Die Geschichte kennt keine unumstößlichen Gesetzmäßigkeiten, nicht einmal solche die die Lebensdauer aus der gegenteiligen Annahme hervorgehender Konstrukte fest begrenzen. Zwar hat sich bislang noch jede praktische Gesetzmäßigkeitskonstruktion als vergänglich erwiesen, doch so auch jeder theoretische Ansatz deren Lebensdauer eindeutig zu bestimmen. Der Staat, der Versuch der Menschheit fixe Gesetze aufzunötigen, ist gesamtgeschichtlich betrachtet sehr jung, und sein Wesen zu widersprüchlich um darin sehr alt zu werden, doch die exakte Bestimmbarkeit seines Endes wird von derselben Widersprüchlichkeit vereitelt die es unausweichlich macht. Jede Theorie der historischen Notwendigkeit würde wieder eine Staatsideologie verursachen deren Möglichkeit sie selbst widerlegt. Das Dilemma der Unberechenbarkeit der Geschichte ist daher zugleich ihre größte Hoffnung, wenn auch die Vorboten des Endes eines derartigen Konstrukts durchaus alles andere als Zeichen einer solchen sind.
Dass der Staat die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist, bzw. die Monopolisierung oder Aufteilung der Gewalt den Wechsel ihres Aggregatszustandes mit sich bringt - so wie auch der Friede, sofern es sich nicht um einen Etikettenschwindel handelt, eine Form der Anarchie ist - birgt für jede emanzipatorische Staatstheorie die Notwendigkeit in sich, die Möglichkeiten für das Ende der Gewalt unabhängig von deren Wirkungsformen zu bestimmen. Ob gebündelte oder verstreute Macht, ein und dieselbe Kritik muss in der Lage sein jede Form davon zu treffen. Denn dieses Ende ist historisch so unausweichlich wie der Tod und sein Eintreten meist ebensowenig vorherbestimmbar. Eindeutig bestimmbar sind jedoch Erscheinungen die diesem vorausgehen und damit in Kausalzusammenhängen stehen können.
Der Todeskrampf der Staatsmacht, der Vernichtungskrieg mit vorerst anderen Mitteln, legt solche Muster an den Tag, welche sich durch den Versuch charakterisieren lassen ausnahmslos alles erfassen zu wollen - die Form der Totalität. Der totale Staat, bzw. genauer gesagt der totale Krieg der Staatlichkeit gegen die Menschheit um zu versuchen diese darin mit sich zu ziehen, ist daher eine paradoxe Erscheinung - zum einen unmittelbare existenzielle Bedrohung, gleichzeitig aber auch ein Anzeichen dass der Macht etwas geschieht das sie ihre Zeitlichkeit verstärkt erahnen läßt. Wäre es kritisch verkürzt zu sagen es muß schlimmer werden bevor es besser werden kann, so ist es doch zutreffend zu konstatieren der Staat verschlimmert weil es sonst besser werden könnte. Die Totalität ist also bereits an der Verzerrung der Wirklichkeit abzulesen, und gleichzeitig Ausdruck der Tatsache dass der Staat mit dieser durch keinerlei Zweckrationalität zu rechtfertigenden Verformung sein mit klammheimlicher Sicherheit erwartetes Ende auch kausal herbeiführt. Denn durch die tatsächliche Reaktion auf die vermeintliche Bedrohung verwirklicht sich die tatsächliche Bedrohung durch die Totalität, und in dieser der staatliche Todeskrampf mit seinem Doppelcharakter als Verderben und als Chance.
Dadurch dass der Staat um seinem erwarteten Ende zu entgehen buchstäblich in dieses eindringt gewinnt die Widersprüchlichkeit der dem zugrundeliegenden Konzeption an Bedeutung, bis sich dies in Form des Krampfes, d. h. des Verhaltensmusters der reflexhaften Selbstüberrumpelung ausdrückt. Das Wissen um die spezifischen Ausdrucksformen welche dieser Prozeß unter bestimmten materiellen Umständen annimmt ist von entscheidender Bedeutung dafür um die auf sein Ende weisenden Rückkopplungen der Verzerrung, welche seinen Apparat durchlaufen, zum einen als solche zu identifizieren sowie zum anderen sich selbst diesen gegenüber so positionieren zu können dass die eigene Person durch das Geschehen nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Denn in dessen Doppelcharakter liegen die Gegensätze näher beieinander als plausibel wünschenswert und damit auch Chance und Risiko. Dass es überhaupt zur Totalität kommt und nicht gezielt ein anderes Programm verwirklicht wird welches die Existenzfrage der Staatsmacht offen abwägen läßt belegt schließlich dass für das Ergebnis einer solchen Abwägung bereits eine fixe Erwartungshaltung vorliegt. Deren Selbsterfüllung davon abzuhalten die gesamte Menschheit mit einzubeziehen ist der Zweck der Analyse der selbstzerstörerischen Totalität.
