Rassistische Polizeigewalt nach Gedenkdemo in Velbert

Rassistische Polizeigewalt in Velbert

„Im Gedenken aller Opfer rechter Gewalt, sozialer Ausgrenzung und rassistischer Asylpolitik“ – unter diesem Motto versammelten sich heute ca. 100 Menschen in Velbert. Den Auftakt machte die Antifa aus Wülfrath mit ihrem Redebeitrag über soziale Ausgrenzung. Der Redebeitrag thematisierte die Zusammenhänge zwischen über zweihundert Kältetoten, die mediale Aufbereitung reißerischer Schicksalsgeschichten und der heutigen Demonstration. Soziale Ausgrenzung habe viele Gesichter und rassistischer und ausgrenzender Klischees und Vorurteile offensiv entgegenzutreten liege in der Verantwortung eines jeden und einer jeden Einzelnen, so die Antifa-Gruppe.

 

Danach startete der Demozug durch ein ruhiges Wohngebiet zum Velberter Polizeipräsidium. Die hier angemeldete Zwischenkundgebung konnte leider erst mit zeitlicher Verzögerung stattfinden, weil die Polizei den Lautsprecherwagen daran hinderte den Kundgebungsort zu erreichen. Mit einiger Verspätung konnte der Redebeitrag der Karawane Wuppertal starten. Das Hauptaugenmerk wurde hierbei auf Oury Jalloh gelegt, der im Jahre 2005 von Polizisten in Dessau umgebracht wurde. Weiter thematisiert wurden die rassistischen Übergriffe der Polizei auf die diesjährige Oury Jalloh-Gedenkdemonstration Anfang Januar. Die Polizei versuchte diese durch mehr oder weniger lächerliche Aktionen zu stören. So wurde über die Lautsprecher anwesender Streifenwagen laut Musik abgespielt. Außerdem lief ein Polizist mit geöffnetem Halfter und Hand an der Waffe provozierend durch Demoteilnehmer. Einzig dem besonnenen Verhalten der anwesenden Antifaschisten und Antifaschistinnen ist es zu verdanken dass die Lage in dieser Situation nicht eskalierte.

 

Nach dieser Kundgebung setzte die Demonstration sich in Richtung Innenstadt in Bewegung, wo es vor der Sparkasse die dritte Kundgebung gab. Diese Kundgebung behandelte die rassistische Asylpolitik und stellte diese dem Verhalten der Städte auf lokaler Ebene gegenüber. Die Zustände in Asylunterkünften quer durch das ganze Land sind desolat. Erst in der vergangenen Woche brachte sich ein iranischer Flüchtling aus dem Flüchtlingsheim Würzburg um, der Aufgrund seiner verzweifelten Situation keinen Ausweg mehr wusste. Auch die von Schimmel befallenen Flüchtlingsheime in der Talstraße in Velbert sind in miserablem Zustand, so dass Flüchtlinge unter Angstzuständen leiden, so der Redebeitrag. Die Flüchtlinge stehen in Velbert einer repressiven und rassistischen Verwaltung gegenüber. Persönliche Beleidigungen bei Amtsbesuchen sind genauso Alltag wie das willkürliche Zurückhalten von Geldern, die für das tägliche Leben dringend gebraucht werden. „Wir wollen, dass das Heim geschlossen wird und wir wollen eigene Wohnungen für unsere Freunde und Freundinnen aus den Flüchtlingsheimen“, so der Redebeitrag. Er endete mit dem Aufruf zur Demonstration „Wohnungen für alle – für die Schließung der Flüchtlingsheime“ am 17.3.2012 in Velbert. Im Anschluss daran ergriff eine Aktivistin der Karawane das Wort und wies auf eine für Dienstag angesetzte Sammelabschiebung vom Düsseldorfer Flughafen in den Kosovo hin und rief dazu, auf sich an den Gegenprotesten zu beteiligen.

