Um gegen „Die Festung Europa, Überwachung und rechte Gewalt“ zu protestieren, versammelten sich am 14. Dezember etwa 400 Menschen auf dem Freiburger Weihnachtsmarkt. Die unangemeldete Demonstration verlief ohne Zwischenfälle und konnte mit Redebeiträgen, lautstarken Parolen und Gesang auf die ausufernde Repression, rechte Gewalt und Sicherheitsarchitekturen aufmerksam machen.
Die diesjährige Vorweihnachts-Antirepressionsdemo begann nach Verhandlungen mit den Bullen mit einer knappen halben Stunde Verspätung vor dem Rathaus. Die Bullen ließen sich auf eine Route über Unterlinden und Schiffstraße zur KaJo und bis zum Bertoldsbrunnen ein. An diesem Ort machte „Aktion Bleiberecht“ auf die massiven Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen aufmerksam. Sie thematisierten unter anderem das Abschottungsinstrument Eurosur und die Grenzschutzagentur Frontex.
Vom Bertoldsbrunnen zog die Demonstration weiter in Richtung Martinstor, wo sie ins Bermudadreieck abbog. Auf Höhe der Badischen Zeitung gelangte sie wieder auf die Bertoldstraße. Hier ging es mit Parolen wie „Um Europa keine Mauer, Bleiberecht für Alle – und auf Dauer!“ oder „Nazis Morden...“ in Richtung Stadtbahnbrücke. Hier bog die Demo in die Moltkestraße ein und zog durch die Sedanstraße. Am Anfang der Wilhelmstraße wurde die Abschlusskundgebung abgehalten. Hierbei wurde das unten stehende Grußwort des Solikreises Mannheim verlesen.
Außer etwas anstrengender Bullen was vermeintliche Vermummungen betrifft, hielt sich die Staatsgewalt zurück. Die Demonstration verlief ohne Stress und konnte unsere Anliegen in der vorweihnachtlichen Innenstadt deutlich vermitteln.
Am späteren Nachmittag gab es noch eine Sponti mit Sambaband und lautstarken Parolen, die das rege Interesse der Passant_innen weckte und sich ebenfalls ohne Probleme auf dem Weinachtsmarkt auflöste.
Wir kommen wieder!
Sicherheitsarchitekturen eintreten!
Nationalismus raus aus den Köpfen!
Grußwort des Solikreis Mannheim
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,
so wie wir in Mannheim, geht auch ihr heute in Freiburg auf die Straße und lasst euch nicht von der winterlichen Kälte abschrecken. Denn zahlreiche aktuelle Ereignisse machen uns wütend und verleihen unserer grundsätzlichen Kritik an dieser Gesellschaft und diesem Staat Nachdruck.
In Mannheim sind drei Genossinnen und Genossen angeklagt. Bei ihnen gab es Razzien, Beschlagnahmungen und zwangsweise DNA-Entnahmen. Die Polizei ging bei den Durchsuchungen brutal vor, schlug eine Wohnungstür mit einem Rammbock ein und hielt einem Mitbewohner eine Pistole an den Kopf. Die ganze Maßnahme beruhte auf der Aussage eines Nazis und des Engagements des Heidelberger Kriminalpolizisten Schönfelder, der für seine Aktionen gegen Linke bekannt ist. Beweise für den eigentlichen Vorwurf gab es keine. Unbekannte sollen den Kreivorsitzenden der NPD Rhein-Neckar Jan Jaeschke bei einer Wahlkampfaktion überfallen und leicht verletzt haben. Es war Gesinnungsjustiz einer widerlichen Zusammenarbeit von Polizei und Nazis.
Dieser Vorfall hat uns dazu veranlasst, einen Solikreis zu gründen, den Betroffenen Unterstützung zukommen zu lassen, die Öffentlichkeit zu informieren und uns gesellschaftlich mit den Ursachen solch autoritärer Maßnahmen zu beschäftigen.
Genau wie ihr in Freiburg sehen auch wir in Mannheim die menschenverachtenden Aktionen der Nazis als Spitze eines Eisberg, der sich gesellschaftlicher Rassimus nennt. Basis dafür ist auch der autoritäre Überwachungsstaat, den schwarz-gelb über Jahrzente in Baden-Württemberg etablierten und der jetzt von grün-rot weiter ausgebaut wird, unter anderem zur ein verschärftes Polizeigesetz. Denn gerade Linke, die sich gegen Rassismus und Nazis wehren, sind davon betroffen.
