Solidaritätsaufruf gegen die Zensur

Mitternacht auf der Mavi Marmara – Der Angriff auf die Gaza-Solidaritäts-Flottille

Am 9. Mai 2012 erfährt der LAIKA-Verlag Hamburg, dass der Verlag „aus politischen Gründen“ von der Teilnahme an den Linken Buchtagen 2012 in Berlin „ausgeschlossen“ wurde. Hintergrund war die Anfrage von Berliner FreundInnen des Verlages nach einem Standplatz. Auf telefonische Nachfrage an den uns mitgeteilten Sprecher Christian W., erfährt der Verlag in gedrungenen Sätzen, Grund sei ein „gewisses blaues Buch, näheres müsse dazu nicht erläutert werden“. Angaben über das Gremium, das sich diesen Ausschluß anmaßte, wurden nicht gegeben.


Bei dem „gewissen(n) blauen Buch“ handelt es sich um den 2. Band der Reihe Edition Provo Mitternacht auf der Mavi Marmara, erschienen im LAIKA-Verlag im März 2011, das Berichte und Reflexionen von ca. 50 Autoren enthält zur versuchten Blockadedurchbrechung 2010 durch die Gaza-Hilfsflottille und dem Angriff der israelischen Marine auf sie, sowie grundsätzlich zum Verhältnis Israel-Palästina. Zu den Autoren dieses Bandes gehören u.a. Moshe Zuckermann, Amira Hass, Sara Roy, Ilan Pappé, Henning Mankel, Noam Chomsky, Adam Horowitz und viele andere.


Auf die Forderung des LAIKA-Verlages, eine politische Begründung abzugeben, haben die anonymen Ausschließer bis heute nicht reagiert. Der LAIKA-Verlag ist ein dezidiert linker Verlag, der seit ca. 2 1⁄2 Jahren mit verschiedenen Reihen zur Geschichte der Linken, zur notwendigen Theoriebildung und zu aktuellen sozialen, politischen oder internationalen Fragen publiziert.

 

Der Ausschluß dieses Verlages von einer sich selbst als „links“ definierenden Buchmesse ist ein Akt der Zensur, aber auch der dumme Anspruch von Sackgassenlinken, darüber entscheiden zu dürfen, wer dazu gehört und wer nicht. Der Wunsch der Zensur ist der Herrschaftsanspruch über
den Geist der anderen. Ihr Anlass ist nie die Unwahrheit, denn sie ist nicht zu fürchten sondern in der Regel das eigene illegitime Interesse oder die eigene Idiotie, die sich gegenüber der freien politischen Auseinandersetzung blamiert.

 

Der LAIKA-Verlag ruft alle an dieser Linken Buchmesse Berlin 2012 beteiligten Verlage auf, diesem ebenso lächerlichen wie dummen Anspruch einer willkürlichen, dogmatischen Hinterzimmergruppe auf Herrschaft über das, was in linken Verlagen veröffentlicht werden darf und was nicht, die einzige Antwort zu geben die es verdient: Eine radikale Absage. Eine Beteiligung an einer Buchmesse unter der Akzeptanz der Zensur würde hinter den Anspruch aller linken Verlage, die Selbstbefähigung zur politischen Auseinandersetzung über alle Fragen der Gesellschaft und der Welt zu fördern, denunziativ zurückfallen.

 

LAIKA-Verlag Hamburg

Karl-Heinz Dellwo
Willi Baer

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Vielen Dank auch von mir an die Veranstalter*innen der Linken Buchtage. Antisemitismus und anderer Israelhass sollten auch in der publizistischen Linken keinen Platz haben.

Und wer hier von Zensur schwadroniert, sollte noch einmal kurz in sich gehen und seine*ihre grauen Zellen bemühen.

wo links drauf steht muss nicht links drin sein. dass das buch dort nicht erwünscht ist spricht nur dafür dass es gut sein muss. wär ja schlecht wenn die antideutschen "linken" buchtage euer buch mögen würden.

