wer nicht fragt bleibt dumm!

direct-action-bunny

Wie können wir unter repressiven Verhältnissen handlungsfähig bleiben? Fragen und Antworten suchen!

 

Wer nicht fragt bleibt dumm!

 

Als wir beieinander saßen und über das Übel der Welt und den Rechtsruck in vielen der westlichen Staaten redeten, erschraken wir bei dem Gedanken, was wäre, wenn das erst der Anfang ist. Andere redeten bereits darüber. Manche verstecken sich und andere denken an Flucht. Wir suchen nach Handlungsmöglichkeiten.

Die Vorstellung ist schnell ausgemalt: Arm und mittellos stehen wir der Repression und Überwachung einer faschistoiden Gesellschaft oder einem autoritärem Staat gegenüber. Wir stecken drin im Dreck. Wie lässt sich Widerstand aufrecht erhalten und organisieren? Wie können wir Knast und Folter entrinnen und Unruhen anzetteln, die Verhältnisse sabotieren?

Konzepte lokaler und über regionaler Organisierung wurden erörtert. Wir haben uns das Ausmaß des vorstellbaren Grauens ausgemalt. Über Ängste haben wir geredet, es sind uns Fluchtgedanken gekommen und wir haben sie zugelassen. Darum soll es in diesem Text hier nicht gehen. Eine solche Auseinandersetzung muss aber weiter geführt werden.

 

Schnell wurde klar, dass wir auf die meisten Fragen keine einfachen Antworten haben. Das uns vor allem viel Wissen und Fähigkeiten fehlen, ganz praktisch mit verschärften Verhältnissen um zu gehen.

Wir und mit Sicherheit auch die Meisten die wir kennen, haben intellektuelle, organisatorische, materielle und auch soziale Defizite. Es erscheint zweifelhaft, ob wir als Gruppe härteren Bedingungen gewachsen wären. Vielleicht wären wir nicht klug genug und hätten zu wenig Mittel, um widerstehen oder überleben zu können.

Diese Feststellung ernstnehmen heißt: Wir müssen (!) daraus Konsequenzen ziehen. Sonst ist es das übliche Gelaber, wie es zur Zeit an jeder Ecke zu hören ist. Daraus entstand eine erste Idee.

Wir haben uns aber nichts Neues oder besonders Schlaues ausgedacht. Wir schlurfen langsam und mühsam vorwärts.

 

Es geht darum, unsere Fähigkeiten und Überlegungen, unser Wissen und Material organisiert zu teilen. Wir müssen sie erweitern und austauschen. Das bedeutet auch, dass wir das Wissen anderer brauchen und wir uns Fähigkeiten beibringen und Nützliches teilen müssen. Es gilt, das zu organisieren. Wir lehnen zentralisierte Organisationen ab. Deswegen braucht es Verknüpfte Netze, die aus politischen und sozialen Kontexten bestehen. Das heißt, wenn man was braucht, mal bei anderen nachzufragen. Erst wenn es strukturierter zu Sache geht erwächst Stärkung.

(Um Missverständnissen vor zu beugen: Unter dem grauenvollen Begriff „skill-sharing“ gibt es so was schon lange. Wir finden das immer Scheiße, wenn es am Ende darum geht, sich fit für die kapitalistischen Verhältnisse zu machen. Wir teilen die Kritik an der Share-Ökonomie. Sie führt zu mehr Ausbeutung)

 

Was wir brauchen

 

Sich des eigenen Wissens und der eignen Fähigkeiten bewusst werden und die Aneignung von Wissen und Material: das wäre der erste Schritt. Wir zielen darauf, Handlungsfähigkeit auch unter stark repressiven Bedingungen aufrecht erhalten zu können.

Was wir im Einzelfall brauchen, kann sehr unterschiedlich sein. Das betrifft Material, Wissen und Fähigkeiten. Hier der unvollständiger Überblick:

 

Zur Bewältigung des Alltags brauchen wir auch scheinbar Einfaches.

- Wie besorgen wir uns Geld auf unterschiedlichste Art und Weise? Das brauchen wir für unsere politische Praxis und zum Überleben. Wie lassen sich Stiftungen, Unis, Arbeitgeber, Reiche und politische Gegner_innen abzocken? Wo lohnt sich ein Überfall? Wie verhökert man Beute? Wie zieht man durch Hacken Geld von Konten ab oder manipuliert Geldtransfers?

