Social Center 4 all in Berlin. Bericht von der Konferenz und der Aneignung eines Gebäudes

Social Center for All

Unter dem Motto „Social Center selber machen“ lud am Samstag, 5. März die Berliner Sektion der „bundesweiten Bewegung »Social Center 4 All« (sc4a), die der alternativen Szene angehört“ (Zitat: dpa) zu einer Konferenz in die Kreuzberger Mehringhöfe. → Hier ist die Einladung zu finden 

 

Nach den zahlreichen Besetzungen und Besetzungsversuchen in Deutschland und anderen europäischen Ländern, wollten die veranstaltenden Gruppen gemeinsame Grundlagen für ein Social Center in Berlin entwickeln. Konkret: Ein von Geflüchteten und Unterstützer*innen selbstverwaltetes Soziales Zentrum, in dem sich alle auf Augenhöhe begegnen. Ausführlicher hat das Bündnis dies in einem Interview erklärt. Zahlreiche Gruppen waren an der Vorbereitung und Durchführung der Konferenz beteiligt. Antifaschistische und linksradikale Gruppen, stadtpolitische Initiativen für einen Mietenvolksentscheid, gegen Zwangsräumungen und für ein Berlin für alle, außerdem Jurist*innen, Bildungsträger, Hausprojekte, Hochschulinitiativen und Flüchtlingsselbstorganisationen.

 

Zu Beginn des Konferenztages gab es Berichte von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Besetzungen in Dresden, Hamburg, Berlin u.a. in den vergangenen Monaten und Jahren. In fünf Arbeitsgruppen wurde dann anhand von fünf Themen (Unterbringung, Bildung, Beratung, Partizipation & Organisation, Bedarf) konkret, was sich die etwa 150 Versammelten unter einem Social Center vorstellen bzw. welche Erwartungen und Ansprüche sie haben.

 

Dabei ging es um zahlreiche Aspekte: Den Abbau von Barrieren aller Art, Konfiktfähigkeit, das Miteinander der sehr verschieden organisierten Personen und Initiativen, Anerkennung und Respekt für Menschen, die sich einbringen wollen (und sich z.B. jenseits des linken Szenekodex bewegen), Awareness für Neuhinzugekommene, Vernetzung, Struktur von Plena und Formen der gemeinsamen Entscheidungsfindung.

 

Auf der Konferenz wurde auch gefragt, was jede*r einzelne*r möchte und wie er*sie sich selbst darin sieht. Ich stelle mir unter einem Social Center einen sozialen und politischen Ort der Kommunikation und des Austauschs vor, der es ermöglicht, seinen Alltag miteinander zu teilen, alle mit den notwendigen Informationen zu versorgen, an dem Beratung (Sozial-, Mietrechts-, Asyl-) und Unterstützung angeboten wird. Das Social Center soll ein offener Ort sein, offen für alle, die die grundlegenden Ziele des SC4A teilen. Ein solidarischer Ort, der auch Menschen integrieren kann, die helfen wollen und – nur ein Beispiel: Kinderbetreuung anbieten können. Ein Ort, an dem soziale und politische Aktivitäten gestartet werden und in der Aktion auch herrschende Regeln hinterfragt und durchbrochen werden, um der Politik der Lager und Abschiebungen etwas wirksames entgegenzusetzen. Ein Social Center kann etwas ganz neues schaffen, wo dann auch viel Neues entstehen und sich entwickeln wird. Das ist spannend.

 

Nach Ende der Workshops ging jede*r in einem Rundgang durch die anderen Workshops und erfuhr dort von der Moderation, was dort jeweils diskutiert wurde. Dann wurden die Ergebnisse zusammengetragen. Und es wurde eine Entscheidung getroffen: „Die Teilnehmer*innen sind sich einig, dass sie ein soziales Zentrum gestalten wollen. Den Raum dazu wollen sie sich selbst aneignen, um jenseits von staatlicher Willkür und Kontrolle aktiv zu sein.“

 

Das war eine gute, auch intensive Tagung, mit viel Engagement der Teilnehmenden und einem sehr solidarischen Umgang in den Diskussionen. Es war spürbar, dass die Anwesenden etwas wollen und dementsprechend vorgehen und sprechen. Die Konferenz hat richtig Lust gemacht auf mehr bzw. auf die Umsetzung eines SC4A, dem Ort, an dem wir uns alle wieder kontinuierlich begegnen und noch besser kennenlernen werden.