Das Vorgehen der Buchmesse ist tatsächlich kritikabel: wenn Sie inhaltliche Bedenken haben, sollten Sie diese vorbringen. Ziel eines Arguments ist es ja stets das Überzeugen. Werden Argumente weggelassen, fällt ein Diskurs schwer. Mangelhaft.

 

Allerdings: das "blaue Buch" ist tatsächlich ziemlicher Dreck. Von daher verstehe ich nicht, warum keine inhaltliche Stellungnahme der Buchmesse veröffentlicht wurde, in der die Kritik begründet wird. Anlass dafür gibt es genug.

Desweiteren: bin mir nicht ganz sicher, inwieweit ein ärgerliches Buch Aussagekraft über einen ganzen Verlag hat. Immerhin publizieren bei LAIKA ja auch Autor_innen, die mit der unschönen politischen Haltung des "blauen Buches" so gar nicht zusammengeht.

 

Nachbessern, Buchmesse.

"Aus dem Programm:

03.06.2011 · 18:00 Uhr · Buchladen Schwarze Risse
Initiative unzensiert.lesen: 
Buchläden im Visier des Staatsschutzes"

 

Wozu brauchen wir den Staatsschutz, die Veranstalter sind da effektiver.

Der Mehringhof samt seiner Projekte immer ein Ort der offenen Diskussion autonomer, anarchistischer, antiiimperialistischer, internationalistischer Solidarität und Strukturen. Wieso masst sich nun eine Gruppe von Buchzensiererinnen an, dies ändern zu wollen?

 

Was heisst das? wohin geht der Zug?

 

Zukünftig keine Veranstaltungen und Soliaktionen mehr zum Baskenland, Kurdistan u.e.m.,Chiapas und Zapatistas Unpersonen? Buchzensur im "Schwarze Risse"?

 

Wer trägt diesen Beschluss gegen Laika? Eine kleine Gruppe? Schwarze Risse? Der ganze Mehringhof?

 

Wir als Linke in Berlin haben ein Anrecht auf eine offene Erklärung! Wie stehen "Schwarze Risse", die Kneipe, der EA, DIDF u.a. zu dieser Art der Zensur?

 

Muss man sich Sorgen machen, dass ihr so langweilig, angepasst und antideutsch, wie die Rote Flora in HH werdet? Verscherbelt eure und unsere Geschichte nicht.

 

Äussert euch bitte dazu!

 

Ein paar besorgte GenossInnen

Natürlich "ATIF" anstelle "DIDIF", sorry...

 

Was sagt der Mehringhof, die anderen Gruppen:

 

http://www.mehringhof.de/projekte.html

 

Lädt hier nur noch der "Jungle World" nahe Verbrecherverlag ein? Kennt ihr deren Autoren - Liste? Wollt ihr drüber diskutieren? Über Schreiberlinge von rechten US - Think Thanks?

 

Wenn das zukünftig ne Veranstaltung von Ca ira über Bahamas bis Verbrecherverlag werden soll, kommuniziert das so! Anderswo gibt es auch Bücher!

Ich stimme den Berliner "Quo vadis mehringhof" zu. Ich würde es aber noch schärfer formulieren. Linke Buchtage laden i.d.R. linke Verlage ein. Ich kenne nur teile des verlagsprogramm von laika, manche bücher finde ich gelungen, manche sehr einseitg und kritikwürdig. Aber als linke sollten wir uns hüten, mit der keule der zensur denkverbote zu erteilen, das kennen wir aus der geschichte der kommunistischen  parteien. Scheinbar ist bei den antideutschen stalin wieder ganz modern. Wenn hier verlage nichts zu suchen haben, dann sind das solche, die mit dem mittel der zensur die "generallinie" (stalin) in sachen israel festlegen wollen.

"Verbrecherverlag, wusste man bei den Veranstaltern schon, dass aus "Linken" - Buchtagen schnell mal "wir schreiben euch vor, was ihr zu lesen und zu denken habt" - Buchtage werden.

 

Da wir uns von einem Schreiberling der "Jungle World" (und wenn wunderts, der "TAZ") aber weder vorschreiben, was wir lesen, noch denken, pellen wir uns ein Ei auf eure diskussionsfreien "Linken" Buchtage.

