Polizei lässt rassistische Proteste eskalieren

Ankunft in Dresden

Nachdem der Freistaat in einer Nacht- und Nebelaktion den Entschluss fasste, auf Grund der wenig überraschenden steigenden Zahl von asylsuchenden Menschen, auf der Bremer Straße im zentrumsnahen Dresdner Stadtteil Friedrichstadt ein provisorisches Zeltlager für insgesamt 1.100 Menschen zu errichten, kam es am frühen Freitagabend zu Ausschreitungen durch eine größere Gruppe von Nazis (Fotos). Unmittelbar nach dem Ende einer von der NPD angemeldeten Kundgebung direkt vor dem für das Zeltlager vorgesehenen Gelände versuchten etwa 30 Personen die nur wenige Meter entfernten Gegenproteste anzugreifen.

 

Dabei flogen immer wieder Flaschen und Feuerwerkskörper, mindestens drei Personen wurden bei dem plötzlichen Gewaltausbruch verletzt. Die Polizei, die im Unterschied zur NPD-Demonstration am 17. Juni lediglich mit rund 50 Einsatzkräften vor Ort war, schien über mehrere Minuten nicht in der Lage zu sein, die Ausschreitungen zu unterbinden. Erst nach etwa einer halben Stunde gelang es den anfangs sichtbar überforderten Einsatzkräften, die Nazis abzudrängen. In den Abendstunden erreichten dann die ersten Busse mit geflüchteten Menschen die Sächsische Landeshauptstadt und wurden durch die etwa 150 vor Ort verbliebenen Menschen begrüßt. Obwohl das Deutsche Rote Kreuz (DRK) zuvor die Zelte als unzureichend für Kinder bezeichnet hatte, erreichten zudem auch etliche Kinder das Lager.

 

Schon am Abend nach Bekanntwerden des Plans, in der Friedrichstadt mehr als 1.000 Asylsuchende vorläufig unterzubringen, war in sozialen Netzwerken zu Protesten aufgerufen worden. Nachdem PEGIDA-Chef Lutz Bachmann anfangs wie üblich die nach Dresden verlegten Menschen als “Glücksritter” und “Kulturbereicherer” bezeichnete, ruderte er nach Bekanntwerden der Anmeldung einer NPD-Kundgebung zurück und verwies seine Mitstreiter auf den kommenden Montag, wenn PEGIDA nach einer zweiwöchigen Pause wieder durch die Dresdner Innenstadt marschieren will.

 

Dennoch konnte die NPD neben dem üblichen eigenen Klientel und bekannten Personen aus der freien Kameradschaftsszene am Freitag innerhalb kürzester Zeit auch zahlreiche Personen aus dem Umfeld der Dresdner Fußballfanszene zu ihrer erst am Tag angemeldeten Kundgebung mobilisieren. Der Personenkreis um Nick Fischer, Tom Mischner und Lucas Fasold war es dann auch, der kurzzeitig die Lage zum eskalieren brachte, als aus ihren Reihen heraus Flaschen und Böller in Richtung der zu dem Zeitpunkt lautstarken Gegenproteste geworfen wurden und es zu Rangeleien mit der Polizei kam.

 

Insgesamt hatten sich in der näheren Umgebung mindestens 150 zum Teil sehr sportliche Nazis eingefunden, welche sich nahezu frei bewegen konnten. Auch Stunden später versuchten immer wieder eigens angereiste Gruppen rechter Schläger zum Gelände zu gelangen. Auf Seiten der NPD waren mit René Despang, Arne Schimmer und Jens Baur die üblichen Verdächtigen vor Ort.

 

Die neuerlichen Ausschreitungen passieren nicht im luftleeren Raum. Erst kürzlich war es in Freital unweit von Dresden zu einer Reihe von rechten Kundgebungen und Übergriffen gekommen, auch damals schon glänzte die Sächsische Polizei mit personeller Unterbesetzung. Dies zeugt nicht nur davon, dass das Sächsische Innenministerium offenbar nicht gewillt zu sein scheint, die Situation im Freistaat in den Griff zu bekommen, sondern ist vielmehr ein Ausdruck dessen, was von Teilen der Sächsischen Politik in öffentlichen Verlautbarungen immer wieder zu hören war.

 

Ohne näher auf die Situation von Menschen aus Bürgerkriegsregionen einzugehen, wird aus reinem Kalkül oder der Angst davor, das eigene Wählerklientel zu verlieren, immer wieder versucht, Stimmung gegen asylsuchende Menschen zu machen. Da spricht sich ein Sächsischer Ministerpräsident im Zuge der PEGIDA-Proteste offen gegen den Islam aus, während gleichzeitig sein CDU-Parteikollege Markus Ulbig gemeinsam mit seinem bayerischen Amtskollegen offen für eine rechtswidrige Wiederaufnahme von Grenzkontrollen eintritt. Geflüchtete Menschen willkommen zu heißen und ihnen tatsächlich Hilfe anzubieten, so der Eindruck, scheint in Sachsen zuallererst als Aufgabe ehrenamtlicher und freiwilliger Helferinnen und Helfer verstanden zu werden.

 

Die Ereignisse vom Freitag lassen keinen Zweifel mehr daran, dass die Sächsische Staatsregierung aktuell bewusst auf eine Eskalation der Proteste setzt. Obwohl spätestens seit dem jüngsten Brandanschlag in Meißen klar geworden sein dürfte, dass es in Sachsen auch Menschen gibt, die eine Unterbringung von Asylsuchenden notfalls mit Gewalt verhindern wollen, werden geflüchtete Menschen über Nacht in eilig errichteten Zeltstädten untergebracht, während an anderer Stelle ganze Bürokomplexe und Wohnungen leerstehen.

 

Wer außerdem nicht in der Lage dazu ist, sowohl Asylsuchende, als auch deren Unterstützerinnen und Unterstützer adäquat zu schützen, wird seiner eigentlichen Funktion nicht gerecht. Bereits vor dem gestrigen Abend war es zu Drohungen, Pöbeleien und Übergriffen auf die etwa 70 Helferinnen und Helfer des DRK gekommen, welche sich, wie schon in den zurückliegenden Wochen, gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk (THW) für die Errichtung des Lagers verantwortlich zeigten. Der Vorstandsvorsitzende des DRK Landesverbandes, Rüdiger Unger, zeigte sich angesichts der erlebten Drohungen erschüttert. “So etwas”, so DRK-Chef Unger, “haben unsere Rot-Kreuz-Helfer noch nie auf der Welt bei humanitären Einsätzen erlebt”.

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"Nacht- und Nebelaktion" bezieht sich auf das hier, das erscheint etwas unglücklich in dem Zusammenhang hier...

Es ist wohl viel eher so, das sich der Nazierlass auf das Sprichwort bezieht, anstatt umgekehrt

Im Zusammenhang mit "Aktion", also "Nacht- und Nebel-Aktion", bezieht sich das ziemlich eindeutig auf den Nationalsozialismus - wenn auch bestimmt nicht absichtlich...

Die Antifa ist nicht mehr in der Lage der Militanz der Nazis was entgegen zu setzen. Daran ist auch das de-eskalative Kozept der Antifa Politik der letzten Jahre schuld. Wer sich immer mehr den Parteien und der Zivilgesellschaft anbiedert muss sich nicht wundern, wenn der militante Arm abstirbt. Jetzt über das Versagen der Bullen zu jammern ist doch der Hohn. Seit Jahren werden auf Demos Parolen gerufen, die Nazis und Bullen gleichsetzen, und die NSU Geschichte hat es doch bestätigt, warum sollen die Bullen jetzt die Nazis bremsen? Antifa war doch der Kampf gegen Staat und Nazis, oder?

...zwischen die Fronten geraten...

tolle analyse. und was ist dein beitrag daran? was hast du für andere konzepte getan? was übrigens fehlt in deiner beschreibung ist das was gemein als sächsische verhältnisse bezeichnet wird. nämlich einen enormen repressiondruck genau auf jene "antifa", die das macht was du hier einforderst. 129 verfahren in dresden, jetzt in leipzig. da geht es nämlich um die zerschlagung der letzten reste einer antifa, die nazis noch was entgegensetzt. klar, staat und nazis hand in hand, aber umso schwieriger ist es auch mit einem repressionsapparat im nacken gegen nazis vorzugehen, die nun mal in sachsen unbehelligt bleiben. siehe NSU und die liste wäre noch ausbaubar. also hilf doch einfach den genossInnen, bringt mehr als hier noch weiter auf jene einzuprügeln, die schon regelmäßig einstecken müssen

Der Hohn ist, in der jetzigen Situation mit solch inhaltsleeren und hohlen Analysen Spaltung zu betreiben "der Antifa"(wusste gar nicht dass das so eine feste Institution ist) die Schuld an der Gewalt der Nazis zu geben.

Hier wird nicht über das Versagen der Bullen "gejammert" weil die Leute auf Staat und Cops vertrauen, sondern um diese "antirassistische" Fassade die sich die sächsischen Behörden geben zu entlarven.

Das es Entscheidungen von verschiedenen Antifa-Gruppen gab die militanten Konzepten entgegenstand will ich hier gar nicht verneinen, das heißt aber auf der einen Seite nicht dass deswegen "die Antifa" verantwortlich ist für Gewaltbereite Faschisten und auf der anderen Seite heißt das auch nicht dass dich irgend ein Mensch daran hindert militant vorzugehen.
Aber klar, immer erstmal schön spalten in Zeiten der Not, das hilft immer klasse.

Das wüsstest du aber vielleicht wenn du hier nicht nur zum polemischen Pöbeln in den Kommentaren gekommen wärst.

Es ging damals unter anderem darum, der Kritik von feministischen und "behinderten"-Gruppen zu entsprechen. Eine Antifa, bei der nur (weisse, deutsche, junge) Männer mit dicken Armen mitmachen können, so lautete der Beschluss, ist Teil des Problems und nicht der Lösung. Die KollegIn im Rollstuhl mit auf die Blockade nehmen zu können ist wichter als die militante Uberlegenheit. Oder soll die in der WG bleiben und den Kaffe warmhalten, bis die Helden zurückkommen? Das öffentliche Gespräch nach dem von Kanzler Schröder ausgerufenen "Aufstand der Anständigen" ermöglichte massenhaften Zivilen Ungehorsam (dessen Formel "von uns wird keine Eskalation ausgehen.." in hunderten Demoaufrufen zu finden war) als Ausweg. Und die erste Hälfte der 0er Jahre hat das ja auch funktioniert. Gerade aufgrund der Bündnisarbeit.

Zur Zeit funktioniert es nicht mehr. Aber ein Zurück zu einer Antifa als Geheimbund junger Menschen mit dicken Armen - soll es das sein? Soll die Geschichte sich da als Tragödie wiederholen? Oder als Pharse?

Bekannte Nazifressen:

aktive Gewalttäter:

Stay tuned!

3. Verkehrsschild: Tom Oegel

4. Vermutlich David Luecke

5. Rene Foerster - Sonnenbrille, Graues Hemd, schubst den Polizisten rechts:
http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.2582199.1437769136!/httpImage/image.jpg_gen/derivatives/860x860/image.jpg

Zu 3: Der Warnbarkenträger ist hier https://farm4.staticflickr.com/3751/19981234915_19a3f11af5_h.jpg mit Cap und hochgeschobener Sonnenbrille in der Bildmitte zu sehen.

Michael Kunath

Der Böllerwerfer bei 2:08 (https://www.youtube.com/watch?v=ezF40Ag-IP0) Everlast-Shirt, Sonnenbrille und Halstuch wurde als "TOM" gerufen.

Bei Facebook wurden auf der rechten Seite "Bürgerwehr Freital" diverse Aufnahmen von Antifaschisten veröffentlicht. Vermutlich stammen die Aufnahmen von dieser Person: