[M] Proteste gegen Burschenschaftskommers

Intro

Am Samstag, den 16.07.2011 fand in München eine queerfeministische, antifaschistische Demonstration unter dem Motto „Bash Back“ gegen den „Festkommers“ der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG) in München statt. An der Demonstration beteiligten sich ca. 300 Leute, die lautstark und bunt durch die Münchner Viertel Bogenhausen, Haidhausen und an den dort beheimateten Häusern der Burschenschaften Danubia und Cimbria vorbei demonstrierten.

 

Im Vorfeld

 

In den Wochen vor der Demonstration hatte es viele Aktionen und Veranstaltungen, die sich thematisch mit Burschenschaften und deren Ideologien auseinandersetzten, stattgefunden. So gab es allein 4 Vorträge und 1 Workshop, die sich mit den Münchner Burschenschaften, den Traditionen und Bräuchen von Bünden, dem Geschlechterbild von Studentenverbindungen und den Verbindungen von Burschenschaften und anderen extrem rechten Gruppierungen beschäftigten. Diese Vorträge fanden an mehreren verschiedenen Orten wie dem Kafe Marat, der Universität und dem Bildungscamp statt. Nachdem die Burschen im Vorfeld großspurig angekündigt hatten, bei allen Veranstaltungen aufzutauchen und zu stören, schafften sie es lediglich zu 2 Veranstaltungen. Leider wurde ihnen die Teilnahme am Workshop auf dem Bildungscamp unter teils abstrusen Begründungen nicht verwehrt. Die Vorträge waren alle sehr gut besucht und erreichten ein Spektrum, das über den üblichen linksradikalen Rahmen hinausging.

 

 

 

Bereits mehrere Wochen vor dem Kommers war der zunächst angedachte Veranstaltungsort – das „Sudetendeutsche Haus“ in der Hochstraße 8 – bekannt gemacht worden. Nach mehreren antifaschistischen Interventionen wurde es dem Vorstand der „Sudetendeutschen Stiftung“ Franz Pany augenscheinlich zu riskant, den Kommers durchzuführen. 3 Wochen vor dem Kommerstermin verkündete er,

 

„dass für die Durchführung des Festkommerses der 'Burschenschaftlichen Gemeinschaft' keine mietvertragliche Überlassung von Räumlichkeiten im Sudetendeutschen Haus erfolgt. Die Stiftung weist im Schreiben darauf hin, dass sie nur Überlassungen von Räumlichkeiten gewährt, wenn der Mieter deutlich zum Ausdruck bringt, dass die Veranstaltung keine rassistischen, antisemitischen, diskriminierenden oder antidemokratischen Inhalte haben wird. Eine zunächst vom Hausverwalter der Stiftung zugesagte Überlassung von Räumen an die Burschenschaft wurde zwischenzeitlich vom Vorsitzenden des Stiftungsvorstands wieder zurückgenommen.“

 

(zitiert nach dem aida-Archiv)

 

Dass es sich bei der „Sudetendeutschen Stiftung“ nicht wirklich um überzeugte Antirassist_innen und Antifaschist_innen handelt, bezeugen die vielen rechten Veranstaltungen, die in der Vergangenheit dort stattgefunden hatten. Erwähnt sei hier nur die Ankündigung einer .Veranstaltung, die sich mit der „antifaschistischen Schuld am 2. Weltkrieg“ befasste. Auf Grund der vielfältigen antifaschistischen Interventionen änderte die „Burschenschaftliche Gemeinschaft“ ihre offene Strategie und bewarb den Kommers nur noch intern und versuchte, den neuen Ort des Kommers so lange wie möglich geheim zu halten.

 

 

Wenige Tage vor dem Kommers wurde auch noch das Haus der Burschenschaften Sudetia und Elektra Teplitz in der Augustenstraße 109 Ziel einer Farbattacke, zudem gerieten die Aktivitäten der BG innerhalb der „Deutschen Burschenschaft“ (DB) in den Medien immer mehr in den Fokus (eine kleine Auswahl an Zeitungsartikeln gibt es hier ) und interne Papiere wurden veröffentlicht. Diese äußeren Umstände verstärkten die Paranoia der BG-Bünde weiter und schürte die Streitereien mit den „liberaleren“ Kräften in der DB weiter an.