 

 

Spontanes Abendprogramm: „Wir haben uns einen Raum angeeignet“

 

Als der Tag scheinbar zu Ende ging, gab es noch eine Überraschung: Freund*innen eines SC4A hatten sich einen Raum in der Köpenicker Str. 36 angeeignet und luden spontan zu einer Party in und vor das Haus ein, um den Abend entspannt ausklingen zu lassen. Das mehrstöckige Haus steht in der Köpeniker Straße in unmittelbarer Nachbarschaft von ver.di Berlin-Brandenburg und dem Hausprojekt KØPI137. Das Gebäude war beeindruckend: Es hat unzählige Räume und eignet sich deshalb hervorragend für ein Soziales Zentrum. Keine Gruppe und Initiative hätte mehr Raummangel, so viel wäre hier umsetzbar!

 

Vor dem Haus gab es Musik aus einer Karre und etwa 70 bis 100 Menschen standen lange Zeit unbehelligt dort herum. Im Haus gab es auch gute Musik und eine Stroboskoplichtanlage (in den Farben von Blockupy!). Überall war ausgelassene und entspannte Stimmung.

 

Nach weit mehr als einer Stunde kam die Polizei mit mehreren Sixpacks angefahren und versperrten den Zugang zum Haus. Sie kamen aber nicht hinein und konnten Party und Plenum nicht stören. Nach nicht ganz unrealistischen Presseinformationen sollen wir zu dem Zeitpunkt knapp 40 Personen im Haus gewesen sein. Auf einem Plenum wurde über die Besitzverhältnisse und Pläne des leerstehenden Gebäudes informiert. Das am Spreeufer liegende Gebäude hat wiederholt den Besitzer gewechselt und soll perspektivisch abgerissen werden.

 

Es gab Kekse und Getränke und eine insgesamt vertraute und motivierende Stimmung, obwohl sich viele nicht näher kannten. So kamen wir miteinander ins Gespräch, lernten uns kennen und in aller Ruhe konnten sich alle das beeindruckte Gebäude mit viel, viel Platz anschauen – und auch die Gegenstände, die von der letzten Nutzung des Gebäudes durch Künstler*innen dort verblieben waren. Einzelnen Räume hatten einige schon Funktionen zugewiesen und überlegt, welche Wände man herausreißen kann, um notwendige große Räume zu schaffen. Es lagen Informationstexte zur rechtlichen Lage aus und auch die Ergebnisse der SC4A-Konferenz lagen vor. In einer Plenumspause wurde getanzt – auf mehreren Stockwerken. Von draußen hörte man von den Rangeleien mit den Ordnungshütern, aber auch, dass eine Kundgebung angemeldet und öffentlich dorthin mobilisiert wurde.

 

Zunächst hieß es, die Besitzerin will reinkommen, um zu sprechen. Da sie aber später doch nicht ohne Polizei verhandeln wollte und sie sich nicht einsichtig zeigte, aber zusagte, keine Anzeige zu erstatten, ging es kurz vor 22 Uhr nach draußen. Zusammen mit den Leuten vor dem Haus und auf der Kundgebung waren wir etwa 200 Leute. Das hätten ruhig auch ein paar mehr sein können. Aber ansonsten: Ein riesengroßes Lob an alle, es war alles so bereichernd, wirklich gut organisiert und hat große Lust auf mehr gemacht.

 

PS: Entschuldigung, wenn ich etwas vergessen habe oder nicht alles richtig verstanden oder mitbekommen habe. Es war ein so aufregender und ereignisreicher Tag, der schwer in Gänze zu erfassen und in Worte zu fassen ist.

 

Und es soll weitergehen: Für April ist ein weiteres offenes Treffen geplant, um Aktionsformen zu erproben. Es soll dabei um ungehorsame Aktionen zur Aneignung von Räumen gehen, an der sich alle beteiligen können. Ähnliche Überlegungen gibt es auch bei dem neuen Netzwerk „Berlin für alle“. Man darf gespannt sein, was in den nächsten Wochen in Monaten in Berlin noch alles passieren wird. Es wird Frühling und Sommer. Eine gute Zeit für eine Offensive unserer sozialen Kämpfe. In diesem Sinne: „Weg mit der Angst – Nehmen wir uns die Stadt!”

