Am heutigen Tag fand die Gerichtsverhandlung gegen Aaron statt. Aaron ist einer von ca. 5000 Menschen, die den Kampf der Rigaer94 gegen die Bullen- und Bonzenstadt Berlin am 9. Juli auf ein neues Niveau gebracht haben. Alle 5000 haben sich in die selbe Gefahr begeben, von den staatlichen Schlägertruppen geschnappt, verprügelt oder anderweitig zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Viele haben sich daher auf Kämpfe vorbereitet. Die Demo und besonders die Angriffe auf die Polizei haben nicht nur der belagerten Rigaer94 sondern allen Beteiligten zum Platz in der Geschichte des Widerstands verholfen. Dafür wurde Aaron heute zu einem Jahr und acht Monaten Haftstrafe verurteilt, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung.
Aaron
wurde vorgeworfen, aus drei Meter Entfernung einen Stein gegen einen
in der Demo befindlichen Bullen in der Liebigstraße geworfen zu
haben. Dabei wurde der Helm angeblich beschädigt. Aaron wurde direkt
geschnappt und erstmal verprügelt, wobei sich ein anderer Bulle an
der Schulter weh getan hat. Die getroffene Einheit gehört zur 33.
Hundertschaft und war direkt an den Vergehen gegen die Rigaer94
beteiligt. Die Beamten Saalmann, Hein und Steigert sind persönlich
im Haus durch ihr widerwärtiges Verhalten aufgefallen. Getroffen hat
es also in jedem Fall nicht die Falschen.
Aaron
hat die Tatvorwürfe eingeräumt, um aus der scheinbar endlosen
Untersuchungshaft zu kommen. Das Urteil wurde gedealt. Die
Staatsanwaltschaft konnte glaubhaft vermitteln, dass sie Aaron
längere Zeit hinter Gittern bringt. Der so erzeugte Druck lies ihn
zu der Entscheidung kommen, dass der Deal „Geständnis gegen
weniger harte Strafe“ sinnvoll ist. Das ergangene Urteil ist noch
nicht rechtskräftig.
Verantwortlich zu machen für den
außergewöhnlich hohen Druck, insbesondere die (rein rechtlich
gesehen) grundlose U-Haft, ist die Staatsanwältin Janine
Sadri-Herzog. Sie hat alle Mittel probiert, um die kämpferische
Grundhaltung von Aaron und Balu zu brechen. Die Effekte, die sie
erzielte sind nicht von der Hand zu weisen. Sowohl von Aaron als auch
von Balu wissen wir aber, dass Aktionen wie der nächtliche
Vandalismus vor dem heutigen Prozess, hunderte von Briefen und
Solidaritäts-Erklärungen ihrer Angst entgegenwirken konnten. Auch
im Knast trafen sie auf einige nette Leute.
Allgemein
müssen wir an der Auseinandersetzung mit dem Fall der Beiden erneut
feststellen, dass die Gefahr schwerer Repression oft ein Gefühl der
Ohnmacht auslöst und sich Menschen aufgrund dieser Angst in eine
passive Rolle begeben. Diese Dynamik gilt es gemeinsam und
solidarisch zu überwinden. Wir müssen gemeinsam immer wieder neu
ausloten inwieweit wir bereit sind Konsequenzen für unser Handeln zu
tragen und wo der schmale Grat liegt zwischen einem taktischen
Verhalten auch gegenüber der Justiz und dem Einstehen für unsere
Überzeugungen.
Zur Person Janine Sadri-Herzog wird es in
Zukunft noch mehr – hoffentlich auch erfreuliches - zu sagen geben.
