Am 18. und 19. findet im Ritz Carlton am Potsdamer Platz die 'Jahrestagung der Immobilienwirtschaft' statt. Auf diesem jährlich vom Handelsblatt initiierten´Treffen, verhandeln hochrangige Vertreter*innen aus Politik und Immobilienwirtschaft das Verhältnis Wohnen. Gegen die Jahrestagung werden vielfältige Aktionen stattfinden. Zu einer Demonstration mit anschließender Kundgebung vor dem Tagungshotel rufen über 30 Kiezinitiativen und Gruppen auf. Andere Aktivist*innen planen die Busse, welche die Teilnehmer*innen zu ihrem Abendessen bringen sollen, aufzuhalten.
Die erste Erkenntnis der Tagung ist schon gewonnen: Die Immobilienbrache boomt wieder! Deutschland steht als Investitionsmarkt im Fokus, denn vor allem in den urbanen Zentren werden enorme Gewinnmöglichkeiten gesehen. Mietverhältnisse sind besonders beliebt. Durch die unternehmerische Stadtpolitik, sind politische Instrumente, wie etwa der Milieuschutz oder Miethöchstgrenzen entfallen. Durch eine Ökonomisierung des Sozialen lassen sich gewaltige Lücken zwischen momentan realisierten, kapitalisierten Grundrente und der potentiell möglichen Grundrente ausmachen. Die Potentiale sind dabei längst erkannt und die Schließungen der Lücken, die sich auf dem Markt immer wieder neu ausdrücken und reproduzieren, ist in vollem Gange.
In Berlin lässt sich diese Entwicklung deutlich erkennen. Gab es vor 10 Jahren noch Berichterstattungen über den Untergang der Oranienstraße mit einem gleichzeitigen Fall der Immobilienpreise, hat sich dieser Trend komplett gedreht. Die um die Jahrtausendwende befürchteteten Armutsviertel sind nun aufgewertet Trendkieze. Und in ganz Berlin stiegen die Mieten, was im aktuellen Mietspiegel deutlich wird: 7,9 Prozent seit 2009. Der Wert ist dabei nahezu doppelt so hoch wie die Inflationsrate und kann auch durch die Steigerungen der Einkommen nicht relativiert werden. Besonders brisant ist die Lage, weil Berlin einen überproportional großen Anteil von Haushalten mit geringen Einkommen hat. Zudem gibt es zu wenige Wohnungen, weil Menschen in die Stadt ziehen, weil der Anteil der Singlehaushalte steigt und weil die Vermarktung von Ferienwohnungen mehr Rendite verspricht. 3.500 neue Wohnungen, meist im gehobenen Segment werden jedes Jahr durchschnittlich in Berlin gebaut – wobei ein Neubau von rund 15.000 Wohnungen notwendig wäre. Die Zustände werden für immer mehr Menschen spürbar. Es kommt zur Verdrängung – sozial aus eigenen Lebensentwürfen und räumlich an den Stadtrand.
Auf dem 'Jahrestreffen der Immobilienwirtschaft' wird nun besprochen, wie aus der Stadt noch mehr Rendite raus zu pressen ist. Dieses Treffen ist der Ausdruck der bestehenden Bedingungen, die sich aus der spezifischen Produktionsweise und der Organisation von Politik ergeben.
Dabei greift eine Kritik die sich an den einzelne Akteuren des Jahrestreffen richtet zu kurz. Der Diskurs um Stadtentwicklung ist ohnehin anfällig für die Konstruktion von Feindbildern. Auf der Nachfrageseite werden die 'Schwaben', 'Yuppies' und 'Touris' all zu schnell als Schuldige für die derzeitige städtische Entwicklung ausgemacht. Das sich bei dieser binären Konstruktion der Abgrenzung rassistischer und xenophober Ressentiment entlehnt wird, bleibt auch in linksradikalen Kreisen meist unreflektiert. Im Angebotsspektrum sind die Inverstor*innen, Hedgefondbesitzenden und CEOs der großen Immobilienunternehmen der personifizierte Grund allen Übels. Eine solche Kritik unterschätzt die Komplexität des Bestehenden und läuft Gefahr sich einer verkürzten Kapitalismuskritik samt seiner strukturellen Implikationen zu bedienen. Und zu guter Letzt sind ja auch die Politker*innen mit von der Partie. Dabei muss deutlich gemacht werden, dass es kein Zurück zum Sozialstaat der Vergangenheit gibt. Denn der Staat zieht sich gegenüber den Kräften des Marktes nicht zurück sondern staatliches Handeln findet insgesamt neue Ausdrucksformen, der Markt selbst wird zum organisierenden und regulierenden Prinzip von Staatlichkeit.
Das Ziel linksradikaler Praxis gegen die kapitalistische Stadtumstrukturierung muss eine Repolitisierung des privaten Mietverhältnisses sein. Es muss dabei sichtbar gemacht werden, dass die elementaren Schwierigkeiten vieler Mieter*innen keine individuellen Probleme, sondern Resultat der kapitalistischen Organisation des Bedürfnisses nach Wohnen ist. Dementsprechend gilt es sich an den Kämpfe um das Verhältnis Wohnen zu beteiligen, ohne sich dabei in Partikularforderungen zu verlieren. Vielmehr muss das Verhältnis Wohnen auf die Gesamtscheiße reflektiert werden, um so den transformatorischen Charakter der Organisierung und Auseinandersetzung in Szene zu setzen.
Anlässe wie die Jahrestagung der Immobilienwirtschaft bieten die Chance den politischen Konflikt sichtbar werden zu lassen um damit auch die weiter wachsende kapitalismuskritische Organisierung in den Kiezen zu stärken.
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