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Wenn ihr mit der gleichen Ernsthaftigkeit an eurem Plan einer Besetzung festhaltet, wird es wohl leider nichts. Es gibt genügend Partys, sogar unangemeldet in Räumen unklarer Besitzverhältnisse, dass sich für sowas kaum Begeisterung erzeugen lässt. Vergleicht man derartige Aktionen der letzten Monate, wirken sie jedesmal symbolischer und noch weniger Ernst gemeint. Da nützt auch die künstliche Euphorie auf euren Twitter Kanälen nichts. Noch mehr Szene die sich selbst bespaßt - noch weniger Bewegung.

An der Konferenz war ein nicht geringer Teil der in Berlin zu dem Thema arbeitenden Gruppen von Hilfsinitiativen über Großgruppen wie IL und RLB bis hin zu kleineren Zusammenhängen vertreten. Dass die Aktion symbolisch war und den ZWeck hatte, sich in Aktion auszutauschen, hat nie jemand bestritten. Gleichwohl arbeiten da viele Leute kontinuierlich an einem Thema, über Szene-Grenzen hinweg und überlegen wenigstens, wie man sich in Berlin was neues aneignen kann. "Selbst bespaßen" tun sich hauptsächlich so Kommentarspaltenhelden wie du, die meinen ihr anonymes Rumgepose bringt irgendwen weiter. Wie sieht denn deine Ernsthaftigkeit aus? Du und dein Kumpel Kalle erobern das Haus im selbstbebastelten Radpanzer und dann zieht ihr euch so Bänder um den leeren Kopf und knallt wie Rambo mit der MG durchs Fenster bis der Feind aufgibt, oder wie? Troll dich.

Dann kommuniziert das nach Außen! Die Leute in der Rangelei mit den Bullen draußen werden sich nun über ihre symbolischen Anzeigen freuen. Danke.

Ernsthaft besetzen oder bleiben lassen.

Uns sind weder Festnahmen noch Anzeigen von diesem Abend bekannt. Sollte es dennoch zu Repression gekommen sein oder noch kommen wendet euch bitte per Email an uns, damit wir uns gemeinsam über einen Umgang damit Gedanken machen können. Es wird sicher niemand alleingelassen!

PS: Toll wie du anderen vorschreibst was ihr Aktionslevel zu sein hat und das sie ein leeres Haus nicht betreten dürfen endet dies nicht in einer Besetzung.

Gruppen von Hilfsinitiativen über Großgruppen wie IL und RLB bis hin zu kleineren Zusammenhängen vertreten

Tolles Beispiel für Hierarchisierung. Die große IL (und RLB) wird explizit genannt und dann gibts da noch die niedlichen kleinen Zusammenhänge und Hilfsgruppen. Aber da hat ja schon das Einladungspapier für "Berlin für alle" klar gemacht, dass jetzt mal die Großgruppe kommen muss, um alles zu "bündeln" und "sichtbar" zu machen. Na danke. Mit dem Stil wird auf jeden Fall nichts mit einer gemeinsamen Praxis.

Ist natürlich rational völlig nachvollziehbar anhand eines anonymen Indykommentars sich ein Urteil über Inhalt der Konferenz, etwaigen Hierarchien vor Ort, sowie gemeinsamer Praxis (wie bspw. am selben Abend) zu bilden. Was genau dann "Berlin für alle" da explizit mit zu tun hat ist die nächste Frage.. aber andererseits weiss ich nicht warum ich dein verbittertes Rumgetrolle hier überhaupt beantworte. Komm doch rum zur nächsten SC4A Konferenz, dann kannst Du auch solidarisch deine Kritik äussern - auch wenn ich es nicht erwarte.

