[B] Wo seid ihr denn alle hin?

tumbleweed

Wo seid ihr denn alle hin?

Tumbleweed in Spreetown: Über die Mobilisierungsschwäche der Hauptstadtlinken und wie ihr beizukommen wäre.

 

Mittwoch, 11. November: Die Bundeswehr ruft zum großen Zapfenstreich. 60 Jahre alt ist sie nun, die Armee, die aus den Überresten faschistischer Militäreliten zusammengezimmert wurde, und die sich heute mitten in ihrem Umbau von einer angeblichen „Verteidigungsarmee“ zu einer global einsetzbaren Interventionsarmee befindet. AntimilitaristInnen veranstalten eine Gegendemo, mobilisieren über Wochen, inklusive guter Texte und militanter Aktionen. Am Ende kommen 300 Leute. Zieht man in Betracht, dass die gesamte Linke, von parlamentarisch bis autonom, die Ausblendung von „Fluchtursachen“ in der gegenwärtigen Debatte bemängelt, ist das erstaunlich wenig.

 

Was ist passiert? Nun könnte man sagen: Ja, die Hauptstadt-Linke ist derzeit zu beschäftigt damit, sich gegen AfD-Aufmärsche, Bärgida, NPD & Co. zu wehren. Diese Schwerpunktsetzung wäre zu kritisieren, aber es wäre immerhin eine Schwerpunktsetzung. Doch auch hier gähnende Leere: Bärgida gibt’s immer noch, massenhaft blockiert wird es nicht. Gegen 5000 AfD-Mitglieder und SympathisantInnen finden gerade 1500 Menschen den Weg auf die Straße.

 

So weit, so gut. Wir hatten ja eine lange und interessante Antifa-Debatte zwischen vielen Zusammenhängen und Gruppen. Die hat festgestellt: Wir müssen in die Kieze, dahin, wo das Leben konkret ist, und eine Basisbewegung dort aufbauen, wo diejenigen sind, mit denen wir kämpfen wollen. Haben also alle diese Diskussionsergebnisse ernstgenommen, sind massenhaft zu den Aktionen von Zwangsräumung verhindern, Hände weg vom Wedding, Social Center 4 All oder vors Lageso, um da die mühevolle Kleinarbeit zu leisten, die wir seit langem alle zusammen für zumindest nicht falsch halten? Nö, auch hier weht das Tumbleweed durchs Bild.

 

Der Eindruck, die Hauptstadtlinke befinde sich inmitten einer zugespitzten Situation in einer veritablen Mobilisierungskrise, lässt sich kaum wegreden. Zeit, sich zu fragen, woran es liegt.

 

Hör ma uff mit deine Demo

 

Der erste Gedanke, den man haben könnte, ist, dass es sich um ein Erschöpfungsphänomen handelt. Es gibt zu viele Baustellen, wer versucht, an allen mitzuhämmern, powert aus und kommt irgendwann nicht mehr. Man wird ohne empirische Nachprüfung sicher nicht falsch liegen, wenn man sagen, dass in Berlin mehr Demonstrationen, Kundgebungen, Veranstaltungen stattfinden, als in jeder anderen Stadt Deutschlands. Und man wird sicher nicht fehlgehen, wenn man spekuliert, dass sie immer schlechter und schlechter besucht werden.

 

Probieren wir uns an einem – zugegeben nicht sehr präzisen, aber doch anschaulichen - Zahlenspiel. Für 2014 meldete der Senat insgesamt 5000 Demonstrationen und Kundgebungen in Berlin. Das sind nicht nur linke, aber sicher überwiegend linke Dinger. Seien wir bescheiden und nehmen an, die Hälfte davon sind von „uns“ im allerweitesten Sinn. Dann rechnen wir aber noch die sicher über tausend Soli-Parties und pauschal nochmal tausend Diskussionsveranstaltungen drauf. 4000 Möglichkeiten hat also der Berliner Otto-Normal-Linksradikale im Jahr, sich irgendwo zu beteiligen. Das sind etwa 11 Dinger täglich. Bei den Organisierten kann man dann nochmal die unzähligen internen Sitzungen, Bündnistreffen, Plena, Plakatiertouren, dies das, draufschlagen.

