[B] Protest gegen Einführung von erkennungsdienstlicher Videoüberwachung

BioFoto

Wir wollen gegen die Einführung von erkennungsdienstlicher Videoüberwachung protestieren, die ab 1. August am Berliner Bahnhof Südkreuz erprobt werden soll. Kundgebung am Di., 1.8.17 von 15-18h vor dem (West-) Eingang zum Bahnhof Südkreuz, Hildegard-Knef-Platz

 

Worum geht es?


Ausbau der Videoüberwachung
Im Jahr 2016 stieg die Zahl der Bahnhöfe mit Videoüberwachung auf 900. Die Zahl der Kameras in den Bahnhöfen stieg im letzten Jahr von 5.000 auf 6.000 (+20%). Damit werden mehr als 80% der Fahrgastströme bei der Bahn erfasst.

Intelligente Videoüberwachung
Deutsche Bahn, das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei wollen am Bahnhof Südkreuz eine Software zur Gesichtserkennung und Nachverfolgung von Personen erproben. Auf Ebene der Europäischen Union arbeitet das Bundesinnenministerium daran, die großen grenzpolizeilichen EU-Datenbanken ebenfalls mit Möglichkeiten zur biometrischen Gesichtserkennung auszustatten. Dies wird diese Datenbanken betreffen

  • Fingerabdrucksystem EURODAC
  • Visumsdatenbank VIS
  • Schengener Informationssystem.

Damit können zukünftig Gesichtsbilder von deutschen Bahnhöfen oder Flughäfen mit den europäischen Informationssystemen abgeglichen werden, denn die sogenannte „intelligente Videoüberwachung“ analysiert und erkennt Personen an Hand von Fotos in Datenbanken, z.B. die mit sämtlichen biometrischen Fotos unserer Ausweise und Pässe.
Nach der Kategorisierung von Videoüberwachungen ist dies eine der Stufe 3.

Es gibt folgende Kategorisierung:

  1. allg. beobachtende Überwachung,
  2. gezielte Personenüberwachung
  3. Personenerkennung

Das Projekt auf dem Bhf Südkreuz soll also eine Indect-ähnliche Videoüberwachung aufbauen und erproben. Indect war ein EU Forschungsprojekt, das „strafrechtlich relevante Bedrohungen präventiv erkennen“ sollte. Dazu verbindet INDECT Daten von Kamerabeobachtungen mit Daten aus dem Internet (Social Networks, Suchmaschinen, Foren usw.) und mit staatlichen Datenbanken. Im Ergebnis sollen potenzielle Straftäter (also du, lieber Leser) erkannt werden, bevor sie etwas tun. INDECT soll beurteilen ob wir uns normal oder abnormal verhalten. INDECT überwacht auf allen Ebenen, sowohl im öffentlichen Raum als auch im Internet mit der Folge uneingeschränkten Einblicks in unsere Privatsphäre.

Der Einsatz von Software-basierten computergestützten Analysen der Daten zur Gesichtserkennung und Nachverfolgung von Personen, also einem anlasslosen Bevölkerungsscan verletzt durch einen Gesichtsabgleich mit erkennungsdienstlichen Datenbanken den §27 des BpolG (Bundespolizeigesetz).

Tracking und Bewegungsprädiction

Im Vordergrund stehen bei dem Projekt Tests zum Zwecke des Abgleiches mit polizeilichen Datenbanken und die Selektion verdächtiger Verhaltensweisen und bestimmter äußerer Erscheinungsmerkmale, wobei am Anfang zuerst die gegenüber dem Projekt von 2006 im Mainzer Hauptbahnhof verbesserte Gesichtserkennung nachgewiesen werden muss.

Beginnen wird man deshalb im Bahnhof Südkreuz mit rund 80 Videokameras. Im Testbetrieb wird ein Abgleich mit einer Datenbank mit Gesichtsbildern freiwilliger Probanden verwendet.

