“Scheisse” triffts wohl am Besten ... was sich in den letzten zwölf Monaten nicht nur im westsächsischen Vogtlandkreis, sondern weit über die Region hinaus abgespielt hat. Und die globale Scheiße schlägt sich selbstverständlich auch vor Ort nieder. Ganz konkret hieß und heißt das für uns täglich: Sächsische Zustände, also der Aufbau neonazistischer Strukturen, die Präsenz eines rechtspopulistischen Volksmobs und die Repression gegenüber antiautoritären Bewegungen. Auf der anderen Seite steht fest: Antifaschist*Innen waren vor Ort nicht untätig, wie mehrere solidarische Antifa- und Antira-Mobilisierungen zeigen. Es bleibt viel zu tun. Mit dieser Veröffentlichung startet auch die neue Homepage der Antifaschistischen Gruppen des Vogtlandes: antifavogtland.blogsport.eu
Januar
- Tony Gentsch, Rico Döhler und andere Mitglieder des III. Weg bauen sich in aller Ruhe ihr neues Territorium im Vogtland auf. In Dresden erlebt die rassistische PEGIDA-Bewegung starken Zulauf - auch viele Vogtländer*Innen fahren regelmäßig montags nach Dresden und schließen sich dem Mob an.
- 27.01. Das Verfahren gegen den Wachmann Andreas Müller, welcher Ahmed Jaber auf dem Gewissen hat, wird eingestellt (MDR: Verfahren gegen Wachmann eingestellt). Im Verlauf des Jahres ist er an vorderster Front, um gegen Geflüchtete zu hetzen.
- 31.01. Vogtländische Nazis, unter ihnen Toni Gentsch, Kevin Panke und Thomas Heyer, reisen mit einer Delegation des "III. Wegs" nach Griechenland um sich mit den Faschist*Innen von Chrysi Avgi zu treffen. Anschließend nehmen sie am neonazistischen Imia-Marsch teil. (AGV berichtete)
Februar
- 01.02. Aus dem "Stützpunkt Hochfranken/Vogtland" der Neonazipartei "der III. Weg" werden zwei Stützpunkte. Neuer Stützpunktleiter im Vogtland wird Rico Döhler, zuvor aktiv in der NPD und in der Kameradschaft RNJ Vogtland.
- 12.02. Plauener Nazis vom III. Weg (z.B. Thomas Lauter) schließen sich einer Heimbegehung des Stadtrats an und können so völlig ungestört Einblicke in die Gemeinschaftsunterkunft in der Kasernenstraße gewinnen. (AGV berichtete)
- 16.02.-22.02. Die Solidarisierung mit Geflüchteten in Plauen nimmt konkrete Formen an. Der "Refugee Support Plauen" initiiert eine Veranstaltungswoche unter dem Motto "View to life conditions. Asylum seekers in saxony", die auf gute Resonanz stößt.
- 21.02. An einer selbstorganisierten Refugee-Demo im Gedenken an den im Februar 2014 aufgrund von unterlassener Hilfeleistung verstorbenen Ahmed J. nehmen etwa 100 Menschen teil. (Aufruf zur Demo)
April
- 10.04. Um die 100 Menschen nehmen am zweiten "Mahngang Täterspuren" teil, der sich kritisch mit der Rolle Plauens in der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie auseinandersetzt. Das Motto der Veranstaltung ist "Opfermythen dekonstruieren".
- 17.04. Eine rassistische Mahnwache des "III. Wegs" im Stadtzentrum Plauens kann nicht wie geplant stattfinden. 70 Antifaschist*Innen halten den Platz besetzt, die Nazis müssen ausweichen. (Vgl. Linksunten)
- 17.04. In Bad Elster findet die erste klar rassistische Kundgebung im Vogtland statt, bis dahin wurde das Gebiet verschont. Um die 40 Nazis beteiligen sich, ca. 100 Menschen protestieren dagegen. Verantwortlich ist der Lengenfelder Neonazi Maik Wettengel und die obskure Gruppe "Das Vogtland wehrt sich 2.0". (AGV berichtete) Auch überregionale Naziprominenz ist dabei: Maria-Luise Süss-Lindert, eine seit den 80er Jahren in der Kameradschaftsszene aktive Neonaziaktivistin, die in Bitterfeld den Aufbau eines III. Weg-Stützpunkts beginnt. (Vgl. Artikel Antifaschistisches Infoblatt). Zuvor hatte die Stadt Bad Elster versucht, antifaschistische Proteste zu kriminalisieren. (Vgl. Linksunten)
- 28.04 Flashmob in der Plauener Innenstadt (ca. 40 Menschen machen mit einer kurzen Theateraufführung an verschiedenen Stellen in der Innenstadt auf das massenhafte Sterben im Mittelmeer aufmerksam)
Mai
- 01.05. Der III.Weg-Stützpunkt Vogtland ist federführend an der Organisation des rechten 1. Mai-Aufmarsches in Saalfeld beteiligt. Wie im Jahr zuvor in Plauen ist es der größte bundesweite Naziaufmarsch zum 1. Mai. Während antifaschistische Blockadeversuche mit Polizeigewalt beantwortet werden, ziehen erst mehrere hundert Nazis ohne Polizeibegleitung quer durch Saalfeld und prügeln unterwegs mehrere junge Punks halbtot. Später prügelt dann die thüringische Polizei den Nazis den Weg durch Saalfeld frei.
