Kein Herz für Joko! Antisexistische Aktion in Jena

Kein Herz für Joko - Flyer

Antisexistische Kundgebung gegen den Auftritt Joko Winterscheidts in Jena. 

Am Samstag den 20.Oktober rief ein Antisexistischer Zusammenschluss in Jena dazu auf eine in der Villa am Paradies geplante Ersti-Party mit Joko, bekannt aus der ZDF-Sendung „neoParadise“, kritisch zu begleiten. Anlass dieser Aktion war der sexuelle Übergriff Jokos in seiner Sendung vom 4. Oktober. Währenddessen machte sein Konterpart Klaas Vergewaltigungsanspielungen.

 

Auch wenn Joko seinen Auftritt kurzfristig wegen angeblicher Krankheit absagte, nutzen wir die Gelegenheit um uns gegen die Verharmlosung sexueller Gewalt als Streich unreifer Jungen zu positionieren und ein Zeichen gegen den sexistischen Normalzustand in der Gesellschaft zu setzten. Die Villa gerät dabei nicht das erste Mal in die Kritik: während der EM wurde ein Spiel Deutschlands gegen die Niederlande auf rassistische Weise beworben (http://www.jenapolis.de/2012/06/stura-der-fsu-jena-entsetzt-ueber-rassismus-der-villa/). Zudem fällt die Villa immer wieder mit ihrer sexistischen Flyergestaltung und Werbung auf, in der beispielsweise Frauen die als „Bunnies“ verkleidet kommen, freien Eintritt versprochen wird. 

 

Um diese sexistischen Verhältnisse, wie sie sich konkret am Übergriff durch Joko zeigen, nicht stillschweigend hinzunehmen, versammelten wir uns am Samstagabend vor der Villa. Vor Ort verteilten wir Flyer an potentielle Partygäste und riefen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Vorfall auf. Des Weiteren wurde ein Redebeitrag verlesen, den wir im Folgenden dokumentieren möchten:

 

Die Szene, die am 4. Oktober beim ZDFNeo gesendet wurde, war nichts anderes als ein öffentlicher, sexueller Übergriff durch Joko und Klaas. Vor laufenden Kameras wurde hier die körperliche Integrität einer Frau verletzt, indem sie ungefragt angefasst wurde. Klaas kommentierte diesen Übergriff gegenüber der Messe-Hostess durch Joko mit den Worten: "Gott, aber der war das auch so unangenehm. Die stand da wirklich und hat sich richtig entwürdigt gefühlt. Die fährt jetzt gleich nach Hause und dann wird die erst einmal schön heulen unter der Dusche, die steht dann sechs Stunden unter der Dusche." Bei diesem Ausspruch handelt es sich um eine Anspielung auf Vergewaltigungsopfer, die häufig direkt nach dem Übergriff das Verlangen haben zu duschen. An diesem Kommentar von Klaas wird deutlich, dass er weiß, dass seine Aufgabenstellung eine Aufforderung zu einem sexuellen Übergriff war. Gleichzeitig inszeniert er diesen als Witz und es wird deutlich, dass die beiden sexualisierte Gewalt lediglich als ein bürgerliches Tabu unter vielen betrachten, die es für Rebellen wie sie zu brechen gilt.


Aber sexualisierte Gewalt ist kein Aufmischen bürgerlicher Normen, sondern reiht sich in die strukturelle Gewalt der Geschlechterhierarchie dieser Gesellschaft ein.

Durch die Inszenierung des Übergriffs als Witz liegt die Definitionsmacht über die Situation bei Joko und Klaas und ihr gewaltförmiger Charakter wird verschleiert.


Inzwischen wird auch viel darüber geschrieben, dass Joko und Klaas und auch das ZDF sich längst für den Vorfall entschuldigt hätten und die weitere Thematisierung nicht legitim wäre. Joko zeigt sich bereits vor dem Übergriff unangenehm berührt und entschuldigt sich danach in die Kamera. Klaas twittert nach den empörten Reaktionen in den Medien, sie hätten „lustigen Quatsch mit fahrlässigem, beleidigendem Schwachsinn verwechselt“. Diese Entschuldigungen klingen danach, als hätten die beiden im Eifer des Gefechts einen Fehler gemacht, der ihnen danach natürlich aufgefallen sei und jetzt Leid tue. Bereits in der Sendung sprechen die beiden jedoch darüber, dass Joko eine solche Handlung nicht zum ersten Mal gemacht hat, also bereits zuvor sexuell übergriffig geworden ist. Joko hat sich also nicht spontan zu der Tat hinreißen lassen, sondern muss als unreflektierter Wiederholungstäter verstanden werden. Klaas‘ Entschuldigung hingegen kann nur als Reaktion auf den Mediendruck und als Versuch seine Karriere zu retten, gewertet werden. Auch die beschwichtigenden Versuche des ZDF erscheinen als Farce, da der Sender durch das Unterlegen des Übergriffs mit Hupgeräuschen selbst aktiv dazu beigetragen hat, die Szene als Erniedrigung darzustellen.


Die Reaktionen der Beteiligten zeigen, dass sie den Kern des Problems sexualisierter Gewalt nicht verstehen wollen. Denn der sexuelle Übergriff von Joko und Klaas ist kein Einzelfall und wir sind nicht nur hier, um Joko als Täter anzuprangern. Vielmehr ist der Vorfall bloßer Ausdruck gesamtgesellschaftlicher, sexistischer Verhältnisse, die es anzugreifen gilt.