Über den später geplanten Wirkbetrieb weiß auch die Projektleitung nichts genaues …

Aus der Antwort der Staatssekretärin Dr. Emily Haber auf eine Anfrage des Abgeordneten Andrej Hunko vom 27. Februar 2017 lesen wir:

Zu Umfang und Art der Datenbanken für die Erprobung wurden bisher noch keine endgültigen Festlegungen getroffen. Entscheidungen über einen etwaigen späteren Wirkbetrieb sollen im Anschluss an den Test erfolgen. Der Test weiterer Funktionalitäten intelligenter Videotechnik erfolgt in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn AG. Der genaue Umfang ist noch nicht festgelegt.

Welche Gefahren?

Angeblich geht es, wie inzwischen üblich, um Terrorfahndung, praktisch soll die Verfolgung aller Vergehen bis zu Ordnungswidrigkeiten, also auch Schwarzfahrer, Sprayer, Obdachlose, Bettler, … möglich sein.

  • Die Datenerhebung erfolgt heimlich.
  • Es werden nicht nur die Personen überwacht, von denen eine Gefahr ausgeht.
  • Es fehlt jegliche Zweckbindung der erhobenen Daten.
  • Das Ergebnis wird eine große Zahl an False Positives sein, Unschuldige geraten ins Visier der Behörden. Daraus ergibt sich dann eine Umkehrung der Unschuldsvermutung, weil die „Beschuldigten“ den Vorwurf entkräften müssen.
  • Der Abgleich mit Biometrischen ePerso Fotos erfolgt nun entgegen den Zusicherungen bei Einführung dieser biometrischen Technik im Jahr 2003.

Was kann man tun?

Man kann sich auffällig schminken oder verkleiden, denn die Software bekommt Erkennungsprobleme, wenn man Hüte oder Bärte trägt.

Aber wir wollen uns nicht verkleiden und verstecken und wir können unseren Arbeitsweg nicht einfach verändern, um am Bahnhof Südkreuz nicht in die Erfassung zu geraten. Also müssen wir unseren Protest in die Öffentlichkeit tragen!

Schreibt eure Bedenken an die Datenschutzbeauftragten, eure Abgeordnete und die zuständigen Politiker.

Derzeit laufende ähnliche Projekte sind:

  • CAMINSENS - vernetzte Kamerasysteme zur in situ-Erkennung personeninduzierter Gefahrensituationen“; Netzwerk selbst-organisierender Sensoren“ (4 Kameras bauen aus 4 Perspektiven ein 3-D-Bild des Geschehens)
  • ASEV - „Automatische Situationseinschätzung für ereignisgesteuerte Videoüberwachung“
  • APFeL – Analyse zeitlich rückwärts- und vorwärts-gerichteter Videodatenströme“
  • MuViT - „sozialpsychologische, soziologische, ethische und rechtswissenschaftliche Analysen“ bei Mustererkennung und Video Tracking; nicht zufriedenstellend verliefen bislang die Versuche zur Erkennung einer „sich anbahnenden Situation mit Bedrohungspotential“, wie es im Projekt geplant war.
  • MisPel - Bis 2014 forschte das Bundespolizeipräsidium mit der Polizei Hamburg zur „Multi-Biometriebasierten Forensischen Personensuche in Lichtbild- und Videomassendaten“. Getestet wurden Verfahren der „Bildinhaltsanalyse“ zum Auffinden von Personen in Daten aus der öffentlichen Videoüberwachung. Das Verfahren wird inzwischen zum Lichtbildvergleich in Polizeidatenbanken genutzt.
  • ADIS – ist das Projekt „automatisierte Detektion interventionsbedürftiger Situationen durch Klassifizierung visueller Muster“. Es wurde speziell für den Einsatz an Bahnhöfen entwickelt.
  • INDECT - „Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment“; Mittels "Predictive Analytics" und "Relationship mining" sollen Risiken analysiert und Straftaten vorhergesehen werden. Teilnehmer waren 17 Institutionen aus 9 Ländern: Polizeien, Hochschulen und Privatfirmen.


