Die Orsons auf dem WorkersYouthCamp - Zur Stellungsnahme des Bundesvorstands der Falken

Workers Youth Festival

Am 11. Mai (also nächstes Wochenende) sollen die Orsons im Rahmen der WorkersYouthCamps, welches von den Falken und den Jusos organisiert wird auftreten. Nachdem Kritik daran öffentlich geworden ist, hat sich der Bundesvorstand der Falken zu einer Stellungnahme durchgerungen.

 

Im Zweifelsfall ist es eine Verschwörung….

 

 

Wie kann man nur in so viel Worten so wenig sagen. Naja, versuchen wir trotzdem mal eine Textanalyse zur Stellungnahme des Bundesvorstandes der Falken zum kritisierten Auftritt der „Orsons“ auf dem WorkersYouthFestival.

 

Im Groben gibt es zwei Argumentationsstränge:

 

1. Geht es den Kritiker*innen keinesfalls um Inhalte, sondern um irgendetwas anderes – was wird nicht verraten. Man ist also scheinbar Opfer einer Anti-Falken-Verschwörung geworden. Oder doch einer Anti-WorkersYouthFestival-Verschwörung?

 

2. Es ist überhaupt nicht schlimm, sondern sehr pädagogisch eine Band mit sexistischen, antisemitischen und transphoben Texten auf einem linkspolitischen Jugendfestival spielen zulassen, weil man ja einen antisexistischen Anspruch hat und daher alles ganz toll diskutiert.

 

Soweit der Überblick. Nun die Details.

 

          „Denn ganz

          offensichtlich geht es dieser Person nicht darum auf etwas

          aufmerksam zu machen, was vielleicht schon bekannt war und

          nach den Beweggründen zu fragen, sondern eher darum zu

          denunzieren und dafür zu sorgen, dass andere Künstler*innen

          aus unserem breiten Kulturangebot absagen. Wer Kritik hat, sie

          ernst meint und mit der vorgebrachten Kritik auch Denk- und

          Bildungsprozesse anregen will, sollte unserer Ansicht nach

          anders agieren. Hier geht es offensichtlich darum, kurz vor

          dem Festival "eine Bombe platzen zu lassen".“

 

Der Text „Alles nur Ironie aka Kunst darf alles“ (erschienen auf S1R-Musik) erklärt zumindest hinsichtlich der Transphobie ausführlich das Problem und nennt Links zur weiteren Vertiefung - ist also durchaus zur Anregung von Denk- und Bildungsprozesses geeignet. Bei der Mail der Gruppe e.l.k. an die Ansprechpartner*innen des Festivals sind wir davon ausgegangen, dass ein bloßer Hinweis ohne ausführliche Erklärungen ausreichend ist, da wir den Orga-Leuten unterstellten sich ausreichend zumindest mit Sexismus und Antisemitismus auseinander gesetzt zu haben und das somit keine Erklärungen nötig seien. Warum es uns nicht um inhaltliche Kritik gehen sollte und worum den dann, ist uns unerklärlich und wird auch durchs Lesen der Stellungnahme nicht erklärlicher.

 

 

          „Wir sind sehr verwundert, dass sich jetzt

          Genoss*innen, z.B. bei facebook zu Wort melden, die in den

          Prozess der Vorbereitung und Diskussion involviert waren.“

 

Wir haben keine Ahnung wie eure internen Verhältnisse so sind, aber da ihr verwundert seid, können wir eine Auflösung dieses scheinbar verwunderlichen Verhaltens aus unseren eigenen Erfahrungen in diversen linken Strukturen anbieten:

Kritik und Bedenken hinsichtlich sexistischer Praktiken, wie zB der Einladung bestimmter Bands, wird sehr häufig nicht offen geäußert, sondern nur gedacht oder vielleicht in vertrauten Kreisen besprochen. Dies liegt unserer Erfahrung nach u.a. daran, dass die Äußerung solcher Kritik – zumal wenn nach Forderungen nach Konsequenzen verbunden – einem allzu oft in die ungeliebte „Spaßbremsen“-Kategorie katapultiert. Zum anderen setzt die Äußerung solcher Bedenken auch eine Auseinandersetzung mit dem kritisierten Punkt über das normale Maß voraus und somit ist es gerade für Betroffene oftmals leichter beide Augen zuzudrücken. Dies vor allem, da zwangsläufig auf jede Kritik und jede Äußerung von potentieller Betroffenheit als Gegenreaktion eine Verharmlosung des kritisierten Diskussionsgegenstandes erfolgt. In der Folge ist man also z.B. mit dem primären Sexismus („Ich steh da mit meinem Steifen und denk; „ah okay richtig geil!“ jetzt wird es Zeit für K.O.-Tropfen im Wein“) und mit dem sekundären Sexismus („Ist doch witzig gemeint, stell dich nicht so an.“) konfrontiert.

