WELT: Diskussionsbeitrag für AnarchistInnen

Folgender Text erschien in der Nummer 12 der Zeitschrift „Der Rebell. Organ der Anarchisten deutscher Sprache“ im Oktober 1885. Der Artikel ist heute ebenso aktuell wie damals, an der grundlegenden Problematik hat sich dabei nichts Wesentliches geändert. Aus diesem Grund möchten wir mit einer erneuten Veröffentlichung Diskussionen anstoßen. Schreibweise wie im Original.

 

Die Initiative


Unter diesem Titel enthält Nr. 11 des „Revolte“ (Anm.: Anarchistische Zeitung, erschien 1879 bis 1887; Genf/Paris) einen beherzigenswerthen Artikel, welcher auch uns veranlaßt, diesen Punkt einer eingehenden Erörterung zu unterziehen. Denn gerade die Initiative des Individuums ist die wichtigste Vorbedingung zur Realisierung der anarchistischen Idee. Der Anarchismus, welcher die Autorität in jeder Form negiert, setzt die Initiative der Individuen voraus, um ohne autoritäre Einflüsse die gesellschaftliche Harmonie zu ermöglichen. Solange die Individuen nicht Alles was sie für gut und nützlich halten aus eigenen Antriebe und auf die eigene Kraft vertrauend unternehmen und ausführen, sich auf Andere verlassen und warten bis sie von irgend einem Punkte aus dazu genöthigt werden, oder bis Andere für sie thun, solange werden sich auch Autoritäten mit allen ihren schlimmen Folgen erhalten und Neue werden sich bilden. Die Anarchie ist solange ein leeres Wort!

 

Leider gibt es bis heute nur noch sehr wenige, welche dies begriffen haben und danach handeln. Sehr richtig schreibt daher der „Revolte“:

„Was bisher die anarchistische Idee verhinderte ihre volle Wirkung (auf die Gesellschaft) hervorzubringen, ist: daß es noch nicht gelang, sich auch in der Praxis der Vorurtheile zu entledigen, welche man in der Theorie bekämpft, was zur Folge hat, daß man schafsmäßig in der neuen Organisation den alten Fehlern, längst überlebter Organisationen folgt. Man reklamiert sich die individuelle Freiheit, man proklamiert die freie Initiative des Individuums, und, wenn es gilt zu handeln, verläßt man sich auf diesen oder jenen von denen man gewohnt ist, sie handeln zu sehen ... Alles dies aus dem einfachen Grunde, weil die große Mehrzahl die anarchistische Idee nicht gründlich aufgefaßt hat“.

 

In der That ist dieser Vorwurf des „Revolte“ nicht nur den französischen Genossen gegenüber berechtigt, sondern für die große Mehrzahl Aller, welche sich Anarchisten nennen. Da gibt es Viele, welche den Anarchismus als eine platonische Idee auffassen und meinen, wenn sie sich irgend einer anarchistischen Organisation anschließen, Zeitungen halten, Beiträge leisten, haben sie alles gethan um echte und rechte Anarchisten zu sein. Gehören dieselben irgend welchen Organisationen an, so pflegen sie aus alter Gewohnheit und besonders aber aus Bequemlichkeit (um uns keines schärferen Ausdruckes zu bedienen) für die zu entwickelnde Thätigkeit fleißig Comitees und Commissionen zu wählen, welche Wahl in der Regel immer nur die Wenigen trifft, welche man gewohnt ist thätig zu sehen, oder man verläßt sich auch ohne Wahl auf diese Wenigen. Daher kommt es, daß trotz der verhältnismäßig ganz stattlichen Anzahl von Anarchisten, nur sowenig geschieht. Die Propaganda in Theorie und That ist im Verhältniß zu unserer Zahl kaum der Rede wert.

 

Diese Initiativlosigkeit hat nach zwei Seiten eine äußerst schlimme Wirkung. Erstens: gewöhnen sich die meisten Genossen immer mehr daran, bzw. kommen nicht aus der Gewohnheit, nur alles das als recht und gut anzuerkennen, was von einzelnen bestimmten Personen ausgeht, und zweitens: fallen diese einzelnen Personen mit der Zeit in einen gewissen Unfehlbarkeitsdusel, welcher der Anfang vom Autoritarismus ist. Kurz das führt trotz allen abwehren, zum Zentralismus. Sogar noch schlimmer, die Initiativlosigkeit der Masse bedingt den Zentralismus. Zentralismus kann nur da bestehen, wo Initiativlosigkeit herrscht, wie umgekehrt durch den Zentralismus die Initiativlosigkeit der Masse systematisch gepflegt wird.

