Wieder einmal formierte sich in Pforzheim starker Protest gegen die alljährlich stattfindende Fackelmahnwache des ,,Freundeskreises ein Herz Für Deutschland“ (FHD) und anderen rechten Kräften. Mit ihrem Geschichtsrevisionismus versuchen sie in Pforzheim seit 1994 die Gräueltaten des deutschen Faschismus zu relativieren und den Bombenangriff im Jahre 1945 auf die Stadt Pforzheim als das „wahre“ Verbrechen umzudeuten und die systematische Ermordung von Millionen von Menschen zu verharmlosen. Mit einer Demonstration zum Wartberg, einer stationären antifaschistischen Kundgebung als Anlaufpunkt, sowie vielfältigem Protest um den gesamten Wartberg herum, konnte man auch dieses Jahr die Faschisten wieder stark bei ihrem „Gedenken“ stören und einschränken. So sind die Faschisten inzwischen gezwungen, bereits Stunden vor ihrer Veranstaltung auf dem Wartberg auf zu schlagen.
Dieses Jahr
Mitte Januar startete die Mobilisierung unter dem Kampagnenlabel „..nicht lange fackeln!“. Dem Aufruf der Kampagne schlossen sich knapp 20 Gruppen und Organisationen aus ganz Baden-Württemberg an, es wurden hunderte Flyer und Plakate verteilt, verschickt und verklebt. Auch Geschäfte zeigten sich solidarisch und hängten die Plakate in ihren Räumlichkeiten auf. Aus vielen Städten gab es organisiere Anreisen nach Pforzheim.
Trotz stürmischen Regenwetter und einem Donnerstagabend, also einem
Wochentag, protestierten am 23. Februar 2017 rund 250 AntifaschistInnen
aus dem ganzen Bundesland gegen die faschistische Mahnwache auf den
Wartberg. Mit einer kämpferischen Demo, mit Transparenten, Fahnen und
Parolen zogen die angereisten AntifaschistInnen gemeinsam auf den Berg
um den Faschisten entschlossenen Protest entgegenzusetzen.
Obwohl die Polizei mit ihrem martialischen Aufgebot die Demonstration
mit Spalier begleitete, gelang den AntifaschistInnen nahe der
antifaschistischen Kundgebung der Durchbruch.
Der Großteil der Masse schlug sich auf der östlichen Seite des Berges
bis in Hörweite an die Fackelmahnwache der Nazis durch. Andere wiederum
bewegten sich um den Berg herum, sodass von nahezu allen Seiten Protest
der insgesamt 250 Antifas wahrnehmbar war.
Um 19:45, also pünktlich zur „Gedenkzeit“, schossen von allen Seiten
Feuerwerkskörper in die Luft, sodass die Faschisten ihre Schweigeminute
nicht ungestört abhalten konnten.
Die Bullen mauerten sich wie jedes Jahr auf dem Berg ein und schützten mit einem massiven Aufgebot die Rechten. Mit Hamburger Gittern, Pferdestaffel, Hunden, Bauzäunen und zwei Wasserwerfern sperrten sie das Areal der Mahnwache komplett ab. BFE- Einheiten fuhren mit ihren Einsatzwägen andauernd um den Berg um AntifaschistInnen von entschlossenem Protest abzuhalten.
Während des gesamten Abends war die Kundgebung vor dem Hotel Hasenmayer Anlaufpunkt der Gegenproteste. Hier konnten die AntifaschistInnen sich mit warmen Essen stärken, auf die Toilette gehen und die aktuellsten Infos der Proteste in Erfahrung bringen.
Auch gab es eine Kundgebung der „Initiative gegen Rechts“ auf dem Berg mit vorausgegangener Demonstration. Sie wurde jedoch noch vor Beginn der Nazi-Fackelmahnwache aufgelöst, damit alle BesucherInnen am anschließenden städtischen Gedenken an das Bombardement auf dem Marktplatz teilnehmen konnten.
Nach den Protesten
Im Anschluss an die Proteste sammelten sich die AntifaschistInnen wieder am Hotel Hasenmayer um gemeinsam mit einer Spontandemonstration mit 250 Menschen durch die Nordstadt zurück zum Bahnhof zu ziehen.
Am Ende der Route kam es vor dem Pforzheimer Bahnhof zu einem organisierten Angriff des Bruchsaler BFE, der mit einer, der bis dahin ersten Festnahme endete. Eine weitere Person wurde kurz darauf in der Nähe festgenommen – beiden wurde ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz in Form von Passivbewaffnung vorgeworfen. Solidarisch unterstützte man die Betroffenen und wartete vor der Wache auf ihre Entlassung. Auch als die AntifaschistInnen auf den Gleisen auf ihre Züge warteten unterließen die dort anwesenden Polizeieinheiten nicht die Provokation.
Fazit
Im Laufe der Jahre hat sich der 23. Februar als Termin für die Antifaschistische Bewegung in Baden-Württemberg etabliert. Denn auch wenn das Datum auf einen Wochentag fällt, kommen mittlerweile jedes Jahr hunderte GegenaktivistInnen nach Pforzheim. Und das auch dieses Jahr, trotz der immer mehr werdenden rechten Events und Gegenmobilisierungen im Zuge des Rechtsrucks.
Die Aktionen rund um den Berg erweisen sich aktuell als gute Strategie – so kann die Fackelmahnwache trotz des weitläufigen Geländes und dem massiven Polizeiaufgebot doch verhältnismäßig stark eingeschränkt werden.
Unser Ziel muss daher sein, an das bisher Erreichte anzuknüpfen und den Spielraum für antifaschistischen Protest rund um den Wartberg noch weiter auszubauen. Dass die nächsten Jahre wieder Wochenendtermine anstehen, kann dem nur zuträglich sein.
Trotz der Tatsache, dass die linke und antifaschistische Bewegung mit weit größeren und alltäglicheren Problemen durch den gesellschaftlichen Rechtsruck und das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte wie beispielsweise der AfD gefordert sind, bleibt der Kampf gegen offen faschistische Strukturen essentiell. Dieser Widerstand ist ein Kernbereich antifaschistischer Politik und deshalb war und ist die Mobilisierung nach Pforzheim richtig und notwendig.
Nur durch eine organisierte antifaschistische Politik sind wir in der Lage, sowohl offen auftretenden Faschisten und auch dem gesellschaftlichen Rechtsruck etwas entgegenzusetzen. Die Organisierung in den einzelnen Städten und gemeinsamer Unterstützung bei wichtigen Proteste sind erste Schritte zur Eindämmung des rechten Problems.
Lasst uns auch in Zukunft den Nazis egal in welcher Form und wo sie auch auftauchen, entschlossen Widerstand entgegensetzen.
Nazis keine Basis bieten – Weder in Pforzheim noch anderswo!