München: Neonazis bedrängen Journalist_innen in Gerichtssal

Erstveröffentlicht: 
03.01.2012

Rangelei bei Neonazi-ProzessRechte Sympathisanten bedrängen Reporter. Bei dem Prozess gegen den Ottobrunner Neonazi Norman Bordin haben Rechtsextreme versucht, die Berichterstattung zu behindern. Zu den Rempeleien kam es am Mittwoch am Münchner Amtsgericht. Auch ein BR-Reporter wurde bedrängt. Stand: 03.01.2013

 

Rangelei bei Neonazi-Prozess: Rechte Sympathisanten bedrängen Reporter

Die Behinderungen und Pöbeleien beim sogenannten Paulchen-Panther-Prozess haben möglicherweise ein juristisches Nachspiel. Der Bayerische Rundfunk prüft derzeit eine Anzeige gegen die offenbar rechtsextremen Prozessbesucher, die im Gerichtssaal unter anderem den BR-Videojournalisten Maximilian Ringsgwandl angegangen hatten. Der Reporter der BR-Sendung "quer" hatte mit einer kleinen Video-Kamera im Gerichtssaal gedreht, als ihm ein szenetypisch gekleideter Prozessbeobachter die Linse verschmierte.

    "Das war eine Art Vaseline, eine fettige Substanz, die das ganze Bild verschmiert hat, so dass man durch die Kamera nichts mehr sehen konnte. Daraufhin wurden von den Beamten die Personalien des Mannes aufgenommen, sonst ist aber nichts passiert. Draußen hat noch ein weiteres Kamerateam von quer gewartet. Den Kollegen wurde zweimal die Linse verschmiert. Da konnten die Täter aber einfach abhauen."

Maximilian Ringsgwandl, Reporter der BR-Sendung quer

Amtsgerichtspräsident weist Vorwürfe zurück

Vorwürfe gegen Justizvollzugsbeamte, wonach die rechtsradikalen Angreifer unbehelligt geblieben seien, weist Amtsgerichtspräsident Gerhard Zierl mit allem Nachdruck zurück. Hauptverhandlungen seien eben öffentlich.

    "Wir müssen der Öffentlichkeit Zutritt gewähren - allen, die diesen Zutritt wollen. Wir müssen eingreifen, wenn irgendeine Situation eskaliert. Das haben wir getan. Die Wachtmeister haben die beginnende Rangelei sofort beendet."

Gerhard Zierl, Präsident des Münchner Amtsgerichts

Die Personalien des einen Störers waren laut Zierl noch im Gerichtssaal aufgenommen worden, die Identität des anderen sei einem ebenfalls angegriffenen Fotografen des antifaschistischen Archivs a.i.d.a. bekannt gewesen. Jetzt liege es bei den Angegriffenen, ob sie Anzeigen wegen Sachbeschädigung stellten, so Zierl. Der BR prüft noch, ob er Anzeige erstatten will.

Paulchen-Panther-Lied nicht strafbar

In dem Prozess war es um das Abspielen der Paulchen-Panther-Melodie während einer Neonazi-Demo im Januar 2012 gegangen.

Das Lied hatte die Terrorzelle NSU, der insgesamt zehn Morde zugeschrieben werden, für ihr Bekennervideo verwendet. Die Staatsanwaltschaft sah darin eine Billigung der Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds NSU. Die Richterin befand das Abspielen des Liedes zwar für äußerst geschmacklos, sprach die beiden Angeklagten am Mittwoch, 2. Januar 2013, aber frei. Die Münchner Grünen fordern deshalb, dass das Münchner Kreisverwaltungsreferat das Abspielen der Paulchen-Panther-Melodie bei künftigen rechten Demonstrationen ausdrücklich verbietet.

Hintergründe zur bayerischen Neonazi-Szene in "quer" am kommenden Donnerstag

Das dreiste Auftreten der Neonazis nach den NSU-Morden ist eines der Themen in "quer" am 10. Januar um 20.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen. Denn nach dem Bekanntwerden der NSU-Morde halten sich die bayerischen Neonazis keineswegs zurück. "quer" zeigt, wie sie unverhohlen bedrohlich und selbstbewusst auftreten, wie sie versuchen Journalisten einzuschüchtern, ihre Arbeit zu behindern und nicht vor tätlichen Angriffen zurückschrecken

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Das Videomaterial aus dem Gericht ist online unter http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/quer/130110-q... abrufbar.