Berlin: Platzbesetzung am Kottbusser Tor

Platzbesetzung am Kottbusser Tor

Seit Samstagnachmittag halten Mieterinnen aus den anliegenden Wohnanlagen den südlichen Teil  des Kottbusser Tors besetzt. Sie haben ein Protestcamp errichtet und ihre Entschlossenheit bekräftigt, zu bleiben, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Viele von ihnen haben ein Migrationshintergrund, teilweise wohnen sie schon seit Jahrzehnten hier.

 

Die ehemals unbeliebten "Sozialwohnungen" am Kotti sind nun, da SO 36 ein Trendbezirk geworden ist, verstärkt ins Blickfeld kapitalitischer Verwertungslogik geraten.

Mieterhöhungen für die sich in einem schlechten Zustand befindlichen Wohnungen werden ausgesprochen.

Wer Transferleistungen bezieht, liegt mit seiner Miete mit einem mal über den Sätzen der "Ausführungsvorschrift Wohnen", wird aufgefordert, die "Miete zu senken", übersetzt: "sich gefälligst an den Stadtrand zu verpissen".

 

Viele der betroffenden MieterInnen haben schon vor längerer Zeit angefangen, sich zu organisieren, ihre bisherigen Proteste und Aktionen wurden aber von den Hausbesitzern und der Politik ausgesessen.

Mit den Schritt der Platzbesetzung, der in dieser Form einmalig in Berlin ist, bekunden sie Bereitschaft, sich nicht kampflos aus Kreuzberg vertreiben zu lassen.

 

Die Aktion am Kotti ist auf viel Resonanz gestossen, täglich um 18.00 Uhr findet ein für alle offenes Plenum statt, auf dem gemeinsam über die weiteren Schritte beraten wird.

 

Es wird dazu aufgerufen, diese Aktion zu unterstützen. Gewünscht wird vor allem das öffentlich machen dieser Aktion, aber auch besonders die Unterstützung vorort.

Verlegt Eure Plenas, Treffen, Veranstaltungen, Geburtstage (bitte ohne Alk) in den öffentlichen Raum Kottbusser Tor.

 

Morgen wird es um 11:30 Uhr eine Pressekonferenz vorort geben, am Mi, 19:00 Uhr wird es eine Informationsveranstaltung mit  Anwälten von der Berliner Mietergemeinschaft am Kotti geben.

 

Am kommenden Freitagabend wird ein Konzert stattfinden.

 

Ebenfalls  am Freitag, den 01.06.2012 wird es um 16.00 einen "Lärmumzug" am Kotti geben.

 

Verbreitet diese Infos in euren Strukturen, etliche Blogs von Gruppen, die zu dem Thema "Aufwertung und Vertreibung" in Berlin arbeiten, sind z.Zt. aufgrund des DdoS Angriffs auf blogsport lahmgelegt.

 

Aktuelle Informationen findet ihr auf dem blog von kotti und co

 

http://kottiundco.wordpress.com/

 

Wir dokumentieren die Presseerklärung zur Platzbesetzung am Kotti:

 

"Mieter gehen auf die Strasse und bleiben

 

Am Samstag, 26.5.2012 um 17:00 haben wir unsere Wohnungen am südlichen Kottbusser Tor, nach einem Strassenfest der Mieterinitiative „Kotti & Co“ auf die Strasse verlängert. Wir protestieren damit gegen die steigenden Mieten im sozialen Wohnungsbau am Kottbusser Tor. Alle Verantwortlichen aus der Landes-Politik und von den Mietervereinen haben in den vergangenen Monaten zum Ausdruck gebracht, dass sie für den sozialen Wohnungsbau nichts tun wollen oder nichts tun können. Dabei fehlt lediglich der politische Wille, hier Mietobergrenzen einzuführen, um die Mieter, die zum Teil seit Jahrzehnten hier wohnen, zu schützen. Die Problematik ist vielen bekannt.