Daher soll hier grundsätzlich betrachtet werden wie sich die Widersprüchlichkeit von Geschichtsnatur und Staatskonstruktion unter ganz bestimmten materiellen Umständen bemerkbar macht und wie sie dazu genutzt werden kann das Ende der Staatsmacht herbeizuführen, zu beschleunigen und zu befestigen. Der Todeskrampf des darin unverkennbar zur Totalität degenerierenden Staates ist insofern ein natürliches Phänomen als dass der Staat immer ein - wenn auch verlangsamter - Krieg ist. Die algorithmische Staatstheorie, welche diesen als theoretisch wertfreie Struktur auffasst die vernünftig reguliert und rational funktionalisiert werden könne, gelangt schnell an ihre Grenzen sobald der Krieg des Staates gegen die Vernunft sich gegen die Grundlagen der persönlichen Souveränität richtet. Als technische Struktur kann der Staat lediglich solange gedacht werden wie er keine Totalität erlangt. Wäre der Staat jedoch ein vernünftiges Gebilde dann ließe er sich durch abstrakte Eingaben entsprechend seiner objektiven Überflüssigkeit und Schadhaftigkeit herunterregulieren.
Was stattdessen daran zu beobachten ist, ist das Gegenteil einer solchen Einsicht in die eigene Zwecklosigkeit wie sie für eine unpersönliche Vernunft charakteristisch wäre, die Unterlaufung jeglicher vernunftmäßiger Regulierung mittels Herausbildung der Totalität. Hieran erweist sich die algorithmische Staatstheorie als praktischer Sonderfall, dessen Voraussetzungen lediglich dann erfüllt sind wenn die Monopolisierung der Gewalt in kriegerischer Absicht scheinbar zum Stillstand gelangt weil die Destruktivkräfte stagnieren. Der totale Todeskrampf ist der Normalzustand des Staates, nicht die scheinbare Stabilität, und dieser tritt ein aufgrund seines historischen Wesens, nicht aufgrund seines historischen Versagens, und die davon ausgehende Schadenswirkung über seine notwendige Selbstzerstörung hinaus ist Ausdruck seiner verdrängten Zwecklosigkeit nicht Mittel irgendeines vernünftigen Zwecks. Überraschend wäre nicht sein Auftreten sondern sein Ausbleiben. Ein Staat der aufhört erstarrter Krieg zu sein wäre gar nichts mehr. Doch die schadlose Selbstzerstörung des Staates kommt nicht von selbst.
Ein nachgerade ikonisches Beispiel für die totale Unzulänglichkeit der algorithmischen Staatstheorie findet sich in Form der diversen Staatstrojaner, der von Staaten entweder zwecks politischer Unterdrückung oder im symmetrischen Konflikt in Umlauf gebrachten Schadsoftware. Hierbei handelt es sich um den vielleicht drastischsten Ausdruck einer Aktionsform deren Legitimität mehr als bei irgendeiner anderen von ihrer Zusammenhangslosigkeit mit einem Gewaltmonopol abhängt. Eine solche an und für sich gewaltfreie Aktion kann deshalb im Zusammenhang einer anarchistischen Konflikttheorie gerechtfertigt sein, verbindet sie sich jedoch mit einem Gewaltmonopol wird daraus ein derart schweres Unrecht dass es dessen Existenz vollständig delegitimiert. In diese Kategorie fallen viele, insbesondere niederschwellige Aktionsformen, vor allem gewaltfreie, gerade die deren Hintergrund nicht unmittelbar offensichtlich ist. Handelt es sich dabei um Elemente der Rebellion sind sie gerechtfertigt da aus einer Position der Chancengleichheit heraus entfaltet, werden sie jedoch zu Bestandteilen von Herrschaft dann sind sie und damit diese dadurch außerhalb jeder Legitimität gestellt.
Der Versuch, um dessen alltägliche Unzulänglichkeit zu überwinden die Wege zu nutzen welche dem rational gedachten Staat grundsätzlich verschlossen sind, findet sich in dem staatlichen Todeskrampf wieder in dem jener der Monopolgewalt genau diese Wege anzueignen versucht und dadurch seine Erwartungshaltung seines Absterbens verwirklicht. Das ist auch ein zusätzliches Erschwernis für jeden persönlichen Versuch sich dafür bzw. davon nicht vereinnahmen zu lassen. Denn obwohl ihr Todeskrampf das Ende der Staatsmacht wahrscheinlicher macht, macht er es auch wahrscheinlicher wider Willen in diesen Vorgang miteinbezogen zu werden, nicht zuletzt deswegen da seine Dauer ungewiß ist. Und bekanntlich war der totale Staat oder auch Krieg nie etwas anderes als der bis zur Grenze der Unkenntlichkeit und darüber hinaus verlangsamte Tod.
Urkommunismus
Ich glaube der Staat begann mit dem Ackerbau, es ist jedenfalls logisch...
http://www.urkommunismus.de/catalhueyuek.html