Linke Politik geht nicht von der Zuschauertribühne

Die Menschen fliehen aus Syrien nicht wegen der Politik des Westens – sondern wegen der Verbrechen des Assad-Regimes. Ein Kommentar zum Positionspapier von Sarah Wagenknecht und Dietmar Bartsch.

 

So einfach kann es mensch sich machen - unter dem Titel »Solidarität und Hilfe für Flüchtlinge erfordern ein grundsätzliches Umdenken!« haben Dietmar Bartsch und Sarah Wagenknecht am Wochenende ein Positionspapier veröffentlicht. Das Papier enthält zahlreiche sehr gute Vorschläge für ein Sofortprogramm für Vertriebene, die hier ankommen. Zudem wird gefordert, dass sich die EU endlich auch mit dem Fluchtursachen beschäftigen muss. Auch das ist richtig.


Was die beiden PolitikerInnen der Linkspartei dann allerdings als Ursachen für die Flucht von tausenden aus Syrien anführen, vor allem aber: was sie nicht als Fluchtursachen anführen, lässt einen sprachlos zurück. Es wird zwar die deutsche Politik der Interventionskriege und Regime-Change-Versuche kritisiert, auch wird allen voran die Rolle der USA bei der Destabilisierung ganzer Regionen ausgemacht.

 

Aber abgesehen davon, dass das Papier die koloniale Verantwortung der europäischen Staaten komplett außer Acht lässt, schafft es der Text zumindest mit Blick auf Syrien mit keinem einzigen Wort, die Fassbomben, den alltäglichen Terror und die völlige Verwüstung Syriens durch das Assad-Regime zu erwähnen. Von den massiven Waffentransporten Russlands und des Irans in die Region ganz zu schweigen.

 

Das Problem ist gerade nicht, dass die Bundesregierung oder die EU gegenüber dem Regime in Syrien eine aggressive Politik verfolgt haben, wie das Papier suggeriert. Im Gegenteil. In den letzten viereinhalb Jahren waren weder Berlin noch Brüssel bereit, sich in diesen Konflikt einzumischen – jenen Konflikt, der Hunderttausende in die Flucht getrieben hat. Egal, ob beim Giftgaseinsatz 2013, beim Abwurf von Fassbomben auf Wohngebiete oder bei dem vom Regime tolerierten, teilweise sogar geförderten Erstarken dschihadistischer Gruppen - der Westen hat stets besorgt, aber doch höflich dem Treiben des Assad-Regimes zugeschaut.

 

Man bekommt den Eindruck: Ginge es nach Wagenknecht und Bartsch, wäre es am besten, gegenüber Syrien diese Politik fortzusetzen und die Zuschauertribüne nicht zu verlassen. Dazu gehörte dann auch – wie in ihren Papier – über die Völkerrechtsverbrechen des Assad-Regimes zu schweigen.

 

Anstatt aber folkloristisch-linke Positionen des Kalten Krieges wiederzukäuen, hätten Bartsch und Wagenknecht am Wochenende besser das Gespräch mit einigen der zu Tausenden aus Syrien nach Deutschland kommenden Menschen gesucht, um sie nach den Gründen für ihre Flucht zu fragen. Vielleicht wäre dann auch ein Papier entstanden, das im Falle Syriens einen Bezug zur Realität und den Erfahrungen derer gehabt hätte, die ihre Heimat verlassen müssen.

 

Elias ist Mitgründer der Initiative Adopt a Revolution, die sich für den friedlichen Aufstand der SyrerInnen einsetzt. Mit anderen Aktivisten war er in den letzten Tagen in Ungarn unterwegs, um dort den Marsch der Flüchtlinge nach Europa zu begleiten.

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Guter Beitrag.

