Vor wenigen Minuten wurde in der Neugasse in Jenas Innenstadt ein Haus besetzt. Sympathisant_innen sammeln sich rund ums Haus – Unterstützung ist äußerst willkommen!
Das Haus: Die Neugasse 17 steht seit mindestens fünf Jahren leer. Die Heizungen wurden entfernt, die Wasserleitungen abgeschraubt und die Sicherungskästen abgeklemmt. Eigentümer ist JenaWohnen, wo offensichtlich seit Längerem kein großes Interesse daran besteht, mit dem zentral gelegenen Haus in naher Zukunft irgendetwas anzufangen. Eher im Gegenteil; wer es so lange brachliegen lässt und die Fenster und Türen nur notdürftig mit Holz zunagelt, scheint langfristig mehr Interesse an einem Abriss oder einem Grundstücksverkauf zu haben als an dem bestehenden Haus selbst. Wie auch immer diese Interessen bzw. marktüblichen Kalkulationen aussehen mochten – der langjährige Status des Leerstands ist nun beendet und das Haus dem Eigentümer und damit dem Markt entzogen. Ob seiner Lage in der Innenstadt, dem Raum für 3-4 Wohnungen, der Dachterrasse, dem Garten und vor allem aber der Ladenfläche im Erdgeschoss war es ab einem gewissen Grad an Entschlossenheit einfach unwiderstehlich und politisch kaum vertretbar, sich dieses Haus nicht einfach zu nehmen.
Infocafé Wolja – Raum für Debatte und Intervention
Angesichts des baulichen Zustands und der sinkenden Temperaturen dürfte es eine Weile brauchen, um die oberen beiden Stockwerke in einen wohnlichen Zustand zu versetzen. Die Ladenfläche mit ihren dahinterliegenden Räumen steht allerdings unmittelbar als Raum für Infoveranstaltungen, Diskussionen, Workshops, Lesecafé uvm. sowie als Ausgangspunkt für weitere Aktionen zur Verfügung. Das hängt nicht nur mit der günstigen baulichen Beschaffenheit zusammen; die Hausbesetzung an sich einen geringen Beitrag zu langatmigen Kämpfen gegen Privateigentum, die Verwertung sämtlicher Lebensbereiche und die dafür notwendige hierarchische Strukturierung der Gesellschaft dar. Die Aktion kann nur einen neuen Raum eröffnen, als Startpunkt gesehen werden, sich weitere Räume anzueignen, in denen die widerständische Praxis reflektiert werden kann. Reflektion und das Verstehen der allgegenwärtigen Widersprüchlichkeiten ermöglichen überhaupt erst eine Bewegung. Die Besetzung schafft keinen Freiraum – sie schafft einen Raum für Befreiungsprozesse. Die Ladenfläche im Erdgeschoss wird ab heute unter dem Namen “Infocafé Wolja” für emanzipatorische Kämpfe um Stadt und Gesellschaft offen stehen, aber dabei auch nicht versäumen, einen gemütlichen Ort der Zusammenkunft zu schaffen, an dem ebenso gestritten wie gefaulenzt werden kann. “Wolja” hat seinen Ursprung im Russischen bzw. im Ukrainischen und steht für “Wille, Freiheit, Weg, Sehnsucht”, was dem Anspruch des neu eröffneten Raums relativ nahe kommt.
Heute
Es ist abzusehen, dass der Eigentümer mithilfe der Polizei so bald wie möglich die Besetzung beenden wollen wird. Die Aktion lebt dabei nicht nur von der konkreten Besetzung, sondern vom Bruch mit dem befriedeten Jenaer Alltag. Je mehr Menschen sich am Haus einfinden, eigene Aktionen machen, eventuell Flugblätter verteilen oder Diskussionen führen, desto größer wird sowohl die Wirkung der gesamten Aktion, als auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Besetzung langfristig sein wird. Im besten Fall gibt es viele unterschiedlich agierende Bezugsgruppen, die z.B.
- in Absprache miteinander zu bestimmten Zeiten Vorder- und Rückseite des Hauses dicht halten
- weitere Menschen mobilisieren
- Infrastruktur für eine kalte Nacht heranschaffen
- eigene Inhalte per Flyer/Megafon vermitteln
- eigene Aktionen in der Stadt machen
- miteinander und mit anderen über zukünftige Interventionen in Jena und anderswo diskutieren
Als Besetzer_innen gehen wir davon aus, dass die Polizei, wenn es einmal den Beschluss zur Räumung gibt, diesen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln durchsetzen wird. Sobald diese Situation eintritt, werden wir uns im Haus auf passiven Widerstand beschränken. Die staatlichen Organe werden im Ernstfall immer auf brutalere Ressourcen zurückgreifen, als wir sie uns jemals aneignen wollen. Das gilt vor allem für die spezifische Situation der Menschen im Haus. Auf dieser Grundlage könnt ihr für euch entscheiden, wie ihr ums Haus herum auf polizeiliche Eskalationsversuche reagieren wollt.
Seid auf Repressalien gefasst – macht bei Ingewahrsamnahmen auf keinen Fall Aussagen, unterschreibt nichts und meldet euch beim EA (01578 524 88 08) – passt auf eure Freund_innen auf – meldet euch später bei der Roten Hilfe
Aktuelle Infos und Hintergrundtexte unter http://wolja.noblogs.org
Jenawohnen beharrt auf Leerstand!
Jenawohnen hat das Gespräch und alle Verhandlungen mit uns abgelehnt. Das Unternehmen verwies einseitig auf sein Eigentumsrecht. Das Angebot der Polizei herunterzukommen, um dann mit jenawohnen zu verhandeln, war daher gelogen. Das hat uns nicht weiter überrascht und wir richten uns ein, zu bleiben. Kommt alle und unterstützt die Besetzung vor Ort!
PM der Besetzer_innen
Stadt unkooperativ – Besetzung geht weiter – Räumung droht
In einem kurzen Gespräch versuchten Oberbürgermeister Schröter, Polizeichef Treunert und der Geschäftsführer von Jena Wohnen mit dem Angebot von Straffreiheit und Gesprächen über legale andere Objekte die Besetzer_innen zur Aufgabe zu bewegen. Da die Besetzer_innen einen Verbleib in der Neugasse 17 anstreben und die Diffamierung des Oberbürgermeisters, sie seien Stalinisten, in Diskussionen mit Umstehenden mündeten, blieb das Gespräch ohne Ergebnis. Die BFE macht sich offenbar zur Räumung bereit. Wir bleiben alle!
dtoday.de
Auch Twitter-News
Unter http://twitter.com/Reibekaese_ost zur Hausbesetzung und Räumung
Account gesperrt
Der Twitter-Account wurde wohl gesperrt. Da wird jede Diktatur neidisch auf Jenas Stadtregierung. So wirds gemacht...
Sponti
Wie zumindestest diesem Alterantivaccount https://twitter.com/reibekaese_west zu entnehmen ist zog gestern Abend noch eine kraftvolle Spontandemo durch die Jenaer Innenstadt und konnte von den Bullen nicht aufgehalten werden. Super Sache!