Streit um Burschenschaften
Nach dem Eklat auf einer FU-Absolventenfeier distanziert sich der Berliner Wissenschafts-Staatssekretär von Burschenschaften.
Aus Sicht der Berliner Wissenschaftsverwaltung sind Burschenschaften an Berliner Hochschulen „unerwünscht“. Das sagte Staatssekretär Knut Nevermann (SPD) am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Grünen hatten gefragt, wie der Senat zu dem „verstärkten Auftreten und Werben“ von Studentenverbindungen an Unis stehe. Nevermann sagte, es sei Aufgabe der Hochschulen, zu entscheiden, wie sie mit dem Auftreten von Burschenschaften umgehen. Er verwies auf das „traditionell kritische Verhältnis“ der Freien Universität zu Studentenverbindungen.
Wie berichtet hatte das FU-Präsidium erst vor Kurzem in einem Rundschreiben die Dekane aufgefordert, „darauf zu achten, dass Vertreter studentischer Verbindungen nicht in Farben auf dem Campus auftreten“.
Bei einer Jura-Absolventenfeier der FU waren unlängst dennoch vier uniformierte Burschenschafter aufgetreten, was zu einem Eklat führte. Ein Absolvent, der den Auftritt öffentlich kritisierte und die Burschenschafter als „Nazis“ beschimpfte, wurde vom Dekan des Fachbereichs Jura Martin Schwab wegen Störung der Veranstaltung des Saales verwiesen. An der FU ist nun ein Streit um den Dekan entbrannt. Der Asta forderte, dass er sich entschuldigt und von seinem Amt zurücktritt. Inzwischen hält der Asta die Forderung nicht mehr aufrecht und setzt auf Dialog, wie ein Asta-Mitglied dem Tagesspiegel mitteilt. Zugleich sammeln Studierende Unterschriften für den an der Fakultät als beliebt geltenden Jura-Professor Schwab.
Die Burschenschafter, die auf der Absolventenfeier uniformiert auftraten, gehörten sehr wahrscheinlich zur Berlin-Zehlendorfer Verbindung Gothia, wie sich aus ihren orangefarbenen Mützen und schwarzen Jacken schließen lässt. Die Gothia ist eine pflichtschlagende Verbindung, Mitglied des Dachverbands Deutsche Burschenschaft (DB) und Mitglied der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG), einer nach Auffassung von Beobachtern am rechtsäußeren Rand stehenden Vereinigung von 45 Burschenschaften aus Deutschland und Österreich.
Der Dachverband Deutsche Burschenschaft erregte zuletzt öffentliche Aufmerksamkeit, weil er über einen Abstammungsnachweis für Mitglieder diskutierte und ein Vorstandsmitglied den Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als „Landesverräter“ bezeichnete. Thorsten Elsholz, der Vorsitzende der Gothia, erklärte gegenüber dem Tagesspiegel, der DB habe die Debatte längst abgeschlossen, es gebe keinen „Ariernachweis oder irgendetwas Ähnliches“, dies sei auch mit der Mitgliederstruktur der Gothia „nicht kompatibel“. Mitglieder, „die extremen politischen Lagern angehören“, würde er in der Gothia nicht dulden. (Tsp)