 

Antifaschistische Demonstration

 

Die Demonstration startete am Prinzregentenplatz in Haidhausen. Während der Auftaktkundgebung versuchte die Polizei mit einem Großaufgebot von uniformierten und zivilen Beamt_innen vor Ort alle ankommenden Teilnehmer_innen am Rande des Kundgebungsortes zu kontrollieren. Eine Person wurde kurzzeitig in Gewahrsam genommen, da sie ein großes Päckchen Aufkleber bei sich hatte und sich weigerte, diese zu zerreißen. Nach einigem Hin und Her wurde die Person aber wieder freigelassen. Im Anschluss an einige Redebeiträge, die sich thematisch mit den Verbindungen der Münchner Burschenschaften und neonazistischen Kreisen, den Traditionen und Bräuchen der Burschenschaften und dem Elitarismus von Studentenverbindungen auseinandersetzten, zog die Demonstration los.
Das Bündnis „Bash Back“ hatte im Vorfeld zu einem queerfeministischen Block aufgerufen. In einem eigens dafür geschriebenen Aufruf hieß es:

 

„Wir möchten die Burschenschaften in all ihren widerwärtigen Facette angreifen! Gleichzeitig soll diese Demonstration ein Raum sein, in dem sich alle – unabhängig davon in welchem Geschlecht wir sozialisiert sind und wie wir uns selbst bezeichnen – wohlfühlen! Der Umgang mit der Kategorie „Geschlecht“ enthält immer auch eine Handlungsperspektive. Geschlecht konstruiert sich maßgeblich durch Normen und normkonformes Verhalten. Durch Kleidung, Körperhaltung, Ausdruck reproduzieren wir jeden Tag Geschlecht auf’s Neue. Aber genau diese Normen können auch immer wieder auf’s Neue gebrochen werden. So soll diese Demo einen Rahmen bilden, der es ermöglicht kollektiv diese Normen zu brechen.“

 


 

Dementsprechend war gerade der erste Teil der Demonstration im Gegensatz zu anderen Demonstrationen sehr viel bunter, es wurde auf ein Laufen in geschlossenen Ketten verzichtet und die Leute brachen mit Perücken, pinken Kopfbändern und anderen Utensilien mit den bipolaren Geschlechterbildern. Insgesamt funktionierte das queerfeministische Konzept gut. Zudem wurde die Demonstration von der autonomen „Burschenschaft Anarchia Bavaria“ unterstützt.
Nach kurzer Zeit gelangte die Demonstration zum Haus der Burschenschaft Cimbria in der Cuvilliéstraße 29. Das Haus war komplett verbarrikadiert, sämtliche Fensterläden waren verschlossen und im Hof patrouillierten drei Vertreter_innen der Sicherheitsfirma „Securitas“. Die Burschis ließen sich selbst gar nicht blicken. Nachdem die Demonstration einige Minuten vor dem Haus verweilt hatte, gingen es weiter zur Burschenschaft Danubia in der Möhlstraße 21. Dort hatte die Polizei, die sich während der Demonstration merklich zurückhielt, den Gehsteig vor dem Eingang komplett abgegittert, auf dem Balkon des Hauses zeigte sich ein Anti-Antifa-Fotograf, der Bilder von der Demonstration machte und versuchte, die Demoteilnehmer_innen zu provozieren.
Nachdem die Demonstration auch dort eine kurze Zeit stehengeblieben war, ging es weiter. In der Nähe zur italienischen Botschaft wurde eine spontane Zwischenkundgebung abgehalten und in einem Redebeitrag, dem am 20. Juli 2001 von Polizist_innen ermordeten Carlo Guiliani gedacht. Immer wieder konnte mensch am Rand der Demoroute antifaschistische Graffitis sehen. Nach einigen Sprinteinlagen gelangte die Demonstration schließlich an den Weißenburger Platz, wo es noch einen Redebeitrag zu den Antiglobalisierungsprotesten 2001 in Genua sowie ein Beitrag mit queer-feministischem Schwerpunkt gab.