Kommt es dann vor, daß von den einzelnen Personen, welche fast ausschließlich die Initiative ergreifen, Fehler gemacht werden, pflegt man auf diese Personen zu raisonnieren oder gar zu schimpfen, anstatt den Fehler in der eigenen Initiativlosigkeit zu suchen.

Würde es sich aber jeder Einzelne von uns ernstlich angelegen sein lassen, den alten Schlendrian abzustreifen, anstatt sich auf Andere zu verlassen um die Initiative für die zu entwickelnde Thätigkeit zu ergreifen, selbst denken und spekulieren, wie am besten unsere Idee befördert werden kann, und wenn ein realisierbares Projekt gefunden ist, wiederum selbst ans Werk gehen, sei es wenn möglich allein ohne daß Jemand Anderer davon weiß, oder wenn es allein nicht möglich ist, in Verbindung mit der nöthigen Hilfe, so könnte bereits heute schon eine zehnfach größere Thätigkeit entwickelt werden.

 

Die persönliche Initiative ist eine logische Pflicht für Jeden der auf die Bezeichung Anarchist Anspruch macht. Denn es genügt durchaus nicht, die autoritären Institutionen der Gesellschaft, welche die freie Bethätigung und Entwicklung des Individuums hindern, nur theoretisch zu bekämpfen, sondern um dieselben auch faktisch auszurotten, muß diese freie Bethätigung der Individuen auch ausgeübt werden, d.h.: jeder Einzelne, der nicht im Schlepptau einiger Leithammel gezogen werden will, muß überall und in allen Dingen seine eigene Kraft in selbständiger Weise zu verwerten bestrebt sein. Es mag sein, daß für den Anfang viele Fehler gemacht, viel Mangelhaftes gethan wird, aber das darf nicht entmuthigen; denn nur durch praktische Übung kann Tüchtigeres geleistet werden. Kritiken und Tadel, soweit dieselben sachlich berechtigt sind, sollen stets nur als Sporn dienen, Besseres zu leisten. Alle engherzigen Nörgeleien, welche zumeist von solchen Personen ausgehen, welche Alles was Andere thun in Koth zu ziehen suchen, ohne selbst jemals Besseres zu leisten, könnnen ruhig verachtet werden, denn solche Personen sehen Ales, selbst das Beste und Reinste, durch den schmutzigen Seelenspiegel ihres eigenen „Ichs“.

 

Es gibt aber ferner auch noch viele Anarchisten, welche in der besten Absicht der Sache, besonders der so sehnsüchtig erwarteten Revolution, zu dienen, eine gewissen Zentralisation der vorhandenen Kräfte in dem gegenwärtigen Kampfe als zweckmäßiger befürworten und infolgedessen auch der Meinung sind, es sei besser wenn Jeder nur das thue, worin er bereits praktische Thätigkeit besitzt, um, mit Rücksicht auf unsere verhältnißmässig kleine Anzahl, eine um so intensivere Kraftäußerung zu erzielen. Soviel diese Meinung den Schein der Richtigkeit für sich hat, ist sie dennoch ein Irrthum. Der Anarchismus besteht nicht nur, wie wir schon so oft betont, in einer so bald als möglichen und gründlichen Zertrümmerung der bestehenden Gesellschaftsorganisation, sondern in der Vernichtung alles dessen was die Menschheit irgendwie in ihrer freien Bewegung hindert oder hemmen kann. Die gewaltsame Zerstörung des Alten ist also nur Mittel zum Zweck. Um aber den Zweck zu erreichen ist es vor allen Dingen nothwendig, daß es überall, wo vorläufig die soziale Revolution zu schlagen ist, eine entsprechende Anzahl in jeder Beziehung selbstständiger Menschen (Anarchisten) gibt, welche imstande sind, klar und zielbewußt die Initiative für die zu treffenden Maßnahmen zu ergreifen. Diese Selbstständigkeit erlangt der Mensch jedoch nicht übernacht, dieselbe muß geübt und praktiziert werden und daß muß heute schon während des Kampfes bis zur allgemeinen Revolution geschehen. Sobald jedoch Jeder nur das thut, worin er bereits praktische Tüchtigkeit besitzt, so würden sich naturgemäß, die Individuen nur einseitig entwickeln und sich außer ihrer respektiven Spezialität in allen anderen Dingen im Schlepptau einiger Leithammel (Autoritäten) ziehen lassen. Das anarchistische Ideal wäre abermals in eine unabsehbare Ferne gerückt und zwar durch unsere eigene Schuld.

 

Wenn die Revolutions-Pfaffen und Sozialdemagogen die revolutionäre Kraft des Proletariats zu zentralisieren suchen, dabei auch nie vergessen sich selbst an die Spitze der Zentralen zu bringen, so ist dies sehr natürlich, da diese Leute die Revolution nicht der Befreiung der Völker wegen anstreben, sondern um sich durch die Revolution der Herrschaft über die Völker zu bemächtigen. Die sozialen Versprechungen, welche sie dem Volke machen, gehören zum Geschäft wie die Reklame des Kaufmanns, oder die ewige Seeligkeit der Religionspfaffen. Autonomie und Selbstständigkeit der Individuen ist für sie ein Gräuel, „Hirngespinst“, „Utopie“ u.s.w.; denn damit wird jede Herrschaft unmöglich, also auch ihre eigene.

Für diese Sorte „Sozialisten“ existiert das Volk nur als Masse, „das Indiviuum löst sich auf in der Allgemeinheit“. „Alles durch die Allgemeinheit und für die Allgemeinheit“, das Individuum ist Nichts. Warum? – Weil sich „im Interesse der Allgemeinheit“ die Individuen leichter unterdrücken lassen; weil, wenn die Rechte und Interessen der Menschheit oder der Völker nur in der Allgemeinheit anerkannt werden, Regierungen (Herrschaft) sein müssen, nach welchen ihr ganzes Streben gerichtet ist. Daher verstehen diese Leute unter „Freiheit“ nur jene Carrikatur, welche durch Gesetze und Codexe dekretiert und paragrafirt wird, eine „Freiheit“ wo Zuchthaus und Büttel die notwendigsten „Garantien“ sind, damit dieselbe nicht „übertreten“ wird!

Wenn es Leute gibt, die solche Grundsätze gar als „anarchistisch“ lehren oder vertheidigen, so sagen wir ihnen einfach daß sie entweder keine Idee von Anarchismus haben oder daß sie Betrüger sind.

 

Eine wirkliche Collektiv-Freiheit wie sie als Völkerfreiheit bezeichnet wird, existiert nur dann, wenn die Menschen als Individuen anerkannt und frei sind; um diese Freiheit zu erringen, müssen die Individuen sich selbst von aller und jeder autoritären Beeinflußung frei uns selbstständig machen und dies ist nur möglich durch die größtmögliche Bethätigung der individuellen Initiative.

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Der Artikel ist heute ebenso aktuell wie damals

 

Individualistischer Idealismus war in revolutionären Kreisen schon 1885 überholt und ist es heute umso mehr. Es ist reiner Märtyrerkult von Verfechtern der "Propaganda der Tat", der Anarchismus wird zur Religion, der man sich opfern muss, sonst ist man kein "echter und rechter Anarchist". Die anarchistische Bewegung zu dieser Zeit hatte viel interessantere Strömungen als diese durchgeknallten Individualisten.

Individualistischer Idealismus war in revolutionären Kreisen schon 1885 überholt und ist es heute umso mehr.


Es ist reiner Märtyrerkult von Verfechtern der "Propaganda der Tat"


der Anarchismus wird zur Religion, der man sich opfern muss, sonst ist man kein "echter und rechter Anarchist".

 

Alles Behauptungen kein Argument. Ich frag mich: Ob du (a) du den text überhaupt zu ende gelesen hast, ob du (b) einfach weil es um "das Individuum" geht, den text sofort in die schublade "individualisten" einordnest, oder ob (c) dein  kommentar lediglich ein stumpfer diss sein soll um deine ideologie zu pushen.