In dieser Gesellschaft ist sexualisierte Gewalt gerade kein Einzelphänomen, sondern alltägliche Praxis. Nur dass der Großteil dieser Übergriffe, die von abwertenden, sexualisierten Sprüchen bis hin zu Vergewaltigungen reichen, nicht thematisiert werden und unsichtbar bleiben. Denn in dieser Gesellschaft herrscht eine rape culture, welche die sexuelle Aggression von Männern als natürlich legitimiert und Frauen auf ihre potentielle Opferrolle vorbereitet, indem sie ihnen beibringt, sich möglichst unauffällig zu kleiden und zu verhalten. Im Falle eines Übergriffs wird so die Schuld leicht auf die scheinbar zu aufreizende Kleidung des Opfers geschoben und der Täter aus der Verantwortung genommen. Das wahre Ausmaß sexualisierter Gewalt in dieser Gesellschaft bleibt unsichtbar, weil Übergriffe in einer solchen Kultur nur schwer zur Anzeige gebracht werden können.


Diese rape culture ist Teil der Geschlechterhierarchie dieser Gesellschaft. Schon bei der Geburt werden wir in die heterosexuelle Matrix eingeordnet und unsere Identität als Mann oder Frau festgelegt. Diese beiden Kategorien werden mit bestimmten Dualismen wie stark/schwach, rational/emotional und aktiv/passiv belegt. Eine solche Dualismenbildung führt zwangsweise zu einer Hierarchisierung. Aus diesem Grund leben wir nicht in einer gleichberechtigten Zweigeschlechtlichkeit, sondern in einer Geschlechterhierarchie, in der Frauen stets diejenigen Eigenschaften zugeschrieben bekommen, die nicht ins System passen. Im Kapitalismus ist dies in erster Linie die Passivität, die nicht in eine Gesellschaft passt, welche aktive, selbstdisziplinierte Menschen für ihr Aufrechterhalten benötigt.


Im Beruf der Messe-Hostess institutionalisiert sich die passive Rolle, die Frauen zugeschrieben wird. Die Frau wird zum Objekt, welches durch Sexualisierung die Aufmerksamkeit der Kund_innen auf ein bestimmtes Produkt lenken soll. Als direkte Folge daraus müssen Hostessen wohl regelmäßig Übergriffe durch Kund_innen erdulden.


Deshalb ist es auch keine Tat eines Einzelnen, die heute hier angeprangert wird. Sie ist gesellschaftliche Normalität innerhalb einer sexistischen Gesellschaft. Diese gilt es anzugreifen! Dennoch müssen wir auch ein Zeichen setzen gegen die Einzeltäter_innen, welche die Gewaltförmigkeit der Geschlechterhierarchie reproduzieren. Sexualisierte Gewalt ist kein fahrlässiger Schwachsinn, sondern die Verletzung körperlicher Selbstbestimmung! Aus diesem Grund lassen wir nicht zu, dass Joko in Ruhe seine Party feiert. Kein Raum den Sexist_innen! Kampf den sexistischen Verhältnissen!“

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Eurer Analyse der strukturell-patriachalen Verhältnisse stimme ich - mit Abstrichen - zu, allerdings wäre ich vorsichtig mit Fremdzuschreibungen!

Joko hat sich Übergriffig  verhalten, keine Frage, dies zu problematisieren ist richtig, allerdings ist die Frage ob es ein sexueller - oder wie ihr schreibt "sexualisierter" - Übergriff war, denn dazu müsste Joko hetero oder bi-sexuell sein, ist er das?

Ich weiß es nicht, aber mit Fremdzuschreibungen wäre ich vorsichtig.

 

TRIGGERWARNUNG:

Hier die heiß diskutierte Szene, damit sich mensch selbst ein Bild machen kann. Das ZDF meint zwar, "der Zuschauer" könne nicht erkennen ob die Szene nur angedeutet wurde oder nicht, meiner Meinung nach erkennt mensch aber glasklar dass er sie berührt hat. (Klass Sprüche danach sind unter aller Sau).

http://www.youtube.com/watch?v=spwCKJRIp4g&feature=endscreen

 

Bleibt allerdings noch fest zu halten, dass gewisse Teile antisexistischer Szenepolitik, selbst antifeministisch agieren und gängige Geschlechter-Klischees reproduzieren. http://jungle-world.com/artikel/2010/32/41534.html

Hat der die im Video echt an den Brüsten berührt?

 

Seis drum, selbst die Aktion... aber das passiert, wenn man so pseudo-tolerant und immer lustig im Fernsehen auf jung und dynamisch machen möchte. Letztlich entpuppen sich die Leute als Gutmenschen.

 

Das ZDF hat auch schon mal bessere Tage erlebt.

 

Aber wie anerkannt Sexismus und auch Antisemitismus ohne irgendeine Reaktion aus der Bevölkerung ist, zeigt sich auch wieder daran.

 

https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=HxV1PBBqVEg#! (das dumme ist nur, pi und konsorten haben das schon längst auf ihre seite gebracht; was aber nichts am dreckigen antisemitismus ändert)

no love for

Nicht nur, dass das der Grund war warum ich jetzt Joko und Klaas nicht mehr mag, der angebliche Gag ist sogar nur ein aufgewärmter aus einer früherer Sendung der beiden: "Joko gegen Klaas - Das Duell um die Welt". http://www.youtube.com/watch?v=Mb3Ps3rUCC8&feature=related

Hier muss Joko bei einer Wrestlerin genauso übergrifig werden wie in dem aktuellen Beispiel. Im Video zu sehen ab 16:44.

Schade, dass wrsetling nur show ist...