- Wie funktioniert das organisierte Klauen von Lebensmitteln am Besten? Wer kennt sich mit Elektroarbeiten aus? Was ist mit GasWasserScheiße? Wie Autos klauen?

Du findest die Fragen seltsam und nicht relevant? Wir sind arm und werden es bleiben.

 

Der Großteil der Einfälle betrifft unsere explizite politische Handlungsfähigkeit.

- Wer hat medizinische Fähigkeiten oder kennt jemanden, der*die welche hat? Welche*r Ärzt_in behandelt Illegalisierte und Abgetauchte? Wie organisieren wir am besten Medikamente?

- Wo kann man abtauchen?

- Wie kann man sich im Notfall den Verfolgern entziehen?

- Wie kommen wir an mehr kleinkriminelle Fähigkeiten?

- Wer kennt sich mit Metallverarbeitung aus?

- Wie bewegen wir uns in Zukunft unerkannt durchs Land und über die Grenzen?

- Wer kann Schlösser knacken, Bitcoin generieren, Autos hacken...

 

Diese Liste kann man lange fortschreiben. Weiteren Einblick wollen wir aber den Bullen nicht geben. Der Rest bleibt eurer Phantasie überlassen.

 

 

Wie kann man das strukturieren und organisieren?


Dass wir das zu mehreren diskutiert haben, ist offensichtlich, sonst liefe das Alles von selbst. Wir wollen  autonome Grüppchen anregen, bewusst Fähigkeiten, Wissen und Verfügbarkeit von Material zu organisieren. Wenn sich Wissensnetze ergeben, kann daraus die Stärkung unserer Fähigkeit zu Handeln werden.

Wir haben intern eine ersten Liste mit unseren Fähigkeiten, unserem Wissen und unseren Wünschen gemacht. Da kamen schon mal mehr Fähigkeiten ans Tageslicht, als gedacht. Es stellt sich die Frage: Wie die „Liste“ organisieren und aufbewahren? Wie finden wir einen praktikablen Umgang damit? Wie können wir unkompliziert darüber miteinander kommunizieren? Wieviel Vertrauen muss sein, um „alles“ zu teilen? Wie viel Wissen gibt man preis? Wie machen wir Vertrauensverhältnisse zu Leuten auf, die wir andocken wollen, z.B. Ärzt*innen, oder Hacker? Dies ließe sich lange erweitern.

Wir setzen bei der Vernetzung mit Anderen auf Vertrauen. Das Vertrauen ist durch politische Praxis, soziale Kontakte und durch Freundschaften gewachsen. Rein funktionale politische Verhältnisse wären eine Schwachstelle für Spitzel und Bullen. Wir sehen deswegen unser Vorhaben auch nicht als reine technische Angelegenheit. Es geht eben um dauerhafte Vertrauensverhältnisse. Es geht darum, sowas überregional aufzubauen und so wenig repressionsanfällig wie möglich zu organisieren.

Wir sind überzeugt, mit Leuten gezielt reden zu müssen. Man muss konkrete Abmachungen und verbindliche Verabredungen treffen, um Verlässlichkeit herzustellen.
Einfach zu sagen, „ich kenne einen Arzt, der ist ok und behandelt auch untergetauchte Patienten“, reicht meist nicht aus. Man muss vertrauensvoll mit dem Arzt reden: Unter welchen konkreten Bedingungen kann ich dich fragen? Bist du dann bereit? Kannst du auch wo hin fahren? Was ist das Fachgebiet? Kannst du unter der Hand Medikamente besorgen? Kennst du andere Ärzt*innen, die helfen würden?
Das nur als  Beispiel. Möglichst genaue Absprachen zu treffen ist wichtig. Nur so nützt die Organisierung der Fähigkeiten was.

Mackergehabe und Wichtigtuerei sind große Gefahren. Wenn es drauf ankommt, muss die konkrete Fähigkeit oder der Gegenstand abrufbar sein. Man gefährdet andere, wenn herauskommt, dass man das Versprochene doch nicht so ganz beherrscht oder nicht weiß, wo das Ding gerade ist.

Genauso wichtig ist das Sammeln, von dem, was man gerne können und haben will. Denn es kann sinnvoll sein, dass gezielt erlernt und beschafft wird, was fehlt. Zum Beispiel: Keine*r hat Ahnung von Elektronik? Kann sich jemand zu einem Volkshochschulkurs oder einer Ausbildung hinreißen lassen? Oder vielleicht zum Bücherstudium und Schlaumachen? Alles mit Unterstützung der Anderen, das ist klar. Wir müssen uns gegenseitig helfen, zu lernen.