 

Wir haben uns jetzt zu einem “Protestcamp” entschlossen bis die Landesregierung eine Lösung für den sozialen Wohnungsbau findet. Auf Senatsebene ist bisher nur von Neubau und den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften die Rede. Überhaupt nicht wird über die Misere vieler Bestandsmieter gesprochen. Am südlichen Kottbusser Tor sind jedoch über 1000 Wohnungen in privater Hand. Die Eigentümer GSW und Hermes bekommen seit Jahrzehnten Subventionen, inzwischen ohne ihrer Aufgabe, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, nachzukommen. Sie reden noch nicht einmal mit uns.

 

Wir fordern Senator Müller daher auf, umgehend eine Kappungsgrenze (wieder) einzuführen und diese Wohnungen mittelfristig  zu kommunalisieren. (Weitere Informationen, Forderungen und Anregungen auf unserer Webseite)

Wie wir unser Camp verstehen: Ein Zitat aus dem Brief der Mieter an Innensenator Henkel und die Polizeipräsidentin Koppers:

„Viele von uns wohnen hier am Kotti seit Jahrzehnten, unsere Kinder gehen hier zur Schule, unser Familien wohnen in der unmittelbaren Nähe, sowie unsere Freunde und Freundinnen. Wir engagieren uns seit Jahren für ein schönes Kottbusser Tor. Wir sind im Quartiersrat aktiv, sind Elternvertreter an den Schulen oder sind in soziale und kulturelle Projekte im Quartier eingebunden. Wir feiern Feste, helfen in der Nachbarschaft, verschönern mit viel Eigeninitiative unser Wohnumfeld und vieles mehr.

 

Heute protestieren wir mit Form eines ‚Protest-Camps’ am Kottbusser Tor, da wir nach zahlreichen Versuchen unsere äußerst dramatische Situation Herrn Senator Müller deutlich zu machen an Grenzen gestoßen sind. Zuletzt am 21.5.12 auf einer Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung. Dort äußerte sich Herr Müller nochmals deutlich darüber, was er in Bezug auf dem sozialen Wohnungsbau unternehmen möchte: leider nichts. Für uns bedeutet dieses konkret ein alltägliches Drama. Unsere Existenz ist durch die steigenden Mieten so bedroht, dass wir keine Alternative sehen als stärker auf unsere Lage aufmerksam zu machen. Deshalb machen wir diese Aktion.

 

Es ist ein friedliches und offenes Camp. Wobei wir gar nicht wissen ob Camp der richtige Name ist. Eigentlich ist es einfach unser Vorgarten. Ein Teil unseres Zuhauses. Wir gehen einen Schritt vor die Tür. Wir gehen an die Öffentlichkeit. Wir werden uns auf keine konfrontative Situation einlassen. Wir werden aber auch bleiben. Wir wohnen hier. Wir sind sowieso hier. Genau darum geht es bei diesem Protest ja auch.“

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Kotti wird ein teures Pflaster

Die Mieten im sozialen Wohnungsbau steigen rasant. Bewohner des Kottbusser Tors wollen bei einem Straßenfest am Samstag Lösungen suchen.

Christoph Villinger in der taz

„Suchen Sie sich doch eine neue Wohnung, wenn Sie die Mieterhöhung nicht bezahlen können.“ Als im April bei vielen BewohnerInnen in den Hochhaus-Blocks auf der Südseite des Kottbusser Tors die vierte Mieterhöhung innerhalb kurzer Zeit ins Haus flatterte, beschwerten sich einige beim Eigentümer. Doch „ihr Ansprechpartner“ auf Seiten der zuständigen Hermes Haus- und Vermögensverwaltung fertigte sie kurz angebunden ab und wies nur in Richtung Stadtrand, etwa Marzahn. Parallel verschickt das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg Aufforderungen an von Hartz IV lebende MieterInnen, „die Kosten ihrer Unterkunft zu senken“. Denn auch den Sozialbehörden sind die Mieten im sogenannten sozialen Wohnungsbau inzwischen zu teuer.