Die Hausdurchsuchungen in Mannheim reihen sich ein in eine Vielzahl von Repressionsschlägen in Baden-Württember. Am 3. Oktober durchsuchte die Polizei in Stuttgart eine Wohnung und nahm eine Aktivistin in Unterbindungsgewahrsam. Damit sollten die Proteste gegen die nationalistisch aufgeladenen „Einheitsfeierlichkeiten“ kriminalisiert und behindert werden. Weiteres Beispiel ist der in Heidelberg eingesetzte Spitzel Simon Bromma. Auch hier erscheint die Begründung für diese Polizeimaßnahme an den Haaren herbeigezogen, im übrigen veranlasst durch den selben Heidelberger Polizisten, der jetzt auch für die Razzien in Mannheim verantwortlich war. SPD und Grüne versprachen im Wahlkampf 2011 Aufklärung im Spitzel-Skandal, stellten die notwendigen Unterlagen jedoch sobald sie in der Regierung waren unter Verschluss. Naziaufmärsche wurden zuletzt in Göppingen durchgeprügelt und Gegendemonstrant*innen in Polizeikesseln festgesetzt - legitimiert durch ein neues Polizeigesetz, das die Meinungsfreiheit erheblich einschränkt.
Während die Grün-Rote Landesregierung kein Problem damit hat, mit übertriebener Härte gegen Linke vorzugehen, scheint sie in bester CDU-Tradition auf dem rechten Auge blind zu sein. Dies zeigt sich an der völlig mangelhaften „Aufklärung“ des NSU-Komplex. Die Landesregierung glänzt hierbei durch Verschleppung, Vertuschung und Behinderung der Arbeit. Ein dringend notwendiger Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg wird blockiert.
Schon seit Jahren sind unaufgeklärte rechte Straftaten an der Tagesordnung. Neue Untersuchungen zeigen, dass die Dunkelziffer wohl um ein vielfaches höher ist, als bisher angenommen. In diesem Klima bewaffnen sich Nazis und planen Bombenanschläge, wie auch bei euch in Freiburg.
Wie schon 20 Jahre zuvor in Rostock-Lichtenhagen lässt die Polizei auch heute den rassistischen Mob oft gewähren. Popgromartige Aufläufe vor Flüchtlingsunterkünften werden wieder häufiger. Vor allem die Geflüchteten sind vielfältigem staatlichen Rassismus ausgesetzt. Die Kriminalisierung durch Abschiebehaft und rassistische Polizeikontrollen wird mindestens während der Phase der Antragstellung ergänzt durch Arbeitsverbote. Am 3. Oktober ertranken vor der Insel Lampedusa fast 400 Menschen, die aus afrikanischen Ländern geflüchtet waren und in Europa Schutz suchten. Nach anfangs geheuchelter Trauer der politischen Repräsentant*innen hat der EU-Gipfel die mörderische Abschottungspolitik nochmals bekräftigt.
Deshalb verbinden wir unseren Kampf gegen den autoritären Polizei- und Überwachungsstaat auch mit dem Widerstannd der Geflüchteten und ihre Forderungen nach einem besseren Leben hier und überall.
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Polizeiliche Unterdrückung und rassistische Ausgrenzung bekämpfen!
Viele Grüße nach Freiburg!
Zeitgleich in Mannheim...
[MA] Kurzer Bericht über den Antirepressionstag
Akkustische Impressionen ...
... gibt es in der aktuellen Dorfnachricht bei Radio Dreyeckland.
Warum...
...ist für manche Hamburg weit weg? Ich versteh die Unterschrift zu Bild 11 nicht... Steh ich auf dem Schlauch?
Verschoben
Als Antwort auf diesen Kommentar und auf die Demo an sich wurde ein Statement der AIF gepostet. Wir hatten das Statement erst als Kommentar unter diesen Artikel verschoben, aber nachdem die Diskussion insgesamt sich nur um einen Randaspekt dieses Artikels (und der Demo an sich) drehte, haben wir wieder einen eigenen Artikel daraus gemacht und alle Kommentare zu dem Thema dorthin verschoben.
Der Sonntag
Das wöchentliche Umsonst-Blatt "Sonntag" hat ein großes Foto des Fronttranspis mit der Bildunterschrift "Die Demonstration zum Weihnachtsmarkt hat Tradition in Freiburg" und dazu einen kleinen Artikel veröffentlicht:
warum?
1. behaupten die bullen/presse immer wir seien mehr als was wir zählen?
2. zu kapitalismuskritik und anti-d: komisch, keiner der aufrufe forderte irgendwie spekulantenschelte. was hatte das transpi übehaupt da zu suchen auf der demo?? wollten wir nicht gegen festung eurpa und nazischeiß demo machen??? echt nicht zu kapieren diese männergang da hinten. aber sonst gute demo und weiter so, war schön auch mit dem wetter und laut und so : )
democulture
"Außer etwas anstrengender Bullen was vermeintliche Vermummungen betrifft, hielt sich die Staatsgewalt zurück. Die Demonstration verlief ohne Stress und konnte unsere Anliegen in der vorweihnachtlichen Innenstadt deutlich vermitteln."
