Am letzten Samstag wurde in einer gemeinsamen Aktion zwei nebeneinanderstehende Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Gerhard-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg besetzt: das Hauptgebäude der ehemalige Schule als Refugee Strike House, ein kleineres Nebengebäude als barrierefrei zugängliches soziales und politisches Zentrum. Dies ist ein Bericht über den Stand der Dinge beim neuen sozialen Zentrum.
Bereits unmittelbar nach der Besetzung wurde nicht nur damit begonnen, das neue soziale Zentrum mit Leben zu erfüllen, sondern auch die Anwohner_innen breit mit Flyern informiert und eingeladen.
Das neue Zentrum befindet sich im Herzen des Reichenberger Kiezes in Kreuzberg 36, einem Gebiet, dass nicht nur von massiven Mietsteigerungen und Verdrängungsprozessen betroffen ist, sondern auch zunehmend durch kreativen und entschlossenen Widerstand in die Aufmerksamkeit gerät. So gelang es kürzlich erfolgreich, hier eine angekündigte Zwangsräumung zu verhindern (http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/), und seit Monaten gibt es am Kotti, nur einige 100 Meter vom neuen Zentrum entfernt, das bekannte Camp gegen steigende Mieten von „Kotti & Co“ (http://kottiundco.net/).
Als barrierefreies Zentrum zur Unterstützung des gesellschaftlichen Widerstandes gegen steigende Mieten und Verdrängung, gegen sinkende Löhne und zunehmende Ungleichheit, gegen Rassismus, Sexismus, Homo- und Transpobie, Antisemitismus und andere Diskriminierungen sollen hier zum einen möglichst viele unterschiedliche, flexible Nutzungen möglich sein, und zum anderen Projekte, die für alle nutzbar sind, wie etwa der schon bestehende Umsonstladen, Platz finden.
Das Zentrum befindet sich in einem einstöckigen Flachbau und vefügt im Moment (vielleicht ändert sich die Raumaufteilung ja noch...) über 2 Räume von etwa 60 m², einen Raum von etwa 40m“, einen Raum von etwa 20 m² (ohne Fenster) und einen Raum von etwa 6 m². Toiletten sind ausreichend vorhanden, eine Toilette wurde bereits für die Nutzung durch Rollstuhlfahrer_innen (improvisiert) umgebaut.
In einem offenen Brief an das Bezirksamt wurde am Tag nach der Besetzung gefordert, von Polizeimaßnahmen gegen die Besetzung abzusehen und den Weg für eine langfristige selbstverwaltete Nutzung des Gebäudes als soziales und politisches Zentrum freizumachen.
Nachdem die Besetzung von Bezirksbürgermeister Schulz (Grüne) vorerst für drei Tage bis zur Bezirksamtssitzung am gestrigen Dienstag geduldet worden war, sprach das Bezirksamt nun eine Duldung bis März aus. Schulz sagte ein einer Pressemitteilung, dass die Besetzer_innen des sozialen Zentrums sich doch gefälligst an einem angeblich gerade stattfindenden „Interessenbekundungsverfahren“ für das Gebäude beteiligen sollten (http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/aktuelles/pressemitteil...).
Aber was ist das für ein beschissenes Verfahren, von dem kein Mensch, keine Anwohner in und kein Anwohner, etwas weiss? Wen versucht der Bezirk hier gerade wieder zu verscheißern?
Seit der Besetzung kriegen wir viel Support von Anwohner_innen und Aktivist_innen aus dem Kiez und darüber hinaus. Die Idee, aus dem kleinen aber feinen, viel zu lange leerstehenden Gebäude ein selbstverwaltetes, unabhängiges soziales und politisches Zentrum zu machen, wird breit unterstützt.
Wir sagen: Irving Zola Haus bleibt!
Genau: Benannt ist das neue soziale und politische Zentrum nach Irving Zola. „Irving Kenetth Zola war ein international bekannter US-amerikanischer Aktivist und Autor im Bereich Medizinsoziologie und der Behindertenbewegung. Er war eines der Gründungsmitglieder der Society of Disability Studies und der erste Herausgeber des Disability Studies Quarterly. Er war auch eines der Gründungsmitglieder und Berater des Boston Self-Help Center. Sein bekanntestes Buch, das zuerst 1982 erschien, ist Missing Pieces: A Chronicle of Living With Disability.“ (Wikipedia)
Das soziale und politische Zentrum „Irving Zola“ ist das, was wir daraus machen. Je mehr wir sind, desto spannender wird das Zentrum werden, und desto einfacher wird es für uns alle sein.
