Rostock: Die NPD, die Polizei und die Dialektik

Michael Fischer (ganz links)

In der Neonazi-Szene Mecklenburg-Vorpommerns hat die Beziehung des Aktivisten Michael Fischer für Trubel gesorgt. Seine langjährige Freundin Nadja D. arbeitet bei der Polizei, gilt als Vorzeigepolizistin und posiert mit dem Innenminister im Hausjournal der Beamten.

 

Geschichte, schrieb Marx einmal, passiere nicht selten zwei Mal: Das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. Während in den Salons und Sälen der Bundesrepublik über die Guttenberg-Affäre und damit über Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Verantwortung in der Politik diskutiert wird, findet dieser Streit zugleich auch in der Besenkammer statt: In der Neonazi-Szene von Mecklenburg-Vorpommern sorgt derzeit die Beziehung eines Aktivisten zu einer Polizistin und der Schutz dieser Liebschaft durch die NPD für Aufsehen.

Wohl per Email und im Internet hatten Neonazis einer "AG Aufklärung" vor einigen Wochen vor Kontakt zu Michael Fischer aus Rostock wegen seiner Beziehung gewarnt. Ihm wird vorgeworfen, mit einer Vertreterin jenes "demokratisches Verfolgungsapparates" zusammenzuleben, der ständig gegen die rechte Szene vorgehe. Außerdem wird gefragt, warum es vermehrt zu polizeilichen Aktivitäten gegenüber Neonazis gekommen sei, die mit Fischer Kontakt hatten. Möglicherweise, mutmaßt die Kritik, werde Fischers Freundin von Vorgesetzten genötigt, Informationen über die rechten Zusammenhänge ihres Lebensgefährten herauszugeben.

Bei einer Vorzeigepolizistin freilich sollte Druck gar nicht erst nötig sein. In der Landespolizei wird Nadja D. gefördert, galt als besondere Auszubildende und Mitglied der Sportfördergruppe von Mecklenburg-Vorpommern. Im landeseigenen Polizeijournal wurde sie an herausgestellter Position vorgestellt, posierte mit Innenminister Lorenz Caffier auf dem Titelblatt und gab der Hauspostille der Polizei ein Interview. Stolz spricht sie darin über ihre Zukunft bei der Landespolizei. Ihre Ernennungsurkunde überreichte ihr Lorenz Caffier persönlich - jener CDU-Mann, der als Innenminister von der Neonazi-Szene regelmäßig für seine Maßnahmen gegen rechts scharf angefeindet wird.

Vielleicht gerade deshalb wird in der Kritik und Kommentaren im Internet auch die NPD von Mecklenburg-Vorpommern angegriffen, die Michael Fischer gedeckt haben soll. Die Schwierigkeit der Beziehung eines "Kameraden" zur Polizei, heißt es, würden abgetan und stattdessen Kritiker aus den eigenen Reihen persönlich angegriffen werden.

So, wie die Bundeskanzlerin einen Drahtseilakt über der Kluft zwischen politischem Anspruch und realpolitischer Wirklichkeit vollziehen musste, scheint auch die NPD im Nordosten ihren politischen Radikalismus gegen das "System" ihrer Verbundenheit mit ihren alten Freunden geopfert zu haben. Eine fehlende aufklärende Stellungnahme wurde zumindest im Internet beklagt. Guttenberg ist nach langem Hadern zurückgetreten, doch in der Besenkammer der NPD gelten andere Regeln, sind Straftaten Tapferkeitsbeweise und Trunkenheitsfahrten Ausdrücke moralischer Überlegenheit. So ist möglicherweise auch Fischers Liebschaft zur Polizei ganz dialektisch eher der Versuch, das System von innen zu unterwandern.

Nichtsdestotrotz ist Michael Fischer aber vielleicht erst einmal vorsichtiger und hat sich bei einer Demonstration "autonomer Nationalisten" und der NPD am vergangenen Wochenende in Teterow eher zurückgehalten. Denn auch so mancher Kamerad versteht die hauseigene Dialektik der NPD nur langsam.

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Hä? Das ist doch total super, wenn die Nazis auf diese Weise Probleme bekommen. Dieser Artikel klingt fast so, als würde er sich über die politische Inkonsequenz der NPD beschweren - was ist aber dagegen einzuwenden wenn die örtliche NPD eine Polizeibeziehung aus persönlichen Gründen deckt und damit ungewollt Ermittlungen gegen sich ermöglicht? Grund zur Beschwerde darüber haben eigentlich nur Nazis, von daher verstehe ich die Intention von dem obigen Artikel nicht, er macht aus antifaschistischer Perspektive schlicht keinen Sinn - womöglich ist er einfach ein Nazi-Fake?

Oder soll die Angelegenheit einfach dokumentiert werden - wozu dann die outingmäßigen Photos? Und warum solche Sätze, die doch eher beklagend wirken:

 

"So, wie die Bundeskanzlerin einen Drahtseilakt über der Kluft zwischen politischem Anspruch und realpolitischer Wirklichkeit vollziehen musste, scheint auch die NPD im Nordosten ihren politischen Radikalismus gegen das "System" ihrer Verbundenheit mit ihren alten Freunden geopfert zu haben."

 Was soll das nun? Die NPD auf politischen Anspruch ermahnen?...Linke haben daran sicherlich kein Interesse.