 

Der "Rebell - Organ der Anarchisten deutscher Sprache" war ein Organ kommunistischer Anarchisten. Wie für viele AnarchistInnen in der Zeit war es damals kein Widerspruch die individuelle Tat wie die Massenaktion zu diskutieren, zu propagieren und auszuführen - und sollte es auch heute nicht sein. Weil ihnen bewusst war, dass man auch in Zeiten der Resignation, Passivität und allgemeinen Herdenmentalität eben, die Initative, ergreifen muss. Dass die Passivität, das Mitläufertum und die Spezialisierung in den eigenen Reihen den Keim für einen neue Herrschaft legt und dass Zentralisierung in einer Partei (ob diese jetzt formell oder unsichtbar ist) eben, die Initative, der Einzelnen tötet und sie dadurch zu Parteisoldaten oder zu Anhängern/Sypmathisanten einer Ideologie degradiert werden.

(a) Ja.

(b) Obwohl er nicht in einer individualistischen Zeitschrift erschien, verteidigt der Text ganz klar individualistische Positionen, und dies ausgesprochen idealistisch und moralistisch.

(c) Erzähl mir jetzt nicht, dass Anarchisten natürlich überhaupt nicht ideologisch sind.

 

Man "muss" die Initiative ergreifen, schreibst du. Nur, ich entscheide selber ob ich die Initiative ergreife oder nicht und lasse mir das nicht von einer anarchistischen Avantgarde vorschreiben. Ein gewisses Spektrum an aufständischen Anarchisten sollte sich halt wirklich mal überlegen, ob sie Individualisten, Kollektivisten oder Kommunisten sind, denn alles miteinander kann man nicht sein. Dein Plädoyer ist total idealistisch und dein Vorwurf, ich wolle meine "Ideologie pushen", ist einfach nur lächerlich. Ein paar Zeilen weiter unten platzierst du einen kleinen Seitenhieb auf eure Lieblingsfeinde - das Unsichtbare Komitee - zur Verteidigung der Heiligen Anarchie. Deren Postmodernismus ist mir übrigens nicht sympathischer als euer Idealismus, falls du geglaubt hast, ich gehöre da irgendwie dazu. Doch ob mit oder ohne unsichtbare Partei, eure Ideologie ist nicht minder avantgardistisch als ihre.

Ein gewisses Spektrum an Sesselfurzern sollte sich wirklich mal überlegen ob ihr Verständnis der Sachen, über die sie theoretisieren, wirklich so gross ist wie sie behaupten. Der Rebell war ganz bestimmt anarchistisch-kommunistisch, im übrigen das erste anarchistisch-kommunistische Organ auf deutsch überhaupt. Allerdings nicht im Widerspruch zum Individualismus (ausser wenn in Form der Tuckerianer). Es gibt halt nicht ein Individualismus, im Übrigen logischerweise nicht... Wenn du unter Individualismus die individuelle Initiative, Autonomie und Aktion verstehst, so waren wohl so ziemlich alle anarchistisch-kommunistischen Zeitungen dieser Zeit individualistisch! Der Rebell war die erste Zeitung auf deutsch, die den Kollektivismus (wie ihn damals Johann Most vertrat) verwarf, und dem einen Kommunismus entgegensetzte, der eben gerade auch darin bestand, die komplette individuelle Autonomie zu bejahen... Wenn du also mit dem Text kommst, den du verlinkst und der sich (unter anderem) genau auf diese Entwicklung der anarchistischen Bewegung bezieht, du aber zu dumm bist, zu verstehen, dass diese Entwicklung eben genau auch mit einem gewissen "Individualismus" sich entwickelte (im Sinne der individuellen Initiative, Taten etc.; und deren Propagierung)... Nja, dann schreib nicht drüber...

im übrigen "Nur, ich entscheide selber ob ich die Initiative ergreife oder nicht und lasse mir das nicht von einer anarchistischen Avantgarde vorschreiben." Na eben, deshalb nennt es sich ja individuelle Initiative...

Ein gewisses Spektrum an Leuten sollten übrigens sich auch mal überlegen, inwiefern es andern Leuten vielleicht am Arsch vorbei geht, wenn sie angewiesen werden, sich besser in die klassischen Schablonen und Dichotomien dieser Leute zu fügen...

Im übrigen, qu'est ce que Avantgardismus.

tschuldigung, wollte sagen "...ein gewisses Spektrum an marxologischen Kommunisateuren.."

Theorie = schlecht, Aktivismus = gut, ist ja gut, es haben alle verstanden. Die Diskussion über dieses Thema ist dermassen kindisch, dass ich gar nicht erst darauf eingehe.

