Die Partei erhält auch in Berlin Unterstützung durch einen dubiosen Verein. Derweil kommen der AfD massenweise Flyer abhanden.
BERLIN taz | Es sind düstere Plakate, die seit einigen Tagen in den Straßen auftauchen. Auf einem hält sich eine verängstigte Frau die Hände vor den Mund, während hinter ihr ein vermeintlicher Einbrecher lauert – dazu der Spruch: „Mehr Schutz für Familie und Eigentum!“ Andere Großflächen ziert auf schwarzem Hintergrund die Parole: „Damit Deutschland nicht zerstört wird!“ Der Absender der Botschaften scheint klar: „Jetzt AfD wählen“ steht auf beiden. Doch wer die Partei fragt, erfährt: Die Plakate stammen nicht von ihr.
Genau dasselbe gilt für eine zehnseitige Zeitung, die seit Wochenbeginn an Berliner Haushalte verteilt wird. Das „Extrablatt für die Wahl zum Abgeordnetenhaus“ macht auf den ersten, oberflächlichen Blick einen parteiunabhängigen Eindruck: Gelb als Farbe dominiert, nicht AfD-Blau, Parteilogos fehlen.
Deutlich ist dagegen der Inhalt. Thematisch bespielt wird die ganze Klaviatur der AfD-Aufreger: Hetze gegen „Masseneinwanderung“ oder den „Sex-Mob in Schwimmbädern“, Klagen über das vermeintlich vernachlässigte deutsche Volk. Um Berlin geht es nur in einem Text über AfD-Spitzenkandidat Georg Pazderski.
Herausgegeben wird das Blatt von einem „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten“ mit Sitz in Stuttgart. Dieser hatte schon im Frühjahr in die Landtagswahlkämpfe in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz interveniert und bringt das Blatt derzeit auch in Mecklenburg-Vorpommern in Umlauf.
Befragt man die AfD zu ihrer Verbindung mit dem Verein, erfährt man stets dasselbe. Ob der Vertrieb der Zeitung mit der AfD abgestimmt war, ob es Kontakte zu den Machern gab, ob sie etwas von den Plakaten wussten? „Nein“ – „Nein“ – „Nein“, heißt es dazu von Berlins AfD-Sprecher Ronald Gläser.
Freudentänzchen bei der AfD
Auch auf Nachfrage gibt sich Gläser wortkarg, sagt lediglich: „Wir freuen uns über jede Unterstützung.“ Doch vermutlich übt man sich in Freudentänzchen. Von Wedding bis Kreuzberg quillt die Zeitung aus den Briefkästen, „An alle Haushalte“ steht auf der Titelseite. Die Auflage dürfte in sechsstelliger Höhe liegen – davon können andere Parteien nur träumen.
Bei wem sich die AfD bedanken kann, hat zuletzt die FAZ versucht zu recherchieren. Nachdem eine Zeit lang der Verleger und AfD-Politiker Josef Konrad verantwortlich war, weist das Impressum der Vereinswebsite nun Michael Paulwitz aus, bis vor Kurzem Mitglied der Republikaner. Doch woher all das Geld stammt: ob, wie von der Bild behauptet, von zwölf anonymen Millionären, ist ungewiss.
Für die Berliner AfD heißt es derweil: Die einen geben, die anderen nehmen. Einen Verlust von 225.000 Wahlflyern meldete die Partei am Mittwoch – geklaut aus einer Berliner Druckerei. Außer den 3,6 Tonnen Materialien soll nichts weggekommen sein. Die Partei beklagt 11.000 Euro Schaden; und Pazderski äußerten sich besorgt über den Zustand der Demokratie.
Papiermüllentsorgung
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