Vogtländische Nazis am 1.Mai in Saalfeld. links in der Bildmitte: Maria Dathe und Markus Riedel, mittleres Bild: Tony Gentsch, rechtes Bild groß im Hintergrund: Kevin Panke.
(Video: Kevin Panke vom III. Weg am Rande der Nazidemo in Saalfeld)
Juni
- 22.06. NPD-Stadrat Thomas Lauter tritt nun offiziell zum "III. Weg" über.
- 26.06. Protest gegen Eröffnung des AfD-Bürgerbüros in Plauen: Etwa 50 Antifaschist*Innen versammeln sich spontan vor dem Büro um die Eröffnung kritisch zu begleiten.
(AGV berichtete)
Juli
- Law and Order in Plauen: Die Polizei führt eine Reihe rassistischer Polizeikontrollen gegen Geflüchtete in der Innenstadt durch und bezichtigt diese nachträglich in der Presse pauschal des Drogenhandels. (Plauen - rassistische Polizeikontrollen in der Innenstadt; Plauen, die Polizei und der Wunsch nach einer autoritären Gesellschaft)
August
- 25.08. In den frühen Morgenstunden attackiert ein Mob aus Rassist*Innen die Gemeinschaftsunterkunft in der Kasernenstraße in Plauen. Polizei und Heimleitung versuchen, den Übergriff geheim zu halten. Die Attacke wird erst publik, als sich Geflüchtete an antirassistische Strukturen wenden. (AGV berichtete)
September
- 01.09. Eine antirassistische Demo in Plauen solidarisiert sich mit den Betroffenen des Angriffs der vorherigen Woche und zieht mit ca. 200 Menschen durch die Plauener Innenstadt. (AGV berichtete)
- 05.09. Der braune September beginnt mit einem Nazikonzert in Zobes. Auf dem Privatgelände der NPD-Kreistagsabgeordneten Beatrix Rink feiern ca. 640 Neonazis unter dem Motto "Freiheit für Horst Mahler". Anmelder und Redner kommen wie im vorherigen Jahr aus dem Spektrum von "Die Rechte" aus Dortmund, was auf die Zusammenarbeit von Strukturen aus NRW und Sachsen schließen lässt. Das Openair fand bereits 2013 und 2014 am selben Ort statt.
- 10.09. Neonazi René Hagedorn kommt aus dem Knast frei. Die lokalen "III.Weg"-Nazis schmeißen eine Willkommensparty (Vgl. Linksunten)
- 18.09.-20.09. Freitags rassistische "Plauen wehrt sich"-Kundgebung, die vom NPD-Landesverband veranstaltet wird. Etwa 400 Rassist*Innen beteiligen sich, um die 200 Menschen protestieren dagegen. Zwei Tage später versammelt sich zum ersten Mal "Wir sind Deutschland", eine neue rechte "Bürgerbewegung" unter Beteiligung von 150 Nazis und Wutbürger*Innen. Auch die Altnazis vom ehemaligen Plauener "Jungsturm" (später Gremium MC/Plauener Härte) wagen sich mal wieder aus ihrem Loch. (AGV berichtete)
- 26.09.-27.09. Nazidemo des "III. Wegs" am Samstag vor der Geflüchtetenunterkunft in der Kasernenstraße in Plauen. 100 Nazis nehmen teil, 150 Antirassist*Innen stellen sich schützend vor die Unterkunft und werden von den Bullen abgefilmt. Bei "Wir sind Deutschland" findet sich am folgenden Sonntag am Altmarkt in Plauen ein Mob von ca. 1000 Stammtischrassist*Innen zusammen. (AGV berichtete: Schon wieder Plauen, schon wieder Scheiße)
Oktober
- 02.10. Erneute Nazikundgebung des "III. Wegs" in der Innenstadt Plauens. Um die 100 Nazis sind anwesend, bürgerlicher Gegenprotest ist auch vor Ort.
- Weiterer Zulauf für "Wir sind Deutschland". Eine Mixtur aus Querfront, Nazis, völkischem Stammtischpublikum und Salonrassist*Innen mobilisiert jeden Sonntag mehrere tausend Menschen auf den Altmarkt in Plauen. (AGV berichtete: "Die Mitte von Plauen steht auf", Artikel bei linksunten: "Plauen, die Vogtlandmetropole der Idioten")
- 06.10. Im Dorf Eich bei Treuen sollen acht(!) unbegleitete minderjährige Geflüchtete untergebracht werden. Im Gemeinderat von Eich kommt es zum Eklat, da sich die Dorfbevölkerung "überfremdet" fühlt. Schließlich knickt der Ortschaftsrat ein und entscheidet sich gegen die Aufnahme.