Oft beginnt man erst sich um Wissen zu kümmern, wenn man es konkret braucht. Das ist problematisch. Es frisst Energie und macht schnelles Agieren schwer. Wir wollen handlungsfähig bleiben, wenn Armut und Repression intensiver werden. Wir erarbeiten uns diesen Organisierungsprozess neben der täglichen politischen Praxis.
Wir rufen andere Zusammenhänge auf, uns nachzueifern. Und wenn wir nur Andere auf Ideen bringen, hat sich dieser kleine Text über die Schwierigkeiten der Praxis gelohnt.

AG

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

wenn ihr versucht, so wenig auf das, was das system produziert - hightech, industriefood, chemietabletten, erdölpullover usw. angewiesen zu sein, macht ihr euch im jetzt und auch falls eure horrorvorstellung eintreffen sollte, freier. es geht vielleicht nicht, oder nicht gleich, oder ist nicht erwünscht, 100% ohne all das. (kommt darauf an, was euch wichtig ist) nicht umsonst gab und gibt es projekte, die sich der versorgung über das system hinaus widmen. lebensmittel anbauen, klamotten herstellen, medizinische grundversorgung herstellen, bauen, hygiene ohne industrie usw. die haben auch eine perspektive, die über den momentanen befriedungszustand mit hartz 4 und containern gehen hinausgeht.

gut, dass ihr euch gedanken macht. es geht viel mehr, als mensch für möglich hält. netzwerke aufbauen, dazu müsst ihr rumreisen, die orte und die leute kennenlernen. sie dazu anhalten, weiter an ihren projekten zu arbeiten, damit ein stabiles und auf längere sicht verlässliches, dichtes netz entsteht. die hohe fluktuation ist der killer für so ein netzwerk.

mit ein klein wenig Werbung :

 

http://www.schmiede4.net/

 

einmal zu Gast gewesen, sofort wohlgefühlt und irgendwie auch noch was gut bei den Leuten.

 

Die basteln an keiner Utopie, sondern machen einfach. Allseits gutes Gelingen !

dass das Zeug nicht im Supermarkt wächst. Egal ob Fleisch, Fisch oder Sojabohne.

 

Und weiter : die allerwenigsten haben Zugriff auf die blendende Vielfalt im Supermarkt, ohne vorher ihre Arbeitskraft auf dem "Arbeitsmarkt" mehr oder weniger gut verkauft zu haben. Mit selbstbestimmten Leben hat das ganze nur noch sehr wenig zu tun. Bleiben jene, deren "Arbeitskraft" gerade nicht benötigt wird. Wie kommen die an Nahrung, wenn sie nicht gerade eigenes Ackerland oder einen Dukatenscheissenden Esel besitzen ?

 

In unserer "westlichen Wertegemeinschaft" haben wir uns einfach komplett darauf eingeschossen, alles zum Leben benötigte erstmal einkaufen zu müssen. ( dürfen oder gar können ). Saubere Abhängigkeit, im Gegensatz zum kurdischen oder wie auch immer Bergbauern, der keinen Edeka um die Ecke hat, um mal "den kleinen Hunger zwischendurch" zu stillen.

 

Diese vielen wahrscheinlich unbewusst innewohnende Dekadenz, diese "Leistungsorientierung", bei der es nicht mehr ursprünglich um Bedürfnisbefriedigung, sondern um Erfolg und Kapitalakkumulation geht ... wie herablassend schauen wir mittlerweile auf jene, die sich noch durch eigener Hände Arbeit ernähren ?  Auf der anderen Seite die ganzen Webdesigner, Key Account Manager, Salesprofis und Supervisors ?

 

Was machen (oder können die noch) , wenn mal für 1h der Strom ausfällt ?

 

Ja, wir leben heute schon beschissener und angepasster , als es G. Orwell sich damals überhaupt vorstellen könnte.