 

Zum Avantgardismus: "Um aber den Zweck zu erreichen ist es vor allen Dingen nothwendig, daß es überall, wo vorläufig die soziale Revolution zu schlagen ist, eine entsprechende Anzahl in jeder Beziehung selbstständiger Menschen (Anarchisten) gibt, welche imstande sind, klar und zielbewußt die Initiative für die zu treffenden Maßnahmen zu ergreifen."

 

In den anarcho-kommunistischen Kreisen gab es immer Leute, die eine gewisse Sympathie für die Individualisten hatten und der Autor dieses Artikels gehört da ziemlich sicher dazu. Vom Kommunismus ist im Text nie die Rede, ausser vielleicht am Schluss: "Eine wirkliche Collektiv-Freiheit wie sie als Völkerfreiheit bezeichnet wird, existiert nur dann, wenn die Menschen als Individuen anerkannt und frei sind; um diese Freiheit zu erringen, müssen die Individuen sich selbst von aller und jeder autoritären Beeinflußung frei uns selbstständig machen und dies ist nur möglich durch die größtmögliche Bethätigung der individuellen Initiative." Er ist also nicht ein Produkt des Klassenkampfes, sondern der individuellen Initiative, was absurd ist. Als ob Individuen in einer ausbeuterischen und unterdrückenden Gesellschaft als "frei" bezeichnet werden könnten. Aber vermutlich wirst Du eh wieder nicht auf das eingehen, was ich schreibe, und stattdessen fluchen und mich beleidigen. Schade eigentlich, dann lassen wir das lieber bleiben, und diskutieren einfach beide wieder mit Leuten mit der jeweils gleichen Meinung wie wir...

also, nirgendwo gesagt, dass theorie = schlecht. Schliesslich beteilige ich mich ja gerade an einer theoretischen Diskussion... Nur weil ich deine marxistische Definition des Kommunismus (und ja, es bleibt eine marxistische Definition, wenn du jede andere, und sei sie von einer grossen Bewegung, nicht also solche ernstnimmst, weil sie nicht von Marx kommt) in Frage Stelle. Das im Artikel das Wort "Kommunismus" nicht vorkommt ist gänzlich nebensächlich. Inwiefern irgendwo gesagt wird, dass die individuelle Initiative anstelle des Klassenkampfs gesetzt werden soll, bleibt mir ein Rätsel. Aber eben, du machst immer gerne Dichotomien auf, die du als selbstverständlich annimmst, die es aber logisch nicht sind. Schon mal daran gedacht, dass individuelle Initiative im Klassenkampf gemeint sein könnte, im Gegensatz zur Parteimässigen Organisation von ebendiesem? Scheint mir zumindest nicht gemeint zu sein, dass geglaubt wird die "wirkliche Collektiv-Freiheit" lasse sich in einer ausbeuterischen und unterdrückenden Gesellschaft verwirklichen...

Zumindest: Die Dichotomie Individualismus - Kommunismus machst du hier auf, ignorant gegenüber der Tatsache, dass es genügend Leute gab, die diese Dichotomie so nicht gemacht haben, gut begründet, meine ich. Aber auf diese Argumentation gehst du nicht ein, du sagst, dass es sich um anarcho-kommunisten mit Symphatien für Individualisten handele, anstatt dass es sich um individualistische anarcho-kommunisten handle. Du machst also ein Gegensatz auf, den du nicht begründest (Kommunisten können keine Individualisten sein)..

Zum Avantgardismus: Der Satz hat durchaus "avantgardistische" Züge, auch wenn er eine gewisse Doppeldeutigkeit hat. Das Avantgardistische dürfte das "notwendig", "zu schlagen", "die zu treffenden Maßnahmen" sein. Denn, der Rest liest sich für mich eher wie die Deklaration von Tatsachen, wie sie vom Autor wahrgenommen werden (es braucht selbstständige Menschen, wenn etwas passieren soll - oder etwa nicht?). Mit Anarchisten, wie sie hier definiert werden, sind zumindest nicht ideologisch Anarchisten gemeint, wie offensichtlich sein sollte (auch wenn man nicht zustimmen muss).

Allerdings, wie du von der gewissermassen avantgardistischen Tendenz dieses Artikels, der wohl kaum wegen dieser Tendenz diskutiert wird, auf den Avantgardismus der "aufständischen Anarchisten" zu schliessen können glaubst... nun ja... Alles sehr indirekte Argumentation...