Wie gesagt nur eine Mutmaßung, aber vielleicht haben die von euch genannten Genoss*innen ja aus ähnlichen Gründen ein bis zwei Augen zugedrückt, solange es ging.

 

Zum zweiten Punkt: Das es eine antisexistische Positionierung des Camps gibt, ist nicht neu; darauf wurde z.B. auch schon vom Text „Alles nur Ironie aka Kunst darf alles“ verwiesen. Das ist ja grad der Witz. Was soll eine Auseinandersetzung mit Sexismus, wenn man keine Konsequenzen daraus zieht. Und wenn man Konsequenzen draus zieht, warum dann nicht in den Bereichen auf die man am meisten Einfluss hat; nämlich bei den eigenen Veranstaltungen. Es ist doch mehr als lächerlich an einem Tag reflektierte Seminare anzubieten, um am nächsten Tag dafür zu sorgen das transphobe, antisemitische und sexistische Texte performt werden können.

 

 

          „In dem

          Text wird nach einer Kritik an den Orsons dem Workers Youth

          Festival grundsätzlich Transphobie, Sexismus und Homophobie

          unterstellt.“

 

Aha. Wo?

 

        „Im Vorfeld der Veranstaltung hat sich außerdem ein

          Awarenessteam vorbereitet, um Sexismus, Homo- und Transphobie

          und sexueller Gewalt präventiv entgegenzuwirken und ein klares

          Zeichen gegen jegliche Form von Grenzüberschreitungen zu

          setzen. Darüber hinaus sind sie die Ansprechpersonen in

          Fällen, in denen es sexistische Sprüche, Diskriminierungen

          oder sexuelle Gewalt gibt.“

 

Der Clou an Prävention ist ja, dass man Dinge verhindert bevor sie passieren. Keine Prävention ist es erst absichtlich sexistische Bands einzuladen, damit man nachher was zu diskutieren hat. Aber sprecht die Ansprechpersonen doch schon mal im Vorfeld an, um ihnen Bescheid zu sagen, dass im Rahmen des Kulturprogramms Sexismus performt wird und sexualisierte Gewalt verharmlost wird.  

 

          „Wir möchten das durch die

          Verbindung von Bildung, Politik und gemeinschaftlichem Erleben

          tun.“

 

Was wollt ihr damit sagen? Das zum „gemeinsamen Erleben“ sexistische, transphobe oder antisemitische Bands dazu gehören? Ihr impliziert,  dass dies nicht auch mit einem coolen Rahmenprogramm gehen würde, bzw. dass die Kritiker*innen des Auftritts etwas dagegen hätten Bildung, Politik und gemeinschaftliches Erleben zu verbinden. Nur begründen könnt ihr dies logischerweise nicht – also muss man die Spaßbremsen-Karte ein wenig subtiler ins Spiel bringen.

         

 

          „Zusätzlich noch einige weitere Fakten zur Klarstellung:

 

          Die Orsons treten am Samstag, den 11.05.2013 im Rahmen des

          Aktionstages in der Dortmunder Innenstadt und nicht auf dem

          Festivalgelände auf.“

 

 

Ja, und? Sie spielen im Rahmen des Workers Youth Festivals – zu dem eben auch ein Innenstadt-Aktionstag gehört. Das macht es irgendwie nicht besser – eher im Gegenteil: noch mehr Leute, die die Band hören.

 

 

                „Dass die Orsons auftreten werden, ist in

                unserem Verband kontrovers diskutiert worden“

 

Das ist schön. Dann könnt ihr sicherlich auch begründen warum die Diskussion offensichtlich zum Ergebnis hatte, dass die Band dort auftreten kann.

 

 

          „Nach Rücksprache mit den Orsons wurde uns versichert, dass es

          ein klärendes Gespräch zwischen den Orsons und der Aktion

          Transsexualität und Menschenrecht gegeben hat.“

 

 

Hat euch das auch euer Awarenessteam verraten, dass man das so macht? Die sich übergriffig verhaltenen Leute fragen, ob die Situation jetzt wieder okay ist und wenn dies bejaht wird, ist alles in Ordnung?

