Am heutigen Freitag, den 2. September 2011, begann vor dem Stuttgarter Amtsgericht der Prozess gegen den Antifaschisten Chris. Bereits auf 8 Uhr hatte der eigens gegründete Solikreis zu einer Kundgebung aufgerufen, an der über 100 Menschen teilnahmen. Der größte Saal des Stuttgarter Amtsgerichtes reichte nur für knapp 70 ProzessbesucherInnen, weitere 60 warteten daher vor dem Saal, Nach einem zähen Prozesstag wurde das Verfahren vertagt und ein neuer Termin für den 16.9. um 10 Uhr festgelegt. Chris bleibt solange in Untersuchungshaft.
Kundgebung vor dem Amtsgericht
Um 8 Uhr fanden sich bereits über 100 Personen zu einer
Solidaritätskundgebung vor dem Amtsgericht ein. Kurz darauf begann die
Kundgebung mit Grußbotschaften u.a. der ver.di Jugend Stuttgart, der
Antifaschistischen Initiative Leonberg, dem AABS und der DKP.
Anschließend hielt der Solikreis Stuttgart eine kurze Rede. Im
Anschluss an die Kundgebung zogen die TeilnehmerInnen gemeinsam in das
Amtsgericht.
Applaus zum Prozessbeginn
Um neun Uhr betrat Richterin Burkhard nahezu unbeachtet den
Gerichtssaal. Wenige Minuten später kündigte sich durch Applaus und
Parolen vor dem Gerichtssaal das Kommen von Chris an. Ein Großteil der
Prozessbesucher erhob sich als er in den Saal geführt wurde und
applaudierte lautstark.
Nachdem sich die ProzessbesucherInnen gesetzt hatten, verlas Staatsanwalt Stefan Biehl die Anklageschrift und die Personalien des Angeklagten wurden festgestellt.
Das Anklagekonstrukt
Dem Antifaschisten wird gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung,
Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen. Im Konkreten soll er
an der Besetzung der Bühne für die Auftaktkundgebung des sogenannten
„Islamkritischen Wochenendes“ beteiligt gewesen sein und im Rahmen der
Räumung einen Polizeibeamten „gegen das Schienenbein oder den
Oberschenkel“ getreten haben. In dieser Situation soll außerdem die Uhr
des entsprechenden Polizisten kaputt gegangen sein (Sachbeschädigung).
In einem weiteren Fall soll es in einem Parkhaus in unmittelbarer Nähe
zum Ort des Gründungsparteitages des Landesverbandes der
rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ zu einer Auseinandersetzung
zwischen AntirassistInnen und Parteimitgliedern gekommen sein. Laut
Staatsanwaltschaft soll Chris hier einen der Rassisten geschlagen haben.
Widersprüchliche Zeugenaussagen
In beiden Fällen stützt sich die Anklage auf jeweils einen Zeugen. Der
Polizist Sebastian Martin gibt in seiner Zeugenaussage an, es habe
„zweimal den Versuch gegeben ihn von der Bühne zu schubsen“.
Anschließend sei es zu minutenlangen Tritten auf ihn und seine Kollegen
gekommen, das „sei eindeutig auf dem Video erkennbar“. Nach Sichtung
des Videos gibt er zu, dass seine Version nicht zutreffend sein kann
und gibt an, dass „es zu den Tritten während der 16 Sekunden gekommen
sein muss während die Kamera auf den Bereich vor der Bühne umschwenkte“.
Die Zeugen der Partei „Die Freiheit“ toppen diese diffusen Aussagen noch. So beschrie ein Betroffener den Angreifer direkt im Anschluss an die Auseinandersetzung als „ca. 1,60, schwarze Haare, dunkle Augen, dunkler Teint – Südeuropäer“, vor Gericht gab er nun an, dass er den Angeklagten wiedererkenne, ungeachtet der Tatsache, dass dieser dunkelblonde Haare, blaue Augen und eine verhältnismäßig helle Haut hat.
Der Hauptbelastungszeuge Stadelmaier konnte im Anschluss an die Auseinandersetzung am 4. Juni keine Täterbeschreibung abgeben, ist nun aber felsenfest davon überzeugt, dass es sich um den von ihm auf 130 Lichtbildern identifizierten Angeklagten handeln muss.
Zwischenfazit
Die Vorwürfe gegen Chris haben sich aus Sicht des Stuttgarter
Solikreises als haltlos und konstruiert erwiesen. In beiden
Anklagepunkten werden die Vorwürfe ausschließlich durch jeweils einen
Zeugen gestützt. Sowohl Martin als auch Stadelmaier haben sich hierbei
in Widersprüche verstrickt und jeweils nur sehr vage Erinnerungen an
den angeblichen Tathergang. Felix Schneider, der im Solikreis aktiv
ist, bewertete im Anschluss an die Verhandlung das Anklagekonstrukt:
„Es ist ein Skandal, unter welch fadenscheinigen Begründungen
AntifaschistInnen in Stuttgart kriminalisiert werden. Die
Anklageschrift der Staatsanwaltschaft hat sich als vollkommen
substanzlos erwiesen. Beweise für eine durch Chris angeblich begangene
Straftat wurden am heutigen Prozesstag keine vorgelegt.“
Kommt alle zahlreich zum Prozess am Freitag, den 16.09.2011 um 10.00 Uhr im Amtsgericht Stuttgart. Betroffen ist einer, gemeint sind wir alle – setzen wir ein Zeichen dagegen und lassen wir uns nicht einschüchtern.
Solidarität ist unsere Waffe!
rassistenschwein
Kann man gegen den Typ von der "Freiheit" keine Anzeige wegen Falschaussage erstatten?
quark
da müsste man ihm eine Falschaussage wider besseren Wissens nachweisen... sehr unwahrscheinlich zudem sich ja hier auch eine klare Frontlinie der ermittelnden Behörden, der Nebenkläger (Freiheitspartei) und, dem Beliebtheitsgrad der Genossen vor Gericht entsprechend, auch der Judikative herauskristallisieren zu scheint.
Bestenfalls: Einstellung des Verfahrens
Was bleibt: Stigmata