„Bei uns im Haus brennt die Luft“, berichtet Franziska Weber*. Sie ist vor drei Jahren in eines der Hochhäuser des sogenannten Südblocks gezogen. Die 35-jährige Wissenschaftlerin fühlt sich wohl in der Hausgemeinschaft, viele ihrer NachbarInnen leben schon seit Generationen in Berlin. „Wir haben Kreuzberg zu dem gemacht, was es ist“, sagt ihre Freundin Handan Özkal*, „und sollen jetzt vertrieben werden.“

Viele BewohnerInnen im Haus beziehen eine kleine Rente. „Meine Großeltern und Eltern“, berichtet die 38-jährige Bauingenieurin Özkal, „kamen in den 60er-Jahren nach Berlin, arbeiteten zu niedrigen Löhnen und machten Kreuzberg zu ihrem Zuhause.“ Nun wollten sie ihren Lebensabend auch hier genießen. Und Özkals Kinder gehen im Viertel zur Schule. Doch inzwischen muss jede zweite Familie in den 1.000 Sozialwohnungen am südlichen Kottbusser Tor 40 bis 50 Prozent ihres Einkommens für Miete ausgeben.

Modell zum Steuersparen

Die Wohnungen gehören der vor Jahren privatisierten ehemaligen städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW und der seit dem Bau der Häuser privaten Admiral-Grundstücks GmbH/Hermes-Hausverwaltung. Ende der 70er-Jahre wurden die Häuser des sozialen Wohnungsbaus vor allem als Steuerabschreibungsmodelle für westdeutsche Gutverdiener genutzt. Wer mehr als 150.000 Mark Jahreseinkommen hatte, konnte seine Einlage innerhalb von fünf Jahren über Steuerersparnisse wieder zurückholen. Gleichzeitig konnten die Baukosten nicht hoch genug sein, denn nach diesen richtet sich die „Kostenmiete“, die am Kottbusser Tor in einigen Häusern bis zu 14 Euro pro Quadratmeter erreicht. Die Differenz zwischen dieser Kostenmiete und der staatlich festgelegten Sozialmiete zahlte der Senat.

Da sich dieser für die Steuergelder kaum politische und soziale Zugriffsrechte sicherte, bedeutet das vor einigen Jahren eingeleitete Ende der Subventionen auch eine Entlassung der Eigentümer aus der Mietbindung. Jetzt dürfen sie ihre Mieten an den fiktiven „Kosten“ ausrichten. „Dabei sind die Häuser mit unseren Steuergeldern schon längst mehrfach abbezahlt“, empört sich Franziska Weber. Die Entwicklung sei zwar noch nicht so schlimm wie im nahen Fanny-Hensel-Kiez, der eine ähnliche Struktur hat. Aber die Mieterhöhungen „werden viele Nachbarn vertreiben“, befürchtet Weber.

Deshalb fordern die MieterInnen die sofortige Wiedereinführung einer Kappungsgrenze von 4 Euro nettokalt, zumindest für die 16 vom Senat so genannten „problematischen Großraumsiedlungen“, zu denen auch das Kottbusser Tor gehört. Auf einem Straßenfest am Samstag ab 14 Uhr auf der Südseite des Kottbusser Tors wollen sie mit allen, auch mit „Besserverdienenden und Touristen“, ihre Forderungen diskutieren. „Von den Politikern der rot-schwarzen Koalition erwarten wir Lösungen“, so Weber, „die eine sofortige Erleichterung bringen.“ Und von den drei Oppositionsparteien fordern sie „die Entwicklung von tragfähigen Modellen zur Rekommunalisierung des sozialen Wohnungsbaus“.

*Namen geändert

http://taz.de/Streitthema-Mieten-in-Berlin/!94099/

Am Freitag gibt es dort ein Konzert mit Microphone Mafia um 18Uhr

Umsonst & Draussen

Ein Flugblatt, dass derzeit rund um den Heinrichplatz verteilt wird: 
 
Solidarität mit der Platzbesetzung der MieterInnen am Kotti

 

Am Samstagnachmittag (26.05.2012) haben mehrere Dutzend MieterInnen ein Protestcamp am südlichen Teil des Kottbusser Tors errichtet.

