Stellungnahme des iz3w gegen die Palästinatage in Freiburg

iz3w

Erklärung aus dem iz3w gegen die Palästina-Konferenz 2011 in Freiburg

Das Café Palestine Freiburg veranstaltet am 11. September 2011 eine Palästina-Konferenz im Freiburger Bürgerhaus Zähringen. Das iz3w Freiburg kritisiert, dass die Inhalte der Konferenz dem Konflikt und der Situation der Menschen in Palästina und Israel nicht gerecht werden.

 

Das Café Palestine weist auch auf reale Missstände hin, wie die, dass PalästinenserInnen, die für einen Tagesjob über die israelische Grenze wollen, dort schikaniert und abgewiesen werden. Solche Situationen gibt es für jene Menschen, die mit dem Djihadkrieg gegen Israel nichts zu tun haben. Das ist ein Misstand, und wir finden es richtig und wichtig, diesen deutlich zu benennen. Problematisch beim Café Palestine jedoch ist das Bild, das die Gruppe ausgehend von solchen Missständen zeichnet. Es wird ein palästinensisches Opferkollektiv kreiert, das einem israelischen Besatzungsregime gegenüber gestellt wird. Es wird die Tatsache ignoriert, dass im Nahen Osten ein Gruselkabinett an feudalen und diktatorischen Regimes regiert. Die Regimes von Syrien, Iran, Jordanien usw. funktionalisieren den Israel-Palästina-Konflikt als Ablenkungskulisse dafür, dass sie keine sozialen oder demokratischen Reformen akzeptieren. Gerade die Regime im Iran und Syrien unterstützen mit der Hisbollah und Hamas jene terroristischen Vereinigungen, die ihren Schwerpunkt darauf legen, mit Anschlägen eine Friedenslösung mit Israel zu hintergehen. Dies zu ignorieren erscheint uns gefährlich.

 

Denn über den Israel-Palästina-Konflikt gibt es viele Zerrbilder. Und eine Debatte hätte in unseren Augen eher die Aufgabe, simple Bilder über Opfer und Täter zu revidieren und differenzierte Verhältnisse auch differenziert darzustellen. Die Fragen, die das Café Palestine aufwirft, lassen auf eine vereinfachende Abhandlung schließen, auf eine scharf getrennte Zuweisung von Täter und Opferrollen, von Schuld und Unrecht: Palästina wird vom Café Palestine als ein einheitliches Opferkollektiv vorgestellt, das von Israel in Unfreiheit gehalten würde. Des Weiteren wird der israelische Staat und das Handeln seiner Regierung als kriegstreiberisch und besatzerisch dargestellt. Dass die Militarisierung des Konflikt nicht einfach Israel zuzuschreiben ist, sondern auch eine Reaktion auf permanente Angriffe ist, wird nicht erörtert. Israel erscheint als exponiert böser Staat inmitten einer friedliebenden Region. Das simplifiziert die Lage und leistet antisemitistischen Ressentiments Vorschub.

 

Frappierend ist, wie einseitig die Darstellung des Palästinakonfliktes bei den sich selbst als AntizionistInnen bezeichnenden AkteurInnen ist. Das Café Palestine bezieht sich positiv auf diesen Begriff des Antizionismus. Die Frage, warum unter den vielen nationalen Mythen im Nahen Osten nur der israelische Nationalmythos Anlass für eine explizite, massenwirksame Kritik ist, wird nicht gestellt. Auf der Homepage des Café Palestine findet sich keine Kritik an der palästinensischen Seite, obwohl im Gaza-Streifen die Hamas nach ihrer Wahl durch die Bevölkerung ein Gewaltregime errichtet hat. In ihrem Grundsatzprogramm ruft die Hamas zur Vernichtung Israels auf. Und auch vor den PalestinenserInnen macht die Gewalt der Hamas nicht Halt: Im Hamas-Regime beispielsweise für Menschenrechte für Schwule, Lesben, Bi- oder Transgender-Menschen einzutreten, wäre lebensgefährlich.

 

Auf der ersten Seite der Homepage des Café Palestine wird die Kampagne „BDS - Boykott, Desinvestment und Sanktionen“ gegen Israel vorgestellt. Darin wird Israel umstandslos als „Apartheidregime“ bezeichnet. Apartheid ist die in der Republik Südafrika von 1948 bis 1994 praktizierte Politik der Rassentrennung. Eine solche institutionalisierte Rassentrennung gibt es in Israel nicht. Den Apartheidsbegriff speziell auf Israel anzuwenden, ist wegweisend für Antisemitismus: Israel wird als einzigartig bösartig darstellt.