 

Denkt ihr wirklich mit dem Verbieten von Büchern könnt ihr die Situation zwischen IsraelInnen/PalästinenserInnen irgendwie lösen? Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen, war noch nie eine Lösung.

 

Für wenn denkt ihr denn, dass ihr sprecht? Es gab in den letzten Monaten zahlreiche Veranstaltungen zum Thema (auch heute eine, siehe Stressfaktor) in Berlin. Niemand lässt sich mehr von irgendwelchen antideutschen Gralshütern das Diskussionsthema diktieren.

 

Und ihr fallt Meilen dahinter zurück und kuscht vor einer "Boheme - Zeitung" mit Null - Relevanz?

Liebe Veranstalterinnen der Linken Buch Tage Berlin,

liebe Initiativen aus dem Mehringhof!

 

Ich habe ein Abo der Laika - Reihe "Bibliothek des Widerstandes" und auch das Marmara und Griechenland Buch. Nicht alles gefällt, nicht alles gibt meine Erinnerung oder politische Einschätzung wieder, aber hier wird ein wichtiger historischer Beitrag zur Aufarbeitung linker Geschichte weltweit geleistet. Vieles fast schon vergessene hervorgekramt, z.B. die Geschichte der Weathermen.

 

Ihr meint diesen Verlag nun aus "eurer" Buchmesse ausschliessen zu müssen. Anzumerken wäre, dass es früher mal "unsere", die der Linken und Unangepassten, Buchmesse gewesen wäre und wohl nicht eine kleine anonyme Gruppe entschieden hätte, wer gelesen werden darf und was nicht.

 

Eure Begründung ist ein Buch über ein damals weltweit heiss diskutiertes Thema - die Gaza Flotte. Dies ist ein Buch, von dutzenden, dazu. Was macht es ausschlusswürdig? Das Thema? Einzelne Artikel? Die Autoren? Was?

 

Wer entscheidet das? Eine Buchmessegruppe? Der Mehringhof? Ein selbsternanntes ZK, wie in den Siebzigern?

 

Es wäre schön darüber Aufschluss zu erhalten. Ich entscheide nämlich gerne selbst, was ich lese und diskutiere. Eine Bevormundung selbsternannte linker Sittenwächter lehne ich ab.

 

Ich möchte dann nämlich auch selbstbestimmt und bewusst entscheiden, ob ich meine Bücher weiterhin im "Schwarze Risse" kaufe und Ausgaben des Verbrecher - Verlages lesen möchte.

 

So schaffen wie ihr rangeht schaffen wir sicher keine authentische, weltoffene, SELBSTBESTIMMTE Linke!

Wieso sollte eine Gruppe die Linke Buchtage veranstaltet, nicht einladen dürfen wen sie wollen, wenn ich eine infoveranstaltung zu ein bestimmtes thema veranstalte möchte ich auch nicht das dort jader sitzt.
Dies ist trotzdem keine Zensur, damit wird keiner von uns vorgeschrieben was wir zu lesen haben. Wieso wird hier gleich wieder so wild mit dreck und vorverurteilungen  um sich geschleudert, kennt ihr den Grund weshalb sie nicht eingeladen wurden? Habt ihr mit denen geredet? Kennt ihr deren Kritik an dem Buch? Solltet ihr nicht erstmal abwarten was sie dazu sagen statt die Buchtage als antideutsch ein zu stufen, nur weil menschen mit einem buch problemen haben macht sie das noch lange nicht zu  antideutschen. Ihr verhällt euch gerade wie bild leser. Zum kotzen!!!

Eine bessere Werbung für den LAIKA VERLAG, als den Ausschluss durch diese moralinsauren antideutschen Taliban, kann es doch gar nicht geben. Durch die Scharia dieser Moralwächter erst auf das Buch "Mitternacht auf der Mavi Marmara" aufmerksam geworden, werde ich es morgen gleich bestellen.

Hallo,

 

eine bessere Werbung für die 17. Linke Literaturmesse Anfang November in Nürnberg kann es auch nicht geben...

 

...you're welcome!

Viele internationalistische und revolutionäre Gruppen tragen weder diesen Beschluss, noch sind sie bereit ihn hinzunehmen.

 

Wir verlangen die Beantwortung unserer Fragen:

 

Wer ausser Christian W. trägt diesen Beschluss? Inwieweit ist "Ca ira", "Bahamas" uns "Jungle World" in diesen Ausschluss involviert? Gab es einen basisdemokratischen Entscheidungsprozess?

 

Es gab in den letzten Jahren immer wieder Stress mit o.g. Gruppen. Einerseits ihr Ausschlussverlangen, andererseits ihre teilweisen obskuren Veranstaltungen.

 

Nun fühlen sie sich in der Position palästinasolidarische Verlage auszuschliessen. Was folgt? Verbot internationalistischer Positionen at all?

 

Wer trägt das im Mehringhof? Die linke Buchmesse in Nürnberg lacht sich nen Ast über euert Verhalten.

 

Eine Positionierung von "Schwarze Risse", "FDCL", "EA", Clash", "Junge Welt" u.a. ist dringend angemahnt.

 

Der Mehringhof steht für über 30 Jahre linke revolutionäre Politik. Sicher nicht für antideutsches Sektierertum!

 

Es ist eure Entscheidung "Ca Ira", "Bahamas" und "Jungle World" einzuladen. Eine Übernahme eine linken Buchmesse Berlin durch Antideutsche ist aber unser aller Ding.

 

Der Mehringhof ist Teil unser aller Geschichte und zuletzt der Antideutschen

 

Nehmt den Beschluss zurück oder nennt das Kind bei seinem Namen "antideutsche Buchmesse".

 

Wir werden das so nicht akzeptieren !

 

Hoch die internationale Solidarität !

Ich finde es erstaunlich, daß eine linken Positionen verpflichtete Buchmesse mit der taz werben kann, ohne daß dies zu einer Debatte über die Frage führt, warum man dieses lodengrüne, Krieg und Kapitalismus propagierende und insbesondere auf zynische Weise über die radikale Linke herziehende Blatt als Medienpartner auf der eigenen Webseite präsentiert, anstatt jeglicher Zusammenarbeit mit grünen Feigenblättern offensiv entgegenzutreten.

Der Vorgang und die Diskussion zeigen, dass "links" und "emanzipatorisch" nichts miteinander zu tun haben. Es geht zwar zusammen, aber muss nicht. Zensur ist immer der Ausschluss von abweichenden Meinungen. Das begründet sich nicht an einer Kritik an der anderen Meinung, denn dann wäre der Umgang, einen als problematisch empfundenen Beitrag in einen Streitdebattenkontext zu setzen. Das aber wäre ein emanzipatorischer Ansatz.

Solidarität - bei gleichzeitig notwendiger Kritik - daher an LAIKA aus dem SeitenHieb-Verlag. "Unsere" Bücher bzw. ReferentInnen sind ja permanent von Zensur durch "Linke", Gewaltfreie und andere AnhängerInnen autoritärer Ideen betroffen (demnächst z.B. der Vortrag "Freie Menschen in freien Vereinbarungen", der auf den libertären - lach, lach - Medientagen in Bochum verboten wurde).

.... wurde/ wird was bei den libertären medientagen verboten? bitte soweit möglich nähere informationen ---

auf der "libertären medienmesse" sind auch burg lutter und graswurzel vertreten - "natürliche " feinde von joerg bergstedt, der wohl den vortrag halten wollte --- j.b. ist wohl einer, der auch in der vergangenheit polarisiert, für mich die bequeme linksradikale szene manchmal durchrüttelt, sie auf die beine stellt oder sich über sie lustig macht -- alles eigentlich unterstützendswerte aktionen. da er einer/einem manchmal persönlich auf den keks gehen kann, ist ne frage der eigenen emanzipation - sprich, ich bin mir selbst genug, das kann ich ab

 

 

 

von daher - ne alternative in fragen emanzipation und horizontalität ist bochum dann wohl auch nicht

es ist allerdings ein kleiner Unterschied, ob ich auf einer Buchmesse einen gesamten Verlag mit seinem gesamten Programm auslade (man hätte ja z.B. auch schreiben können: "Um Stress zu vermeiden, bitte legt dieses Buch nicht aus" - das wäre zwar evtl. auch zu kritisieren, aber doch eine andere Vorgehensweise) oder ob ich bzw. meine Gruppe ein Veranstaltungsprogramm organisiere, bei dem selbstverständlich die Organisator_innen auswählen, wer dort vorträgt und wer nicht. Problematisch wäre es sicher, wenn der Bergstedt einen Projektwerkstatt-Stand hätte machen wollen und man dann gesagt hätte "Nö."

 

Man muss sich allerdings auch als Veranstalter_in auch auf Büchertischen nicht alle Inhalte zumuten, das ewige Gejaule über Zensur wird schnell repressive Toleranz... auf linken/libertären Buchmessen möchte ich weder Eso-Kram noch z.B. Politveganismus mit Peter Singer-Bezug sehen und niemand würde klagen, wenn man die MLPD ausläd...

Ich frage mich nun, darf "Espero" trotz oder wegen seiner/ihrer Anzeigen in der "Jungen Freiheit" an den Linken (?) Buchtagen teilnehmen? Warum ist das kein Ausschlußgrund?

Ein ebenso schwacher wie armseliger Rechtfertigungsversuch der Organisationsgruppe der Linken Buchtage Berlin.

Hier nachzulese.: 

http://www.hintergrund.de/201205252077/feuilleton/zeitfragen/anonyme-antisemitismusvorwuerfe-organisationsgruppe-gefaehrdet-linke-buchtage-in-berlin.html

Anonyme Antisemitismusvorwürfe. Organisationsgruppe gefährdet Linke Buchtage in Berlin

Ein Bericht von THOMAS WAGNER, 25. Mai 2012 -

Unter der Überschrift „Solidaritätsaufruf gegen die Zensur“ kursiert seit Mittwoch ein von Karl-Heinz Dellwo und Willi Baer (beide LAIKA-Verlag) gezeichneter Text im Internet, der alle betreffenden Verlage dazu aufruft, ihre Teilnahme an den Linken Buchtagen in Berlin abzusagen, die in diesem Jahr vom 13. bis 17. Juni stattfinden sollte.

Begründet wird die Aufforderung damit, dass der Verlag am 9. Mai erfahren habe, aus politischen Gründen von der Teilnahme ausgeschlossen worden zu sein. In dem Aufruf heißt es: „Auf telefonische Nachfrage bei dem uns genannten Sprecher Christian W., erfährt der Verlag in gedrungenen Sätzen, Grund sei ein ‚gewisses blaues Buch’, zu dem ‚Näheres nicht erläutert werden’ müsse. Angaben über das Gremium, das sich diesen Ausschluss anmaßte, wurden nicht gegeben.“

Bei der Publikation handelt es sich um das bereits 2011 im LAIKA-Verlag erschienene Buch „Mitternacht auf der Mavi Marmara“, das Texte von ca. 50 Autoren „zur versuchten Blockadedurchbrechung 2010 durch die Gaza-Hilfsflottille und dem Angriff der israelischen Marine auf sie, sowie grundsätzlich zum Verhältnis Israel-Palästina“ enthält. Bei dem beispiellosen Gewaltakt sind neun Aktivisten der internationalen Solidaritätsaktion von der israelischen Armee erschossen und viele andere verletzt worden. Unter den engagierten Beiträgen des Bandes befinden sich Texte von kritischen Intellektuellen wie Ilan Pappé, Henning Mankell und Noam Chomsky sowie zahlreichen israelischen und palästinensischen Autoren. Moshe Zuckermann steuerte das Vorwort bei.