 

       

          „Über die Distanzierung der Orsons [zum xx und Monika-Song] und  

           andere Songtexte lässt sich vortrefflich streiten.“

 

Nein, darüber lässt sich keineswegs vortrefflich streiten. Eine Band, die einen Song plus Video auf der Startseite ihrer Homepage hat (die ihr verlinkt), hat sich in keiner Weise von ihm „distanziert“. Über solch eine „Distanzierung“ zu streiten – egal ob vortrefflich oder nicht – ist mehr als albern.

Und in wie fern lässt sich über die anderen genannten Songs „vortrefflich streiten“?

 

Naja, ist eigentlich egal, den letztlich teilt der Bundesvorstand der Falken ja mit, das sie inhaltlich einer Meinung mit uns sind.

 

                   "Wir unterscheiden uns wohl hauptsächlich von den oder dem Menschen, der*die den Text veröffentlich

                    haben in den aus unserer Kritik resultierenden Konsequenzen für einen Auftritt der Orsons beim Aktionstag."

 

 

Nur ziehen sie aus der Feststellung, dass die Orsons sexistische Texte haben, plumpe antisemitische Klischees verbreiten, Vergewaltigungen verharmlosen und einen transphoben Song haben, halt andere Konsequenzen: Nämlich dass es total super ist, dass diese Band auf einem Aktionstag eines „Sozialistischer Kinder- und Jugendverband mit einem pädagogischen Auftrag“ mit dem Ziel „den alltäglichen, rassistischen und sexistischen Normalzustand zu überwinden“ spielt.

Warum ist das so eine super Idee? Wegen dem Dialog. Sorry, aber wenn irgendwer hinterher über die Inhalte des Auftritts diskutiert, sind es die Leute, die die Songs bzw. Inhalte auch schon vorher scheiße fanden. Ehrlich, welche Art Dialog und Aufklärung soll dadurch entstehen?

 

        „Wir wollen junge Menschen da abholen wo sie sind und für

          Veränderung werben. Wir sind der Überzeugung, dass

          antisexistische Praxis nicht vom Himmel fällt und wir meinen,

          dass wir uns mit der Mainstream-Kultur auseinandersetzen

          müssen und z.B. auch Bands, die in diese Mainstream Kultur

          fallen, einladen.“

 

Ihr wollt junge Menschen da abholen wo sie stehen? Aha. In dem ihr Bands, deren Inhalte ihr ablehnt, einladet? Was kommt als nächstes? Ein Konzert mit Frei.Wild, um mal mit jungen Leuten über Nationalismus ins Gespräch zu kommen? Schön auch die Vorstellung wie ein Mitglied des Bundesvorstandes der Falken mit so einem jungen Menschen, der da abgeholt werden soll wo er steht, darüber reflektiert warum die Songs der Bands echt nicht klar gehen. Also so als Jugendlicher findet man  euch danach bestimmt unglaublich glaubwürdig. Es stellt sich dann nämlich stark die Frage warum ihr die spielen lasst, wenn ihr doch schon vorher wusstet dass die sexistisch sind.

 

 

        „Eine Ausladung der Orsons ändert nichts an

          den patriarchal geprägten Herrschaftsstrukturen in unserer

          Gesellschaft.“

 

Was ändert denn was? Mit dem Argument könnt ihr euch gleich jegliche politische Aktivität sparen. Merkt ihr was ihr redet? Ihr seid gegen Sexismus; aber wollt das sexistische Bands auf euren Veranstaltungen spielen; ihr meint es ist wichtig aktiv gegen Sexismus zu sein; aber ändern tut sich nichts, wenn man sexistischen Äußerungen weniger öffentlichen Raum lässt?

 

        „Wenn wir wirksam dem sexistischen Normalzustand etwas

          entgegen setzen wollen, müssen wir auch mit den Orsons, und

          noch wichtiger mit den jungen Menschen reden, die ihre Musik

          hören und abfeiern.“

 

 

Na dann redet doch mit den Orsons. So viel und lange wie ihr wollt. Viel Spaß dabei. Nur ein Konzert ist keine Diskussionsveranstaltung – schon mal gemerkt?

 

 

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert