Wahlkampfunterstützung für die AfD - Die einen geben, andere nehmen

Erstveröffentlicht: 
31.08.2016

Die Partei erhält auch in Berlin Unterstützung durch einen dubiosen Verein. Derweil kommen der AfD massenweise Flyer abhanden.

 

BERLIN taz | Es sind düstere Plakate, die seit einigen Tagen in den Straßen auftauchen. Auf einem hält sich eine verängstigte Frau die Hände vor den Mund, während hinter ihr ein vermeintlicher Einbrecher lauert – dazu der Spruch: „Mehr Schutz für Familie und Eigentum!“ Andere Großflächen ziert auf schwarzem Hintergrund die Parole: „Damit Deutschland nicht zerstört wird!“ Der Absender der Botschaften scheint klar: „Jetzt AfD wählen“ steht auf beiden. Doch wer die Partei fragt, erfährt: Die Plakate stammen nicht von ihr.

Genau dasselbe gilt für eine zehnseitige Zeitung, die seit Wochenbeginn an Berliner Haushalte verteilt wird. Das „Extrablatt für die Wahl zum Abgeordnetenhaus“ macht auf den ersten, oberflächlichen Blick einen parteiunabhängigen Eindruck: Gelb als Farbe dominiert, nicht AfD-Blau, Parteilogos fehlen.

Deutlich ist dagegen der Inhalt. Thematisch bespielt wird die ganze Klaviatur der AfD-Aufreger: Hetze gegen „Masseneinwanderung“ oder den „Sex-Mob in Schwimmbädern“, Klagen über das vermeintlich vernachlässigte deutsche Volk. Um Berlin geht es nur in einem Text über AfD-Spitzenkandidat Georg Pazderski.

Herausgegeben wird das Blatt von einem „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten“ mit Sitz in Stuttgart. Dieser hatte schon im Frühjahr in die Landtagswahlkämpfe in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz interveniert und bringt das Blatt derzeit auch in Mecklenburg-Vorpommern in Umlauf.

Befragt man die AfD zu ihrer Verbindung mit dem Verein, erfährt man stets dasselbe. Ob der Vertrieb der Zeitung mit der AfD abgestimmt war, ob es Kontakte zu den Machern gab, ob sie etwas von den Plakaten wussten? „Nein“ – „Nein“ – „Nein“, heißt es dazu von Berlins AfD-Sprecher Ronald Gläser.


Freudentänzchen bei der AfD

Auch auf Nachfrage gibt sich Gläser wortkarg, sagt lediglich: „Wir freuen uns über jede Unterstützung.“ Doch vermutlich übt man sich in Freudentänzchen. Von Wedding bis Kreuzberg quillt die Zeitung aus den Briefkästen, „An alle Haushalte“ steht auf der Titelseite. Die Auflage dürfte in sechsstelliger Höhe liegen – davon können andere Parteien nur träumen.

Bei wem sich die AfD bedanken kann, hat zuletzt die FAZ versucht zu recherchieren. Nachdem eine Zeit lang der Verleger und AfD-Politiker Josef Konrad verantwortlich war, weist das Impressum der Vereinswebsite nun Michael Paulwitz aus, bis vor Kurzem Mitglied der Republikaner. Doch woher all das Geld stammt: ob, wie von der Bild behauptet, von zwölf anonymen Millionären, ist ungewiss.

Für die Berliner AfD heißt es derweil: Die einen geben, die anderen nehmen. Einen Verlust von 225.000 Wahlflyern meldete die Partei am Mittwoch – geklaut aus einer Berliner Druckerei. Außer den 3,6 Tonnen Materialien soll nichts weggekommen sein. Die Partei beklagt 11.000 Euro Schaden; und Pazderski äußerten sich besorgt über den Zustand der Demokratie.

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AfD-Berlin am 30. August auf Facebook:

Pazderski: Organisierter Diebstahl um den Wahlkampf der AfD Berlin lahmzulegen

 

In der vergangenen Nacht wurde in die für die AfD Berlin tätige Druckerei eingebrochen. Dabei wurden 225.000 Wahlflyer entwendet. Das entspricht einem Verkaufswert von 11.000 €, einem Gewicht von 3,6 Tonnen.

 

Der Vorsitzende des Landesverbandes Berlin der AfD Georg Pazderski dazu:

"Die Tatsache, dass außer den besagten Wahlflyern keine weiteren Gegenstände geraubt wurden, lassen auf einen politischen Hintergrund der Tat schließen. Des weiteren muss eine Tat dieser Größenordnung sorgfältig geplant und vorbereitet worden sein. Woran man erkennen kann, mit welcher kriminellen Energie die Feinde von Meinungsfreiheit und politischer Pluralität ans Werk gehen. Die Behinderung durch kriminelle Machenschaften dieser Art ist nur ein Beispiel von vielen, die unsere Wahlkämpfer behindern. Wir werden das nicht tolerieren und jeden einzelnen Fall zur Anzeige bringen. Auch dieser Anschlag offenbart, wie wenig unsere Gegner an einem demokratischen Streit interessiert sind. Am heutigen Tag sieht man einmal mehr wie dringend wir gebraucht werden."