Gegenüber HINTERGRUND war Christian W. vom Organisationsteam der Buchmesse auf telefonische Nachfrage nicht bereit, sich zu dem Zensurvorwurf zu äußern. Stattdessen erreichte unsere Redaktion am Freitagmittag eine nicht mit Namen gezeichnete Stellungnahme der Gruppe, die den Ausschluss des LAIKA-Verlags mit scharfen Antisemitismusvorwürfen zu rechtfertigen versucht. Die „Gaza-Hilfsflottille“ von 2010, so die anonym bleibenden Autoren, habe „die Grenze dessen, was linke Politik bedeutet, nach rechts hin überschritten“. Publikationen, die sich „unkritisch und affirmativ auf diese in jeder Hinsicht katastrophale Aktion beziehen“, wollten sie auf den Linken Buchtagen nicht unterstützen. Der „vorgebliche Hilfslieferungstransport“ sei „von Beginn an von israelfeindlichen und antisemitischen Parolen begleitet“ gewesen.

Dem vom LAIKA-Verlag publizierten Band halten sie nun vor, antisemitische Ressentiments zu bedienen, einen „einseitigen Blick auf den Nahost-Konflikt“ zu zeigen und ein Bündnis mit radikalen Rechten und Islamisten zu akzeptieren. Die vom LAIKA-Verlag gewählte Form der Auseinandersetzung, so meinen die Buchmesse-Organisatoren, mangele „es weder an Publikum noch an Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen. Kein Verlag wäre dabei auf die Öffentlichkeit der Linken Buchtage angewiesen“. Außerdem betonen sie, „antisemitische Positionen“ nicht solidarisch diskutieren zu wollen. Was sie mit „Antisemitismus“ meinen, erläutern sie freilich nicht.

Zum Schluss nimmt die Argumentation dann eine schon in ihrer Inkonsequenz nicht leicht nachvollziehbare Wendung. Obwohl sie in der „Boykottankündigung einiger Verlage und AutorInnen“ keine Grundlage für ein gemeinsames Projekt mehr sehen, wollen sie sich „nicht länger gegen die Anwesenheit des Laika Verlags“ verwehren, falls – man beachte die Einschränkung – „die Drohungen aufrecht erhalten bleiben“.

Durch wen sie sich konkret bedroht sehen, verraten die anonym bleibenden Autoren nicht. Fraglich ist denn auch, ob sich die angesprochenen Verlage und Autoren durch die gewählte Form der Ansprache zur weiteren Kooperation mit den Organisatoren ermutigt fühlen werden.

 


 

Dokumentation

HINTERGRUND dokumentiert unter (1) den Aufruf des LAIKA-Verlags vom 23. Mai 2012 und unter (2) die Stellungnahme der Organisationsgruppe der Linken Buchtage Berlin vom 25. Mai 2012.

(1)

Solidaritätsaufruf gegen die Zensur

Am 9. Mai 2012 erfährt der LAIKA-Verlag Hamburg, dass der Verlag „aus politischen Gründen“ von der Teilnahme an den Linken Buchtagen 2012 in Berlin „ausgeschlossen“ wurde. Hintergrund war die Anfrage von Berliner FreundInnen des Verlages nach einem Standplatz. Auf telefonische Nachfrage bei dem uns genannten Sprecher Christian W., erfährt der Verlag in gedrungenen Sätzen, Grund sei ein „gewisses blaues Buch“, zu dem „Näheres nicht erläutert werden“ müsse. Angaben über das Gremium, das sich diesen Ausschluss anmaßte, wurden nicht gegeben.

Bei dem „gewissen(n) blaue(n) Buch“ handelt es sich um den 2. Band der Reihe Edition Provo Mitternacht auf der Mavi Marmara, erschienen im LAIKA-Verlag im März 2011, das Berichte und Reflexionen von ca. 50 Autoren enthält zur versuchten Blockadedurchbrechung 2010 durch die Gaza-Hilfsflottille und dem Angriff der israelischen Marine auf sie, sowie grundsätzlich zum Verhältnis Israel-Palästina. Zu den Autoren dieses Bandes gehören u.a. Moshe Zuckermann, Amira Hass, Sara Roy, Ilan Pappé, Henning Mankel, Noam Chomsky, Adam Horowitz und viele andere.

Auf die Forderung des LAIKA-Verlages, eine politische Begründung abzugeben, haben die anonymen Ausschließer bis heute nicht reagiert.

