Nach der Freiburger Autonomen-Demonstration gegen Kapitalismus und Krise am 11. Juli fragen sich Journalisten, Behörden und Indymedia-Kommentatoren scheinbar: Wie konnte es nach so einer schönen gemütlichen Demo mit solch zurückhaltender Polizei Scherben geben? Die Antwort liegt weniger in der Demo selbst, auch wenn darüber gestritten werden kann, ob Deeskalation bei "nur" 200 (sichtbaren) Bullen, relativ wenig Filmaufnahmen, wenig Vermummung auf Seiten der Bullen und kaum Repression beginnt oder aufhört. Vielmehr steht die Antwort in der Entwicklung der "Freiburger Linie" und die damit verknüpften Fragen. Das heißt über das politische Verhältnis der Stadt zur Szene, die Praxis ihrer Befriedungsstrategie und dem "konstruktiven Dialog" der Obrigkeit mit den Autonomen reden, ohne zu vergessen das wir "nicht mitbestimmen", außer wir nehmen es selbst in die Hand.
Am Samstag lief eine unangemeldete Demo gegen Kapitalismus in Freiburg kurzzeitig aus dem Ruder. Nachdem die Polizei sich an Vertrauen selbst überschlagen hatte und nichtmal der Auflösung der Aktion im Sedanviertel beiwohnen wollte, bildete sich eine Sponti von etwa 150 Autonomen, die daraufhin Privateigentum, eine Bank, das Polizeirevier Nord und ein Regierungsgebäude angriffen. Auch ein paar "Bonzenkarren" wurden beschädigt, das Schaufenster eines Benz-Retailers in der Wilhelmstraße ging zu Bruch... Insgesammt viele Scherben und Farbe in einem relativ raschen, spontanen und direkten Kontrollverlust. Menschen kamen bei den direkten Aktionen nicht zu Schaden.
Auch wenn ein Sonnenschirm einer Kneipe nicht gerade die weitreichenste Kapitalismuskritik darstellt, die Angriffe und gezielten Sachbeschädigung sind Ausdruck einer völlig nachvollziehbaren Wut gewesen. Das diese, seit Jahren wachsende Wut nun kurzzeitig ein Ventil fand, war, trotz einer langen gemütlichen Demonstration, notwendig. Unzählig sind die Übergriffe und absurde Verurteilungen gegen Mitglieder der Szene. Der Kampf um billigen, selbstverwalteten Raum für Kultur- und Wohnen bleibt weitgehend ungelöst. Die Wagenburg der Schattenparker ist ab 2011 bedroht. Momenten laufen Verfahren gegen die "Vorstände" von KTS und Schattenparkern, wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Die Stadt ist zu arrogant um offene Briefe zu beantworten und die Presse hetzt schmutzig hinterher, wenn protestiert wird.
Die kapitalistischen Verhältnisse werden besonders Angesichts der Krise zunehmend spürbar. Da ist das Einschlagen einer Bankscheibe viel nachvollziehbarer als ihre Widerinstandsetzung.
Die Ungerechtigkeit in diesem ausgrenzenden System findet kein Ende: 2009 sollen allein aus Freiburg hunderte Migranten und Migrantinnen abgeschoben werden. Eine Alternative in Autonomie und Solidarität drängt sich zunehmend auf, jenseits von Standort, Rassismus und Repression.
Wenn im rosaroten Freiburg, im friedlichen, stinkreichen und "Bratenschweiß aus Fenstern dampfenden" Land Baden-Württemberg, die Bullen, die Heute wirklich nur Kuscheln wollten, nicht mit direkten Aktionen und einer Spontandemo rechnen und dann ein paar Scheiben klirren, dann kann nur gesagt werden: "Realitätsverlust!".
Selbstverständlich hängen militante Aktionen auch immer Eng mit einer radikalen Kritik der Verhältnisse zusammen. Auch wurde bei den Aktionen am Samstag Abend meist auf "nachvollziehbare" Ziele "geschossen". Das die Stadt nun heult und sagt: "wir haben die Demo ja dieses mal nicht einmal Verboten!" zeugt von absoluter Kurzsichtigkeit. Sie hat nicht begriffen das wir Demonstrationen niemals Anmelden werden und das wir uns trotz Allgemeinverfügungen versammeln werden wo wir wollen. Ein konstruktiver Dialog ist unter den gegebenen Verhältnissen sowieso kaum denkbar: Seit Monaten liegt der Ball bei der Stadt rum und verliert Luft. Nur logisch das wütende Autonome, spontane und organisierte KapitalismusgegnerInnen mal zwischenzeitig ans Glas Tippen und sich Räuspern um darauf hinzuweisen das da "noch was wär'". Nähmlich das Ganze.
Bei den Nächsten Aktionen werden die Bullen wieder Spalier laufen wollen. Ob das durchführbar wird bleibt abzuwarten.
Aber nicht die Aktionen vom Samstag, wo die Bullen vor lauter Objektschutz sowieso überlastet waren, werden Grund für den nächsten Großeinsatz sein. Gefahren wird der so oder so, denn die Bullen sind nur ein Stützfeiler dieses Systems der Ausbeutung. Sie sollten sich eher freuen, das sie am Wochenende nur so geringfügig angegangen wurden.
Unser Widerstand geht weiter.
G8, G20 und WTO abwracken!
Für die libertär-Kommunistische Revolution!