 

Die schiere Masse an Kram erschlägt einen. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich vor sieben Jahren frisch zugezogen und voller Frohmut versuchte, an allem, was es so gab, teilzunehmen. Diese Phase dauerte drei Wochen. Danach wurde es immer weniger, Tendenz gegen Null. Die Motivation, an etwas teilzunehmen, hängt auch von der Erwartungshaltung ab, die man an die Aktion hat. Will ich Bärgida blockieren, gehe aber davon aus, dass die dafür nötige Masse ohnehin nicht zusammenkommt, werde ich auch selbst weniger geneigt sein, da aufzutauchen, weil ich den Zweck des Hingehens von vornherein als nicht realistisch einschätze. Mobilisierungsschwäche produziert also aus sich selbst heraus noch mehr Mobilisierungsschwäche.

 

Ein erster Schritt gegen das Tumbleweed auf Berlins Straßen könnte also sein: Weniger Demonstrationen. Viele der Demos, die es gibt, erfüllen ohnehin keinen realen Zweck. Es wäre mehr zu gewichten: Wozu brauchen wir diese konkrete Demonstration. Machen wir sie nur, weil wir das Gefühl haben, zu einem bestimmten Thema irgendwas machen zu müssen und es an besseren Ideen mangelt?

 

Bei den Demonstrationen, die man dann tatsächlich veranstaltet, sollte man vielleicht wieder anfangen, sie unter verschiedenen Strukturen zu koordinieren, anstatt isoliert nebeneinander her zu arbeiten. Das klappt zwar bei einzelnen Projekten immer noch, in vielen Feldern ist aber zu beobachten, dass sich Organisation A nur noch sehr begrenzt dafür interessiert, was Organisation B oder C macht.

 

Vom Nullpunkt zum Aufbau von Gegenmacht

 

Die Überfülle an Kram ist allerdings ein relativ äußerlicher Grund für die Mobilisierungsschwäche. Sie wäre ja durchaus zu bewältigen, hätte man einen höheren Organisierungsgrad, mehr tatsächlich politische Aktivisten und einen einigermaßen tragfähigen strategischen Plan.

 

Was wir im Moment beobachten, ist die empirische Entfaltung eines Satzes, den wir so oft geschrieben haben, dass er uns selber schon zum Hals raushängt: Eine Szene ist keine politische Bewegung. Sie ist das Gegenteil einer politischen Bewegung. Wir fangen an einem Nullpunkt an. Nicht ganz, zugegeben, aber doch fast. Die Sammlung des Vorhandenen zu handlungsfähigen Gruppen ist der erste Schritt, die Setzung von Prioritäten und er Abbau von aus der „Szene“ geerbten Kontaktängsten der nächste.

 

Gerade die Entwicklung von Kriterien für Prioritäten fällt uns im Moment offensichtlich schwer. Wir wollen überall, wo uns was nicht passt, irgendwas machen. Mit dem Effekt, dass es wirklich nur irgendwas ist, was wir machen. Mathematisch ist es eine einfache Rechnung. Die Hauptstadtlinke hat ein begrenztes Repertoire an zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen. Teilen sich die auf tausende unzusammenhängende Dinge auf, kommt nichts dabei rum.

 

Das Setzen von Prioritäten wird manchmal als schmerzhaft empfunden. Denn es bedeutet auch, dass es die ein oder andere Ansammlung von Neonazis geben wird, die unbegleitet sein wird. Es bedeutet, dass man das ein oder andere Thema nicht in Demonstrationen oder Kundgebungen verwurstet. Es ist das Eingeständnis, dass wir eben keine Massenbewegung sind, die überall sein kann. Das Ende der Simulation, so zu tun, als ob man die Größe hätte, alles Ungemach dieser Gesellschaft zu bekämpfen, ist aber gleichzeitig die einzige Möglichkeit, tatsächlich zu einer realen Bewegung zu werden.

 

Inhaltlich würde das bedeuten: Wir müssen jede Aktion, die wir durchführen, daraufhin abklopfen, ob sie unseren Organisierungsgrad steigert und zu realer Gegenmacht führt – im Kiez oder überregional. Tut sie das nicht, lässt man sie.

 

Mit wem wollen wir denn?

