Seit dem heutigen Morgen, werden zahlreiche Wohnungen und Arbeitsplätze von Mitgliedern des “Freien Netz Süd” (FNS), in ganz Bayern durchsucht. Hintergrund der Aktion, an der laut dem bayerischen Innenministerium rund 700 Polizisten beteiligt sind, ist ein vereinsrechtliches Verfahren, das seit Jahresbeginn anhängig ist. Grund genug für uns die nordbayerischen Strukturen des FNS noch einmal näher zu beleuchten.
Köpfe, Kader, Kommandostruktur
Das FNS ist ein hierarchisch organisierter Dachverband von militanten Kameradschaften aus ganz Bayern. Der Gründung Ende 2008, ging ein Streit mehrerer Führungskader des FNS mit der bayerischen NPD voraus. Diese hatten auf dem Landesparteitag 2008 versucht, den Landesvorstand der NPD mit Personen aus den eigenen Reihen zu besetzen. Der Putsch scheiterte jedoch und die Kameradschaftsfunktionäre traten aus der NPD aus. Dies war die Geburtsstunde des “Freien Netz Süd”.
Drei Personen bilden seitdem die Führungsspitze des FNS: Norman Kempken aus Nürnberg, Matthias Fischer aus Fürth und Tony Gentsch aus Töpen. Tony Gentsch schrieb in einem internen Forum im November 2008 folgendes: “Also Leute ich habe mein Versprechen war genommen klappt es nicht mit der NPD tret ich aus. Jetzt ist es natürlich schön das alle “radikalen” Kräfte aus Franken ausgetreten sind und wir an was neuem arbeiten.” (Fehler im Original)
Nach Berichten von Aussteigern, wird jede Kampagne und jede Aktion des FNS zuvor von besagtem Führungstrio abgesegnet. Bei Zuwiderhandlung drohen der Person oder der Kameradschaft Sanktionen. Diese können vom Ausschluss aus dem FNS, bis hin zu physischer Gewalt reichen. Besonders der langjährige Nazikader Matthias Fischer, soll sich in der körperlichen Züchtigung gegenüber Gesinnungsgenossen hervorgetan haben.
Die Idee der Organisationsform "Freies Netz" wurde von Tony Gentsch nach Bayern importiert. Gentsch und die Kameradschaft Hof waren zuvor in dem sächsisch/thüringischen Projekt "Freies Netz" organisiert, eine Struktur die eins zu eins auf Bayern übertragen wurde. Fischer und Kempken hingegen waren Führungskader der 2004 verbotenen "Fränkischen Aktionsfront" (FAF).
Kameradschaften in Nordbayern
Dem FNS gehören in Nordbayern zur Zeit mehrere Kameradschaften an. In Unterfranken die Kameradschaft Main-Spessart (Führungskader: Matthias Bauernfeind), in Oberfranken die Aktionsgruppe Bayreuth (Führungskader: Stefan Deinlein und Peter Kropf), die Kameradschaft Forchheim (Führungskader: Lutz Passon) und die Kameradschaft Hof (Führungskader: Tony Gentsch), in Mittelfranken die Freien Nationalisten Weißenburg (Führungskader: Martin Binswanger) sowie die Kameradschaft Fürth und die Kameradschaft Nürnberg (Führungskader: Norman Kempken und Matthias Fischer). Während die Kameradschaftsszene in Unterfranken zahlenmässig relativ schwach besetzt ist, bilden Ober- und Mittelfranken einen Schwerpunkt des FNS in Nordbayern.
National befreite Zonen als Ziel
Das FNS besitzt mit dem “Bund Frankenland e.V.” eine, ihm angegliederte Vereinsstruktur. Der “Bund Frankenland wurde am 21. Dezember 1991 als Partei gegründet und am 29. Januar 1992 als eingetragener Verein registriert. Führendes Mitglied war der Würzburger Neonazi Uwe Meenen. Seit dem Umzug Meenens nach Berlin, wird der Verein von Norman Kempken am Leben erhalten. Der “Bund Frankenland e.V.” fungiert seit 2006 vor allem als Anmelder von neonazistischen Aufmärschen und dem Nazi-Open-Air “Frankentag”. Der Verein hat aber ebenfalls ein Flugblatt mit dem Titel “Jetzt handeln und NATIONALBEFREITE ZONEN schaffen” auf seiner Hompage. In diesem heißt es unter anderem: “Um noch stärker zu werden und den Kampf um Deutschland in unserer Region noch professioneller und erfolgreicher zu gestalten, sind eigene Räumlichkeiten langfristig unumgänglich. Eine eigene Begegnungsstätte, in der wir deutsche Luft atmen können, ist zudem identitätsstiftend für Jung und Alt.”
