Am Samstag, den 29. Oktober 2016 kamen (bei bestem Herbstwetter) ca. 130 Menschen vor die US Botschaft in Berlin, um ihre Solidarität mit den streikenden Gefangenen in den USA auszudrücken und die sofortige Freilassung des indigenen politischen Gefangenen Leonard Peltier zu fordern.
Zum Anfang wurden zwei Grußbotschaften von Langzeitgefangenen aus den USA vorgetragen: Mumia Abu-Jamal (im Original hier zu hören) und auch Leonard Peltier selbst (demnächst hier zu lesen). In einem Redebeitrag von Tokata e.V. ging es neben den politischen Konflikten, die zu Peltiers Verurteilung führten vor allem um seine aktuelle Gesundheitslage. Ähnlich wie Mumia Abu-Jamal ist der Langzeitgefangenen schwer erkrankt (mehrere Kieferoperationen, Diabetes, Prostata-Krebs-Verdacht). Seit ca. einem Jahr besteht die akute Gefahr, dass seine Bauchschlagader durch eine sog. Aussackung jederzeit platzen und er innerlich verbluten kann. Leonard Peltier muß sofort freigelassen werden und die medizische Behandlung erhalten, die er im Knast bisher nie bekam.
Die Staatsanwaltschaft gibt bereits seit 1992 zu, dass sie nicht weiß, ob der indigene Aktivist überhaupt für den Tod der beiden Bundespolizisten vom FBI verantwortlich ist, für den er seit 1975 festgehalten wird. Eine Präsidenten-Begnadigung wurde zuletzt im Jahr 2000 durch starken Druck des FBI verhindert.
Danach gab es neben Live Musik über Peltier auch einen Beitrag (demnächst hier zu lesen) über die aktuelle Konfrontation in Standing Rock (South Dakota, USA), wo über 5000 Indigene zusammen mit Unterstützer*innen den Ausbau der umweltzerstörenden DAPL-Ölpipeline durch indigenes Land blockieren und mit massiver staatlicher Repression konfrontiert werden. In Standing Rock fordern derzeit Tausende auch die Freilassung von Leonard Peltier, dessen Aktivismus im American Indian Movement (AIM) sie als Vorläufer der aktuellen Auseinandersetzungen Indigener mit der US Regierung betrachten.
Die Berliner Ortsgruppe der Roten Hilfe verglich Leonard Peltiers Verurteilung von 1976 mit dem politischen Schauprozeß, den der Journalist Mumia Abu-Jamal 1982 erfuhr und stellte heraus, wie diese beiden Aktivisten sich seitdem gegen die Repression behauptet haben. "Ihnen und allen anderen Menschen, die für ihre politische Betätigung für eine freiere und gerechtere Welt von staatlicher Repression betroffen sind gilt unsere Solidarität, denn gemeint sind wir alle." (Auszug aus dem Redebeitrag, komplett hier zu lesen)
FREE MUMIA Berlin berichtete über die Masseninhaftierung und die dahinter stehende Gefängnisindustrie in den USA. Sie legten dar, dass die Sklaverei seit ihrer offiziellen Abschaffung 1865 nie aufhörte, zu existieren, sondern lediglich ihre Formen geändert hat. Der aktuelle Gefängnisstreik ist der bisher stärkste koordinierte Ausdruck der ca. 2,3 Millionen Gefangenen und ihrer Angehörigen, die Sklaverei endlich zu überwinden: "Ob die Sklaverei in den USA fällt oder dem Protest durch einige Reformen lediglich die Dringlichkeit genommen wird, liegt nicht zuletzt auch an der Bereitschaft aller Nichteingesperrten, die Kämpfe der Gefangenen zu unterstützen" (Auszug aus dem Redebeitrag, komplett hier zu lesen).
Die Gruppe Kiralina berichtete über die desolate Lage von Frauen in US Knästen und schlug den Bogen zu den Berliner Verhältnissen, in denen Gefangene seit den jüngsten Justizvollzugsänderungen ebenfalls schlechter gestellt wurden (demnächst hier zu lesen).
In einem weiteren Beitrag ging FREE MUMIA Berlin auf Langzeitgefangenschaft, Alter und Gesundheit im Knast ein. Nicht erst seit der verweigerten medizinischen Hilfe gegen Hepatitis-C für Mumia ist deutlich, dass die Gesundheitsversorgung ein weiterer Aspekt der gewinnorientierten Gefängnisindustrie ist: "Konzerne wie z.B. Corizon verdienen Milliarden daran, staatliche Gelder zu kassieren und möglichst wenig Leistung dafür an Gefangene weiter zu geben. Gefängnisbehörden und Gesetzgeber*innen in den Bundesstaaten unterstützen dies durch Richtlinien, die Gefangenen manchmal erst auf dem Totenbett dringend benötigte Medizin zuerkennt, was vorher wg. hoher Kosten meist verweigert wird" (Auszug aus dem Redebeitrag, komplett hier zu lesen). Und weiter: "Öffentlichkeit und Druck auf Behörden und Konzerne haben sich bereits im Kampf gegen die Todesstrafe in den USA als die wichtigsten Mittel zur Unterstützung kämpfender Gefangenen erwiesen. Weitere Bereiche für Protest sind Gesetzgebung und Justiz, die noch immer Gebrauch von drakonisch langen Strafen bei vergleichsweise bagatellisierten Vergehen machen. Die Frage von Reform oder Befreiung ist eine, die sich nur mit der konsequenten Unterstützung der einzelnen Gefangenenkämpfe entscheidet." In Pennsylvania sind neben Mumia über 6000 Gefangene an Hepatitis-C erkrankt und werden bisher ohne medizinische Hilfe langsam zu Tode gefoltert. Ermutigend in diesem Zusammenhang sind Meldungen vom 28. Oktober 2016 aus der Millionenmetropole Philadelphia, nach denen das städtische Parlament aufgrund anhaltender Proteste Pennsylvanias Gouverneur Tom Wolf aufgefordert hat, sofort die Gesundheitsversorgung aller Gefangener im Bundesstaat herzustellen.
Gülaferit Ünsal, politische Gefangene im Berliner Frauengefängnis JVA Lichtenberg richtete ein Grußwort an die streikenden Gefangenen in den USA, was vor der US Botschaft verlesen wurde: "Die Gefängnisse in den USA bilden einen wichtigen Sektor innerhalb der kapitalistischen Ausbeutung. Das Zusammentreffen von massiver Isolation sowie harten und langen Haftstrafen mit der Zwangsarbeit hat die Gefangenen zu Sklaven des 21. Jahrhunderts werden lassen" (Auszug aus der Grußbotschaft, komplett hier zu lesen). Außerdem verglich sie die Haftbedingungen in den USA mit denen in der Türkei, die sie in der Vergangenheit bereits selbst überlebt hat.
Der Kundgebungsvorbereitungskreis hatte im Aufruf zur Kundgebung auch die sofortige Freilassung der Berliner Gefangenen Aaron und Balu gefordert. Die Unterstützungsgruppe von Aaron und Balu berichtete über den Stand der Verfahren von beiden Gefangenen - Balu ist seit kurzem mit Kaution von der Untersuchungshaft verschont - und über die bisherigen Prozesstage, die von willkürlicher Einschüchterung der Öffentlichkeit durch Polizei und Staatsschutz, einer Vorverurteilung der Beschuldigten aber auch der anhaltenden Solidariät von vielen Berliner*innen geprägt ist. Es folgte der Aufruf, die weiteren Prozesstage im November 2016 zu besuchen und den Gefangenen zur Seite zu stehen.
Zwischen 16. - 18. November 2016 wird US Präsident Obama auf Staatsbesuch in Berlin verweilen. Gerade erst hat seine Regierung umfangreiche neue Verträge mit der größen Lobbyorganisation der Gefängnisindustrie, der Correction Corporation of America (CCA) ausgehandelt. Obama ist derjenige, der Leonard Peltier mit nur einer Unterschrift sofort freilassen könnte - nach den Wahlen am 8. November sogar ohne jeden politischen Schaden für seine eigene Klientel. Wir sind gespannt, ob die Berliner Öffentlichkeit ihn daran erinnern wird.
