Werte Genossinnen und Genossen, liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
wir wollen mit dieser Veröffentlichung unsere Gründung bekannt geben und einen Überblick über unser Selbstverständnis darlegen. Nach einem intensiven Diskussionsprozess sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass die bisherigen linken Strukturen in der Region nicht ausreichen, um den antifaschistischen Abwehrkampf erfolgreich führen zu können. Die Antifaschistische Aktion (Aufbau) Rastatt/Baden-Baden – AARB – betritt die politische Bühne mit dem Ziel, die heute auftretenden faschistischen Tendenzen, mittels einer verbindlichen antifaschistischen Organisation, zu zerschlagen.
Bestandsaufnahme
Auch nach der Schließung des Neonazi-Treffs „Rössle“ in
Rheinmünster-Söllingen vor über einem Jahr sind faschistische Strukturen
in unserer Region nach wie vor vorhanden und in manchen Bereichen am
Erstarken. So kam es in diesem Jahr zu mehreren faschistischen
Übergriffen auf Migrantinnen und Migranten, sowie auf antifaschistische
Jugendliche, welche wir hier kurz dokumentieren:
- 12.02. In Gernsbach wird ein Migrant von einer Gruppe geschlagen und rassistisch beleidigt.
- 30.03. An mehreren Schulen in Rastatt und dem nördlichen Landkreis kommt es zu Verteilung von CDs mit neonazistischem Inhalt.
- 10.05. An einem Auto eines Antifaschisten werden alle vier Reifen zerstochen, nachdem dieser zuvor mehrfach von Neonazis bedroht wurde.
- 28.05. Übergriff auf mehrere Jugendliche sowie Migrantinnen und Migranten im Rahmen der „Dorfcrasher – Facebook Party“ in Gaggenau-Michelbach. Es werden mehrere Personen von Faschisten mit Flaschen beworfen, sowie mit körperlicher Gewalt bedroht.
- 03.07. Von der Polizei werden in Ötigheim mehrere Neonazis festgesetzt, als diese, mit Pfefferspray und Baseballschlägern bewaffnet, Jagd auf Linke machen wollten.
- 14.09. Beim „Gernsbacher Altstadtfest“ werden mehrere Jugendliche aus dem subkulturellen Spektrum der Punk- und Skinheadszene von Neonazis verprügelt. Ein Opfer erleidet ein schweres Hirntrauma mit -Blutungen.
Wir finden es wichtig die bestehenden faschistischen Zusammenhänge aufzudecken und zu erklären. Dies ist essentiell um geeignete Ansatzpunkte und Strategien zu entwickeln um diese effektiv bekämpfen zu können. Deshalb wollen wir im Folgenden einen Überblick über die faschistischen Strukturen vor Ort liefern.
Organisation
Die „Nationalen Sozialisten Rastatt“ (NS-Rastatt), eine Nazigruppierung,
die einen Kreis von ungefähr 20 Personen umfasst, agieren teilweise im
Stil der sogenannten „Autonomen Nationalisten“. Ihre Aktivitäten
konzentrieren sich hauptsächlich auf Propagandaarbeit in Form von
Flugblattaktionen, Aufklebern und ihrer Internetpräsenz, doch auch
Demonstrationen oder geschichtsrevisionistische Kulturveranstaltungen
werden von ihnen besucht und organisiert. Der Gruppenkern besteht aus
ungefähr 10 Leuten. Die häufigsten Aktivitäten können in den nördlich
von Rastatt liegenden Ortschaften Ötigheim und Steinmauern, sowie in den
im Murgtal liegenden Loffenau und Gernsbach festgestellt werden.
Wichtige Personen der Gruppe sind Pablo Allgeier, Freya Leibnitz, Markus
Klenk, Lukas Steininger sowie die beiden Brüder Mario und Sandro Jung.
Rechtsanwälte
Der langjährige CDU-Politiker und Inhaber der Kanzlei „Harsch &
Kollegen“ in Rastatt, Klaus Harsch, fungierte in den letzten Jahren
häufig als rechtlicher Vertreter vieler bekannter gewalttätig gewordener
Faschisten aus ganz Baden. Außerdem klagte er 2006 einen Nazi-Aufmarsch
bis vor das Bundesverfassungsgericht durch. 2008 war Klaus Harsch
maßgeblich an den Bemühungen beteiligt in Karlsruhe-Durlach ein
NPD-Schulungszentrum zu installieren.
Nicole Schneiders, welche im Februar 2012 ein eigenes Anwaltsbüro in Karlsruhe eröffnete, nachdem sie von Klaus Harsch nach massivem öffentlichen Druck entlassen wurde, war im Jahr 2000 bei der NPD Thüringen in hoher Funktion tätig. Nachdem Bekanntwerden der Verbindungen von, Ralf Wohlleben (ehemalig stellvertretender Landesvorsitzender und Pressesprecher der NPD Thüringen) zur faschistischen Terrorgruppe „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU), übernahm sie dessen Verteidigung.
Auch bei Florian Stech, ein Neonazi aus der Ortenau, der versuchte einen
Antifaschisten mit einem Auto zu töten, fungierte sie als rechtliche
Vertreterin, bis sie von ihrem Mandanten aus prozesstaktischen Gründen
entlassen wurde.
Schneiders selbst war NPD-Mitglied und verkehrt in Neonazi-Internetforen. In diesen Foren bietet die Anwältin kostenlose Rechtshilfe an Gleichgesinnte an.
Verlag
Der in Rastatt ansässige Pabel-Moewig-Verlag ist seit 1957 Herausgeber
des Heftes „Der Landser“. Hierbei handelt es sich um ein wöchentlich
erscheinendes Magazin, welches laut Angaben des Verlags
„Erlebnisberichte zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges“ beinhaltet. In
erster Linie handelt das Magazin aber von pseudodokumentarischen
Abenteuergeschichten vor der Kulisse des Zweiten Weltkrieges, in denen
der Mythos der sauberen Wehrmacht propagiert und so versucht wird die
tatsächliche Geschichte umzudeuten. Da diese Zeitschrift von Nazis
unterstützt bzw. mitverfasst und die Geschichte Deutschlands zur Zeit
des WK II verklärt wird, stellt dieses Magazin eine offensichtliche
Gefahr für eine fortschrittliche Gesellschaft dar.
Aufbau
Die AARB ist ein Zusammenschluss von Personen unterschiedlicher
politischer Strömungen, die auf gemeinsamer Grundlage die
antifaschistische Thematik bearbeiten. Dies macht es uns möglich
konzentriert und kontinuierlich unserer wichtigen Arbeit gerecht zu
werden, sprich den antifaschistischen Abwehrkampf intensiv mit einer
breiten Masse zu führen. Während eine gemeinsame Faschismusanalyse für
ein kollektives Vorgehen erforderlich ist, brauchen gemeinsame
Positionen außerhalb des Aktionsfeldes Antifaschismus nicht zwingend
vorhanden zu sein.
Um eine gemeinsame Praxis entwickeln zu können und somit eine funktionierende antifaschistische Organisation aufzubauen ist eine gemeinsame antifaschistische Analyse notwendig.
Der Begriff Aufbau steht in unserem Namen in Klammern, weil wir uns an dem Aufbau einer antifaschistischen Massenorganisation beteiligen wollen, da wir dies als essenzielle Grundlage betrachten, um den antifaschistischen Abwehrkampf erfolgreich bestreiten zu können.
Auf Grund der Struktur der heutigen Gesellschaft, die ökonomisch nur
unwesentlich von jener abweicht, die in den 30er-Jahren des vergangenen
Jahrhunderts eine faschistische Herrschaft ermöglichte, sehen wir es als
unabdingbar den Aufbau einer solchen Struktur zu forcieren.
Grundsätzlich freuen wir uns über alle neue Genossinnen und Genossen, die unserer Gruppe beitreten wollen.
Informiert euch, unterstützt unsere Aktionen und beteiligt euch am antifaschistischen Aufbau!
Aktionsfelder
Die AARB sieht sich verantwortlich für die Aufklärung und Bekämpfung faschistischer Strukturen im Großraum Rastatt/Baden-Baden.
Nazis Widerstand zu leisten, in den man zum Beispiel ihre Aufmärsche
verhindert, ist elementarer Bestandteil unserer Politik. Nationalismus,
Antisemitismus sowie Unterdrückungsformen wie Sexismus und Rassismus
müssen konsequent aufgedeckt und bekämpft werden.
Ferner ist es unsere Aufgabe durch Infoveranstaltungen und
Diskussionsrunden über die Ursachen und Wirkungen des Faschismus
aufzuklären.
Insbesondere fühlen wir uns verpflichtet den antifaschistischen
Selbstschutz zu organisieren, indem linke Einrichtungen geschützt werden
und wir unsere Hilfe denen anbieten, die von Faschisten bedroht werden.