Leider kann ich das so nicht unkommentiert lassen, weil dieser Beitrag nur so vor Naivität strotzt und sich um konkrete Aussagen rumdrückt. Was fordert ihr, wenn ihr meint die vermeintliche "Zuschauertribüne" sei zu verlassen? Diplomatische Initiativen? Mehr oder weniger hoffnungslos angesichts der verfahrenen Interessengegensätze. Den Einsatz westlicher Bodentruppen? Nein danke, hat ja auch im Irak und Afghanistan schon so gut geklappt, zumal das den Konflikt nur noch verschärfen würde. Militärische Hilfslieferungen an die Rebellen? Meines Wissens nach wurden und werden die vermeintlich moderaten Kräfte unterstützt und sind trotzdem total marginalisiert oder zu den religösen Eiferern übergelaufen. Was also schlagt ihr vor?

Bullshit war das ein guter Beitrag.

 

Unnütz wie ein*e Kropf. Aufbauend auf Behauptungen. Und implizit die Forderung nach organisierter Gewalt in Form von einer Intervention staatlicher Armeen. Ggf. NATOlich Schulter an Schulter. Eine Portion Corps-Geist. Und Verantwortung die aus unserer kolonialen "Vergangenheit" erwächst und uns ermächtigt unser staatliches Gewaltmonopol auf den "nahen Osten" auszuweiten.

 

Das Verhalten des deutschen imperlialistischen Klüngels der letzten Jahre wird im Text als Passivität missverstanden und dieses Missverständnis wir auch noch propagiert. Eine wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit, das Liefern von dual-use Gütern oder gleich Waffen, die Reform der Bundeswehr und des Asyl-Gesetztes sind alles andere als Zeichen der Passivität: Es ist eine aggressive Politik, die die Selbstbestimmung der Menschen in aller Welt untergräbt und immer weiter verunmöglicht.

 

Statt die chauvinistische Auffassung, dass Mann Menschen Vernunft einprügeln kann, zum x-mal zu wiederholen und staatliche, mindest organisierte, Gewalt zu fordern, hätte ein guter Beitrag für mich die Aufforderung zivile Möglichkeiten der Friedenssicherung mindest gleichberechtigt neben Krieg zu stellen.

 

Statt sich über Parlamentarier zu echauffieren und eine andere Auslandspolitik von der Opposition zu fordern, hätte ein Aufruf stattfinden können sich selbst zu organisieren. Um hier oder von mir aus in Syrien zu agieren, als freie Menschen. Aber hier soll Gewalt, tödliche Gewalt an staatliche Stellen delegiert werden um sich selbst aus de Veantwotung zu ziehen.

 

NEVER JOIN ANY ARMY

DESERT IMMEDIATLY

MAKE LOVE NOT WAR

 

Strukturen zur Fahnenflucht aufbauen!

 

THERE ARE NO NATIONS

Im Kapitalismus versucht jeder genügend mächtige Staat seinen Einfluss zu vergrössern, das nennt man Imperialismus. Die russische Aussenpolitik ist nicht weniger imperialistisch als die amerikanische, letztere ist einfach erfolgreicher. Als ob es überraschend wäre, dass Wagenknecht Assad nicht kritisiert, genau wie es kaum überrascht, dass die prowestliche syrische Opposition ihn als die Wurzel aller Übel darstellen will. Beides ist Quatsch, Geopolitik ist kein Hollywood-Film und wer sich damit begnügt, die eine oder andere Seite zu verteidigen, wird die Situation nie verstehen können.

 

Der Westen hat übrigens massiv Waffen an Rebellengruppen geliefert, soviel zur "Untätigkeit". Die etlichen amerikanischen Humvees im Besitz des IS sind diesbezüglich vielsagend. Natürlich wurde der IS nicht direkt unterstützt, doch am Anfang infilitrierten der IS und andere Islamisten prowestliche Rebellengruppen, um an die Waffen zu kommen. Und um zur Erkenntnis zu gelangen, dass die prowestlichen Liberalen nicht die stärkste Oppositionskraft in Syrien sind, braucht man beileibe kein Diplom in Middle East Studies. Zudem ist der Westen an der Situation im Irak nicht ganz unschuldig und der IS entstand in diesem Kontext in einem amerikanischen Gefängnis.

