Seit dem 11. September 2001 war die Unterstellung einer angeblich „besonderen“ Homophobie eine der vielen Taktiken, hier lebende Muslime fremd zu machen. Waren die sozialwissenschaftlichen Belege für diese Unterstellung schon äußerst mager, so gilt dies umso mehr für die Kulturgeschichte des Islams.
Im Unterschied zu ihrer Marginalisierung in der lyrischen Tradition Europas war gleichgeschlechtliche Liebe über Jahrhunderte einer der zentralen Topoi der persischen und arabischen Literatur, auch und gerade in der religiösen Liebesdichtung. Mag sich daran in den letzten hundert Jahren noch so viel ins Gegenteil verkehrt haben, stimmt die Wirklichkeit in vielen Ländern der sog. islamischen Welt doch bis heute nicht mit jener vereindeutigenden Konstruktion überein, die sie als bloßen Hort der Unterdrückung kennt.
Ironischerweise waren es daher auch nicht die »Zuwanderer«, sondern die
Islamfeinde selbst, welche mit ihrem
Kulturkampf gegen alles Fremde einen kulturellen Umschwung auslösten, der sich bald auch gegen die Emanzipation
von Lesben, Schwulen und Transgenders richtete.
So hat sich seit dem Aufstieg der AfD als führender rechtspopulistischer Kraft der Anteil der Deutschen, die es als „ekelhaft“ empfinden, wenn sich zwei „Homosexuelle“ küssen, innerhalb von nur zwei Jahren auf 40 Prozent verdoppelt. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf den dünnen Firnis der Liberalität, der in den letzten Jahren schon etwas voreilig zum „Wesen“ der westlichen Kultur verdinglicht wurde. Der Vortrag rekapituliert, ausgehend vom baden-württemberger „Muslimtest“, den Blick auf Muslim*innen in Deutschland, um im zweiten Teil die kulturelle Tradition und den historischen Wandel in der sog. islamischen Welt nachzuzeichnen. Abschließend werden anhand von Berichten und Reportagen die komplexen und widersprüchlichen Lebensverhältnisse u. a. in Afghanistan, Iran und Pakistan diskutiert.
Georg Klauda ist Soziologe und Autor des Buchs „Die Vertreibung aus dem Serail: Europa und die Heteronormalisierung der islamischen Welt“ (Hamburg: Männerschwarm-Verlag, 2008).
Veranstalter*innen: North East Antifascists [NEA]
07.12.2016
19 Uhr
Bunte Kuh | Bernkasteler Straße 78 | 13088 Berlin
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Die AfD wird auch von diversen Migrant*innen gewählt. Diese Gruppe und die der Rechten hat durchaus Überschneidungen. Im übrigen wird diese Veranstaltung wahrscheinlich eh wieder ein Abfeiern des Islam und eine Relativierung der beschissenen Verhältnisse in mehrheitlich islamischen Ländern...
immer diese Scheinargumente ...
Mag sein ... allerdings ist dieses Scheinargument sehr fraglich.
Nur weil auch Migranten die AfD wählen heißt es nicht, dass das Bild der AfD von den Migranten richtiger bzw. weniger homophob ist.
Dann könnte man auch argumentieren: weil manche demokratische nicht-radikale Bürger aus der gesellschaftlichen Mitte die NPD wählen sind die weniger nationalistisch.
Wer die AfD wählt ist kein Argument darüber was diese Partei aussagt und wofür diese steht. Eher zeigt diese Tatsache das es auch unter den Migranten homophobe (sowie antifmemistische, anti-demokratische etc.) Strömungen gibt. Und das kann keiner mit Verstand leugnen.
Aber darum geht es in der Debatte auch nicht. Es geht eher darum zu zeigen das das Bild eben nicht so eindeutig "schwarz-weiß" ist wie manche- insbesondere die rechten Strömungen - behaupten ... die Pauschale behauptung: Islam = homophob ist genauso falsch wie Islam = nicht kompatibel mit einer Demokratie.
Und wo wir dabei sind: das Argument "in den meisten islamischen Ländern gibt es keine Demokratie" sind (ich hör schon die Tastaturanschläge um das Argument zu bringen), das auch ein Scheinargument. Dann könnte ich auch sagen: in den meisten nicht-demokratischen Ländern gibt es auch den Kapitalismus ... dann ist Deutschland auch eine Diktatur, richtig ?
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In deinem ersten Satz meinst du rassistisch? ... also sonst macht der Satz nicht so viel Sinn....
Ich glaube du hast den Kommentar auch nicht richtig verstanden. So wie ich es interpretiere ging es nicht darum die AfD zu verharmlosen sondern ein schwarz-weiß Bild in der auf der einen Seite die Rechten und auf der anderen Migrant*innen stehen aufzubrechen.
Fakt ist: Nicht jeder Moslem ist homophob. Fakt ist aber auch: Der Koran (und in etwas schwächerer Form auf jede Fall auch die Bibel) ist ein extrem homophober Text. Unter der Annahme, dass Bibel und Koran für die meisten Gläubigen der jeweiligen Religion eine wichtige Rolle spielen, ist es daher dumm und naiv zu denken, dass zwischen Religiösität und Homophobie kein Zusammenhang besteht. Gegen zweiten Fakt mit ersterem ankämpfen zu wollen ist idiotisches Schattenboxen, das unter Zusammenhang immer nur direkte Kausalität verstehen will und komplexere Zusammenhänge negiert.