Als AARB suchen wir Bündnisse mit allen gesellschaftlichen Gruppen, die objektiv kein Interesse am Faschismus haben. Dadurch wollen wir die Einheit aller Antifaschistinnen und Antifaschisten erreichen.
Theoretische Grundlagen
Was ist Faschismus?
Faschismus ist eine Form bürgerlicher Herrschaft, die von der
herrschenden Kapitalistenklasse eingesetzt wird, wenn der Liberalismus
nicht mehr in der Lage ist die bestehenden Klassenverhältnisse zu
sichern.
Während die ökonomische Basis im Faschismus gegenüber dem Liberalismus
gleich bleibt, ergo Ausbeutung der Lohnabhängigen, Kapitalakkumulation,
Privatbesitz an Produktionsmitteln, entsteht als Überbau eine neue,
terroristische Herrschaftsform, welche die Interessen der herrschenden
Klasse mit brachialer Gewalt gegen die Arbeiterklasse durchsetzen kann.
Der herrschenden Klasse ist dabei bewusst, dass sich unter bestimmten
Bedingungen, nur mit faschistischen Methoden die Arbeiterbewegung
unterdrücken lässt und somit ihre Profite und die Eigentumsverhältnisse
gesichert bleiben.
Für das Entstehen des Faschismus gibt es zwei Möglichkeiten, welche der herrschenden Klasse zur Verfügung stehen:
- Die bestehende, bürgerlich-demokratische Gesellschaftsordnung entwickelt sich sukzessive mit den gleichen Machthabern, ohne Hilfe bereits existierender faschistischer Bewegungen, zu einem faschistischen Staat. Mittels nationalistischer Standortlogik, Einschränkung der Arbeiterrechte, Rassismus, Militarismus nach Innen und Außen, sowie Überwachungsmethoden entsteht so eine autoritäre Herrschaftsform, welche sich zu einem Faschismus entwickeln kann.
- Die bestehenden, bürgerlichen kapitalistischen Strukturen gehen ein Bündnis mit den bestehenden faschistischen Strukturen ein.
Ursachen des Faschismus
Die internationale Standortkonkurrenz der Staaten im Kapitalismus hat
ein Interesse an Militarisierung und Rassismus als Erklärungsmuster für
die imperialistische Expansion.
Hier liegen bereits die Ursachen des Faschismus. Auf Imperialismus, Rassismus und Militarismus kann der Faschismus aufbauen.
Generell gilt, dass in kapitalistischen Krisenzeiten die Gefahr des
Faschismus steigt, da die Angst vor dem sozialen Abstieg durch die
Faschisten ausgenutzt wird. Grundsätzlich liegt also in der
kapitalistischen Entwicklung die Ursache des Faschismus.
Auch in Phasen in denen eine soziale Revolution bevorsteht setzt die Bourgeoisie für ihren Machterhalt auf den Faschismus.
Geschichte des deutschen Faschismus
Der Kapitalismus entwickelte sich im 19. Jahrhundert mit den Prinzipien
der Konkurrenz und des Privateigentums an den Produktionsmitteln.
Seither bestimmt eine Minderheit, die herrschende Klasse, die
Geschehnisse, da diese die Wirtschaft und somit die Basis der
Gesellschaft kontrollieren.
Nach diversen Krisen und dem Erstarken der Arbeiterbewegung versuchte die Bourgeoisie autoritäre Verhältnisse zur Sicherung des Kapitals zu schaffen. Doch die nach der Wirtschaftskrise 1929 entstandenen Notverordnungen und Präsidialregierungen konnten die Ziele der herrschenden Klasse nicht erfüllen, da ihnen eine Massenbasis zur Durchsetzung ihrer Interessen fehlte.
Diese Massenbasis war in der NSDAP, hauptsächlich durch die
Mittelschicht und Kleinbürger, die einen sozialen Abstieg befürchteten,
vorhanden.
Die Massenbasis in der faschistischen Partei konnte gesichert bleiben, da sie Geld von der Bourgeoisie erhielten und dadurch mit Slogans nach Außen werben konnten, welche den Menschen auf Grund der Vergangenheit bekannt waren.
Unter anderem mit sozialer Demagogie, Antisemitismus und dem Betonen der nationale Frage gelang es diese Massenbasis zu erhalten.
Aufgrund dieser Faktoren und den gleichen Zielen, wie Zerschlagung der Demokratie und der Arbeiterbewegung, sowie dem Rüstungs- und Expansionsstreben, setzte die herrschende Klasse nun auf Hitler und seine faschistische Partei. Die Auswirkungen dieser Machtübergabe, gipfelte nach der Zerschlagung der Arbeiterbewegung in den 2. Weltkrieg und schließlich in der Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden.
