Ostprignitz-Ruppin: Bunter Protest gegen Hetzveranstaltungen der NPD in Wusterhausen/Dosse, Wittstock/Dosse und Rheinsberg

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Neonazis haben gestern in mehreren Städten im Norden Brandenburgs erneut Stimmung gegen die Unterbringung von Flüchtlingen gemacht. In Wusterhausen/Dosse fand deren Versammlung sogar in der Nähe der dortigen Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende statt. Auch in Wittstock/Dosse und Rheinsberg, den weiteren Anlaufpunkten der Neonazis, werden zurzeit Flüchtlinge untergebracht. Gegen die Versammlungen der NPD fanden aber auch in allen Städten, trotz kurzfristiger Mobilisierung, Gegenproteste statt. In Rheinsberg beteiligten sich sogar bis zu 200 Menschen, darunter ein 80 köpfiges Jazzorchester, an den Protesten. In Wusterhausen/Dosse protestierte „Neuruppin bleibt bunt“ mit ungefähr 20 Menschen, in Wittstock/Dosse „Wittstock bekennt Farbe“ mit ca. 10.

 

Organisierte Hetze


Trotz des Brandanschlages auf die Sporthalle im havelländischen Nauen, welcher der vorläufige Höhepunkt einer regional bisher beispiellosen, durch Neonazis und ihren Sympathisant_innen ausgelösten, Eskalation war, setzte die NPD Prignitz-Ruppin gestern ihre Kampagne gegen Flüchtlinge und deren Unterbringung im Norden Brandenburgs weiter fort.

Der Neuruppiner NPD Stadtverordnete Dave Trick drückte während seines Redebeitrages bei der Kundgebung in Wittstock/Dosse zwar seine Bedauerung über die Brandstiftung an der Nauener Turnhalle aus sowie seine Hoffnung auf baldige Verhaftung der Täter_innen, wirklich glaubhaft wirkte er dabei jedoch nicht. Im Februar 2015 war Trick selber an den Tumulten bei der Nauener Stadtverordnetenversammlung beteiligt, die als Initialzündung der momentanen Eskalation   gilt. Des Weiteren nahm er immer wieder an Kundgebungen und Aufmärschen gegen das geplante Flüchtlingsheim in Nauen teil, hielt dort auch Redebeiträge, die sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen richtete. Und auch heute ging die Hetze von ihm und seinen Freunden von den „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“ fröhlich weiter. Marvin Koch sprach bei seinen Redebeiträgen in Wusterhausen/Dosse und Wittstock/Dosse erneut von „Rassenkrieg“ und bezeichnete Asylsuchende einmal mehr als „Pack“ und „Hundesöhne“. Eine ähnliche Rede hatte er bereits am 10. Juli 2015 während einer Kundgebung der „Freien Kräften Neuruppin / Osthavelland“, also ungefähr einen Monat vor dem Brandanschlag, in Nauen gehalten. Darüber hinaus unterstrich er, während den Kundgebungen gestern, seine menschenverachtende Gesinnung durch die T-Shirt Aufschrift „HKNKRZ“, ein Kurzwort für „Hakenkreuz“. Auch die anderen beiden Redner_innen der „Freien Kräfte“, Pierre Boddin und Beatrice Koch, die während Kundgebungstour sprachen, echauffierten sich über die Aufnahme von Flüchtlingen in der Bundesrepublik.

Die Versammlungen zogen vor allem Neonazis aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Havelland und Oberhavel. Eine schwarze Fahne zeigte explizit auch den Ortsnamen „Nauen“.

In Wusterhausen/Dosse und Wittstock/Dosse beteilgten sich jeweils ungefähr 20 Personen an den NPD Veranstaltungen, in Rheinsberg sogar ca. 30.

 

Bunter Protest, zuletzt mit viel Musik


Allerdings war dort, in der nördlichsten Stadt der Kundgebungstour durch den Landkreis Ostprignitz-Ruppin, auch der Protest am stärksten. Zunächst hatten sich ungefähr 100 Menschen auf dem Kirchplatz versammelt. Dann spielte eine Partyband auf und animierte die Leute zu einem fröhlichen Beisammensein. Es wurde sich eingehakt und später sogar eine Polonäse getanzt, mit Landrat Ralf Reinhardt vorne weg. Wenig später stieß dann noch eine 80 köpfige Jazz-Combo dazu, die zu den Klängen von „the saints go marching in“, ähnlich der berühmten Umzüge in New Orleans, einmal um den Triangelplatz, dem Versammlungsort der Neonazis, tanzten und deren düstere, schwermetallische Nazimusik übertönten. Mit dieser waren übrigens um 9.00 Uhr morgens auch die Bürger_innen von Wusterhausen/Dosse aus dem Bett geworfen worden. Eine Anwohner_in rief den Neonazis dort deshalb aus ihrem Fenster zu, dass sie endlich ihre „Scheiß Mucke“ ausmachen sollten. Der Auftritt in der Dossestadt war ohnehin skandalös, fand er doch in 200m Entfernung der dortigen Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende statt. Das Bündnis „Neuruppin bleibt bunt“ war deshalb zur Gegenkundgebung auch mit Gießkannen und Wasserschläuchen erschienen, um der geistigen Brandstiftung so etwas symbolisch entgegenzusetzen. In Wittstock/Dosse erschien die örtliche Zivilgesellschaft ebenfalls mit Gießkannen. Darüberhinaus wurden aber auch Plakate gezeigt, auf denen sich mit Flüchtlingen solidarisiert wurde.

 

Fotos:

https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157655629699903

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Ihr solltet mal mehr darüber nachdenken wie man verpixelt.

Wenn man schon Gegenproteste leider nicht verpixelt, dann machen 2-3 verpixelte Gesichter dazwischen nun überhaupt keinen Sinn!

Na ja, ist schon ein Unterschied, ob mensch nun Jugendliche, die in der Schule, Ausbildung, Disco etc. auf Naziabschaum treffen, verpixelt oder nicht. Anders hingegen bei Erwachsenen Menschen, die ohnehin in kommunalpolitischer Verantwortung stehen, explizit auch ihr Gesicht zeigen wollen oder mit genug Rückgrat in der Gesellschaft stehen.

Allerdings gebe ich Recht, dass das verpixeln hier tatsächlich keinen Sinn hatte. Die Nazis waren mit ordentlicher Kameratechnik vorort und haben einen Teil der Gegenproteste und Pressefotografen, zum Teil in Porträtgröße, abgelichtet und bereits auf ihrem Flickr Account veröffentlicht.

Im übrigen handelte es sich bei den Gegenprotesten offenbar um rein zivilgesellschaftliche Veranstaltungen mit Landrat, Pfarrer, Abgeordnete, bekannte Repräsentanten der Zivilgesellschaft etc., also OHNE Beteiligung von Antifas oder wegen der Teilnahme an den Gegenkundgebungen repressionsbedrohter Menschen.