Flüchtlinge schützen

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Am 14.11.15 wollen die "Patrioten Rostock" einen Aufmarsch durch Rostock starten und rufen "Gegen ihre Überfremdungspoltik" von 17 - 21 Uhr am Rostocker Hauptbahnhof auf. Da dort auch der Willkommensstand und Helfende von Rostock hilft aktiv sind und ankommende Flüchtlinge an den Gleisen abholen, sie mit Essen und Klamotten ausstatten, um sie dann in eine Unterkunft weiter zu vermitteln, wird dringend Hilfe benötigt, was die Gewähleistung des Schutzes dieser betrifft. Die Idee ist eine Menschenkette um den Bahnhof herum zu bilden, um damit ein deutliches Zeichen gegen Fremdenhass und für Solidarität zu setzen.  
Ein Augenzeugenbericht beschreibt, wie die Situation bei der letzten AfD-Demo am Bahnhof war. 

Augenzeugenbericht vom 17.10.2015:

Vorgeschichte: die AFD hat zur Demonstration gegen Flüchtlinge in Rostock aufgerufen. Diverse rechte Gruppierungen haben ihr Kommen angekündigt und auch ihre Gewaltbereitschaft. Unsere freiwillige Hilfe am Bahnhof muss trotzdem weitergehen, auch wenn die faschistische Propaganda direkt vor dem Bahnhof kundgegeben werden soll.

10:30 Ich komme am Hauptbahnhof an und erfahre, dass trotz der schwierigen Situation über 100 Geflüchtete aus Hamburg kommen (um 12:51).
Der Bus soll heute ständig bereit stehen, damit wir die Leute immer schnell aus der Gefahrenzone bringen können.

11:00 Noch ist es ruhig, darum bringen wir eine Familie mit der S-Bahn nach Marienehe in die Unterkunft. Dort steht etwa 200 Meter entfernt ein T4, von wo aus Nazis die Unterkunft beobachten.

Unseren Stand müssen wir weiter Richtung Südausgang verlegen.

12:00 Eine junge Frau aus Damaskus mit dem schönen Namen Buschia (so hab ich es zumindest verstanden) will nach Schweden. Ich erkläre ihr, dass wir auf den Bus warten müssen und dass sie sich in unserer Nähe aufhalten muss. 
Erste Nazis rotten sich auf der Südseite zusammen.
Buschia erklärt mir, dass sie ihre Mutter mitgenommen hat und dass wir sie suchen müssen, sie wäre wahrscheinlich draußen. 
Ich gehe mit ihr zuerst auf die Nordseite.
Ein Faschist beschimpft mich und spuckt nach mir. Glücklicherweise konnte ich ausweichen. Ein weiterer rempelt Buschia an. Ich entschuldige mich für diesen bescheuerten Menschen.
Schließlich finden wir ihre auf der Südseite.

13:00 Nach einem interessanten Gespräch mit Buschia sind nun die über 100 Leute aus Hamburg eingetroffen.
Viele wollen nicht nach Schweden, sondern haben viele verschiedene Ziele in Deutschland. Aber heute können wir darauf keine Rücksicht nehmen.
Mit Unterstützung der Antifa und allen Freiwilligen sind wir mittlerweile etwa 150 Leute.
Als der Bus da ist, bilden wir eine Schutzgasse und bringen die Geflüchteten zum Bus.

Mittlerweile ist mein Bruder Konrad eingetroffen und mein Freund Dominik.
Wir können nun nicht mehr alleine irgendwo hingehen - zu gefährlich.

14:51 Nun kommen nur noch vereinzelt Flüchtlinge, aber die gerade beginnende AFD -Kundgebung hat zu viele Nazis angelockt, wir bitten alle "ausländisch" aussehenden Menschen bei uns Schutz zu suchen.

15:30 Die Gegendemo startet vom Leibnizplatz, wird aber bald von der Polizei aufgehalten. Später treffen sie am Goetheplatz aufeinander. Die Faschisten gehen mit großer Aggression gegen Gutmenschen vor. Die Polizei kann schlimmeres durch hartes Durchgreifen verhindern. (nur gehört)

16:30 Die AFD-Demo löst langsam sich auf. Der Bahnhof fungiert als einziges Ventil, alle anderen Wege sind blockiert.
Wir bilden einen Schutzwall um die Geflüchteten. Die Polizei ist mit nur 10 Mann vor Ort, stellt sich aber vor uns.

Ich sage den Polizisten, dass wir in 20 Minuten mit mindestens 20 Mann auf's Gleis 7 müssen, um die Flüchtlinge aus dem Hamburger Zug runterzubringen.
Die Antwort der Polizei war: "Das ist euer Ding, ihr seid auf euch allein gestellt."

16:40 Wir gehen mit 19 Mann zum Gleis, besprechen, wo wir die Leute sammeln.
Der Bahnsteig ist zu diesem Zeitpunkt voller Faschos, von Polizei keine Spur.

16:51 Als die Leute aus dem Zug aussteigen, sammeln wir alle gefährdeten Personen neben dem Bäcker, sodass wir eine Wand im Rücken haben aber trotzdem Fluchtwege.
Sollte es eskalieren, würden wir schnell alle auf Gleis 6 bringen und verteidigen.

17:00 Wir sind bereit zum herunter gehen, als ein betrunkener Patridiot auf uns zukommt und einen Afrikaner angreifen will. Er schubst nicht nur in unsere Verteidigungslinie, er springt direkt hinein. Als er an unserer Gegenwehr scheitert und wegen seiner Trunkenheit plötzlich hinfliegt, ruft er seine Kumpels. 
Und wenige Sekunden später sind wir eingekesselt. Mit 19 Leuten versuchen wir etwa 35 Menschen, darunter Frauen und Kinder zu beschützen.