Leider kam es am Rand der Demonstration zu einer unschönen Situation. Träger_innen einer Israelfahne wurden angepöbelt und es kam zu vereinzelten antisemitischen Sprechchören. Dazu hält das „Bash Back“-Bündnis fest:

 

„Antisemitische Parolen wie 'Nie wieder Israel' oder 'Israel abschaffen', die als Reaktion auf eine mitgeführte Israel-Fahne aus einem Teil des Blocks zu vernehmen waren, sind auf einer antifaschistischen Demonstration und auch sonst inakzeptabel.“

 

Der Kommers

 

Der Kommers, der von den Burschenschaften als „nahe am Stadtzentrum und gut zu erreichen“ angekündigt worden war, fand dann doch sehr viel dezentraler statt, als zunächst geplant. Im Hotel-Gasthof „Zur Post“ trafen sich die Burschenschafter, die sich zuvor bei der Burschenschaft Arminia Rhenannia und am Friedensengel getroffen hatten und dann mit Reisebussen nach Pasing gefahren wurden.
Das Hotel und der daran angeschlossene Gasthof „Zur Post“ ist keine unbekannte Adresse. Immer wieder fanden dort in der Vergangenheit Veranstaltungen von extrem rechten Gruppierungen statt. Im Jahr 2005 sorgte beispielsweise das so genannte „7. politische Neujahrstreffen“ mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern dort für erhebliches Aufsehen. Organisiert vom mittlerweile verstorbenen Münchner Stadtrat Johann Pius Weinfurtner und behütet von Mitgliedern der „Kameradschaft München“, die den Saalschutz stellten, unterzeichneten Vertreterinnen und Vertreter diverser extrem rechter Organisationen und Parteien das so genannte „Münchner Bekenntnis“. In diesem erklären sie ihren Willen zu einem gemeinsamen Handeln der „nationalen Opposition“.

 


 

Fazit

 

Festzuhalten bleibt, dass sich - trotz eines beachtlichen Mobilisierungsaufwandes mit mehreren Vorträgen, Informationsveranstaltungen und Flyerverteilungen - weniger Menschen als erwartet an den Protesten gegen den Festkommers beteiligt haben. Trotzdem zieht das Bündnis „Bash Back“ eine positive Bilanz und hofft, dass das Thema Burschenschaften in einer radikalen Linken in München und darüber hinaus gesettet werden konnte.
Sehr positiv ist das erfolgreiche Umsetzen des queer-feministischen Konzepts und der damit verbundenen Ausdruck der Demonstration. Nicht nur die ersten paar Reihen beteiligten sich am queer-feministischen Block, auch der Rest der Demonstration war davon geprägt.

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Es gibt inzwischen auch eine Stellungnajme der "Burschenschaftlichen Gemeinschaft":

 

"50 Jahre Burschenschaftliche Gemeinschaft – erfolgreicher Festkommers in München

Trotz linkem Gegenwind und Pressehetze harmonische Festivitäten über das gesamte Wochenende (16. Juli 2011)

Der mittlerweile bekannteste Zusammenschluß in der Deutschen Burschenschaft, die Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG), feierte am Samstag, 16. Juli, in der Münchener Innenstadt die 50. Wiederkehr ihrer Gründung. Die Arbeitsgemeinschaft innerhalb der Deutschen Burschenschaft, der derzeit 45 Burschenschaften angehören, ist in den vergangenen Wochen Gegenstand zahlreicher Presseartikel gewesen, die dem Zusammenschluß vorwarfen, in der Deutschen Burschenschaft anläßlich des Burschentages in Eisenach einen „Arierparagraphen“ einführen zu wollen. Diese unwahre Tatsachenbehauptung der entweder politisch wenig gebildeten und/oder vorsätzlich falsch berichtenden Journalisten bezog sich auf einen Antrag aus dem Kreise der BG zum Burschentag, der zum Inhalt hatte, die Abstammung bei den regulären Aufnahmekriterien beizubehalten, so wie auch das bundesrepublikanische Staatsbürgerschaftsrecht bis zum Jahr 2001, das geltende österreichische Staatsbürgerschaftsrecht oder das ebenfalls geltende Bundesvertriebenengesetz die Volkszugehörigkeit definieren. In vielen Artikeln wurde von „Rassismus“ geschrieben, was zur Folge hätte, daß die diesbezügliche Gesetzgebung der Bundesrepublik bis zum Jahr 2001 und die aktuelle Gesetzgebung der Republik Österreich ebenfalls „rassistisch“ sein müßten. Absurd, aber zu Zeiten des Sommerlochs offensichtlich ein Vorwurf, den man im Zuge des „Kampfes gegen rechts“ schön instrumentalisieren kann. Selbst in das Fernsehen haben es die Vorwürfe mittlerweile geschafft: Der ZDF-Beitrag vom 16. Juli wurde mit Bildern einer linksextremen Demonstration vom vergangenen Samstag illustriert. Man sprach beim ZDF aufbauschend von 300 Linksdemonstranten, die gegen „Sexismus und Homophobie – Queer up!“ auf die Straße gingen. Während eigene BG-Zählungen auf lediglich 120 Teilnehmer kamen, meldete die Polizei 130 Linksdemonstranten. Ein Großteil der Demonstranten, die auch an drei Korporationshäusern vorbeizogen, war kaum volljährig und diese wußten zum Teil nicht, weshalb sie demonstrierten, was persönliche Ansprachen zutage förderte. Auch die Antifa München scheint wenig gebildet zu sein…