In den ehemaligen Sozialwohnungen rund um das Kotti flattern immer mehr AnwohnerInnen Mieterhöhungen ins Haus.

 

Der ehemalige SPD/ Partei Die Linke - Senat hat die „Anschlussförderung“ für den sozialen Wohnungsbau der 70iger und 80iger im Jahre 2003 gestrichen.

Diese Wohnungen waren mit massiver öffentlicher Förderung errichtet worden.

Künstlich hochgerechnete „Kostenmieten“ ließen Milliarden an Steuergeldern in den berühmt-berüchtigten Berliner Bausumpf versickern.

Nun dürfen diese „Kostenmieten“ eingetrieben werden, soweit „der Markt“ das hergibt.

 

Die Neubauquartiere rund um den Kotti sind mittlerweile in privater Hand, sie wurden ebenso wie die GSW privatisiert.

Hier wohnen viele Menschen mit Migrationhintergrund, teilweise seit Jahrzehnten.

Aus den schick gewordenen Altbauten in S036 sind schon viele alte Kreuzberger verdrängt worden, nun scheinen sich auch für den ehemaligen Sozialwohnungsbestand neue Renditeerwartungen anzubahnen. 

 

Viele MieterInnen können die neuen Mieterhöhungen von ihrem Gehalt oder der Rente nicht zahlen. Wer auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, erhält eine Aufforderung, die „Miete zu senken“, was im Klartext heißt, er oder sie solle sich aus Kreuzberg in Richtung Stadtrand verpissen. Viele berichten von rassistisch geprägten Verhalten der FallmanagerInnen des JobCenters.

 

Seit längerem schon organisieren sich die MieterInnen rund um das Kotti. Alle Proteste wurden bisher von den Hauseigentümern und der Politik ausgesessen.

 

Die Platzbesetzer vom Kotti haben klar gemacht, dass sie sich nicht kampflos vertreiben lassen werden. Sie werden ihre Besetzung aufrecht erhalten, bis ihre Forderungen erfüllt sind:

  • Kommunalisierung des Sozialen Wohnungsbaus!
  • Übernahme der Verantwortung und der Wohnungen durch die Stadt – Umsetzung der sozialen Pflicht, bezahlbaren Wohnraum für schlechter Verdienende zur Verfügung zu stellen!
  • Bis zur Kommunalisierung des Sozialen Wohnungsbaus durch die Stadt die Einführung einer Kappungsgrenze von 4,-€ pro Quadratmeter (siehe Hamburg).
  • Rücknahme der Kostensenkungsforderung durch die Jobcenter.
  • Rückzahlung der zuviel gezahlten Mieten an die Mieter durch die Hausverwaltungen oder die IBB (analog zu der bis 2011 geltenden Kappungsgrenze von 5,35€).
  • Antirassistische Schulung für diejenigen JobCenter - MitarbeiterInnen, die es nötig haben.

 

Wir alle erleben, wir unser Kiez sich verändert. Wir haben keinen Bock, als Kulissenschieber für Ballermanntouristen und Besserverdienende zu enden. Wir solidarisieren uns mit dem Kampf der MieterInnen vom Kotti. Wir wollen, dass unsere Nachbarn bleiben. In gar nicht so fernen Zeiten stand die Parole „Wir gehen nicht unter in unseren Niederlagen, sondern in den Kämpfen, die wir nicht führen“ auf den Brandmauern von Kreuzberg..

In diesem Sinne... !

 

Kommt zum Kotti – Unterstützt die Platzbesetzung – Verbreitet diese Informationen.

 

Lärmumzug am Freitag  01.06.2012, 16:00 Uhr, südlicher Kotti

 

Einige aus dem „Laden am Heinrichplatz-14a“ –  Im Netz unter http://14a.blogsport.de/