 

Was soll denn der Westen in Syrien bitteschön genau tun? Einmarschieren? Oder einfach ein bisschen mehr "unterstützen"? Die Türkei ist gerade daran, die im Text gestellten Forderungen zu erfüllen. Rezept: Es werden "gemässigte" islamistische Gruppen (u.a. die Jabhat al-Nusra, sprich al-Qaida) unterstützt, um eine "Sicherheitszone" zu kreieren. Kurioserweise ist al-Qaida mittlerweile fast schon so etwas wie ein Verbündeter des Westens, in Syrien kommt die Unterstützung vom NATO-Mitglied Türkei, im Jemen kämpft der westliche Verbündete Saudiarabien de facto Seite an Seite mit al-Qaida.

 

In diesem Spiel wollen der Westen, Russland und die jeweiligen Regionalmächte alle das gleiche: Ihren Einfluss vergrössern und diverse Ressourcen kontrollieren. Es ist absurd, zu behaupten, dass im einen Fall gute, im anderen schlechte Absichten ausschlaggebend sind. In gewissen Situationen gibt es Kollateralnutzen für die einen Bevölkerungen, in anderen Kollateralschäden für die anderen. Doch das gute Leben können wir uns nur selbst erkämpfen.

 

 

...die beim Kampf um Syrien und Irak eine Rolle spielen, die aber aus "linker Tribünensicht" nicht gerne angefaßt werden, um den Rechten keine Themen vorzugeben, und weil manchmal nicht sein kein was nicht sein darf: Religiöse Raserei zwischen Sunniten und Schiiten, ethnische Abneigungen zwischen Türken, Kurden, Arabern und Jesiden sowie der Kampf um die Ölquellen, die jede der vielen Gruppen gerne für sich hätte.

Hallo Elias!

 

Du bist sprachlos weil Wagenknecht und Bartsch Assads Verbrechen nicht als Fluchtursache erwähnen? Mich macht eine andere Nicht-Erwähnung - nämlich die des IS - sowie die völlige Verdrehung der Rolle der westlichen imperialistischen Länder sprachlos! Die Menschen fliehen momentan wohl in erster Linie vor dem mittelalterlich-barbarischen Terror des IS und natürlich vor dem Bügerkrieg, der auf Seiten der "Rebellen" schon lange beinahe ausschließlich von Dschihadisten unterschiedlicher Schattierungen geführt wird.

Und dieser IS und alle anderen Dischhadisten-Mördergruppen, wurden auch nicht durch die massiven Waffentransporten Russlands und des Irans aufgerüstet, sondern durch das Nato-Land Türkei und die "strategischen Verbündeten" des Westens (auch der EU und der BRD!) Saudi-Arabien, Katar, usw.! Warum erwähnst du das nicht?

 

Vielleicht weil dies deine Position ist:

Das Problem ist gerade nicht, dass die Bundesregierung oder die EU gegenüber dem Regime in Syrien eine aggressive Politik verfolgt haben, wie das Papier suggeriert. Im Gegenteil. In den letzten viereinhalb Jahren waren weder Berlin noch Brüssel bereit, sich in diesen Konflikt einzumischen

 

Die Luschen hätten also von Anfang an richtig Krieg führen sollen, oder wie? Wie in Lybien - dort ist es mittlerweile übrigens Alltag dass Städte die in der Hand des IS sind von Al-Quaida "befreit" werden, oder umgekehrt. Wie z.b. vor wenigen Wochen in der Hafenstadt Sirte geschehen.

Sitimmen tut deine Aussage EU und BRD hätten sich in Syrien nicht eingemischt, natürlich auch nicht. Als wäre das Tolerieren der Unterstützungshandlungen von Türkei, Saudi-Arabien etc. für IS und co nicht schon genug Einmischung und Aggresivität, hat die BRD von anfang an den "Syrischen Nationalrat" als einzige Vertrung der SyrerInnen akzeptiert, die diplomatischen Beziehungen zu Assad abgebrochen und ein Embargo verhängt bzw. unterstützt, das - wie immer - in erster Linie die syrische Bevölkerung trifft. Außerdem wurde noch jede ernsthafte Verhandlungsbemühung - die meist von den bösen, bösen Russen angestrengt wurden - von den Nato-Ländern recht einmütig torpediert!