Wir haben jedoch keine Chance, also renne ich mit einem Antifaschist zusammen durch die Nazis, um Unterstützung zu holen.
Im Bahnhof wimmelt es jetzt von Rechten. Unser Stand ist plötzlich nicht mehr da und keiner unserer Leute.

Doch es geht um Leben und Tod, also sprinte ich durch die Nazis und finde draußen unsere Leute, zurück gedrängt von der Polizei. Ich ringe nach Atem und sage, dass wir Hilfe brauchen.
Dann rufe ich laut, damit es dir Polizei auch versteht: "Auf Gleis 7 greifen Nazis gezielt Flüchtlinge an."

Wir laufen mit 20 Mann (entschuldigt den Ausdruck, wir haben mindestens genauso viele tapfere Frauen dabei gehabt, die meinen tiefsten Respekt haben) los.
Den Rest hält Die Polizei zurück und will auch uns zurückpfeifen. "Die Polizei ist unterwegs, bleibt hier!"

Wir rennen jedoch unbeirrt weiter.
Oben angekommen ist die Stimmung am kochen. Wir rufen nur "Gleis 6!" und versuchen unseren Rückzug zu decken.

17:10 Wir sind nun oben gefangen. Die Polizei hat ganze 5 Leute geschickt. Da das Gleis 6 jedoch schmal ist, kann man es gut verteidigen. 
Die Flüchtlinge sind fast bis ans Ende gegangen, sind vollkommen verängstigt, die Kinder weinen.
Die Polenböller wecken mit Sicherheit böse Erinnerungen.

Ich sage der Polizei, dass in 13 Minuten der Berliner Zug auf Gleis 8 ankommt und dass wir auch dort sein müssten.
Die Polizei lässt den Zug darum auf Gleis 7 umleiten. Leider war es der falsche Zug.

Konrad, Dominik und ich laufen über die Bahnsteige und können von 2 ICs noch insgesamt 5 Menschen in Sicherheit bringen.

17:23 Auf Gleis 8 fährt der Berliner Zug ein. Was nun?
Ich schnappe mir 4 Leute, darunter Konrad und laufe durch die Unterführung zum Gleis 8.
In diesem Moment war es unten fast leer.
Wir treffen eine Mutter mit drei kleinen Töchtern und einem Sohn.
Sie sprechen gut deutsch und wohnen in Rostock.
Wir erklären ihr die Situation und sie ist einverstanden, dass wir schnell zu Gleis 6 laufen, solange es grad ruhig ist.
Ich nehme die kleinste auf den Arm und dummerweise sind 2 Kinder schneller als wir.
Sie laufen unten in die Falle, denn plötzlich stehen dort Faschos, die die Kinder anbrüllen und ihnen hinterherlaufen.
Wir rennen die Treppe wieder hoch. Nun sind wir nur zu fünft und müssen abgeschnitten von den anderen die Treppe verteidigen. Ein aussichtsloses Unterfangen.
Wie durch ein Wunder war just in diesem Moment der Rest von unseren Leuten draußen durchgebrochen, um uns zu helfen.
Als die feigen Nazischweine unsere Leute sahen, nahmen sie reiß aus.

Irgendwer hatte dann die Idee, die Familie in ein Taxi auf der Südseite zu setzen. Doch auf der Treppe zum Ausgang kamen wieder Faschisten entgegen, also umkehren. (in diesem Chaos hat die Kommunikation nicht immer ganz hingehauen)
Die Kinder weinten und zitterten vor Angst, als wir sie auch zum Gleis 6 brachten.

18:15 Endlich können wir die Leute wieder runter zu unserem Stand bringen. Aber wie bekommen wir die Leute nach Hause?

Eine 7 köpfige Familie möchte nach Stralsund. Wie sich heraus stellte, waren sie aus folgendem Grund in Rostock:
Gestern ging die Familie am Bahnhof in Stralsund einkaufen. Als sie in einen pakistanischen Laden kommen, sind dort gerade drei Faschos, die den Besitzer um Geld erpressen, sonst würden sie alles zerstören.
Als die Familie hereinkommt, schlagen die Nazis der Mutter und ihren Töchtern mit bloßer Faust ins Gesicht.
Der Vater konnte Fotos von den Leuten machen und sollte nun in Rostock Anzeige erstatten.

Erstaunlicherweise war auch der Ladenbesitzer zufällig bei uns hängen geblieben. Ihm hatten die Nazis die Hand zertrümmert.

Wir konnten diese Leute unmöglich mit dem Zug schicken. Was also tun?

Mein Bruder rief meine Eltern an und ich telefonierte mit Mitgliedern unserer Kirche. Alle waren sofort bereit zu helfen. So konnten wir alle sicher nach Hause bringen, inklusive Konrad, für den die Zugfahrt auch zu riskant gewesen wäre.

Da wir letzten Endes doch einen zu viel hatten, musste meine Mutter nun bei mir übernachten (ein spontaner Besuch ist ja auch mal gut).

Die letzte große Hürde war, mit meiner Mutter in einer S-Bahn voll Nazis nach Hause zu kommen.
Aus irgendeinem Grund (ich nenne ihn mal Gottes Schutz) haben uns alle ignoriert, als wenn wir gar nicht da wären.

Das war heute mein Tag. Und wie war deiner so?

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Wir folgen dem Beispiel Stralsunds und machen die Nazidemo sowie die An-und Abreisewege zu einem Gefahrengebiet. Wir zünden ihre Autos an, verfolgen die Nazis nach Hause und verteilen ein paar Linke an die Rechten.
Erst wenn das alles erledigt ist, können wir uns alle bei den Händen fassen und ganz ganz viele Zeichen gegen und für was auch immer setzen.

Momentan füht kein Weg an Militanz vorbei!