[Berlin] CG-Gruppe im Friedrichshainer Nordkiez nicht erwünscht

Proteste gegen CG-Gruppe

Bewohner_innen haben gegen eine Infoveranstaltung der CG-Gruppe auf dem Gelände des geplanten Nobelprojekts Carré Sama Riga in der Rigaer Straße 71-73 protestiert. Diese Veranstaltung war nach dem Baurecht notwendig, damit der Investor die Baugenehmigung bekommt, die bisher nicht erteilt wurde. Seit mehreren Monaten protestieren Mieter_innen und Unterstützer_innen gegen das Nobelprojekt.

 

Es gab seit Mai 2016 mehrere Kundgebungen, Kiezspaziergänge (https://linksunten.indymedia.org/de/node/184834), der Film Mietrebellen wurde vor dem Gelände gezeigt (https://linksunten.indymedia.org/node/187964). In den letzten Tagen hatten Aktivist_innen der Aktionsgruppe Rigaer Straße 71-73 (https://nordkiezlebt.noblogs.org/rigaer-71-73-cg/) in der Nachbarschaft über das Projekt informiert. Mit der Kundgebung am Mittwochnachmittag wurde dieser Widerstand von Mieter_innen fortgesetzt. Ein massives Polizeiaufgebot samt Hubschrauber über den Dächern im Friedrichshainer Nordkiez zeigte deutlich, dass die CG-Gruppe die Polizei als zusätzliche Schutzmacht neben einer privaten Security einsetzt. Die Polizei hatte im Hof des Geländes ihre Einsatzzentrale eingerichtet. Dort wurden auch einige kurzzeitig festgenommene Personen hingebracht, die vielleicht eine Polizeianweisung nicht sofort befolgt hatten. Gegenüber einem freien Journalisten, der die Veranstaltung besuchen wollte, erklärte der Sicherheitsdienst, dass es sich um ein Privatgelände handelt und nur akkreditierte Pressevertreter_innen Zugang zur Veranstaltung haben. Hier wird noch einmal mehr die Absurdität deutlich, dass die Polizei massiv zum Schutz einer privaten Veranstaltung ausrückt, an der nur ausgewählte Pressevertreter_innen Zutritt hatten.

Widerstand drinnen und draußen
Trotzdem war der Widerstand drinnen und draußen deutlich sicht- und hörbar. Schilder mit der Aufschrift „Wer hier kauft, kauft Ärger“ und „CG-Investorenträume platzen lassen“ zeigten, was die Bewohner_innen von dem Projekt halten. Die Stadtteilinitiative “Keine Rendite mit der Miete/Friedrichshain begründete den Widerstand: Vor allem einkommensschwache Menschen müssen das Projekt als Kampfansage begreifen. Zitat: „Das bedeutet, der Stadtteil wird so teuer, dass wir ihn uns nicht mehr leisten können. Das betrifft die Mieten aber auch die Läden und Restaurants. In diesem Sinne wird die Schließung der Lidl-Filiale am 31.12.2016 als Teil des Aufwertungsprozesses begriffen. Es ist einer der Läden, wo Menschen mit geringen Einkommen einkaufen konnten. Erst verschwinden die Läden, die Einkaufsstellen, die Restaurants für Menschen mit niedrigen Einkommen und dann sollen diese selber verschwinden. Dagegen wehren wir uns, daher kämpfen wir gegen das Projekt Carré Sama Riga“, hieß es in der Rede. Zum Schluss kam eine Solidarisierung mit den Beschäftigten von Lidl, die durch die Schließung in andere Filialen verschoben werden, wo sie teilweise noch längere Anfahrtswege haben. Gleichzeitig würden im Kiez Imbisse und Spätverkäufe mit besonders prekären Arbeitsverhältnissen zunehmen. Die Stadtteilinitiative erklärte, dass ein Kampf um einen solidarischen Stadtteil auch ein Kampf für geringe Arbeitszeiten und höhere Löhne ist. Erinnert wurde an einen erfolgreichen Arbeitskampf in einem Spätverkauf 2011 in der Samariterstraße, der mit Unterstützung der Basisgewerkschaft FAU und solidarischen Nachbar_innen gewonnen wurde.
 
