[Landshut] Zeltaktion soll auf die Situation von Flüchtlingen in Deutschland aufmerksam machen

Erstveröffentlicht: 
26.05.2013

"Ich bin nicht hier, um zu schlafen"

Die meisten Leute gehen an dem Zelt am Dreifaltigkeitsplatz vorbei. "No border, no nation, stop deportation" - "Keine Grenze, keine Nation, stoppt Deportation", steht auf einem Plakat, mit dem die Zeltseite zum Stadtplatz abgehängt ist. Vier Männer haben sich dort eingerichtet, um zu protestieren, "Widerstand zu leisten", wie sie sagen. Gegen die Art, wie Europa mit Flüchtlingen umgeht, gegen den Antagonismus, der sich zwischen den Bürgern und den Flüchtlingen aufgebaut hat.

 

Die vier Männer tragen Mützen und warme Kleidung, sitzen auf Plastikstühlen und nur Jamine der Senegalese trägt keinen Bart. Zehn Tage wollen sie in Landshut bleiben und auf ihre Situation aufmerksam machen.

Das Gespräch geschieht teils in Englisch, teils in Französisch. Moritz Tille, einer der deutschen Helfer, die das Camp begleiten, übersetzt. Er und die Helfer von Karawane Landshut bringen den vier Männern Essen und sorgen dafür, dass sie duschen können. Sie übersetzen auch - und rufen die Polizei, sollte es zu fremdenfeindlichen Übergriffen kommen. Trotz der Kälte lächeln die Männer, bieten das wenige Essen, das sie haben, an.

 

Mit ihrer Protestaktion waren die "Non-Citizens" schon in München, in den kommenden Wochen wollen sie durch die Hauptstädte der Bezirke ziehen und dort vor Ort mit Flüchtlingen und Bürgern ins Gespräch kommen. Sie wollen sich organisieren - und auf die Umstände aufmerksam machen, in denen Verfolgte in Europa leben müssen.

Das Wort "Flüchtling" oder "Asylsuchender" gefällt den vieren überhaupt nicht. Sie bezeichnen sich als "Non-Citizens" - "Nicht-Bürger", die in dem Land, in dem sie Zuflucht suchen als Menschen akzeptiert werden. Mit dem Namen "Flüchtlinge" versuchen die Regierungen allen denen, die aus ihrer Heimat flüchten mussten, einen Stempel aufzudrücken, sagt Omed Moradian. "Das Wort macht uns schwächer. Die Staaten wollen damit zeigen, dass sie Mitleid mit uns haben und wir ihnen dankbar sein müssen." Doch die "Non-Citizens" wollen keine Bittsteller sein, die am Rand der Gesellschaft vor sich hinvegetieren, sondern Teil von ihr. Omed ist Kurde und stammt aus dem Grenzgebiet zum Iran, wo er verfolgt wurde.

Natürlich ist es hart, sagt er, mit Hoffnungen von einem besseren Leben in ein Land zu kommen, und dann mit der Realität konfrontiert zu werden. "Man hat uns gezwungen, zu fliehen, unsere Heimat zu verlassen." Doch das System, mit dem die westlichen Staaten derzeit mit Flüchtlingen und Asylbewerbern verfahren, sie zum Beispiel nicht arbeiten lassen, um Geld zu verdienen, ist für ihn auch eine Art der Unterdrückung.

Geld für die Familie
Lamine Mara Faye pflichtet ihm bei. "Ich bin nicht hier hergekommen, um zu schlafen, ich bin hier, um eine Arbeit zu finden", sagt er. Mit dem Geld will er seine Familie unterstützen, zwei Frauen, eine Mutter, eine kleine Schwester, die in seiner Heimat leben. Im Senegal hat er, wie er sagt, viel gearbeitet, in verschiedenen Jobs geschuftet. Zum Leben hat es nicht gereicht. Dann hat die Polizei seinen Bruder erschossen und er ist geflohen. Hier in Deutschland wollte er eine Arbeit finden. "Ich habe das Gefühl, ich lasse meine Familie im Stich", sagt er. Doch arbeiten darf ein Asylbewerber nicht.Stattdessen ist er in einem Heim in Augsburg untergekommen, wo sich drei bis fünf Personen ein Zimmer teilen. Deshalb ist er bei der "Refugee Tent Action", den Protestcamps dabei: Um gegen die unmenschlichen Lebensbedingungen und das miserable Asylrecht in Deutschland zu protestieren. Bis es im Idealfall keine Rolle mehr spielt, ob man nun "Citizen", Bürger einer Nation ist, oder "Non-Citizen".

Info

Weitere Infos zur Aktion und zur "Refugee Tent Action" gibt es unter www.refugeetentaction.net.

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