 

An eine weitere Maßgabe aus der Antifa-Debatte ist zu erinnern. „Wenn wir nicht in der Lage sind, im Alltag nützlich zu sein, für uns und all die anderen, die das, was hier läuft, satt haben, werden wir noch so fluffige theoretische Papierchen schreiben können, es wird uns keinen wirklichen Schritt weiter bringen“, schrieb die radikale linke berlin. Und die North East Antifa (NEA) ergänzte: „Wenn wir von falschem Bewusstsein sprechen, dann meinen wir nicht zuletzt auch den Habitus vieler Linksradikaler aus der antifaschistischen Subkultur, sich als politische Avantgarde zu verstehen. Doch die Vorstellung einer »Avantgarde« ohne gesellschaftliche Basis ist ein allzu lächerliches Gebilde.“

 

Das haben auch viele andere Gruppen so geschrieben. Umgesetzt wird es nicht. Im Gegenteil, in der Panik der aufholenden Rechtsbewegung, also des Erstarkens (oder auch nur lauter Werdens) von in der Gesellschaft vorhandenen rassistischen Ressentiments, hat sich der Szenereflex verfestigt, der besagt: Alle, die nicht so wie wir sind, sind im Grunde keine Gesprächspartner.

 

Uns fehlt die Geduld und Zurückhaltung, die wir eigentlich bräuchten. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die überwiegende Mehrheit der Menschen, mit denen wir gemeinsam eine neue Gesellschaft aufbauen wollen, Gedanken hat, die wir nicht teilen. Wir haben gar keine andere Wahl, als sie zu überzeugen. Vom 8,50-Jobber, der sich über den GDL-Streik beschwert, über den Ken-Jebsen-Hörer, der sich von der Welt betrogen fühlt, bis zum Grünen-Mitglied, das Boris Palmer toll findet oder die muslimischen Jugendlichen, die in Erdogan ihren Heilsbringer sehen.

 

Um es nicht falsch zu verstehen: Das ist kein Plädoyer für mehr „Toleranz“ gegen diese Dummheiten. Es ist das Gegenteil. Es ist kein Plädoyer dafür, die eigene Position auch nur einen Milimeter aufzuweichen. Es ist das Gegenteil. Es ist die Forderung, ins Handgemenge mit jenen einzutreten, die von falschem Bewusstsein geleitet sind. In ein Handgemenge, das in seiner Breite mit einer nützlichen politischen Praxis und Argumenten geführt werden muss. Das ist auch kein Plädoyer dafür, die Rassisten, die jetzt allerortens in die Öffentlichkeit drängen, zu „verstehen“ und mit ihnen den „Dialog“ zu suchen. Es ist eher eines dafür, Menschen schon bevor sie in Versuchung sind, in den Rattenfängern ihre Interessensvertreter zu sehen, einen anderen Weg zu zeigen. Das wird anstrengend. Es wird weniger schön, als sich einzuigeln und mit Gleichgesinnten in der gemeinsamen Geheimsprache zu „diskutieren“. Es könnte auch „populistisch“ werden, in dem Sinne, in dem die Unidad Popular, die spanischen Anarchisten oder die italienischen Operaisten „populistisch“ waren.

 

Und doch: Reißen wir uns nicht bald am Riemen, bleibt nur Tumbleweed.

 

****

 

Kürzlich hat mir mein guter Freund und Genosse Onur aus Istanbul geschrieben. Einer seiner politischen Weggefährten, ein alter Gewerkschafter und Kommunist, ist bei dem Attentat von Ankara verstorben. Mein Freund erzählte mir: „Als ich als junger Revolutionär von 18 Jahren war, musste ich ohne direkte Anleitung durch meine Organisation organisatorische Arbeit in Ankra leisten. Meine Organisation hatte mir einige Kontakte vermittelt, einen zu einem Arbeiter, der seit langem Beziehungen zur Organisation hatte. Eigentlich war es so gedacht, dass ich die Zelle in Ankara leiten sollte, aber ich war 18, ein aufgeregter Revolutionär, der die Schule für die revolutionäre Arbeit aufgegeben hatte, und er war 39 und ein großartiger ruhiger Mann, der in jedem Milimeter der Stadt zuhause war und dort seit langem gearbeitet hatte.“ Von diesem großartigen Mann gab es viel zu lernen und Onur erzählte mir einige der Geschichten. Eine begab sich so: Einmal, als der Bauarbeiter und Kommunist dabei war, Arbeiter zu organisieren, wurde er von religiösen Kollegen angegriffen. „Du glaubst also an nichts?“ schrie ihn einer der religiösen Kollege an. „Doch“, antwortete er. „Ich glaube an dich.“

 

 

Von Peter Schaber

 

Mehr Kram auf: lowerclassmag.com

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Eine bessere Methode das einzuschätzen wäre doch das Stressfaktor-Projekt.