 

 Von hier zog die Demonstration dann weiter zum Herminghauspark, dem Ort des Mordes an Horst Pulter, wo auch die Abschlusskundgebung stattfinden sollte. Auf dem Weg dorthin kam es vor dem Ladenlokal des Kabelnetzbetreibers Unitymedia zu einer Auseinandersetzung mit türkischen Faschisten. Diese provozierten die Demonstration von Anfang an, was durch die Polizei konsequent ignoriert wurde. Im Zuge dieser Auseinandersetzung flüchteten die Faschisten in das angesprochene Ladenlokal und wurde dort von der Polizei geschützt. Nach diesem Zwischenfall zog die Demonstration ohne weitere Störungen zum Ort der Abschlusskundgebung weiter. Hier angekommen wurde ein Redebeitrag über den Mord an Horst Pulter gehalten. In diesem wurde außerdem auf den Umgang der Regierung mit dem Thema „rechte Gewalt“ eingegangen. „Die großen Unterschiede zwischen den von der Amadeu Antonio Stiftung veröffentlichten Zählungen und den von der Bundesregierung anerkannten Morden mit rechtem Hintergrund sind bezeichnend. 47 Morde erkennt die Regierung bislang an – 182 verzeichnet die Amadeu Antonio Stiftung. Angesichts der nach wie vor hohen Differenz zwischen den Zahlen liegt der Verdacht mehr als nahe, dass Ermittlungen in den entsprechenden Dienststellen vor Ort entweder nicht ernst genommen oder ignoriert werden“, hieß es in dem Beitrag. Nach dieser Kundgebung wurde die Versammlung offiziell aufgelöst und die Teilnehmer verließen den Park in Richtung Bushaltestelle zur Abreise.

 

Ohne ersichtlichen Grund sammelten sich am Parkausgang etliche Polizeikräfte. Aus heiterem Himmel wurde wahllos und ohne jeden Anlass ein schwarzer Demonstrationsteilnehmer aus der Menge herausgegriffen und brutal zu Boden geschlagen. Zu Hilfe eilende Menschen wurden mit Schlagstöcken angegriffen. Spätestens jetzt war jedem Demonstrationsteilnehmer klar, welche Ursache die plötzlich erhöhte Polizeipräsenz hatte. Ähnlich wie in Dessau wurde auch hier ein schwarzer Demonstrationsteilnehmer Opfer eines gezielten rassistischen Überfalls der Polizei. An dieser stelle verlor auch der Einsatzleiter der Polizei, Herr Ulrich Laser, die Kontrolle über seinen rassistischen Schlägertrupp. Während die prügelnden Polizisten die Festnahme damit rechtfertigten dass der Verhaftete einen Beamten als „Rassistenschwein“ beleidigt hätte, führte Herr Laser das Zeigen des Mittelfingers als Grund an. Während der Verhaftete gefesselt am Boden liegend weiter malträtiert wurde, wurden immer wieder Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt um zu Hilfe kommende Menschen vom Ort des Geschehens fern zu halten. Im Fahrzeug der Polizei wurde der Verhaftete weiter brutal geschlagen. Nach dem Abtransport sammelte sich eine spontane Demonstration zur Velberter Polizeiwache, wo die Freilassung des Verhafteten gefordert wurde. Diesem wurde sowohl in der Wache wie auch nach seiner Freilassung verwährt, die Polizisten, die an dem Übergriff beteiligt waren, anzuzeigen. Er wurde seitens der Beamten verhöhnt mit den Worten „´ne Anzeige kannst du später übers Internet machen“, auch wurden ihm die Herausgabe der Namen seiner Peiniger verweigert.

 

Für uns ist dieser rassistische Übergriff eine Racheaktion der Polizei auf die vorher dort stattfindende Kundgebung. Der gesamte Vorgang ist bereits an mehrere Anwälte weiter geleitet worden. Der Verhaftete ist nach seiner Freilassung mit einem Krankenwagen in das örtliche Klinikum eingeliefert worden, um die Verletzungen behandeln und attestieren zu lassen. In Anbetracht der wohl bevorstehenden Prozesse verzichten wir an dieser Stelle auf die Veröffentlichung des Foto- und Videomaterials der gesamten Vorkommnisse und belassen es bei einem Print-Out des Haupttäters. Das restliche Material wurde den Anwälten übergeben und wird hier erst in Absprache mit diesen veröffentlicht. Wir bitten alle Zeugen darum, Gedächtnisprotokolle zu erstellen und uns diese verschlüsselt zuzuschicken, damit sie an die Anwälte weiter gereicht werden können.

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