 

Ist wirklich höchste Eisenbahn, Alternativen zu suchen !

https://linksunten.indymedia.org/en/node/209475

 

brochüre für erste schritte zur gelebten utopie

Ich will noch ein paar Punkte erwähnen, die mir beim Lesen des Textes so einfallen:

 

-Unterstützer: Unterstützer sind Leute, die mit der Sache sympathisieren, aber selbst nichts tun (zumindest nicht in eurem Sinne hier, Unruhen anstiften etc.). Diese Personengruppe, vor allem die mit einem bürgerlich normalen Leben, kann große Hilfen leisten, wenn es um Ressourcen und Organisation geht. Natürlich wird mensch mehr Unterstützer finden, wenn die Aktionen der Gruppe oder Strömung auch verstanden werden.Die Unterstützung von Radikalen oder Revolutionären durch "Normalos" ist nicht neu (Stichworte: Kuba + Russland, aber auch Drittes Reich). Die Gefahr für die Unterstützten ist immer, daß sie in Abhängigkeiten geraten und dann Aktionen nicht gemacht werden, aus Angst, diese Leute zu verlieren. Ein Opfer, das gebracht werden sollte, ist aber meines Erachtens, auf Szenecodes/Szenekleidung/usw. als Idenfikationsmerkmal so weit wie möglich zu verzichten, und sich lieber über die gemeinsamen politischen und gesellschaftlichen Ideale zu definieren. Es ist besser, wir sind mehr und heterogen, als einige wenige, die zufällig alle im selben Club abhängen.

-Aktionen: wenn mensch weniger Ressourcen hat als der Gegner, muß mensch sie besser einsetzen als dieser. Wir dürfen uns auf keinen Fall die Art/den Zeitpunkt/das Gebiet der Auseinandersetzung diktieren lassen, ansonsten haben wir schon verloren. Es geht darum, unsere Stärken (Anzahl, dezentrale Organisation, Motivation, Solidarität, Kreativität, Beweglichkeit)  so einzusetzen, daß wir möglichst große Wirkung erzielen und zum Nachahmen anregen, und gleichzeitig die Stärken des Gegners (militarisierter Überwachungsstaat mit hirnzersetzender Propagandamaschine für die Massen) ins Leere laufen zu lassen. Nicht so leicht, zugegeben. Aber der einzige Weg, der mir einfällt. Wer sich in punkto Kriegsführung weiterbilden will, dem seien zwei Standardwerke ans Herz gelegt: "Der totale Widerstand" von Major v. Dach, das schon von der RAF als Lehrbuch benutzt wurde und den Klassiker von Sun Tzu : "Die Kunst des Krieges". Beide sollten im Internet problemlos zu finden sein (das erste in D allerdings verboten, also nicht versuchen, bei Amazon zu bestellen).

-der Klassiker für das Überleben im Untergrund ist die Organisation in autonomen Zellen, die jede für sich klarkommen kann, also für jede Aufgabe mindestens ein oder zwei Kontakte hat (also ein/e Fälscher/in (Papiere und Geld), ein/e Ärztin, jmd für Kommunikation (früher ein Funker, heute wohl eher ein Hacker/eine Häckse), ein paar Leute fürs Grobe , aber auch Schlosser (Waffenherstellung), Einbrecher_innen, Fahrer_innen usw. usf.). Insgesamt irgendwas zwischen 10 und 30 Menschen. Die Zellen untereinander haben über einzelne Kontakt, aber nicht in einem organisierten Sinne. Geht eine Zelle hoch, führen keine oder nur wenig Spuren zu anderen.

-ich bin mir aber insgesamt nicht sicher, ob ein Kampf im Untergrund überhaupt was bringt. Ich meine, Respekt vor den Leuten die das auf sich nehmen. Aber von den Zahlen her ist das Modell der revolutionären Zellen ("Feierabendterrorist") wesentlich besser: die waren nämlich über lange Jahre aktiv und wurden nicht geschnappt (ich glaube, einer hat sich irgendwann mal selbst enttarnt), während die RAF und der 2te Juni (um nur zwei Beispiele zu nennen), zu großen Teilen getötet oder verhaftet wurden (außerdem wren sie von Anfang an vom VS unterwandert). Anonymität ist ein Schutz, und die (nach außen) bürgerliche Existenz bietet sie. Warum dem Staat eine Zielscheibe geben, wenn man viel leichter aus dem Schatten heraus auf den Staat zielen kann ?

 

Grüsse

 

Anonymous

ja geil naziliteratur mit dach. und sun tzu ist das unnötigste buch der welt. hat jeder halbgare manager im regal stehen um wichtig zu erschienen.

wenn schon rz und raf erwähnen und deren texte lesen und aus deren fehlern lernen.