An den ersten beiden Montagen des Novembers konnte der Pegida Ableger in Duisburg wieder bis zu 350 Menschen mobilisieren. Darunter immer mehr Neonazis und Hooligans. Am vergangen Montag, dem 9. November, demonstrierten zum ersten Mal wieder über 400 Gegendemonstrat*innen gegen Pegida. Die Polizei zeigte sich von der Situation völlig überfordert und ging brutal gegen Antifaschist*innen vor.
Pegida und seine Nazis
Der NRW-Ableger von Pegida konnte in den vergangen zwei Wochen weiterhin hohe Teilnehmer*innenzahlen verbuchen. Die Angaben von Pegida NRW,
die von bis 700 Teilnehmer*innen sprechen sind zwar aus der Luft
gegriffen, dennoch nahmen am 36. sowohl als auch am 37. sogenannten
Abendsparziergang bis zu 350 Menschen teil. Wie in den Wochen zuvor
waren wieder zahlreiche Hooligans und Neonazis dabei. Diese sammeln sich
seit dem Abendspaziergang am 02.November nicht mehr vor der Kneipe
“Crazy Monkey”, sondern vor dem Eingang des UCI Kinos, wo sie sich die meiste Zeit ohne Polizeibegleitung aufhielten. Erst kurz vor ihrem Marsch durch den HBF
stießen wenige Polizeibeamt*innen dazu und begleiteten mit
ausreichender Distanz den Mob von etwa 60-70 Hogesas, der laut grölend
durch den Hbf zog. Mit dabei ist seit zwei Wochen ein eigens gedrucktes
Plakat mit der Aufschrift „Duisburg macht sich grade – für Deutschland“.
Ein Auftreten, das viele Passant*innen, die sich zu der Zeit im Hbf
befanden, einschüchterte. Besonders heikel wurde es am vergangen Montag
als Teile des Mobs in einem Cafe in der Bahnhofsvorhalle vermeintlich
Linke erkannt haben wollten und versuchten diese anzugreifen. Die
Polizei musste dazwischen gehen und nur mit Glück kamen die
Besucher*innen des Cafes nur mit dem Schrecken davon.
Zum ersten Mal nahmen, seit ihrer Ausladung im Frühjahr, am
vergangen Montag auch bekannte Rechtsexteme aus Dortmund, wie Siegfried
Borchardt (“SS-Siggi”) und Michael Brück an der Demonstration teil. Die
Parolen, die bei den Demonstrationen gerufen wurden, machen den Anteil
organisierter Rechtsextremer immer deutlicher. Parolen wie „Hier
marschiert der nationale Widerstand“ oder „Antifa Hurensöhne“ gehören
inzwischen genauso zum Standartrepertoire wie „Wir sind das Volk“ und
„Merkel muss weg“. Auch das Verhöhnen von Opfern rechter Gewalt durch
die Parole “Thomas Schulz, das war Sport” ist inzwischen bei Pegida
möglich.
Die “Gegen-Nazis-Fahne” von Pegida, sowie deren Motto der Gewaltfreiheit
erscheinen in diesem Zusammenhang als völlige Farce. Wie in der
gesamten Bundesrepublik sind die Distanzierungsversuche von Pegida
gegenüber Gewalt und Rechtsextremismus auch in Duisburg also als haltlos
anzusehen.
Als Redner präsentierte das Orga Team am 09.November unter anderem Dominik Horst Roeseler, Pro-NRW
Funktionär und Organisator der Hogesa-Demos. Er versuchte die Masse mit
dem klassischen Nazi-Spruch: „Wer Deutschland nicht liebt soll
Deutschland verlassen.“ anzuheizen. Die Reden von Pegida, sowie die vom
Orga Team verteilten Deutschlandfahnen führten am vergangen Montag dazu,
dass die ohnehin schon gespenstische Atmosphäre rund um den Hbf noch
weiter gesteigert wurde.