Vor dem Ausdrucken der Strichcodemaske ist natürlich darauf zu achten, eine individuelle Nummer in das Bild zu tun. Wir wollen ja nicht in der Masse untergehen. ;-))

 

Update 27.07.2017: Wir haben von "Gerüchten" gehört, dass unsere Kundgebung ausfällt. Nein! Das ist nicht so! Wir freuenuns auf den nächsten Di. 1.8. und werden von 15-18h am Bahnhof Südkreuz sein.
Wir freuen uns auf die Veranstaltung und möglichst viele Besucher. Also kommt vorbei!

 

Links und mehr dazu bei:

http://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6037-20170518-nationale-datenbank-fuer-biometrische-fotos.htm
http://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/1917-indect.htm
https://netzpolitik.org/2017/ueberwachungslabor-berlin-suedkreuz-tracking-und-gesichtserkennung-geplant/
https://netzpolitik.org/2017/projekt-sicherheitsbahnhof-intelligente-videoueberwachung-am-berliner-suedkreuz-startet-im-herbst/
http://www.andrej-hunko.de/presse/3493-einsatz-von-bevoelkerungsscannern-an-bahnhoefen-ist-nicht-vom-bundespolizeigesetz-erlaubt
https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/5924-20170223-intelligente-videoueberwachung-am-bahnhof-suedkreuz.htm
https://www.aktion-freiheitstattangst.org/cgi-bin/searchart.pl?suche=Video&sel=ueber
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Deutsche-Bahn-will-intelligente-Videoueberwachung-testen-3631191.html
https://www.heise.de/newsticker/meldung/BKA-2D-Foto-Fahndung-ist-nicht-einsatzfaehig-150068.html
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Deutsche-Bahn-will-intelligente-Videoueberwachung-testen-3631191.html
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Anti-Terror-Massnahmen-De-Maiziere-will-Gesichtserkennung-im-Bahnhof-3301256.html
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Streit-ueber-de-Maizieres-Plaene-fuer-mehr-Videoueberwachung-3361291.html
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Mobile-Ueberwachung-BKA-testet-automatisierte-biometrische-Gesichtserkennung-3660894.html
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Gesichtserkennung-per-Video-Bundespolizei-sucht-Berliner-Freiwillige-3746657.html
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Berliner-Test-fuer-Videoueberwachung-mit-Gesichtserkennung-soll-bald-starten-3684006.html
https://cvdazzle.com/
https://digitalcourage.de/blog/2017/selfiestattanalyse-masken-gegen-ueberwachung
https://digitalcourage.de/themen/videoueberwachung/wissenschaftliche-materialsammlung-wirkt-videoueberwachung

 


von https://www.aktion-freiheitstattangst.org/de/articles/6104-20170801-buer...

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Es gibt in Berlin offenbar Menschen, die fühlen sich noch nicht genug überwacht. Deshalb soll in Berlin ein Volksbegehren für noch mehr Video-Überwachung gestartet werden. Dass ganze, obwohl nicht nachgewiesen ist, dass mehr Videokameras in der Stadt zu weniger Kriminalität führen. Dass es dadurch eher zu Verlagerungseffekten von Kriminalität in noch unüberwachte Bereiche kommt.

 

Aber die Initiator/innen des Volksbegehrens für mehr Videoüberwachung könnten ja mit guten beispiel vorangehen, und ihre Toiletten und Schlafzimmer Zuhause per Video überwachen. Im Kampf gegen "Kriminalität und Terrorismus" muss man halt mal auf ein wenig Privatsphäre verzichten oder?

Oder haben die wohlmöglich etwas zu verbergen?

die Berichterstattung vom RBB der letzten Wochen an, insbesondere Abendschau. Mehr Werbung für mehr Kameraüberwachung geht schon fast nicht mehr.

wie wäre es mit Pappmasken, die Merkel zeigen, die Gesichtserkennungssoftware findet die bestimmt gut.

zählt als vermummung und bringt dir ne schicke festnahme ein

oh ja stimmt, das geht nicht.