Wenn Denkmalschutz zur Farce wird
Im Anschluss hielt der Vorsitzende des Friedrichshainer Geschichtsvereins Hans Kohlhase e.V. (http://www.friedrichshainer-geschichtsverein.de) Wanja Abramowski eine engagierte Rede mit einem historischen Streifzug durch die Geschichte des Areals. Vor mehr als 130 Jahren wurden nach Mieter_innenaufständen dort Häuser für Arbeiter_innen gebaut. Später wurde das Gelände von einer Textilfabrik genutzt. Die jüdischen Besitzer_innen wurden im NS enteignet und in den Vernichtungslagern ermordet. Zwischendurch hatte auch eine Rüstungsschmiede auf dem Gelände ihren Sitz. In der DDR gab es dort noch eine Mischnutzung von Wohnungen und Gewerbe. Nach 1989 verfiel ein Teil dieser ältesten Häuser Friedrichshains. Seit Jahren kämpfte der Friedrichshainer Geschichtsverein darum, dass die Häuser unter Denkmalschutz gestellt würden. Nachdem dies endlich geschehen war, wurden die Häuser wenige Monate später abgerissen. Bis heute ist nicht klar, wer die Genehmigung dafür gab, bzw. ob überhaupt eine Genehmigung existierte. Was klar ist – hier gab es zwischen einigen BVV-Politiker_innen und den Investoren Vereinbarungen und der Denkmalschutz war nur eine Farce.
 
Es geht um das Eigentum
Als ebensolche Farce empfand Abramowski und nicht nur er die Infoveranstaltung, als er am Ende noch ein Mal das Wort ergriff. Es habe keine Ansätze von Mitsprache und Mitgestaltung gegeben. Abramowski rief dazu auf, die Mieter_innen sollten einen langen Atem haben und sich gegen das Nobelprojekt weiter wehren. Er zählte zahlreiche weitere Beispiele auf, wo für Investor_inneninteressen Baurecht und andere Rechte über Bord geworfen werden. Es müsse eine parteiunabhängige Bewegung entstehen, die auch die Eigentumsfrage wieder stellt. Mit dieser Aussage befand sich Abramowski völlig im Kontext mit den Intentionen der Initiative, die sich gegen die Pläne von CG wehrt. Wie Abramowski berichteten auch andere Besucher_innen der Veranstaltung, dass dort die Farce einer Bürger_innenbeteiligung zelebriert wurde. Doch auch auf der abgeschirmten Veranstaltung drückten viele Nachbar_innen immer wieder ihren Widerstand gegen das Projekt aus und machten deutlich, dass es keine Akzeptanz hat. Derweil sorgte der Musiker Geigerzähler mit seinen politisch-musikalischen Einlagen für gute aber auch für die nötige kämpferische Stimmung.
 
Scheppern gegen CG-Gruppe
Schon zu Beginn der Veranstaltung hatten Nachbar_innen mit Lärminstrumenten ihre Wut akustisch zum Ausdruck gebracht. Damit knüpften sie an die Aktion „Scheppern für den Frieden“ an, mit der in den Sommerabenden 2016 Hunderte gegen die Belagerung des Hausprojektes Rigaer Straße protestiert hatten. Jene Aktionsform wurde ein zentraler Andockpunkt für Bewohner_innen im Kiez mit verschiedenen politischen Praxen und Geschichten. Genau diese Vielfältigkeit des Widerstands drückt sich auch im Protest gegen das Nobelprojekt Sama-Riga-Carré aus. In den letzten Wochen und Monaten gab es im Friedrichshainer Nordkiez, in Leipzig und anderswo (https://linksunten.indymedia.org/de/node/198571) verschiedene Widerstandsaktionen (https://linksunten.indymedia.org/en/node/198571). Diese Vielfältigkeit werden wir auch weiter bewahren. Denn für uns ist klar, dass der Kampf gegen das Nobelprojekt noch längst nicht gewonnen ist. Wir fordern klar einen Stopp aller Planungen auf dem Gelände. Wir rufen auch dazu auf, massenhaft Einwendungen gegen die noch bis zum 6.1.2017 im Rathaus Kreuzberg-Friedrichshain und im Internet (http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/fachgruppe-bauleitplanung/beteiligung-der-oeffentlichkeit/bebauungsplan-2-44-ve-535992.php) einsehbaren Baupläne zu schicken, aber wir werden unseren Widerstand darauf nicht beschränken. Wenn die CG-Gruppe glaubt, sollte sie die Baugenehmigung bekommen, sei sie mit ihren Investorenträumen am Ziel, hat sie sich massiv getäuscht. Dann würde die Baustelle zum Platz des Widerstands der einkommensschwachen Menschen im Stadtteil. Denn diese wissen, der Kampf ist existentiell. Sie wehren sich gegen ihre drohende Vertreibung.
 
Keine Rendite mit der Miete Friedrichshain

 

Weitere Informationen:

http://mietenstoppfriedrichshain.blogsport.de

https://nordkiezlebt.noblogs.org

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kommen das nächste mal auch wieder.
die investoren können einpacken.
wieviele secus und bullen es wohl brauchen wird um diesen protzbau 24/7 zu schützen?

bullen die veranstaltung der CG Gruppe geschützt haben, hat`s in der straße noch gebrannt. es wird vermutet, dass da ein zusammenhang besteht.

 

rigaerfeuer