Zusammengefasst: Diesen Konflikt und seine Akteure würde es ohne die massive Einmischung des Westens und seiner Verbündeter heute so wohl nicht (mehr) geben! Das Ziel war und ist die Destabilisierung Syriens (und mittlerweile auch des Iraks) als wichtigstem Verbündeten des Iran. Aus irgendeinem Grund will es euch von "adopt a revolution" aber nicht in den Kopf gehen, das das (ehemals legitime) Aufbegeheren der SyrerInnen für mehr Demokratie mittlerweile komplett von Dschihadisten übernommen wurde und neben deren fanatischen Ideen nur noch dem genannten Destabilierungsbestreben des Westens dient.

Das wiederum könnte dann daran liegen, dass ihr von der olivgrünen Heinrich Böll Stiftung finanziert werdet, und nur aus Marketinggründen so tut als seid ihr Linke. Stimmts, Elias?

 

By the way: Sogenannte "Fassbomben" sind sicher schlimm und verursachen auch mit Sicherheit schreckliche Verletzungen. Sie sind aber deutlich weniger schlimm als JEDE konventionelle Bombe! Sonst würde die Nato nämlich jetzt auch Fassbomben verwenden und nicht mehr ihr Arsenal an proffesionellen Brand-, Spreng-, und Streubomben aus deutscher, amerikanischer, schweizer, ... Produktion! Die Art und Weise wie ihr den Begriff "Fassbombe" verwendet ist nichts weiter als billige Demagogie.

bitte lest die folgenden Bücher:

Daniel Gerlach, 2015, Herrschaft über Syrien. Macht und Manipulation unter den Assad, Edition Körber Stiftung

 

Christoph Reuter, 2015, Die schwarze Macht. Der „Islamische Staat“ und die Strategen des Terrors, DVA

über das Stasi-Kalifat

 

Hans Günter Lobmeyer, 1995, Opposition und Widerstand in Syrien, Hamburg : Dt. Orient-Institut

 

über die Methoden des Regimes seit 1970 und

 

Faleh Abdel Jabar über das Leben in der Saadam-Zeit im Irak 1970-2003. auch in Jörg Später Hg., 1994, Alles ändert sich die ganze Zeit... Der Nahe Osten.. iz3w

 

Auf zur Demo gegen Shell in Nigeria! 10.000 Leute in Frankfurt, gegen Shell, Milliarden Reparationen an die Bewohner des Nigerdeltas!

Auf zur Demo gegen den Krieg in Südsudan! Frieden zwischen den Clans!

Auf zur Demo gegen die Javanisierung West-Papuas!

Keine Macht für Niemand!

Weg mit dem Militarismus in Thailand!

"Nach rechten Gruppen und Teilen der Union positionieren sich auch Linke gegen Zuwanderung und wollen die Festung Europa verteidigen"


http://www.heise.de/tp/news/Querfront-gegen-Fluechtlinge-2806532.html

 

Na und was glaubt ihr ?!

Natürlich mit dabei die "Nationallinke" Sara Wagenknecht und die Junge Welt, .... schütten auch mal wieder Öl ins rassistische Feuer.

merkel, gauck und konsorten sind laut dieser staatsapologetischen ergebenheitsadresse auf einmal die geilsten hier, obwohl es denen nur darum geht, hier ein dauerhaft billiges ausnutzbares subproletariat zu halten, dass den kartoffeln in zwanzig jahren die ärsche abwischt. wenn das keine querfront ist ...

Scheiße. Die zitierten Sätze aus der Jungen Welt beziehen sich ja wohl eindeutig auf die Verlogenheit von Gauck und Co. Nicht mehr und nicht weniger. Die Junge Welt positioniert sich jeden Tag mehrmals und eindeutig GEGEN die Festung Europa und für offene Grenzen - und zwar vehemter als heise.de oder irgend eine andere Zeitung oder größeres Online-Medium!

Diese dumme Hetze gegen die Junge Welt ist einfach nur erbärmlich.