 

Da kann ich keinen signifikanten Anstieg an Veranstaltungsangeboten im Vergleich zu vor 10 Jahren erkennen.

 

Meinem Eindruck nach besteht eben nicht die Möglichkeit täglich tausend tolle Sachen zu machen. Nicht jedes Thema das von Linken Gruppen bearbeitet wird, ist auch eines an dem jede_r teilhaben möchte. Heute sind z.B. super viele Soliparties und Konzerte, aber keine Demo.

 

Es war doch schon immer so, das es ein Überangebot an Veranstaltungen war, das zusammenbetrachtet aber einen bunten Mix für jeden Geschmack ergab. So dass sich jede_r sein Lieblingsthema raussuchen konnte. Und darin liegt ein Unterschied zur Situation heute... es finden einfach weniger Demos statt, die von arbeitsfähigen Strukturen vorbereitet werden.

 

Und ganz ehrlich, an nem Werktag um 17 Uhr ist es auch nicht möglich für alle teilzunehmen. Genauso wie die Moabiter Antifa-Demo zum 09. November. 17 Uhr? Das ist doch ein Termin an dem Lohnabhängige gar keine Zeit haben. Rechnet mensch den Berliner ÖPNV mit ein, ist es einfach nicht realistisch vor 19 Uhr mit solchen Events zu beginnen. Das gleiche gilt für die ganzen Kranzniederlungen die Vormittags oder Nachmittags stattfinden. Außer Rentner_innen hat da doch niemand Zeit.

 

Ich hätte z.B. gern an beiden Veranstaltungen teilgenommen.

abgesehen davon, dass ich arbeitsbedingt keine zeit mehr habe um auf linke veranstaltungen zu gehen, ist es vor allem dieser protoleninistische scheiß, der die deutsche linke in den letzten jahren wieder zunehmend bestimmt und der mich davor zurückschrecken lässt, an euren demos und sonstigen events teilzunehmen.

zum glück könnt ihr volksfreunde noch so sehr auf die bürgerInnen zugehen, für eure krude ideen lassen sie sich eh nicht begeistern. dafür in teilen schon eher für rassistischen müll à la pegida, der natürlich bekämpft gehört. aber nicht mit euch: dafür sind meine antipathien gegen linke großorganisationsversuche, agitationsgeist und eure autoritären vorstellungen von organisierung bis revolution doch zu groß.

 

(A)

ich habe jetzt nicht vor jemanden vor den Kopf zu stoßen doch frage ich mich bei den beiden ersten kommentaren ob dies, mit den konflikt zwischen demo-und arbeitszeiten, wirklich ernst gemeint ist/war?

kann es wirklich sein dass den leuten ihr einkommen und ihre arbeit wichtiger ist als z.b. sich gegen den fremdenhass einzusetzen und für das überleben vieler menschen zu kämpfen?

wenn es wirklich so ist dann geht diese art von logik nicht in meinen kopf rein.

 

für mich ist kein einsetzen für menschen und menschenrechte nicht mit "musste arbeiten" zu entschuldigen. klar es gibt ausnahmen wo leben dran hängen würden doch grade hier in diesem land, wo eigentlich keiner ohne essen und geld sein muss, gibt es, meines erachtens, eigentlich kaum argumente sich nicht für das ein zu setzten was einem wirklich wichtig ist.

 

ist wirklich eine ernst gemeinte frage ob für die menschen mittlerweile arbeit vor überzeugung geht?

Ja das ist durchaus ernst gemeint. Denn es gibt menschen die sind auf ihre Lohnarbeit angewiesen, weil sie sonst ihre Wohnung verlieren und nichts mehr zu beissen haben.

 

Deine Nachfrage berührt aber tatsächlich ein wichtiges Thema das auch einen gewissen Zusammenhang mit der Fragestellung dieses Indyartikels hat.

 

Wer will das mehr Menschen an seinen/ihren Aktionen teilnehmen, muss sie auch so einrichten, dass sie Arbeiter_innenfreundlich sind. Es haben nunmal nicht alle Menschen das Glück Student_innen, Kinder reicher Eltern oder Sokrates in der Tonne sein zu können. Spätestens wenn man ein eigenes Kind hat und also nicht mehr nur für sich sondern auch für andere Sorgen muss ist "der Job" existentiell.