Flyer des Bund Frankenland e.V.
Das FNS bemüht sich folgerichtig in Bayern seit je her um eigene Immobilien bzw. Grundstücke. Lutz Passon (Niedermirsberg; Lkr. Forchheim) pachtete eine Wiese im oberfränkischen Geschwand. Auf dieser Wiese fanden mehrere Sonnwendfeiern und Konzerte sowie in den Jahren 2009 und 2010 der oben genannte “Frankentag” statt. Durch einen verwaltungsrechtlichen Kniff konnte die Gemeinde weitere Veranstaltungen seit 2011 abwenden.
In Nürnberg mietete sich die örtliche Kameradschaft 2011 in eine ehemalige Table Dance-Bar ein und verkündete die Eröffnung eines “Nationalen Zentrums”. Die Bar, die auch das Bürgerbüro des Nürnberger Stadtrats und Anti-Antifa-Aktivisten Sebastian Schmauss darstellen sollte, konnte jedoch aufgrund baurechtlicher Bestimmungen nicht für Veranstaltungen genutzt werde, so dass die Nazis des FNS von einer weiteren Nutzung absahen.
Die derzeit wichtigste Immobilie des FNS befindet sich im oberfränkischen Oberprex (Lkr. Hof). Dort erwarb die Mutter von Tony Gentsch 2010 einen ehemaligen Gasthof, der seitdem als Treffpunkt von Nazis aus mehreren Bundesländern genutzt wird. In der Immobilie “Oberprex 47″ finden regelmässig Veranstaltungen und kleinere Konzerte statt.
Transparent an der Naziimmobilie Oberprex 47
Das FNS, die Hammerskins und der NSU
Die „Hammerskin Nation“ wurde 1987 im texanischen Dallas gegründet und ist in Deutschland eine elitäre und bewusst relativ kleine, aber straff organisierte und international vernetzte Nazistruktur. Die “Division Deutschland” der internationalen “Hammerskin Nation” mit ihren zehn Chaptern gibt es seit 1991. In Bayern existieren gleich zwei sogenannte Chapter, „Franken“ und „Bayern“. Auffällig viele Mitglieder des FNS sind zugleich Mitglieder der Hammerskins. Mit Tony Gentsch nimmt ein Führungskader des FNS an den drei Mal pro Jahr stattfindenden „National Officers Meetings“ teil.
Die Hammerskins werden auch immer wieder als Unterstützungsnetzwerk für den rechtsterroristischen NSU genannt. Allerdings gibt es mehr Verindungen nach Bayern und auch zum “Freien Netz Süd”. So tauchte neben der Telefonnummer der Gaststätte “Tiroler Höhe” auch die, des FNS-Kaders Matthias Fischer auf einer Liste des NSU-Mitglieds Uwe Mundlos auf.
Ausschnitt der Telefonliste von Uwe Mundlos
Die Auswirkungen der Razzia
Die Durchsuchungen sind Vorbote eines Verbots des "Freien Netz Süd". Ein solches Verbot würde die militante Kameradschaftsszene in Bayern, gerade im Hinblick auf gemeinsame Kampagnen und Aktionen kurzzeitig schwächen. Es ist jedoch fraglich ob dies eine längerfristige Wirkung erzielen kann. Betrachtet man den Umgang der bayerischen Behörden mit der FAF-Nachfolgestruktur FNS, ist dies sogar unwahrscheinlich. Über vier Jahre konnte das ehemalige Personal der "Fränkischen Aktionsfront" eine neue Struktur auf- und ausbauen.
gefundene waffen
mehr waffen
hier sieht man noch weitere waffen
ja die waffen ...
jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M551ce63b37b.0.html
Weitere Infos, Bilder und Einschätzungen
im ausführlichen Dossier bei a.i.d.a.:
http://aida-archiv.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3923%...