Selbstredend sieht es die AARB kritisch die demagogische Selbstkennzeichnung der Faschisten als sozialistisch und als Arbeiterpartei zu übernehmen, stattdessen charakterisieren wir die Zeit von 1933-1945 als deutschen Faschismus. Schließlich hatte der Hitler-Faschismus nichts mit einem Sozialismus gemein, sondern verschärfte die Ausbeutung der Lohnabhängigen und sicherte die Macht der Kapitalisten.
Warum hat die Bourgeoisie derzeit kein Interesse am Faschismus?
Da der Kapitalismus derzeit im Sinne der Herrschenden funktioniert, hat
die herrschende Klasse in Deutschland momentan kein Interesse am
Faschismus und geht sogar gegen faschistische Strukturen, wie die der
NPD vor. Solange die wirtschaftliche Lage derart stabil bleibt und die
Kapitalisten, aufgrund einer schwachen Organisierung der Arbeiterinnen
und Arbeiter, nicht um ihre Vormachtstellung Sorge haben müssen, gibt es
kein unmittelbares Interesse der herrschenden Klasse am Faschismus.
Erst wenn sie durch eine starke Arbeiterbewegung gefährdet werden und um
ihre soziale, politische und wirtschaftliche Stellung bangen müssen
ändert sich dies.
Dennoch ist es wichtig auch in diesen Zeiten antifaschistisch aktiv zu werden – 182 Todesopfer durch faschistische Gewalt seit 1990 in der BRD sprechen eine deutliche Sprache.
Die Antifaschistische Aktion aufbauen!
Rastatt, 30.11.2012
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Rastatt/Baden-Baden
Kontaktieren könnt ihr uns unter: aarb[at]riseup[dot]net
...
Na dann mal viel Erfolg auf der "politischen Bühne"
...
auch online unter aarb.blogsport.de
hinter dem faschismus?
erstmal hut ab, dass es in dieser region endlich menschen geschafft haben sich gegen neonazis zu organisieren! das war und ist auch bitter nötig.
aber der versuch zu erklären was "faschismus" ist und worin dessen ursachen liegen, ist in 18 zeilen eben nicht zu machen. meines erachtens wäre das für die gründung einer antifa-gruppe auch gar nicht nötig gewesen. klar das ihr auch ne antikapitalistische position einnehmen wollt, aber schon die geschichte dürfte euch gezeigt haben, dass ihr bei diesen punkten einiges(!!!!) vergessen habt. somit wäre es vielleicht sinnvoller gewesen sich zu erst eine analyse des Kapitalismus anzueignen.
trotzdem wünsche ich euch für eure arbeit gegen neonazis (mit dem wissen über eure jugend und motivation) viel erfolg!
alles gute und solidarische grüße!
Steht das Kapital!
Würde sagen, dass die sich eben auf das Ökonomische konzentriert haben.
Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden.
In der pdf Version wird ja auch noch auf folgendes verwiesen:
Quellen zum Weiterlesen:
Clara Zetkin – Der Kampf gegen den Faschismus (1923)
Georgi Dimitroff - Arbeiterklasse gegen Faschismus (1935)
Reinhard Kühnl - Formen bürgerlicher Herrschaft Liberalismus – Faschismus (1971)
Autonome Antifa M - Geschichte der antifaschistischen Aktion (1995)
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Hinter den Nazis, mit denen ihr zu tun habt, steht eben weder zwangsläufig das Kapital noch der Staat. Das ist der Punkt, der in der Analyse der "roten Gruppen", wenn man sie so nennen will, meist zu kurz kommt: die Eigendynamik der faschistischen Bewegung und Ideologie.
Die genannten Analysen (Dimitroff etc.) die meist als Referenz herangezogen werden, beziehen sich auf den Faschismus an der Macht (!), der konkret in seiner historischen Situation natürlich ein Bündnis reaktionär-kapitalistischer Kräfte und faschistischer Bewegung war. Es ist ein Ansatz, der die anderen (ideologiekritisch, sozialpsychologisch etc.) leider vernachlässigt, allerdings sind gerade diese Ansätze wichtig, um die Entsehung und Duldung dieser ganzen reaktionären Elemente in der Gesellschaft zu begreifen. Gerade in der Provinz, in der ihr agiert.
Trotzdem natürlich euch viel Glück!
Handlanger der Kapitalisten?
Ihr meint also, eure dummen Dorfnazis sind in Wirklichkeit clevere Handlanger der bösen Kapitalisten?