Sie hat aus ihrer Anklageschrift und in ihrem Schlussplädoyer eine
umfassende politische Kriegserklärung gemacht und wird Henkels
spezielle Linie sicherlich über den Regimewechsel retten. Dafür
wurde sie offenbar ausgesucht. Sie war z.B. auch neulich bei den
Razzien wegen der Fahrraddemo zur Unterstützung der Rigaer94
persönlich anwesend. Sie gab beim Prozess an, in ihren Ermittlungen
gegen den Widerstand Erkenntnisse über Krawallltouristen erlangt zu
haben: „Ich war unlängst bei Durchsuchungen dabei, manche Menschen
haben dass als Lebensinhalt […] mit Stadtplänen auch aus Spanien,
Portugal und so . Das Ziel ist das nächste Event.[...]Überregional
wurden Randalierer angeworben um bürgerkriegsähnliche Zustände in
Berliner Straßen zu erzeugen.“
Es
hätte auch gereicht, den „Stürzt Berlin ins Chaos“-Aufruf der
Rigaer94 zu lesen, um ohne so viel Stress zur selben Erkenntnis zu
kommen. Mit Blick ins Publikum kündigte Janine Sadri-Herzog an,
zukünftig die körperliche Unversehrtheit von Polizisten schützen
zu wollen. Harte Strafen auch gegen Ersttäter_innen
müssten abschreckende Wirkung haben, überregionale Anwerbung von
Randalierer_innen
unterbunden werden. Bei ihrer Analyse zur Belagerung der Rigaer94
vertritt sie weiterhin die Außenseiter-These, die Polizei hätte
sich nichts zu Schulden kommen lassen.
Ihr
menschenverachtender Sprech bestätigt die Vermutung, dass sich die
allgemeine Repressionslinie den Gegebenheiten nach der staatlichen
Niederlage in der Rigaer Straße anpassen wird. Es ist damit zu
rechnen, dass es mehr gezielte und brutale Gewalt geben wird. Die
Drohungen der Sadri-Herzog decken sich mit den aktuellen Bemühungen
des Verfassungsschutz, uns Widerständige
zum Abschuss in jeder Hinsicht frei zu geben. Gentrifizierung ist ein
Thema mit Sprengkraft, weswegen der Staat uns „trotz niedrigerer
Fallzahlen“ eine größere Gefahr unterstellt, um jegliches
Vorgehen im Vorfeld zu legitimieren. Ihnen behilflich sind
Wissenschaftler wie Klaus Schroeder, Politologe an der Freien
Universität Berlin, der jüngst in der Welt in einem Artikel
ausgiebig zitiert wird, wo die Rigaer94 mit dem NSU verglichen wird.
Aktuell lägen zwar keine Indizien vor, die auf den Aufbau einer
linksextremistischen Terrororganisation, ähnlich dem NSU, deuteten.
„Anders sähe es vielleicht aus bei einem Ereignis, das die Szene
schwer träfe – etwa, wenn ein Mitglied bei einem Polizeieinsatz
ums Leben käme.“
siehe: https://linksunten.indymedia.org/de/node/195682
Diese bedrohlichen Gedankenspiele verfolgen das Ziel,
die Polizei und Bevölkerungsteile gegen uns aufzuhetzen. Sie sollen
aber auch Angst bei uns erzeugen und uns dazu bewegen, auf bestimmte
Strategien zu verzichten. Der militante Kampf gegen den Staat kommt
aber niemals ohne den unzähmbaren Willen aus, das Gesetz zu brechen
und wie im Fall von Aaron und Balu und der rebellischen Rigaer wie
Bär_innen zu kämpfen. Stolz können diejenigen sein, die es
schaffen, ihre Angst zu überwinden.
Aaron war vielleicht an diesem Tage in der Liebigstraße, knapp überm Dorfplatz in eine Straßenschlacht mit der berüchtigten Berliner Bereitschaftspolizei verwickelt, nicht alle können das von sich behaupten.
Wir freuen uns, dass sich die beiden wieder außerhalb der Knastmauern bewegen können!
Janine Sadri-Herzog
gibts ne adresse oder ein autokennzeichen?
was für ein deal war das genau??
und bekommt er bewährung??
danke für den ansonsten sehr aufschlussreichen text.
der deal war
aaron hat zu beginn des verfahrens ein schuldeingestaendnis in der sache gemacht.
zuvor war ihm angeboten worden, dass wenn er dies tut, er mit einer bewaehrungsstrafe rauskommt.
das schuldeingestaednis beinhaltet keine reue. aaron gibt also zu, schuldig im sinne der anklage (schw. landesfriedensbruch, gef. koerperverletzung, vermummung, widerstand, koerperverletzung) zu sein, verurteilt diese tat aber nicht im nachhinein.
die strafe sind 1 jahr und 8 monate auf drei jahre bewaehrung dazu 1000 euro an die justizkasse.
ohne den deal haette die staatsanwaeltin wahrscheinlich auf ueber zwei jahre plaediert, d.h. knast ohne bewaehrung.