Der LAIKA-Verlag ist ein dezidiert linker Verlag, der seit ca. 2 1⁄2 Jahren mit verschiedenen Reihen zur Geschichte der Linken, zur notwendigen Theoriebildung und zu aktuellen sozialen, politischen oder internationalen Fragen publiziert.

Der Ausschluss dieses Verlages von einer sich selbst als „links“ definierenden Buchmesse ist ein Akt der Zensur, aber auch Ausdruck des dummen Anspruchs von Sackgassenlinken, darüber entscheiden zu dürfen, wer dazu gehört und wer nicht. Der Wunsch der Zensur ist der Herrschaftsanspruch über den Geist der anderen. Ihr Anlass ist nie die Unwahrheit, denn sie ist nicht zu fürchten, sondern in der Regel das eigene illegitime Interesse oder die eigene Idiotie, die sich gegenüber der freien politischen Auseinandersetzung blamiert.

Der LAIKA-Verlag ruft alle an diesen Linken Buchtagen Berlin 2012 beteiligten Verlage auf, diesem ebenso lächerlichen wie dummen Anspruch einer willkürlichen, dogmatischen Hinterzimmergruppe auf Herrschaft über das, was in linken Verlagen veröffentlicht werden darf und was nicht, mit der einzig angemessenen Reaktion zu begegnen: mit einer radikalen Absage.

Eine Beteiligung an einer Buchmesse unter der Akzeptanz der Zensur würde hinter den Anspruch aller linken Verlage, die Selbstbefähigung zur politischen Auseinandersetzung über alle Fragen der Gesellschaft und der Welt zu fördern, denunziativ zurückfallen.

LAIKA-Verlag Hamburg
Karl-Heinz Dellwo
Willi Baer

(2)

Linke Buchtage Berlin 2012

Wir möchten uns an dieser Stelle zu den Vorwürfen bezüglich der Teilnahme des Laika-Verlags an den Linken Buchtagen äußern.

Zunächst kurz zu den Linken Buchtagen und ihrer Geschichte: Die Linken Buchtage sind vorüber zehn Jahren als linke Buchmesse gestartet, im Lauf der Zeit hat sich die Zahl der teilnehmenden Verlage an den Buchtagen aber spürbar verringert. Nicht zuletzt ist dieser Umstand dem Aufwand geschuldet, den es für viele VerlegerInnen bedeutet, einen Ausflug nach Berlin personell, ökonomisch und zeitlich zu stemmen.

Seit über fünf Jahren engagiert sich auch kein Verlag mehr in der Organisationsgruppe. Der Schwerpunkt der Linken Buchtage hat sich nach und nach zu einem Lesungs- und Diskussions-Wochenende entwickelt: Die Anzahl der Lesungen hat sich mehr als verdoppelt.
Wir als Organisationsgruppe stehen in keinem politischen Zusammenhang mit anderen Mehringhof-Projekten und wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass keines dieser Projekte eine direkte Verantwortung für die Buchtage-Organisation und die Entscheidungen der Buchtage-Vorbereitungsgruppe trägt.

Wie kommen nun die Verlage nach Berlin? In der Regel laden wir sie ein, ihr Verlagsprogramm auf Büchertischen vorzustellen. Den Laika Verlag haben wir nicht eingeladen. Wir verstehen, dass die Verleger deshalb enttäuscht und verärgert sind. Wir verstehen aber nicht, dass sie
überrascht sind. Als Linke dürften sie mit der schwierigen Geschichte der linken Antisemitismuskritik, die auch als Selbstkritik und Selbstaufklärung betrieben wurde und wird, vertraut sein. Sie hätten damit rechnen können, mit einem Teil ihrer Publikationen nicht immer undüberall willkommen zu sein.
Das alles ist gegenwärtig und historisch Teil der Linken und findet auch auf den Buchtagen Raum in den Leseveranstaltungen.
Nun sind wir in der Vorbereitungsgruppe aber der Meinung, dass die »Gaza-Hilfsflottille« von 2010 die Grenze dessen, was linke Politik bedeutet, nach rechts hin überschritten hat. Wir möchten Publikationen, die sich unkritisch und affirmativ auf diese in jeder Hinsicht katastrophale Aktion beziehen, nicht auf den Linken Buchtagen unterstützen.