 

Das hat mit deinem Vorwurf der "Karriere" nichts zu tun, denn in unseren Jobs kann man keine Karriere machen,

... ein Nachtrag: es heisst natürlich "Diogenes in der Tonne" und nicht Sokrates.

ich kann es gut verstehen dass für ein großteil der menschen ein job = existenz ist und um diese masse zu erreichen wäre es auch gut die zeiten an zu passen (wobei eigentlich nichts dagegen sprechen würde später nach der arbeit dazu zu stoßen).

 

um eventuell ein paar "denkbarrieren" auf zu brechen: ich bin verheiratet, habe 2 kinder und mich bewusst für ein leben des soziales engagement entschieden. kinder sind kein hindernis, barrieren schaffen wir nur uns selbst, auch wenn es bedeutet die norm zu brechen.

 

nur um es noch zu verdeutlichen: diesen weg haben meine frau, ich und unsere kinder für uns entschieden und soll nicht bedeuten dass alle die, die zur arbeit "müssen" anstatt z.b. zur demo gehen heuchler o.ä. seien. ich zeige nur dass es auch möglich ist und deswegen sind manche argumente für mich mitlerweile schwerer nachzuvollziehen da viele "barrieren" für mich nicht mehr wirklich existieren und kaum ein hindernis dar stellen. ich erkenne dennoch natürlich an dass dies für die masse der leute kein weg wäre.

 

lg

sind eben nicht vereint. Einerseits gebe ich dem Autor recht das Strukturen eine stärkere Vernetzung benötigen doch ist es schon immer Problem gewesen, dass es sich hauptsächlich um Jugendorganisationen und Szenen handelt. Der Sprung in einen Alltag mit spezifischen Bedürfnissen innerhalb einer anderen (z.B. anarchistischen oder abseits der Lohnarbeit) Struktur wird nicht geschafft. Es sollte Ziel sein solche Strukturen zu stärken und gleichermaßen zu vernetzen, damit lösen sich auch Probleme wie ein Arbeitstag der einen Zwang ausübt der nicht so einfach überwunden werden kann ohne das eigene Leben massiv ein zu schränken.

hey,
eine kurze medienanalyse, die anlässlich des Zapfenstreiches zu einem ganz ähnlichen Schluss kommt:

maqui.blogsport.eu/2015/11/13/vielfaeltige-aktionen-zum-zapfenstreich/

Die Diskussion in den oberen Kommentaren ist zwar leider ziemlich verkürzt, aber leider trifft der Kern halt zu:

Der sozial-ökonomische Druck hat in den letzten Jahren merkbar zugenommen, auch und gerade in Berlin!

1) Steigende Repression und Druck vom Jobcenter

Man ist zunehmend genötigt bzw. gezwungen, Scheiss-Jobs mit langen Arbeitszeiten und schlechter Bezahlung anzunehmen.

2) Schwindende Freiräume, steigende Preise, hohe Betriebskosten, vor allem: steigende Mieten!

Konsequenz: Prozentual geht mehr und mehr Kohle drauf für die Miete (meistens schon über 50% des Einkommens,häufig mehr). Um fdas auszugleichen: Mehr Zeit auf Arbeit. Das wiederum heisst: Weniger Freizeit, weniger Energie für Demos, Aktionen, Selbstorganisation.

3) Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen

In der Konsequenz wurde das Studium i.d.R. "verschult", gestrafft, und Leistungsdruck und Abschlusszwang erhöht. Die Zeit für andere Dinge im Leben wird somit knapper.

4) Mangel an Dynamik

Momentan fehlt bei Vielen Energie und es gibt daraus resultierend viel Unzufriedenheit und (teilweise) missglückte Demos und Aktionen. Das hält wiederum manche davon ab, sich zu engagieren, á la "Niemand hat mehr Bock was zu machen,also ich auch nicht". Negativ-Spirale...

 

Die vielfach genannten Probleme der (allzu) umfangreichen Subkultur in der Szene, sowie mangelnde inhaltliche Analyse bzw. Beschäftigung mit Theorie und darüberhinaus der Mangel an Selbstorganisation in politische(n) Gruppen, bleiben an dieser Stelle mal außen vor...

 

Ja, wie gehen wir damit jetzt um?

Auf keinen Fall sollten wir den Kopf in den Sand stecken und resignieren! Solche negativen Dynamiken können sich auch schnell wieder ändern! Und sie müssen sich ändern, denn wenn wir dem gegenwärtigen rechten bzw. faschistischen Trend nicht entschlossen entgegentreten, stehen uns allen schlimme Zeiten entgegen...

