriff des Lobbying in diesem Zusammenhang eine weitere Bedeutungsebene. Während die Grenzüberschreitung des Konzerns allein darin liegt dass er mit seinem Lobbying aus dem Vorzimmer der Entscheidungsgremien herausgeht und stattdessen in die persönliche Lebensgestaltung der daran beteiligten Personen eindringt, besteht die des Staates daraus mit derartiger Gesellschaftsklempnerei dem Tod zu nahe zu treten.

Wenn in der persönlichen Annäherung an den Tod gezielt diejenigen gesellschaftlichen Gruppen und Rollen be- bzw. angestochen werden, die als erste ein Gefühl dafür entwickeln könnten dass eine derartige Grundwerteverletzung den Zusammenhalt der Generationen zerbricht weil dann die Jungen das System nur noch loswerden können indem sie sich der Alten entledigen, dann ist die selbsterfüllende Prophezeiung die Mutter aller Entscheidungen. Dann wird es dazu kommen so wie die entsprechende Konzerntätigkeit die Jugend in die Abwanderung treibt. Denn dass ein Konzern oder Staat derart auf die Alten eindringt bedeutet vor allem eines: Dass er an den hellsten Köpfen aller nachfolgenden Generationen bereits gescheitert ist.

Die Ideologisierung der Rente ist also nicht nur ungerecht und kindisch, sie ist vor allem gefährlich. Nicht in dem Sinn wie eine Chemiewaffe gefährlich ist, obwohl sich in der demokratischen Entmenschlichung auch das findet, sondern so wie eine Kohlenmonoxidvergiftung gefährlich ist. Wenn der Spalt zwischen Lohnarbeit und Tod in dem die gesellschaftliche Rolle der Person keine Bedeutung mehr hat ganz geschlossen wird, dann qualmt nicht nur die Bude voll, wie es bereits seit einigen Generationen geschieht weil zwischen Kindheit und Beruf kaum noch ein Durchzug ist, nein es ergeben sich sehr viel tückischere Risiken. Dann kann innerhalb kurzer Zeit die gesamte Gesellschaft an einer Verknappung der Grundrechte ersticken.

Nicht weniger dumm wenngleich weniger grobschlächtig ist die offizielle Reaktion zum Thema des ökologischen Umbaus. Hier muss sich tatsächlich von systematischer Energieverschwendung verabschiedet werden, aber diejenigen die versprechen das zu tun sind sich selbst nicht einig ob sie auf dem richtigen Weg seien oder die Richtung nicht doch lieber noch einmal wechseln möchten. Die ausbleibende Abwendung von den Energiekonzernen führt zu einem politisch absurden Geschäftsmodell: Der Anstieg des Anteils erneuerbarer Energien  wird mit einem Anstieg des Gesamtvolumens erkauft, oder schlimmer noch mit Exportspekulationen. Das ist so wie wenn jemand anstatt die Versorgungsstruktur ökologisch umzubauen nur möglichst viele neue Stromleitungen verkaufen will. Und es zeigt auch die begriffliche Verkürzung seitens der staatlichen Energieverschwendungs-Ideologie. Beim Stromverbrauchvermeiden geht es nicht nur um Kilowattstunden, sondern immer um Kilowattstundenkilometer. Nicht nur sollte möglichst wenig Energie verbraucht werden und dieser Verbrauch möglichst bald wieder nachlassen, sondern es soll auch der Weg vom Erzeuger zum Verbraucher möglichst kurz sein.

Derzeit macht sich die Regierung in ihrem grotesken Austeritätswahn damit unbeliebt der grünlackierten Kleinbürgermeute das Leckerli für ihren Größenwahn wegzunehmen, welches die Form einer Extrasubvention für Netzeinspeisungen aus erneuerbaren Energien hat. Doch der Fehler ist nicht die Existenz oder Höhe dieser Subvention und auch nicht ihre Zweckbindung, sondern dass diese unfair gehandhabt wird. Denn wenn es zuerst darum gehen muss die Leitungswege zu verringern dann können nur echte Überschüsse eingespeist werden. Womit Schluss sein muss ist die subventionierte Einspeisung von Eigenverbräuchen welche anschließend zum gewöhnlichen Marktpreis zurückgekauft werden.

Eher noch wäre eine zweckgebundene Gebühr dafür fällig dass das Stromnetz als Akku benutzt wird der eine bestimmte zeitliche Ausgleichskapazität bereitstellt. Das gilt im Übrigen auch für die Fossilen. Was nicht ins Netz geht mag als Ressourcenbelastung angerechnet werden hat aber nichts mit dem Strommarkt zu schaffen. Und was damit zu schaffen hat kann nicht von zweckgebundenen Abgaben befreit werden sondern ist ggf. mit einer Ausgleichssubvention zu entlasten. Diese wiederum ist mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz zu vergeben, nicht nach ideologischen Maßstäben, denn sie ist eine nur begrenzt belastbare Brückentechnologie zum ökologischen Grundeinkommen das die Menschen dafür entschädigt dass sie von Staat und Kapital in diese prekäre Situation verbracht wurden. Und das ist das erste was geschehen muss um realistische Energiepreise sozialverträglich zu gestalten und den Umbaustau aufzulösen.

Die Regierungskoalition in ihrer hohlen Spekulationsillusion scheint jedoch in sich selbst uneins wer Hammer und wer Amboss ist. Wie übergroßer baufälliger Kitsch schlagen die beiden Fraktionen mit verbalen Entgleisungen aufeinander ein, und dahinter kommt eine Retortenlandschaft zum Vorschein in der der Tod aus jedem Astloch blinzelt. Das Versagen beim ökologischen Umbau verdeutlicht deswegen besonders prägnant was sie Gesamtsituation der demokratischen Narretei bereits erahnen lässt: Die sozialkonservative Zweckehe vereinigt Geschäftsbereiche die sich gegenseitig nicht wirtschaftlich tragen, daher ist die Insolvenz vorprogrammiert. All die Regierungserlasse, Gesetzesbeschlüsse, Parlamentsinitiativen und erst recht der dazugehörige Rattenschwanz an Gleichschaltungspropaganda sind die Bäume nicht wert welche dafür gefällt wurden.

Fußnote: Das gilt auch dann wenn diese Rodungen stattfinden um Rohstoffe für papierlose Medien auszugraben.

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Siehe auch:

- Das große Debakel der sozialkonservativen Kollision (15.12.) - https://linksunten.indymedia.org/de/node/101518
- Die Kanzleramtsaffäre und die Deutschen (7.1.) - https://linksunten.indymedia.org/de/node/102951
- Menschliche Schutzschilde für den Restadel? (14.1.) - https://linksunten.indymedia.org/de/node/103417
- Vorfahrt durch Lügen – das blaue Wunder der gelben Bengel (23.1.) - https://linksunten.indymedia.org/de/node/104348
- Der Troll der aus dem Schiffsbau kam (25.1.) - https://linksunten.indymedia.org/de/node/104443