Ich war übrigens da, echt klasse Brötchen mit Sojaschnitzel gabs, gutes Konzept mit dem Rundgang, und eine Teilnahme echt unterschiedlicher Gruppen. Auch die Übersetzung war top organisiert. Ich habe auf der Konferenz auch keine Hierarchien wahrgenommen und fand die ganze Veranstaltung echt gut. Mein Kommentar war in keinster Weise auf Inhalt und Ablauf der Konferenz bezogen. Was ich aber kritisiere ist die in deinem Kommentar getroffene Wortwahl, die Großgruppen werden mit Namen genannt, der Rest zusammengefasst. Es geht mir allein um diese Darstellung und eine dahinter liegende Hierarchisierung von politischen Ansätzen, die wiederholt in öffentlichen Beiträgen, so z.B. auch im Einladungspapier für "Berlin für alle!" zum Ausdruck kommen. Ich bin halt Teil dieser "kleineren Zusammenhänge", die viel politische Arbeit außerhalb von Szene machen, aber sich z.B. im Papier von "Berlin für alle!" wieder mal sagen lassen müssen, dass das ja alles ganz nett sei, aber nun mal die richtigen Profis ran müssen und dem ganzen die sogenannte "Sichtbarkeit" zu geben. Darauf mit ein bißchen Polemik zu reagieren, geht manchmal nicht anders, scheiß Mechanismen des Internets. Aber das ganze wurde auch schon des öfteren solidarisch vor Ort geäußert.

..sonst könntest du ja vllt mal konkretisieren welche Hierarchien du da vor Ort so wahrgenommen hast. Dem online verfügbaren Programm kannst du entnehmen wer u.a. alles am Start war, ich bin gespannt auf deine Antwort (wenn ich denn auch keine erwarte).

Auch in Mannheim und Leipzig gab es an diesem Tag Besetzungen. In allen Städten lief alles so ab wie geplant. Auch in Leipzig hat man, wie mit der Stadt vereinbart, das Gebäude wieder verlassen. Man hat jeweils ein Zeichen gesetzt und signalisiert, dass "wir" einen selbstverwalteten Ort brauchen. Mir hat es gut gefallen, was die SC4A-Ini auf die Beine gestellt hat. Es lief alles prima, es gab eine Aneignung eines leerstehendes Gebäudes und das sind nicht nur Nadelstiche, die wahrgenommen werden und die Türen öffnen für mehr. Und wir konnten an diesem Tag selbst mitbestimmen und mitentscheiden, was wir tun. Das nenn ich wirkliche Demokratie. Ich danke den Organisatoren und den Menschen im Hintergrund, die diesen Tag und diesen Abend ermöglicht haben.

Video von der Besetzung

 

https://youtu.be/nuSIBtGNdzU

Guter Bericht. Draußen auf der Straße hats auch Spaß gemacht. Es war nur etwas kälter.

Die Konferenz war ein Lichtblick innerhalb einer sich neu orientierenden radikalen Linken in der Stadt. Immer wieder schimmerte durch, dass zunehmend mehr Gruppen/Aktive sich ernsthaft Gedanken machen, wir man sich praktisch den sozialen Konflikten gegenüber öffnen und die Szenebubble verlassen kann. Interessanterweise haben hier die sogenannenten "kleineren Zusammenhänge" mittlerweile einen Erfahrungs- und Wissensvorsprung gegenüber den Großgruppen, die mit einem Bein noch in der postautonomen Ära stehen. Aber das wird.

guter bericht?lichtblick? Wieso ist dieser bericht überhaupt anonym geschrieben? setzt doch gleich euren gruppennamen drunter anstand hier so ein zirkus zu veranstalten. das ganze medienapparat dazu hab ihr ja bereits.
aber mich würde was noch interessieren.nachdem ich diesen einladungsinterview gelesen hatte im nd (natürlich ohne ernsthaften selbskritik im bezug auf die vorherigen versuche)dachte dass ihr weningstens aus euren fehlern gelernt habt und solche sachen in zukunft weglassen würdet.der punkt ist ihr habt diesen super dollen party-in bestimmt vorher geplant.dazu ladet ihr leute zu einer diskussionsveranstaltung mit total offenem ende um dann zufällig bekannt zugeben das grade eine bezetzung läuft die ihr macht?ganz geschickt.und dann die begründung das haus zuverlassen.wieso seid ihr überhaupt rein.ihr wisst doch das es passieren kann.
ganz ehrlich gibt doch mal jetzt zu daß ihr eine satiregruppe seid.das würde mir es vielleicht vereinfachen das alles zu verstehen.

warum ist dein kommentar eigenltich anonym verfasst? warum steht da nicht IL drunter? vielleicht ja aus den selben gründen wie bei dem text oben...