 

Vielleicht sollte sich jede_R mal selbst an die Nase fassen und überlegen, was man selbst alleine oder aber organisiert mit anderen tun könnte, um den unhaltbaren Zuständen in dieser Stadt, in diesem Land, wieder etwas wahrnehmbares entgegenzusetzen...

 

Und zudem sollten wir -wenn wir schon notgedrungen soviel Zeit auf der Arbeit, in den Unis, an den Ausbildungsplätzen, verbringen- dringend überlegen, wie wir dort politisch (antifaschistisch, sozialrevolutionär, anarchistisch...) wirken können. Die FAU bietet da z.B. interessante Denkanstöße...

 

Wir sehen uns auf der Straße!

es gibt mittlerweile so viele andere, subversive, kreative, soziale, aktionsformen....

 

außerdem waren und sind sowieso nicht (mehr) alle oder viele in der lage ständig auf die straße zu rennen und wollen auch garnicht mehr jeder fanfare oder fähnchen hinterherlaufen....

 

also macht mal nicht immer gleich son wind bloß weil zu euch keine_r mehr kommt.....

 

die großdemos der letzten zeit sind doch immer gut "besucht".... oder etwa nicht? allg. ökozeugs und antirasachen ebenso...

 

allein die sog. "revolutionäre" 1. mai demo stagniert doch nicht? oder ist das ein irrtum/fehleinschätzung?

 

also, was wollt ihr?

 

von welchen demos sprecht ihr du konkret?

 

gehts mal bisl genauer?

 

danke

Nur mal keine Panik. Sommer grade erst vorbei müßen erstmal alle nach Haus kommen. Aber sehe auch ein Problem hier. Zu viel Party und Scheiß. Gilt natürlich nicht für alle ! ok, afd hat durch die Sonderzüge und -busse mit Mobilisierungspotential überrascht, das sollte nicht nochmal vorkommen... Ansonsten is doch der Laden halbwegs unter Kontrolle, halb so wild, man schafft es doch sogar mal weg zu fahren und auszuhelfen. Und Kleinarbeit machen wir doch schon seit Jahrzehnten. Oder worum geht es dir ? Ich finde du dramatisierst das etwas.Andererseits ist natürlich immer Luft nach oben, sag bescheid wenn de watt hast, Handlungsfähigkeit halte ich für gut.

solche texte demoralisieren. sie sind so unkonkret wie ihr ziel.

wen meinst du / wen meint ihr?

wessen demo/s meinst du / meint ihr?

was soll dann damit, womit, erreicht werden?

die grob geschätzten zahlen sind mir zu verallgemeinernd und zu unwirklich, selbst wenn mensch keinen bock auf die realität hat oder haben sollte.

ist es nicht ziemlich verloren, identitär, engstirnig, selbstverliebt bis selbstvergessen so eine betrachtung - so auf die art und weise - anzustellen?

auf was für (allgemeine) beobachtungen beziehst du dich / bezieht ihr euch sonst noch?

daß sich demos "totgelaufen" haben, pauschalisiert, würde ich nicht sagen. es kommt imho immer auf den grund, die form usw., sehr viele verschiedene faktoren an.

und es ist doch eh ein grundübel dieser gesellschaftsform, daß "linke" häufig nur auf erscheinungsformen reagieren können und dann erst im anschluß an bereits bestehende "bewegungen" reagieren können... aber willst du wirklich / wollt ihr wirklich teil einer "massenbewegung" sein, die sich immer nur "auf der straße" trifft? naja, anscheinend schon...

nichtsdestotrotz, die analyse so wie herr schaber sie hier angestellt hat läuft leider ins leere. von perspektivenverschiebung u.a. wäre da mal zu reden.

das beschweren über theorie kann ich dabei überhauptnichtmehr hören. das ist schlimmer als abgestandener schimmeliger kaffee.

dennoch, es bleibt dabei, organisieren, so-oder-so, selbermachen, weitermachen, andersmachen(!), weniger jammern (wie "die deutschen") sollte stattdessen die devise sein, so-wie-so.

da brauchts halt einen sprichwörtlichen langen atem, der das sterbliche einer menschlichen lebenszeit überdauern kann. (ergo zb linken "nachwuchs".)

also, alles gute

und linke faust hoch