In der Nacht vom 6. zum 7. März besetzten etwa 100 Freiraum-Aktivist_innen für einige Stunden ein Haus in der Günterstalstraße, das seit rund drei Jahren leer steht. Mit der Besetzung wurde auf Leerstand und die prekäre Wohnungssituation hingewiesen und Freiräume für nonkommerzielle Nutzung gefordert. Dies fand im Rahmen einer Party statt, die den Auftakt zur Freiraumkampagne "Plätze. Häuser. Alles." bildet.
Gegen 22:00 Uhr wurden Nachbar_innen und Passant_innen durch an der Fassade angebrachte Transparente auf die laufende Aktion aufmerksam gemacht. Während im Haus eine Live-Band und ein DJ für tanzbare Musik sorgten, konnten sich die Menschen im Innenhof an einer Feuertonne wärmen. Weitere Räume konnten zur individuellen Gestaltung des Abends genutzt werden. Es kam zu keiner Konfrontation mit der Polizei.
Dieses Haus ist kein Einzelfall. Derzeit stehen in Freiburg rund 900 Wohnungen leer, gleichzeitig müssen Freiburger Mieter_innen durchschnittlich 44% ihres Einkommens für ihre Wohnungen aufbringen. Diese Missstände liegen im Kapitalismus begründet. Im Kapitalismus werden Dinge als Ware gehandelt, die durch den Vergleich am Markt einen Wert erhalten. Da die Häuser eine Ware auf dem Immobilienmarkt darstellen, werden sie zum Zweck der Gewinnmaximierung gehandelt. So kommt es, dass nicht der eigentliche Nutzen der Häuser – nämlich die Möglichkeit, darin zu wohnen, zu arbeiten und zu leben – ihren Zweck bestimmen, sondern ihr jeweiliger Wert auf dem Markt. Leerstand und speziell die Spekulation mit diesem, sowie Sanierung, Abriss und/oder Verkauf sind für die Eigentümer_innen profitabler.
Die Freiraumkampagne "Plätze. Häuser. Alles." will Orte und Räume schaffen, in denen Menschen alternative Lebensformen ausprobieren und herrschende Verhältnisse offenlegen und kritisieren können. "Wir kämpfen für eine Welt, in der viele Welten möglich sind!" (Lola, Freiraumaktivistin). Dafür sollen Umsonst- Netzwerke aufgebaut werden, die ein engagiertes Leben ohne Lohnarbeit möglich machen. Räume zum Wohnen und politischen Arbeiten, zum Ideen spinnen und Utopien ausprobieren, Diskussions- und Inforäume, selbstorganisierte Cafés, Wagenplätze und Kneipen sollen Teil dieser kollektiven, selbstverwalteten Projekte sein.
Schönes Zitat
Schönes, wenn auch gekürztes, Zitat am Ende des Flyers. Vollständig lautet der Satz:
"Eine Gesellschaft, in der die bewaffnete Staatsmacht dafür sorgt, dass ein Haus seinen menschlichen Zweck nicht erfüllt, ist offenkundig verrückt, und sobald die Proletarisierten im Bild dieses Polizisten das Wesen der Gesellschaft erkennen, könnte die Geschichte eine unerwartete Wendung nehmen". Entnommen den "Thesen zur Krise" der "Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft", erschienen in Kosmoprolet #2.
www.kosmoprolet.tk
zwei (!) Hausbesichtigungen
Nicht nur am 18.12.2008 (siehe oben) wurde die Günter 30 besichtigt. Auch am 10.05.2009 wurde das Haus erneut besichhtigt. Damals wollte die Dr. Stange + Co. Nachf. GmbH das Haus abreisen, um es neuer, toller und teurer wieder aufzubauen. Scheinbar ist der damalige Plan von der Wirklichkeit überholt worden. Wenn das Haus nicht abgerissen wird, sehen wir uns dann 2011 in unserem neuen Infoladen mit Café, ansonsten überlassen wir den freiwerdenden Platz unseren GenossInnen im Wagen.
"Plätze. Häuser. Alles."
Die BZ berichtet
Badische Zeitung: Hin und Her um zwei leere Wohnungen