 

Natürlich ist die israelische Gesellschaft wie eben jede andere nicht frei von rassistischen Diskursen und Praktiken. Es ist zwischen dem real existierenden Antisemitismus und der Übervorsicht vor ihm nicht gerade einfach, darüber zu reden. Die Traumatisierung, die die andauernden, kriegsähnlichen Verhältnisse sowohl in der palästinensischen wie jüdischen Bevölkerung hinterlassen haben, benötigen allesamt Aufmerksamkeit in der Debatte. Kein Interesse kann Israel allerdings an dem existierenden Unfrieden mit den palästinensischen Gebieten haben. Das Bild des bösen Besatzers, das das Café Palestine aus den miesen Lebensbedingungen im Gaza-Streifen und im Westjordanland ableitet, ist einseitig.

 

Die israelische Besatzungspolitik verursacht für palästinensische Menschen im Westjordanland und im Gazastreifen Diskriminierungen. Wie im übrigen arabischen Raum auch, ist es unangemessen, sich auf Israel als das zentrale Problem der Region zu versteifen. Es verkennt die Vielzahl der ungünstigen Verhältnisse, unter denen die palästinensischen Menschen leben. Die teilweise Hegemonie der neuen, islamfundamentalistischen Kräfte unterdrückt die Entfaltung freiheitlicher Regungen im Inneren. Die Hamas will nicht nur Israel von der Landkarte streichen und betreibt eine entsprechende friedensfeindliche Außenpolitik. Sie unterdrückt nach innen säkulare Kräfte. Und auch die traditionellen palästinensischen Eliten sind Teil des Problems.

 

Schon deren erster prominenter Führer, Mohammed Amin el-Husseini, vertrat seit den 1920er Jahren einen antisemitischen Panarabismus. In den 1940er Jahren kollaborierte er mit den deutschen Nationalsozialisten (vgl. iz3w 312 „Kollaborateure in der Dritten Welt“). 1948 berief ihn der palästinensische Nationalrat wieder zu seinem Präsidenten. Husseini war ein Vorbild und Förderer des späteren PLO-Führers Jassir Arafat. Diese Geschichte ist nicht dazu angetan, Palästina als Opfer Israels zu betrachten. Eine Reflexion dieser Probleme ist auf der Homepage des Café Palestine ausgeblendet. Auch in der Wanderausstellung „Die Nakba“, die das Café Palesine in Freiburg gezeigt hat, werden alle Probleme, die einer Friedenslösung von palästinensischer Seite aus entgegenstehen, konsequent ausgeblendet.

 

Es ist nicht erkennbar, dass auf der geplanten Konferenz solche Themen auch nur ansatzweise reflektiert werden. Vielmehr imaginiert sich das Café Palestine mit seiner einseitigen Israelkritik „Grenzen gegenüber, die einen freien und kreativen Diskurs klar unterdrücken.“ Das Café Palestine bezieht sich damit ausdrücklich auf die Erklärung der Menschenrechte. Adressiert ist das gegen die angebliche Unterdrückung der Inhalte des Café Palestine in Deutschland. Dabei verkünden sie ihre Israelkritik hier regelmäßig. Wie stünde es wohl um eine Hamaskritik im Gaza-Streifen? Diese Frage stellt sich dem Café Palestine nicht. Israelkritik ist in Israel, Deutschland, egal wo, verbreitet und nicht unterdrückt.

 

Das Café Palestine kommt mit seiner Israelkritik einem revanchistischen Weltbild gefährlich nahe. Die Widersprüche werden auf einen Kampf der Völker verkürzt.

 

Mit Herrschaftskritik und der Suche nach Frieden für alle hat das nichts zu tun. Daran ändert auch die Tatsache nicht viel, dass die Inhalte der Konferenz und des Café Palestine mit Menschenrechten, mit Meinungsfreiheit und mit dem Wohl der Menschen im Nahen Osten begründet werden. Mit der selektiven Fragenauswahl wird eine auf die Kategorie gut und böse reduzierte Erklärung der Verhältnisse bemüht, die ein schwarz-weiß Denken und Wahrnehmen aktiv fördert. Ein solch einfach gestricktes Wahrnehmungsmuster wird der komplexen Konfliktkonstellation sowie den unterschiedlichen AkteurInnen und Entwicklungen nicht gerecht, weder auf Seiten der PalästinenserInnen noch auf Seiten der IsraelInnen. Reproduziert werden Feindbilder – und die braucht es bei der Suche nach Frieden wirklich nicht.