Auch wenn die Cops einigermaßen zurückhaltend waren - wir sind in der Demo wie in nem Zug von Gefangenen gelaufen: vorn und hinten starke Reihe(n) Cops und auch seitlich alle 3 Meter ein*e Polizist*in. Quasi alle in Kampfmontur.
Nach "Freiheit" hat sich das für mich nicht angefüllt, kraftvoll auch nicht. Und Kontakt zu den Leuten in der Stadt gabs dann auch fast nur durch die fleißigen Flyer-Menschen. Die Cops haben uns gut von der Bevölkerung abgegrenzt, viele Passant*innen denken wahrscheinlich, dass bei einem so martialischen Pozilei-Aufgebot bestimmt Gewalt von der Demo ausgeht / ausgehen kann. "Freiheit stirbt mit Sicherheit" bleibt da auf der Strecke.
Wir waren zwischendurch genügend Leute um auf der ganzen Straßenbreite zu laufen, d.h. inklusive des Gehsteigs. Dann wär ein seitliches Spalier so nicht möglich gewesen!
Und mehr Out of Control hätte bestimmt auch gut getan.
Ein schönes Beispiel war die Sponti mit Samba (auch wenns leider ziemlich kurz war).
Möglichkeiten zu kraftvollem, lebendigen Demonstrieren, die versuchen, sich der Kontrolle der Cops zu entziehen, werden zur Zeit ja auch diskutiert, z.B. hier: https://linksunten.indymedia.org/en/node/97878
Naja, das war ja auch vielleicht noch nicht die letzte Demo vor der Revolution, wir haben also noch Möglichkeiten was auszuprobieren. Bis zum nächsten Mal!
Es waren 545 Leute da.
Hab ich selber gezählt, an der Strecke zwischen Rathaus und Bertoldsbrunnen. Wieso in dem Artikel ne Zahl steht, die noch unter den Bullenschätzungen liegt, ist mir schleierhaft.
na ja
Das ist nicht richtig, aber schön, dass alle der Meinung sind, dass wir viele waren ;-)
aber klar
Das ist zwar keine Aussage, aber schön, dass Du der Meinung bist, dass Du alleine bist -!
Nee im Ernst, was ist denn das für ein Spruch? Wenn Du selber nachgezählt hast und zu nem anderen Ergebnis gekommen bist, kannste's ja sagen... blöder Diffamator...
Der weiß-blaue Extrablock war übrigens bei der Zählung noch dabei (siehe Ortsangaben), ich hab die Zahlen nicht mehr genau im Kopf, auf jeden Fall waren's unter hundert (vielleicht 50).
Zu der TeilnehmerInnenzahl
Wovon redest du? Es haben mehrere Leute gezählt und deine Zahl ist zu hoch. Und wieso so gereizt?
Jetzt kommen wir der Sache schon näher.
Du bist also der Meinung, es gebe noch eine andere seriöse Zählung. Dann sag das doch. Aber Bullen zählen nicht;
Und wieso die Zahl im Artikel noch unter der Bullenschätzung liegt, hat mir auch noch niemand erklären können.
3x
Es gab nicht eine, sondern drei Zählungen. Allerdings war das kurz nach dem Bertoldsbrunnen. Kann also gut sein, dass wir deswegeb unterschiedliche Zahlen haben.
na dann
ist doch alles flockig, ich hab ja geschrieben, dass es vor dem Brunnen war und es gab ja die Erklärung der Gruppe, die am Bertholdsbrunnen die Demo verlassen hat.
schon, aber
Das dürfte kaum an der Gruppe gelegen haben, die bestand ja nur aus 20 bis maximal 30 Personen. Aber egal, ist auch schwierig auf der KaJo zu unterscheiden, wer jetzt zur Demo gehört und wer nicht.
Badische Zeitung
Demo gegen Rassismus startet auf dem Weihnachtsmarkt
schön wärs..
"... und konnte unsere Anliegen in der vorweihnachtlichen Innenstadt deutlich vermitteln."
Die PassantInnen denen ich zugehört habe, machten nicht den Eindruck, dass ihnen etwas vermittelt wurde und viele Gesichter ebenso wenig. Die meisten Reaktionen waren aus meiner Perspektive Unverständins oder Belustigung, Deutliche Vermittlung hat vielleicht zwischen DemonstrantInnen statt gefunden, wobei die 115 Kommentare (https://linksunten.indymedia.org/node/101560) das genaue Gegenteil zeigen.
Wenn man über den Tellerrand guckt und sich ein paar Gedanken zu erfolgreicher Kommunikation machen würde, dann wäre auch so was wie Vermittlung/Austausch/Verstehen/Anregen/Anstoßen möglich.
Das Gegröle hat eher an Fußballfans erinnert.
eben
"Das Gegröle hat eher an Fußballfans erinnert."
-> Das waren Fußballfans. Aber zum Glück sind die vorzeitig gegangen.