Gegendemonstrant*innen und überforderte Polizei
Während am 02.November rund 200 Menschen an der Bahnhofsplatte gegen Pegida demonstrierten, stieg deren Zahl am vergangen Montag auf über 400 Menschen an. Dies könnte, neben den Berichten über das Erstarken von Pegida, auch an dem Jahrestag der Novemberprogrome 1938 gelegen haben. Zum ersten Mal riefen zusätzlich zum Bündnis „Duisburg stellt sich quer“ auch der Kreisverband der “Grünen” und das „Antifa Infoportal Duisburg“ zu der Gegenkundgebung am Hbf auf. Der Kreisverband der Linkspartei lief mit einem kleinen Demonstrationszug von der Bahnhofsplatte, an der Kneipe „Zum Wicküler“ vorbei, und dann in einem kleinen Bogen zurück zum Bahnhof. Die Kneipe diente an den letzten beiden Montagen allerdings nicht als Treffpunkt von Neonazis und Hooligans.
Der Aufruf des „Antifa Infoportals“ führte zum ersten
Mal seit langem dazu, dass zahlreiche Antifas aus anderen Städten den
Weg nach Duisburg auf sich nahmen. Da allerdings keinerlei weitere
Infrastruktur oder Aktionspläne zur Verfügung gestellt wurden liefen
diese hauptsächlich ziellos in den Nebenstraßen des Hbfs umher und
wurden dabei von Polizist*innen kontrolliert und verfolgt. Auch einen EA
oder ein Ticker wurden nicht zur Verfügung gestellt, sodass die
Situation sicherlich als gefährlich eingestuft werden muss.
Während Antifaschist*innen also von der Polizei kontrolliert und
schikaniert wurden, konnten sich nämlich Kleingruppen von Nazis frei um
den Bahnhof und durch die Innenstadt bewegen.
Kurz vor Beginn des
„Abendspaziergangs“ von Pegida kam Unruhe in die Gegenkundgebung als
einige Nazis, durch Hogesa Pullis erkennbar, inmitten der
Gegenkundgebung auftauchten. Aus der Unruhe heraus kam es dann zu
spontanen Rennereien von Antifaschist*innen in Richtung der Pegida
Kundgebung. Daraufhin versuchten auch einige gewaltbereite Hooligans und
Nazis die Polizeikette zu durchbrechen und Gegendemonstrant*innen
anzugreifen. Die Polizei zeigte sich in der Situation völlig überfordert
und ging gewaltsam gegen zahlreiche Gegendemonstrat*innen vor, während
die Pegida-Teilnehmer*innen auf der anderen Seite weiterhin ungestört
provozieren konnten. Das Bündnis „Duisburg stellt sich quer“ spricht von
zwei schwerer verletzten Demonstrat*innen, dazu kommen weitere
Verletzte durch den Einsatz von Pfefferspray. Einige Polzist*innen
zeigten sich derart gewaltbereit und übermotiviert, dass sie mehrfach
versuchten allein oder zu zweit Gegendemonstrat*innen anzugreifen, dabei
u.a. mit einem von Demonstrant*innen entwendeten Fahnenstock.
Zwischenzeitlich schien die Situation komplett zu eskalieren.
In Folge dieser Tumulte wurde die Gegenkundgebung von „Duisburg stellt
sich quer“ komplett eingekesselt, während Pegida fast ohne
Polizeibegleitung ihre kleine Demoroute laufen konnte. Der Kessel wurde
erst wieder aufgelöst, als Pegida bereits den Hauptbahnhof erreicht
hatte.
Fazit und Ausblick
Aus unseren Beobachtungen der vergangen vier Wochen (https://linksunten.indymedia.org/en/node/157412)
wird deutlich, dass die Erfolge von Pegida, gemessen an den hohen
Teilnehmer*innenzahlen im Oktober leider keine Ausnhamen waren.