Als OrganisatorInnen der Buchtage geht es uns um die Bereitstellung einer Plattform für einen Austausch über linke Positionen und Debatten, und zwar explizit in einem möglichst weiten Spektrum. Wir organisieren gerne einen infrastrukturellen Rahmen für linke Verlage und sehen unsere Arbeit in der Tradition, den linken und unabhängigen Verlagsbetrieb zu unterstützen. Dabei sind wir aber engagiert in einem politischen Projekt, das wir auch inhaltlich beeinflussen. So unternehmen wir jedes Jahr den Versuch, mit Hilfe der Verlage und ihrer Neuerscheinungen linke Debatten abzubilden und Raum für deren Fortführung zu schaffen. Das bedeutet für uns auch, bestimmte Grenzen zu ziehen und Positionen nicht zu berücksichtigen, die sich außerhalb dessen bewegen, was linke Selbstverständlichkeiten sein sollten.
Uns ist bewusst, dass vieles sich eben nicht von selbst versteht. In der Geschichte der Linken gab es immer wieder chauvinistische und autoritäre Strömungen, fatale Zweckbündnisse mit reaktionären Bewegungen. Der Umgang damit ist schwierig. Auch auf individueller Ebene werden Ambivalenzen und Spannungen bei Themen wie Antisemitismus, Sexismus und Rassismus immer wieder virulent.

Zur Erinnerung: Im Mai 2010 machte sich eine breite Allianz aus MenschenrechtsaktivistInnen, türkischen Rechten und IslamistInnen auf den Weg, die Seeblockade des Gazastreifens durch Israel zu durchbrechen. War der vorgebliche Hilfslieferungstransport von Beginn an von israelfeindlichen und antisemitischen Parolen begleitet, erhob sich nach der Aufbringung der Marvi Marmara durch die israelische Armee, bei der neun Flottenteilnehmer erschossen wurden, eine weltweite Verurteilung Israels, so etwa einstimmig durch den deutschen Bundestag.
Der Band bedient antisemitische Ressentiments, die hierzulande quer durch alle politischen Lager vertreten werden. Mühelos wird hier ein Bündnis mit radikalen Rechten und islamistischen FundamentalistInnen akzeptiert, indem es nicht diskutiert wird. Der Laika Verlag ist sich auch nicht zu Schade, den Band mit Zitaten des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan zu bewerben. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund von einstimmigen Bundestagsbeschlüssen und Grass'scher Empörungslyrik halten wir einen derart einseitigen Blick auf den Nahost-Konflikt für fatal. Dieser Art der Auseinandersetzung mangelt es weder an Publikum noch an Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen. Kein Verlag wäre dabei auf die Öffentlichkeit der Linken Buchtage angewiesen.

Der Laika Verlag ruft nun zur Solidarität durch Boykott der Linken Buchtage auf und wirft uns Zensur vor. Wir würden, so der Verlag, entscheiden wollen »was in linken Verlagen veröffentlicht werden darf und was nicht«. Das ist albern.

Wir begrüßen den Streit der vielfältigen Ideen und Ansätze, wie Kapitalismus und Patriarchat, Ausbeutung von Mensch und Natur, Rassismus, Krieg und alles, was sonst noch dazu gehört, zu überwinden seien.
Antisemitische Positionen tragen allerdings nicht zu diesem Projekt bei. Wir wollen sie nicht »solidarisch« diskutieren.

Durch die bereitwillige Boykottankündigung einiger Verlage und AutorInnen sehen wir jedoch das Zustandekommen der Buchtage gefährdet. Auch wenn wir in einer solchen Reaktion keine Grundlage für ein gemeinsames Projekt sehen, möchten wir diesen Konflikt nicht auf dem Rücken aller anderen Beteiligten austragen und verwehren uns hiermit – sollten die Drohungen aufrecht erhalten bleiben – nicht länger gegen die Anwesenheit des Laika Verlags.

Die Organisationsgruppe der Linken Buchtage Berlin