Freiburger Besetzer breiten sich aus – Besitzer lässt nicht räumen

Mittlerweile haben es sich die Besetzer in der Gartenstraße gemütlich gemacht.
Erstveröffentlicht: 
19.05.2010

Konflikt

Freiburger Besetzer breiten sich aus – Besitzer lässt nicht räumen

In Top-Lage halten Autonome in Freiburg ein Haus besetzt – und nichts passiert. Der Besitzer lässt nicht räumen, er steckt in einem Konflikt mit Stadt und Nachbarn. Jetzt breiten sich die Besetzer weiter aus.


Vor dem Zwei-Zimmer-Haus flattert ein "Besetzt"-Banner, innen bauen Autonome eine Küche für ihr "Infoladencafé" aus und legen an diesem Mittag ein Stromkabel zu einem spendablen Nachbarn. 100 Autonome in wechselnder Besetzung sollen es insgesamt sein, sechs sind gerade im Häuschen, einer davon ist Peter. Er glaubt nicht, dass die Leute der Freiraum-Kampagne "Plätze-Häuser-Alles" vom Konflikt zwischen Eigentümer und Stadt wussten, als sie die Gartenstraße 19 im April enterten und Gewinnmaximierung bei Immobilien kritisierten.

Jetzt haben Beobachter den Eindruck, dass die Besetzer ausgerechnet dem Interesse des Besitzers in die Hände spielen. "Es sieht ein bisschen so aus, weil wir ja laut und chaotisch sind", sagt Peter ruhig. Also dumm gelaufen? "Eigentlich ist es optimal, wir wollen nicht stören, sondern das Gebäude sinnvoll für alle nutzen."

Eigentümer will Gebäude loswerden

Schon lange will der Eigentümer das Gebäude abreißen und ein Mehrfamilienhaus bauen. Zuletzt war ein Secondhand-Laden drin, seit Ende 2004 steht es leer, Anfang 2005 sollte Baubeginn sein, sagt Eigentümer Walter Hafner. "Das Projekt war fertig geplant, in Absprache mit der Stadtverwaltung." Doch die lehnte es ab. "Aus heiterem Himmel", sagt Hafner: "Das zeigt, dass vermutlich andere Interessengruppen wie benachbarte Eigentümer Einfluss auf die Behörde genommen haben. Die hatte bereits 1996 die Baugenehmigung in Aussicht gestellt."

Baureferent Norbert Schröder-Klings widerspricht: Die Pläne seien unzulässig gewesen. Regierungspräsidium und Verwaltungsgericht bestätigten die Ablehnung. Die Stadtverwaltung gebe Hafner gerne Rat, um eine Lösung zu finden, sagt der Referent, "das ging mit anderen auch, denen wir die Rote Karte gezeigt hatten". Die Tendenz sei "maßvolle Innenentwicklung, nicht die Grundstücke bis auf den letzten Quadratmeter ausnutzen".

Hafner habe sich in den Jahren, die er im Amt sei, nicht gemeldet, so Schröder-Klings. Die Situation in der Gartenstraße sei nicht schön, verändere aber nichts: "Wir erteilen nichts Rechtswidriges."

Momentan ist noch ein Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht anhängig, sagt Walter Hafner. Einigungsversuche scheiterten. Im Kern geht es um eine Baulast, die die Hauserben für die Teilung des Grundstücks 1975 vereinbarten: An der Giebelwand der Nr. 17 sollen alle Fenster geschlossen werden, damit direkt angebaut werden kann. Hafner pocht auf diese notarielle Vereinbarung. So oder so, sagt die Gegenseite, könne Hafner auf keinen Fall ohne Abstand bauen.

Ohne Anzeige keine Räumung

Der Architekt und Stadtplaner, der derzeit im Rheinland lebt, hofft, den Prozess zu gewinnen. "Und dass die Stadt ein Interesse daran hat, den Zustand zu ändern." Mit der Besetzung habe er nichts zu tun: "Ich kenn’ die nicht, diese Autonomen."

Hafner will sich von einem Anwalt beraten lassen, ob er Anzeige erstatten soll. Ohne Anzeige keine Räumung, sagt Rathaussprecherin Edith Lamersdorf. Das Ordnungsamt hatte Hafner angeschrieben. Die illegalen Nutzer wurden informiert, dass das Stromkabel eine Stolperfalle ist und weg muss – ebenso die Sofas auf dem Gehweg als unerlaubte Sondernutzung des öffentlichen Raumes.

Dass den die Autonomen mit ihrem Café auch kommerzialisieren, wie manche spotten, weist Besetzer Peter zurück: "Es ist eine Gegenkultur, du musst für den Kaffee nichts zahlen, das läuft auf Spendenbasis."

Anwohner sind genervt

Die Polizei hält sich zurück, solange der Eigentümer sich nicht rührt, sagt Sprecher Ulrich Brecht. Man behalte die Gartenstraße im Auge. Bislang sei weder Ärger noch Gefahr im Verzug. "Sobald’s Probleme gibt, sind wir da."

Einige Anwohner sind inzwischen von den neuen Nachbarn genervt, die oft bis morgens Party feiern – inklusive Musik, Lagerfeuer und Qualm. Zumal sich die Besetzer mittlerweile auch nach hinten in den Hof ausgebreitet und ein Hintergebäude in Beschlag genommen, bemalt und besprayt haben. Auch hiervon ist Hafner Eigentümer. Jetzt wollen die Anwohner einen runden Tisch gründen. Gemeinsam könnten auch sie eine Räumung bewirken.

 

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Es ist wirklich traurig und schade, wenn sich ein Teil der AnwohnerInnen nicht mit den BesetzerInnen solidarisiert, weil ihnen laute Musik und Qualm auf die Nerven geht. Das kann ich auch nachvollziehen. Bitte achtet doch in Zukunft darauf den Lärmpegel so niedrig wie möglich zu halten. Sonst ist der Rückhalt der AnwohnerInnen ganz schnell dahin. Eine Besetzung ist immer der Versuch den herrschenden Verhältnissen soweit wie nur möglich aus dem Weg zu gehen und ein besseres gesellschaftliches Zusammenleben anzustreben. Deswegen gebt doch bitte auch etwas Acht auf andere AnwohnerInnen.

 

Solidarische Grüße nach Freiburg!

Die Häußer denen, die drin wohnen!

sorry, aber in der gartenstraße werden keine partys gefeiert, das höchste der gefühle war akustischer live-jazz am dienstag vor einer woche. naja, ich würde den ziemlich schlechten bericht eher nicht zu heiss essen, schliesslich wollen die anwohnerinnen - sie müssten realisieren das im besetzten haus voll kein stress angesagt ist - weder eine baustelle noch den hafner. und sie wollen bestimmt nicht wirklich mit uns stress kriegen, soviel dürfte klar sein. von daher: gartenstrasse bleibt! guckt mal vorbei, ihr habt überhaupt keinen schimmer von der idyllischen und ruhigen gegenwart die (nicht!)herrscht.

Das die Presse übertreibt, dacht ich mir auch schon. Es wäre allerdings trotzdem möglich. Und auch sehr schade, wenn es so wäre. Ich hoffe das die Besetzung noch lange anhält, so dass ich im Sommer auch mal vorbei schauen kann.

Ladet ihr die Freiburger Roma-Flüchtlinge zu euch ein? Wäre eine tolle Soli-Aktion!