Die Festivitäten der gesamtdeutsch ausgerichteten Burschenschaftlichen Gemeinschaft begannen dagegen am Freitagabend mit einem gemütlichen und zwanglosen Begrüßungsabend auf dem Haus einer Münchener BG-Burschenschaft.

Am Samstagabend feierten knapp 200 Teilnehmer in einer Münchener Traditionslokalität – völlig ungestört von Journalisten und Linksextremisten, obwohl diese mehrere Tage lang intensiv versucht hatten, das Tagungslokal in Erfahrung zu bringen. Die erste Lokalität, das sudetendeutsche Haus, hatte zwar aus fadenscheinigen Gründen den geschlossenen Vertrag rechtswidrig gekündigt, aber die Alternativlokalität eignete sich am Ende sogar noch besser als Ort eines Festkommerses. Die Teilnehmer hatten sich an verschiedenen Sammelstellen getroffen und erreichten die Lokalität mittels Bustransfer. Bei gutem Wetter und bester Stimmung feierte man fünf Stunden einmütig und ausgelassen „50 Jahre Burschenschaftliche Gemeinschaft“. Auch 18 Chargierte hatten den Weg nach München zum Kommers gefunden. Die jungen und auch älteren Teilnehmer setzten sich aus Burschenschaften aus der Republik Österreich und der Bundesrepublik zusammen. Als Festredner sprach ein emeritierter Universitätsprofessor und Alter Herr einer Wiener Burschenschaft zum Thema „Menschenbild und Volksbegriff“. Geschickt unterfütterte der Wissenschaftler seinen Vortrag mit fundierten Erkenntnissen zum Thema und erhielt dafür auch großen Beifall. Mehrere Grußworte, darunter vom stellvertretenden Sprecher der Deutschen Burschenschaft, der an die wichtige Funktion der BG innerhalb des Verbandes Deutsche Burschenschaft erinnerte, von einem Vertreter des flämischen burschenschaftsähnlichen Korporationsverbandes N.S.V. sowie von einem Vertreter der Vereinigung alter Burschenschafter München (VAB München) und auch von einem Vertreter des BG-Ausschußes rundeten neben dem Singen von traditionellen Studentenliedern sowie dem Lied der Deutschen den Festkommers würdig ab. Auf dem Festkommers übergab die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn ihrem Kartellbund Wiener akademische Burschenschaft Teutonia den Vorsitz der BG.

Der Samstag klang auf dem Haus einer weiteren Münchener BG-Burschenschaft noch bis in die Morgenstunden aus. Am Sonntag ging es für einige noch zum Frühschoppen bei Blasmusik, organisiert von der VAB München, in einen bekannten Biergarten. Damit endete das Wochenende der Festivitäten anläßlich des runden Jubiläums der BG.

Die BG dankte der Polizei, die ebenfalls dafür sorgte, daß der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat gewahrt blieb und Linksextremisten zugunsten der Meinungsfreiheit auf den nötigen Abstand gehalten wurden. Der Süddeutschen, die reißerisch berichtet hatte und fieberhaft nach dem Tagungslokal suchte, sowie dem linksextremistischen Bündnis gegen den Festkommers und a.i.d.a. München muß attestiert werden, daß sie ihr Ziel offenkundig und glücklicherweise nicht erreichten."