Stattdessen scheinen die Teilnehmer*innenzahlen weiter anzusteigen und
sich zu verfestigen. Vor allem die Zahl an gewaltbereiten Hooligans und
Neonazis steigt weiterhin und ist ein fester Bestandteil der
montäglichen Pegida-Demonstration geworden. Das Erscheinen von bekannten
Dortmunder Neonazis zeigt außerdem deutlich, dass die Demonstration
immer attraktiver für Neonazis aus der ganzen Region wird. Es ist
aktuell davon auszugehen, dass diese Entwicklung so in den nächsten
Wochen weiter gehen wird. Besorgniserregend ist außerdem der Hooligan-
und Nazitreffpunkt vor dem UCI Kino am
Ostausgang des Hbfs. Der dortige Mob kann dort aktuell uneingeschränkt
Menschen bedrohen und selbst der versuchte gewaltsame Angriffsversuch
am letzten Montag führte nicht zu einer veränderten Polizeitaktik, so
konnten sich Neonazis und Hooligans auch auf dem Rückweg frei bewegen.
Außerdem ist eine deutliche Vernetzung und ein Zusammenwachsen von den
bisher eher inaktiven Neonazi- Strukturen in Duisburg zu beobachten.
Gruppen wie der „Nationale Widerstand Duisburg“ und „Hogesa-West“ mit
ihren federführendnen Organisatoren wie Detlev Michalek und Thomas
Eckleder scheinen dort zu verschmelzen. Das gemeinsame Banner ist trotz
Rechtschreibfehler sicherlich kein Zufall.
Antifaschistischen Strukturen zeigten sich auch am 09. November nicht
als fähig ernsthaft den Pegida Aufmarsch zu stören. Die Polizeitaktik
der letzten Wochen hat sich außerdem ebenfalls nicht geändert.
Repression und Gewalt gegen Gegendemonstrant*innen und ein
Freifahrtschein für Pegida scheint hier das Motto zu sein. Leider ist
hier ebenfalls eher von einer Verschärfung dieser Taktik nach den
Ausschreitungen am Montag zu rechnen, als mit Besserung.
Interessant wird sicherlich in den nächsten Wochen die Frage des Ortes
der Pegida Aufmärsche sein. Es gibt Forderungen von Teilnehmer*innen der
Pegida-Demonstration an das Orga Team, von der langweiligen Route
abzulassen und eine neue attraktivere Route zu suchen.
Insgesamt ziehen wir aus antifaschistischer Perspektive ein ziemlich
bitteres Fazit für die Situation um Pegida in Duisburg.
Viel Zeit für eine Analyse und Überlegungen, wie Antifaschistische Kräfte dagegen vorgehen könnten bleiben nicht. Der 38. Aufmarsch findet am kommenden Montag um 19 Uhr statt.
polizei überfordert?
Ich kann eure Einschätzung, dass die Polizei "überfordert" war, politisch nicht nachvollziehen.
Wenn sie es schaffte, eure Kundgebung komplett einzukesseln, ihre Gewaltbegeisterung an euch auszuleben, ohne das das ein öffentliches Nachspiel für sie hat und noch dazu der nazi-aufmarsch inklusive Abreise ungestört stattfinden konnte, dann hört sich das nicht nach "Überforderung" an, sondern eher nach einem polizeilich erfolgreich durchgesetzten Naziaufmarsch.
Es ist politisch aus antifa-sicht komplett nicht nachzuvollziehen, warum die aktive Rolle der Polizei bei der Durchsetzung rechter Aufmärsche immer wieder verschleiert wird.
Die Gründe mögen von Situation zu Situation etwas variieren und die Verquickung rechter und reaktionärer Kreise mit Exekutive und Judikative sind lokal sicher unterschiedlich stark ausgeprägt, aber "Überforderung" kann ich derzeit von Berlin bis Düsseldorf und Duisburg bis Dresden beim besten Willen nicht erkennen.
Mit solchen Formulierungen tragen wir nur zur weitergehenden politischen Verwirrung bei.
Zum ersten Mal?!
Ihr schreibt: "Zum ersten Mal riefen zusätzlich zum Bündnis „Duisburg stellt sich quer“ auch der Kreisverband der “Grünen” und das „Antifa Infoportal Duisburg“ zu der Gegenkundgebung am Hbf auf."