Regelmässig gibt es offene Treffen für alle Interessierten. Derzeit ist das Zentrum jeden Tag von 12 bis 22 Uhr geöffnet, und in dieser Zeit auch per Telefon (0176/ 383 576 00) zu erreichen.
Wir brauchen im Moment:
Regale
Sofas
Stühle
Kaffeemaschinen, Termoskannen
Gläser und Tassen
Wandfarbe
Flyer für die Infotische
Menschen, die Lust haben sich zu beteiligen!
Kuchen!
Wenn ihr eine nette Idee habt, für die ihr Räume braucht (ob Theaterprobe oder Diskussionsveranstaltung, Filmvorführung oder Tanzworkshop): schickt uns einfach eine E-Mail!
Das (vorläufige) Programm für die nächsten Tage:
Jeden Tag von 12-22 Uhr: Umsonstladen, Austausch, Aufbau des sozialen Zentrums, Reparaturen, Kaffee und Kuchen (wenn jemand bäckt…), Infotische, Vernetzung, Schneeballschlacht (auf Wunsch)…
Donnerstag, 13.12.12, 20 Uhr: Offenes
Plenum
Freitag, 14.12.12, 21 Uhr: Film „Die
Strategie der Schnecke“ (Großartiger Spielfilm aus Kolumbien über
den kreativen Kampf der Bewohner_innen eines Mietshauses in Bogota
gegen die Profit-Pläne ihres fiesen Hausbesitzers und die miese
Stadtverwaltung / Film auf spanisch mit dt. Untertiteln)
Sonntag, 16.12.12, ab 14 Uhr: „Tag der Ideen“ (Infos für alle Interessierten, Kaffee und Kuchen, Ideensammlung für die weitere Nutzung)
Mittwoch, 19.12.12, 19 Uhr: Offenes Perspektiven-Treffen zur weiteren Gestaltung des neuen sozialen Zentrums
Unterstützen wir gemeinsam die Geflüchteten in ihrem Kampf gegen den rassistischen deutschen Staat und seine Zumutungen in Form von Residenzpflicht, Abschiebungen, „Sachmittelzuteilungen“ und anderen Schikanen! Unterstützen wir das Refugee Strike House (http://asylstrikeberlin.wordpress.com/, http://refugeetentaction.net/index.php?lang=de)! Kein Mensch ist illegal!
IRVING-ZOLA-ZENTRUM – BLEIBT!
REFUGEE STRIKE HOUSE – BLEIBT SOWIESO!
ZWANGSRÄUMUNGEN? VERHINDERN!
MIETERHÖHUNGEN? BOYKOTTIEREN!
IMMOBILIENKONZERNE? ENTEIGNEN!
KVU? VERTEIDIGEN!
WIR BLEIBEN ALLE!
Freitags-Film wahrscheinlich verschoben
Wahrscheinlich wird der für Freitag geplante Film "Die Strategie der Schnecke" auf einen anderen Termin verschoben zugunsten eines anderen Programms. Mehr Infos spätestens morgen, Donnerstag, abends auf dem Blog!
2013, Mach mal radikaler!
"Miete(rhöhunge)n boykottieren" und "(Immobilien)-Konzerne enteignen" schön und gut. Solange ihr aber nicht im selben Zug die Abschaffung des Kapitalismus inkl. der Zerschlagung des bürgerlichen Staates fordert, bleibt euer Kampf defensiv (erste Forderung) bis falsch (zweite Forderung: wer verfügt nach der Enteignung über den ehemaligen Konzern? der deutsche Staat -> Staatseigentum?!).
dynamik
ach mensch, hier wird versucht, zwei facetten des widerstands (der migrant_innen und der mieter_innen) miteinander zu verknüpfen. vielleicht nicht auf dem level der forderungen, aber in der tat ist das schon sehr weit weisend. und es wird nicht weniger gut, weil die abschaffung des kapitalismus als abstrakte forderung gerade nicht darunter steht. wie viele gruppen fordern das ende des systems, und bleiben nur bei den parolen! dagegen ist das echt erfrischend.