Gegen Rassismus richtete sich am Sonnabend eine Demo im Westen der Stadt. Erhebliche Verkehrsstörungen, gerade im Busverkehr, waren die Folge.
von Bodo Straub
und
Felix Hackenbruch
10.000 Menschen waren angemeldet, und es sind auch einige gekommen: Um 15 Uhr startete der "Aufstehen-gegen-Rassismus"-Zug durch die City West, laut Polizei mit 2500, laut Veranstalter mit 6000 Teilnehmern. Bis zur Ankunft am Lützowplatz gegen 17 Uhr blieb die Demo weitgehend friedlich - abgesehen von etwas bunter Pyrotechnik und einigen übersprühten Wahlplakaten, sagte Polizeisprecher Winfrid Wenzel.
Bei der AfD-Bundeszentrale gab es ein lautes Pfeifkonzert, zudem wurde aus leeren Umzugskartons eine "rote Mauer gegen Rassismus" errichtet. Ansonsten war der Zug mit Gesang, Trommeln und bunten Plakaten durch die City West gezogen.
Uwe Hingsch, Demoleiter von den Deutschen Naturfreunden, die den Zug angemeldet hatten, zeigte sich sehr zufrieden: "Wir haben heute deutlich gemacht, dass wir die AfD nicht in Berlin haben wollen und für eine weltoffene Stadt stehen."
Unter den irritierten Blicken von Touristen und Boutique-Mitarbeitern war der bunte Protestzug zuvor auf dem Kurfürstendamm unterwegs. In der ersten Reihe dabei: Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland. "Wir zeigen heute Zivilcourage und verleihen unserer Irritation Ausdruck, dass Politik gegen Minderheiten gemacht wird", sagte er dem Tagesspiegel. Gemeint ist damit die AfD, deren Vorsitzende Frauke Petry Mazyek vor einigen Monaten getroffen hatte. Von den anderen Parteien forderte er einen anderen Umgang mit den Rechtspopulisten: "Das Konzept kopieren oder ignorieren funktioniert nicht. Vor allem die konservativen Parteien müssen eine echte Auseinandersetzung mit der AfD führen."
Ziel ist eine solidarische Politik
Angemeldet hatten die Naturfreunde Deutschland die Demo. Sie ist aber Teil eines bundesweiten Aufrufs, der sich einen Tag vor den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und zwei Wochen vor den Berlin-Wahlen, für eine solidarischere Politik stark macht. "Wir wollen verhindern, dass Rassistinnen und Rassisten weiteren Raum für ihre Hetze bekommen. Wir wollen nicht zulassen, dass die AfD mit ihrem extrem rechten Programm weiter an Einfluss gewinnt," heißt es in dem Aufruf. Bei der Demo dabei waren auch Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Linke) sowie der Berliner Linken-Chef Klaus Lederer. Auch die Flaggen der SPD und der Piratenpartei waren zu sehen. Die Blockupy-Bewegung war nach ihren Protestaktionen am Freitag ebenfalls wieder am Start.
Um 14 Uhr trafen sich die Demo-Teilnehmer auf dem Adenauerplatz, nach einigen Redebeiträgen ging es dann los - über Kurfürstendamm, Schlüterstraße, Kantstraße, Savignyplatz, Knesebeckstraße, Goethestraße, Steinplatz, Uhlandstraße, Kantstraße, Budapester Straße, Nürnberger Straße, Tauentzienstraße, Wittenbergplatz, Kleiststraße, an der Urania, Schillstraße bis hin zum Lützowplatz. Dort gab es wieder Redebeiträge von linken Parteien und Initiativen sowie ein Konzert. Zahlreiche Buslinien waren unterbrochen.
Die Polizei war mit einem Großaufgebot von rund 1100 Einsatzkräften vor Ort und führt strenge Taschenkontrollen durch. Der Kurfürstendamm wurde zeitweilig zwischen der Wilmersdorfer Straße und der Leibnizstraße gesperrt.
Blockupy nimmt an Demo teil
"Wir beteiligen uns an der Demonstration mit einem eigenen Block", sagte Blockupy-Sprecherin Hannah Eberle dem Tagesspiegel. Darüber hinaus wolle man heute aber keine weiteren Aktionen durchführen, so Eberle. Gestern hatten das antikapitalistische Bündnis mit dezentralen Protesten - unter anderem hatte man versucht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu blockieren - rund 1100 Polizisten auf Trab gehalten.
Behinderungen auch für BVG-Gäste
Geduld brauchten aber nicht nur Autofahrer. Auch bei der BVG kam es zu Behinderungen und Umleitungen. Betroffen waren die Buslinien 100, 101, 106, 109, 110, 187, 200, 204, 249, M29, M46, M49 sowie X10 und X34.
Schön war's
Ein ganzer Tag bzw. ein Wochenende voller Aktionen - man konnte gar nicht überall sein. Und so vielfältig, was Aktionsformen und Aktionsinhalte angeht. Für jede*n was dabei.
Viele nette Leute in der Stadt. Einige bekannte Gesichter wieder gesehen und gute Gespräche geführt. Das war bereichend und hat Spaß gemacht. Aufbauend in diesen Zeiten. Insofern Dank an Blockupy. Kommt bald wieder!
Das habe ich in Berlin schon länger nicht mehr erlebt.