FREE THEM ALL!
http://freethemallberlin.blogsport.de
Veranstaltungen
Sa. 5. November 2016 – Nürnberg – K4, Linke Literaturmesse 21:00 Uhr - Galsbau
Buchvorstellung „Ein Leben für die Freiheit. Leonard Peltier und der indianische Widerstand“
K4 – Königsstr. 93, 90402 Nürnberg
Do. 1. Dezember 2016 - Berlin - Mehringhof
Buchvorstellung „Ein Leben für die Freiheit. Leonard Peltier und der indianische Widerstand“
Uhrzeit und weitere Details bald hier
Terminänderung
Mi 30. November 2016 – Berlin – Mehringhof 19:00
Buchvorstellung „Ein Leben für die Freiheit – Leonard Peltier und der Indianische Widerstand“ (2016, Traumfänger Verlag, ISBN 978-3-941485-49-5) und Live-Musik von und mit dem Autoren Michael Koch
Mehringhof
Gneisenaustr. 2a
10961 Berlin-Kreuzberg
(U6/7-Mehringdamm)
weitere Redebeiträge von der Kundgeung
Grusswort von Leonard Peltier
Redebeitrag: Freiheit für Leonard Peltier!
Redebeitrag zur Situation in Standing Rock und den Protesten gegen die Dakota Access Oil Pipeline
Radio Aktiv - Sondersendung FREE THEM ALL!
Podcast hier
Kurz vor den US Präsidentschaftswahlen fand in Berlin eine Kundgebung vor der US Botschaft statt, um Solidarität mit den kämpfenden Gefangenen in den USA sowie dem indigenen Widerstand gegen Umweltzerstörung in Standing Rock, Dakota auszudrücken. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Forderung nach sofortiger Freilassung des indigenen Aktivisten Leonard Pelter, der seit 1975 in Haft ist, ohne das es Beweise für den ihm vorgeworfenen Tod zweier FBI Beamten gäbe. Der scheidende Präsident Obama kann dies mit einer Unterschrift veranlassen, woran er sicherlich auch bei seinem Berlin Besuch Mitte November 2016 erinnert werden wird.
Wir hören Aufnahmen von dieser Kundgebung: Redebeiträge, Live-Musik und Atmosphäre
Solidarität in FFM
Do, 17. November 2016, Frankfurt Am Main, US-Generalkonsulat 18-19:00 Uhr
Kundgebung: Freiheit für Mumia Abu-Jamal, Leonard Peltier und alle politischen Gefangenen
Gießener Str. gegenüber des US-Generalkonsulates, U-5-Gießener Straße
Sa, 19. November 2016 - Frankfurt Am Main 14 - 19:00 Uhr - Hauptwache,
Infotisch, ab ca. 16:00 Uhr Beamershow (bei regenfreiem Wetter) über kämpfende Gefangene in den USA
An der Hauptwache - 60312 Frankfurt Am Main - U/S-Hauptwache
Interview: Leonard Peltier, Obama und der indigene Widerstand in
(Radio Aktiv Berlin) Leonard Peltier, Obama und der indigene Widerstand in den USA
https://www.freie-radios.net/79862
Der politische Gefangene Leonard Peltier ist ein indigener Aktivist, der bereits seit 1976 in den USA in Haft ist. Bei den derzeitigen Auseinandersetzungen um die Access Pipe Line (Black Snake) in Standing Rock, Nord Dakota fordern Tausende von indigenen Umweltschützer*innen seine Freilassung. Wer ist Leonard Peltier und was ist seine besondere Beziehung zum scheidenen US Präsidenten Obama, der kommende Woche (16. - 18. November) Berlin besucht?
Auf der 21. Linken Literaturmesse in Nürnberg hatten wir am vergangenen Wochenende die Gelegenheit, diese Fragen an Michael Schiffmann, einen der beiden Autoren des Buches "Ein Leben für die Freiheit - Leonard Peltier und der Indianische Widerstand" (2016, Traumfänger Verlag, ISBN 978-3-941485-49-5) zu stellen.
Podcast hier
oder am Mittwoch, 9.11.2016 in Berlin im Pi-Radio-Verbund (88,4 FM) um 16 Uhr