Das Infoportal hat aber jede Woche dazu aufgerufen, wie man an der Facebook-Timeline sehen kann. Nur diesmal gab es nach langem wieder einen ausformulierten Aufruf und nicht nur 2-3 Zeilen, was wahrscheinlich an dem Datum und den zunehmenden Teilnehmerzahlen bei Pegida lag. Diese Faktoren haben wohl auch dazu geführt, dass diesmal mehr Leute da waren, vorher hat ein Großteil der Linken in und um Duisburg Pegida ignoriert (was ihr in euren ersten Text noch versucht habt zu legitimieren). Und dadurch, dass so wenige auf den Gegenkundgebungen (die übrigens nicht nur von DSSQ, sondern auch vom Duisburger Netzwerk gegen Rechts organisiert wurden) waren, hat sich Pegida gestärkt gefühlt.
So so..
Dass die Teilnerzahlen bei Pegida wieder steigen liegt also nicht an einer allgegenwertigen Disskussion über eine angeblich "Flüchtlingskrise" sondern weil der Gegenprotest in Duisburg so klein war. Interessante Analyse.
Achja und das Infoportal hat ja jede Woche Montag was peinlichen geschrieben. Eine Dokumentation der Aufmärsche, eine Auseinandersetzung mit Pegida oder sonst was hat natürlich nicht statt gefunden. Aber das wäre ja auch Arbeit gewesen. Lieber jede Woche Montag ein peinlicher Facebook Post.
analyse
Klar spielt die Diskussion um die angebliche "Flüchtlingskrise" eine Rolle, das hat hier niemand geleugnet. Aber es ist nunmal auch Fakt, dass rechte Demos in Duisburg weniger Zulauf von "besorgten Bürger*innen" kriegen, wenn der Gegenprotest groß ausfällt (und umgekehrt, was sich wunderbar am Bsp. Neumühl im Oktober 2013 zeigt). Man hätte Pegida in den Sommermonaten bevor die Zahlen wieder angewachsen sind zum Erliegen bringen können, wenn ein Großteil der Duisburger (und NRW) Linken das Phänomen nicht ignoriert hätte.
Ja auf dem Infoportal findet man leider nur Dokumentationen zu den ersten 3 Aufmärschen, woran das lag - keine Ahnung - das müsstest du die Portalist*innen fragen, vielleicht hatten die ja keinen Bock was zu schreiben in der Annahme, dass es eh niemand liest, weil sich niemand für Pegida interessiert...Spekulation. Aber die Kurzaufrufe auf Fb sind nicht "peinlich", peinlich ist, dass ein Großteil der Linken diese nicht ernst genommen hat.
http://antifaduisburg.noblogs.org/post/2015/02/08/pegida-alle-schlechten...
http://antifaduisburg.noblogs.org/post/2015/01/30/pegida-klappe-die-zwei...
http://antifaduisburg.noblogs.org/post/2015/01/24/pegida-dpolg-hand-in-h...
Ergänzung
Aber die Kurzaufrufe auf Fb sind nicht "peinlich", peinlich ist, dass ein Großteil der Linken diese und v.a. Pegida selbst nicht ernst genommen hat.
Einfach hingehen
Mal zur Info es waren im Sommer nur die Linken Gruppen, die sich gegen Pegida gestellt haben, andere Bündnise Gewerkschaft und Parteien haben wir schon seit April nicht mehr vor Ort gesehen auch die Antifa hatte sich ziemlich rar gemacht, und bzzgl Sommer, es waren Ferien viele von uns haben auch Familie ...
Mit Kritik ist man immer schnell dabei nur wenn es ums handeln geht wird es ruhig, es wurden Bündnise und Parteien angeschrieben , auch Antifaschistische Gruppen wurden immer wieder Aufgefordert zu Unterstützen was kam war nichts . Der eine wollte mit dem nicht der andere heulte wegen der Musik und der nächste jammerte über die Zeit ,dieser Ewige Hick Hack, die machen das nicht und der hat da nicht Aufgerufen, ich Demonstriere aber nicht denen usw.Kotzt mich inzwischen an, es geht nicht um Grüppchen und Befindlichkeiten es geht um eine Demo gegen Nazis , bei der alle zusammenstehen sollten