 

Gez.: Redaktion der iz3w am 10. August 2011

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Als alter Ex - Leser aus den 80er Jahren kann ich über die "IZ3W" nur den Kopfschütteln. Hat weder Titel noch Inhalt heute etwas mit dieser ehemaligen Zeitung zum Thema Trikont zu tun. Verkommen zu einem kleinen antideutschen Szeneblättchen, sollten sich die MacherInnen endlich mal zu einem neuen Namen entschliessen. So riecht das reichlich nach Entrismus. Was mensch aber inhaltlich bekommt sind Politikbestimmungen aus euro-, israel-  und US - zentristischer Regierungssicht.

So tendenziös wie obiger Artikel!

So wie ich das seh, bist du in den 80ern hängengeblieben mit deiner palästinazentristischer Weltsicht...Entrismus? - gehts noch, wohl zuviel trotzkistische Krimis gelesen. Bloß nicht ernsthaft mit was auseinandersetzen sonst könnte sich ja mal was im Kopf bewegen oder wie soll man so einen inhaltsleeren Kommentar sonst bewerten...

1. Woraus schliesst du, dass jemand, der eine Zeitschrift seit den 80ern liest "hängengeblieben" ist? Weil er feststellt, dass sie heute komplett das Gegenteil erzählt wie damals? Auch hört sich das so ein wenig nach dem Vorurteil "es gibt keine alten revolutionären Linken/Autonome" (4 Jahres oder 8 - Semesterregel genannt) an. Die sind "hängengeblieben", "inhaltsleer" und "bewegungslos im Kopf", ergo Politindolent oder - dement.

 

2. Wie kommst du darauf, dass einer Kritik an der EU-, Israel- und US - zentristischen Regierungs - Sicht der heutigen "IZ3W" eine palästinazentristische Weltsicht voraussetzt? Es gibt doch auch durchaus Leute, die Politik nicht so schwarz - weiss sehen. Zur "Intifadah" z.B. gäbe es aus meiner Sicht auch einiges zu sagen.

 

3. Ist Entrismus nichts originär trotzkistisches. Beschäftige dich mal mit der Geschichte der Antideutschen. Da findest du so etwas gerade im Antifaspektrum zu hauf.

 

4. Fasziniert es mich immer wieder, wie man in 3 Zeilen 2 Beleidigungen unterbringen kann und dabei immer noch denkt, dies sei ein politisches Statement!

Also ich für meinen Teil bin für Bewegung in der Bewegung und da zählt das Argument "...vor 20 Jahren habt ihr noch was ganz anderes behauptet..." einfach nicht. Vielmehr kommt mir der Kommentar, auf den du anspielst, wie ödes zurückgekotze vor. Steht dem ersten, was das Niveau betrifft in nichts nach (Antideutsch sagen und dann über schwarz-weiß-malerei beschweren). 

Der Entrismus setzt vorher eine bestimmte Organisationsform voraus, in der das "Unterwandern" als gemeinsame Strategie festlegt wird und das einer deiner Ansicht nach (ich denke doch) Ideologie wie dem Antideutschtum zu unterstellen klingt für mich wie ne wirre Verschwörungstheorie.

jedenfalls besser als 1948 Hängenzubleiben Kunde!

Kannst du wenigstens mal einen kleinen Beleg dafür liefern, dass in der iz3w irgendwelche Regierungssichtweisen propagiert werden? Es mag ja sein, dass dir nicht alles gefällt, was drin steht, aber was du hier postest, ist nichts anders als argumentfreie Schubladisierung. Und sogar offen wahrheitswidrig.

Endlich mal etwas aus Freibrug, das einen nicht zum gruseln einläd.

Eine gute Distanzierung - um glaubhaft zu bleiben hätte sich das IZ3W aber auch noch von den "Thementage Antisemitismus" distanzieren müssen. Der Text oben hätte wohl nur wenige Änderungen gebraucht. Dass diese Distanzierung bislang ausgeblieben ist, hinterlässt einen schlechten Eindruck.

Dem kann ich mich anschliessen. Ich finde die Kritik des IZ3W, im Gegensatz zu der der Thementage, ausgesprochen vernünftig.

also ich finde eher unbegründete aussagen nicht sehr glaubhaft.