- 07.10. Bürgerversammlung im Stadtrat Treuen: Erneut wird über die Aufnahme von Geflüchteten in Eich diskutiert. Roberto Rink (DSU-Stadtrat) warnt laut "Freie Presse" davor, dass "IS und Taliban" in die Kleinstadt kommen würden. Dank anwesender Wutbürger*Innen ist die Stimmung gereizt. Der Stadtrat entscheidet sich gegen die Aufnahme.
- 21.10. In der Kleinstadt Treuen demonstriert "Treuen wehrt sich" gegen die Aufnahme von Geflüchteten. Ca. 300 Rassist*Innen stehen 200 bürgerlichen Gegendemonstrant*Innen gegenüber.
- 31.10. Rassist*Innen des "III. Wegs" demonstrieren vor den Toren der neuen Erstaufnahmeeinrichtung an der Plamag in Plauen.
November
- 07.11. Rassistische Demonstration des "III. Wegs" von der Engelstraße zum Plauener Theaterplatz. Etwa 100 Nazis nehmen teil, 150 Bürger*Innen protestieren an der Demoroute. Eine antifaschistische Sponti mit etwa 40 Demonstrant*Innen wird gekesselt. Am Abend ist es noch zu einem ungebetenen Besuch im örlichen Thor-Steinar-Laden gekommen (Vgl. Artikel in der "MOPO")
- 14.11. "Heldengedenken" in Wunsiedel - 150 Nazis demonstrieren in der nordbayrischen Kleinstadt. Die Organisation des geschichtsrevisionistischen Aufmarschs ging großteils von "III. Weg"-Kadern aus dem Vogtland aus. Eine Antifademo gegen den Aufmarsch mit dem Motto "Deutsche Helden vom Sockel hauen" zieht etwa 100 Demonstrant*Innen an.
- 24.11. Auch in Ellefeld sammelt sich der Mob. In einem ehemaligen Hotel in dem Dorf bei Auerbach sollen Geflüchtete einziehen. Auf der Gemeinderatssitzung am 19.11. äußert der Ellefelder Arzt und Vorsitzende der AfD/DSU Kreistagsfraktion, er werde in seiner Praxis keine Ausländer behandeln. Am 21.11 findet in Ellefeld eine AfD Kundgebung mit ca. 150 Teilnehmer*Innen statt und am 24.11. demonstrieren etwa 200 Rassist*Innen gegen die geplante Unterkunft. Veranstalter ist die Gruppe "Freunde des Göltzschtal's", für die Andreas Dressler aus Auerbach und Andreas Müller aus Ellefeld sprechen - letzterer war als Security für den Tod des Geflüchteten Ahmed Jaber im Februar 2014 in der Plauener Kasernenstraße verantwortlich. Der "III. Weg" ist mit Flyern und Transparenten präsent.
Dezember
- 01.12. Ein Bürgerdialog im Plauener Malzhaus bringt eine widerliche Mischung aus Ressentiments zum Vorschein. "III. Weg", "Wir sind Deutschland", Andreas Müller aus Ellefeld und diverse andere Rassist*Innen sind anwesend. (AGV berichtete)
- 08.12. Schon wieder der "III. Weg" - 20 Nazis gehen in Plauen gegen vermeintliche "Asylgewalt" auf die Straße und bleiben dabei unter sich. Ungefähr 40 Leute schließen sich einer antirassistischen Bündnisdemo in der Innenstadt an.
..... Ausblick
Das Jahr ist gerade vorbei, da stehen schon die nächsten Baustellen an. Die bestehende kontinuierliche Arbeit antifaschistischer Strukturen werden wir im kommenden Jahr weiter ausbauen. Momentan können wir nicht davon ausgehen, dass die Welle neonazistischer und rassistischer Mobilisierungen bald enden wird. Stattdessen steht uns am 15.1. die nächste Nazikundgebung im Plauener Stadtzentrum bevor. Und wir können davon ausgehen, dass am 1. Mai wieder der größte Naziaufmarsch Deutschlands in Plauen stattfinden wird. Mit antifaschistischem Widerstand ist zu rechnen! Mit eigenen politischen Akzenten, die über das ewige Reagieren auf rechte gesellschaftliche Tendenzen hinausgehen, auch! Antifa in die Offensive!
die antifaschistischen Gruppen des Vogtlands (AGV)
Danke!
Umso besser, dass es weiter Menschen gibt, die vor Ort kämpfen.
Ich wünsche euch und uns allen, dass es besser wird, auch wenn es ja leider nicht danach aussieht.