Am Montag, den 25. Juli, besetzte eine Gruppe Erwerbsloser das Jobcenter in Berlin Mitte. Nun gibt es ein tolles Video von Leftvision (mit Untertitel dt./engl) zu der Aktion. Danke nochmal an alle Beteiligten und wir sehen uns beim nächsten Mal.
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Danke
Danke
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Danke für die tolle Aktion und Danke dafür, dass ihr sie festgehalten habt - es macht Mut, wenn sich Menschen wehren.
Bericht der Aktion
Ein Bericht -- have you ever squatted a jobcenter...
Für unser Recht auf Wohnen
Die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist bekanntermaßen äußerst angespannt, selbst halbwegs gut Verdienende haben große Schwierigkeiten ein Dach über dem Kopf zu finden. Für Hartz-IV-EmpfängerInnen zeigt sich die Lage angesichts der völlig unrealistischen Vorgaben der JobCenter für „angemessene Kosten der Unterkunft“ nahezu aussichtslos.
Die letzten Hoffnungen als Hartz-IV-BezieherIn doch noch zu einer Wohnung zu kommen, werden häufig von den JobCentern zu Nichte gemacht. Wer entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch eine Wohnung angeboten bekommt, muss beim JobCenter eine Umzugsgenehmigung beantragen. Dies geht nur mit Termin. Bis das JobCenter sich dann endlich mit unserem Antrag befasst und entscheidet ist die Wohnung längst weg.
Ein Missstand, der sich durch alle JobCenter Berlins zieht.
Das Jobcenter Mitte - Akteur der Verdrängung
Das JobCenter in der Müllerstrasse in Wedding hat sich zusätzlich noch eine ganz besondere Sparmaßnahme ausgedacht. Mietkautionen bei Untermietverträgen werden gegen jedes Recht grundsätzlich nicht übernommen. Mehrere SachbearbeiterInnen haben uns übereinstimmend darauf hingewiesen, dass es hierzu eine „interne Dienstanweisung“ gibt.Wir haben dem JobCenter Müllerstrasse mehrere Briefe geschickt mit der Bitte um Stellungnahme, vor allem aber mit der Forderung nach Abschaffung dieser rechtswidrigen Schikane. Eine Antwort haben wir nie erhalten.
Das Warten hat ein Ende
Am Montag dem 28. Juli reicht es uns. Mit etwa 40 Menschen und bewaffnet mit Transparenten, Kaffee und Kuchen besetzen wir die Eingangszone des JobCenters. Allem Anschein nach sind wir nicht willkommen. Die Polizei verleiht binnen einer viertel Stunde unserer Aktion mehr Masse und das Personal des JobCenters lässt sich zu ungeahnten Serviceleistungen hinreissen. Um uns von den Wartenden zu trennen, werden heute die Wartemarken für neu Ankommende zuvorkommend von der Security gezogen.
Ein Versuch, der im Gewimmel der Eingangszone nur scheitern kann. Während der eineinhalb Stunden Besetzung kommen wir mit vielen LeistungsbezieherInnen ins Gespräch, führen Beratungen durch, helfen beim Ausfüllen von Anträgen … Zwei wartende Frauen berichten spontan Publikum und Presse von ihren eigenen Schwierigkeiten in Sachen JobCenter und Genehmigung zum Umzug.
Die fehlende Willkommenskultur beschränkt sich offensichtlich auf die Vertreter des JobCenters, ansonsten sind wir hier genau richtig und fühlen uns mit interessanten Gesprächen und Kaffee und Kuchen wie zu Hause.
Wir sind nicht hier um zu Reden!
Und irgendwann, nach mehreren Aufforderungen der Polizei das Haus zu verlassen, widmet dann doch noch Frau Klatt, als etwas höherrangige Vertreterin des JobCenters uns ihre wertvolle Zeit. Nein, sprechen möchte sie mit uns nicht, hier wäre überhaupt nicht der Rahmen dafür. Zu laut, wir stören den Betrieb, die ganze Atmosphäre! In anderem Rahmen jedoch gerne. Mit Termin, ein oder zwei VertreterInnen von uns. Eventuell sogar mit Herrn Müller, dem Leiter des JobCenters.
Wir widerstehen der Versuchung uns von dieser Ehre geschmeichelt zu fühlen.
Die Praxis des JobCenters sehen wir nicht als unsere Privatangelegenheit, an einem netten Plausch mit Herrn Müller hinter verschlossenen Türen haben wir kein Interesse.
Eine Stellungnahme zu unseren zwei Forderungen – Genehmigungen zum Umzug am gleichen Tag und Übernahme der Mietkaution auch bei Untermietverträgen – kann öffentlich und knapp auch hier und jetzt erfolgen.
Frau Klatt sieht das unverändert anders und besteht auf einem ihrer Meinung nach „angemessenen Gesprächsrahmen“.
Wir kommen wieder...
Zu unserer geforderten Stellungnahme kommen wir dann indirekt doch noch. Das JobCenter äußert sich in einer Pressemitteilung. Laut „Tagesspiegel“ betrachtet das JobCenter unsere Vorwürfe als haltlos. Antragsteller mit einem Wohnungsangebot würden als Sofortfälle behandelt, wenn nicht binnen 3 Tagen ein Termin vergeben werden könne. Auf das Thema „interne Dienstanweisung“ zu Mietkautionen bei Untermietverträgen geht das JobCenter in der Pressemitteilung nicht direkt ein, sondern verweist hierzu auf SGB II und XII.
Wir fordern nach wie vor, dass Genehmigungen zum Umzug noch am gleichen Tag bearbeitet werden müssen.
Und an SGB II und XII in Sachen Mietkaution werden wir die Mitarbeiter des JobCenters Müllerstrasse beim nächsten Anlass gerne erinnern.
Die Behandlungsweise in den JobCentern interessiert uns nach wie vor brennend. Deshalb sind wir sind auch jederzeit gesprächsbereit. Zum Beispiel im Rahmen einer öffentlichen Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung. Kuscheln auf dem Sofa halten jedoch wiederum wir nicht für den richtigen Rahmen für ein solches Gespräch.