Clausnitz, Sachsen, Deutschland. Donnerstagabend im Februar. Pogrom.

Es herrscht Pogromstimmung in dem kleinen Dorf nahe der tschechischen Grenze. Ein faschistischer Mob formiert sich vor der Flüchtlingsunterkunft, versucht die Ankunft der Flüchtlinge zu verhindern, sie gröhlen Parolen, bedrohen die Flüchtlinge und greifen den Reisebus an.

 

Die Polizei ist vor Ort, doch tut sie nichts, zumindest nichts gegen die Faschisten. Sie holen keine größere Unterstützung, drängen den Haufen nicht vom Bus ab, der darf sogar auf das Grundstück der Unterkunft vordringen und dort weiter machen. Gegen die Flüchtlinge, die völlig verängstigt sind, weinen, nicht aus dem Bus wollen, ist die Polizei jedoch äußerst engagiert. Ein Video zeigt, wie sie einen kleinen Jungen misshandeln und aus dem Bus durch die johlende und applaudierende Menge in die Unterkunft schleppen. Später berichtet ein Mädchen, wie sie von den Bullen misshandelt wurde. Einige Flüchtlinge brechen zusammen.

 

Dieser Einsatz findet Beifall. Uwe Reißmann von der Polizeidirektion Chemnitz erklärt die Angegriffenen zu den eigentlich Schuldigen, kündigt sogar ihre Verfolgung an. Unterstützung erhält er von hoher Stelle. Sowohl Sachsens Innenminister Markus Ulbig, als auch der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt sehen nichts kritikwürdiges. Bundesinnenminister De Maiziere erklärt die Polizei habe"... meines Erachtens auch richtig gehandelt, die Menschen aus dem Bus zu bringen."

 

Klar ist, dass die Schweine, die die Flüchtlinge angriffen, staatlicherseits informiert waren. Ob es tatsächlich der Leiter des Flüchtlingsheims, der jetzt am Pranger steht, war oder ob er nur ein Bauernopfer ist und andere staatliche Stellen dafür verantwortlich sind, ist dabei egal. Wobei es natürlich ganz gut passt, dass es ein einzelner AfD-Typ ist, dem dafür die Verantwortung in die Schuhe geschoben werden kann.

 

Eine Situation, in der der Staat ganz offen zusammen mit einer faschistischen Bande gegen Flüchtlinge vorgeht, macht die Frage nach dem Widerspruch bürgerliche Demokratie – Faschismus, d.h. ein Widerspruch innerhalb der herrschenden Klasse, den man ausnutzen könnte, obsolet.

 

Diese Leute haben bei dem Pogrom jede Grenze bürgerlicher Norm überrannt. Wie degeneriert und verkommen muss man sein, wenn man jubelt, wenn weinende Kinder geprügelt werden?

 

Das sind keine besorgten Bürger. Das sind keine Leute, die nur verunsichert sind, oder die Existenzängste plagen. Das sind nicht einmal "nur" Rassisten oder "Ewiggestrige". Das ist widerlicher faschistischer Abschaum. Wer dafür Verständnis zeigt, der macht sich damit gemein, ist genau so wie dieses Gesindel.

 

Voller Abscheu und Hass auf diese Vorgänge blickend, hat unsere Klasse Erfahrungen im Kampf gegen solche Brut gesammelt: Ghosts of Cable Street


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Gefunden auf Dem Volke Dienen.

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https://linksunten.indymedia.org/de/node/169958

 

Konsequenzen aus Clausnitz: freie Wohnortwahl für Geflüchtete - Rassist_innen umquartieren

 

Zahlreiche Medienberichte in den letzten Tagen haben deutlich gemacht: Die Geflüchteten, die in Clausnitz untergebracht wurden, haben Angst um Leib um Leben. Das ist angesichts der Bedrohung direkt bei ihrer Ankunft durch einen hasserfüllten Mob, der Amtshilfe durch die Polizei sowie der generell starken und gewalttätigen rassistischen Strukturen in der Region nur allzu verständlich. Antje Bröckling, Pressesprecherin der Gruppe deutschland demobilisieren, dazu:

 

"Es ist unzumutbar, Geflüchtete gegen ihren Willen in einem Drecksnest wie Clausnitz unterzubringen und sie dieser Gefahr auszusetzen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Geflüchteten unverzüglich in einen Ort ihrer Wahl umziehen können. Die entstehenden Umzugskosten sowie eine angemessene Entschädigung für die psychischen Belastungen sollen nach dem Verursacherprinzip die Clausnitzer Rassist_innen tragen."

 

Doch die Geflüchteten sofort in Sicherheit vor potentiellen rassistischen Attacken zu bringen, ist nur der dringlichste Schritt. Bröckling weiter:

 

"Der Mob - und nicht die Geflüchteten - sind das Problem. Die rassistische Meute darf nicht das Gefühl bekommen, sie hätte gesiegt. Als Konsequenz fordern wir daher die Ermittlung und Umquartierung aller Personen, die sich in den vergangenen Wochen in Clausnitz rassistisch betätigt haben, an einen abgelegenen und gut gesicherten Ort, an dem sie keine Geflüchteten mehr angreifen können."

 

Aber auch die Polizei steht für Bröckling in der Kritik:

 

"Einige der Geflüchteten wurden unter Anwendung von Gewalt und gegen ihren Willen aus dem Bus gezerrt. Wir unterstützen die von ihnen gestellte Strafanzeige gegen die Polizei sowie die von amnesty international erhobene Forderung nach einer internationalen und unabhängigen Untersuchung des Polizeieinsatzes. In diesem Einsatz und der nachträglichen Kriminalisierung der Betroffenen wurden durch die Polizei eindeutig Opfer zu Täter_innen gemacht."

 

Da die Diskussion in den letzten Tagen zum Teil einseitig das Problem Rassismus in Sachsen verortete, ergänzt Bröckling abschließend:

 

"In Sachsen ist die Dichte an Attacken auf Unterkünfte von Geflüchteten im Bundesdurchschnitt am höchsten. Schon seit Längerem befürchten wir, dass es hier zu Pogromen kommen wird – Orte wie Heidenau, Freital, Übigau, Einsiedel oder Bautzen zeigen die Dimension. Das Problem Rassismus besteht aber bundesweit, Angriffe gibt es mittlerweile in allen Regionen Deutschlands. Für uns gilt daher die Losung: Wenn Rassist_innen angreifen, muss dafür gesorgt werden, dass sie es nie wieder tun - egal ob in Clausnitz, Marzahn, Köln oder Hamburg!"

Zum Hintergrund:

 

Frankfurter Neue Presse: Geflüchtete in Clausnitz haben Angst und wollen "einfach nur weg":
http://www.fnp.de/nachrichten/politik/tagesthema/Fluechtlinge-in-Clausnitz-Wir-wollen-einfach-nur-weg-rdquo;art151,1867824


amnesty international-Forderung nach Untersuchung des Polizeieinsatzes:
http://www.deutschlandfunk.de/clausnitz-amnesty-international-fordert-unabhaengige.447.de.html?drn%3Anews_id=584242


Aktuelle Zahlen der Amadeu-Antonio-Stiftung zu Angriffen auf Geflüchtete: https://pbs.twimg.com/media/Cb2MjhAWAAAo193.jpg


demob - deutschland demobilisieren ist eine Gruppe der Naturfreundejugend Berlin, die sich seit ca. zwei Jahren mit den zunehmenden rassistischen Attacken gegen Geflüchtete in Deutschland auseinandersetzt.

 

https://deutschlanddemobilisieren.wordpress.com/