[MD] Kommentar zur Kritik an unserer Protestpraxis #dietotenkommen

Verwendung mit freundlicher Genehmigung von “Regina – Ravende Europäer gegen Intoleranz und Nationalismus”, Foto der Aktion am 23.06.2015 im Magdeburger Herrenkrug

Nach der Veröffentlichung eines Fotos eines symbolischen Grabes für die namenlosen toten Flüchtlinge an Europas Grenzen auf unserer Facebook-Seite wurde Kritik an dieser Protestpraxis geäußert. Mit der Veröffentlichung des Fotos hätten wir uns als “Teil einer rassistischen Struktur der weißen Mehrheit” zu erkennen gegeben. Dem Bündnis wird #Eurozentrismus vorgeworfen und Nachholbedarf im Bereich antirassistischer Bildung bescheinigt.

 

Dazu folgende Erklärung:

Da anzunehmen ist, dass diese Kritik exklusiv gegen Magdeburg Nazifrei erhoben wird und der gewünschte Diskurs nicht stattfindet, möchten wir diesen hier gern anstoßen: Nicht zuletzt, weil bei der Aktion am 23.06.2015 in Magdeburg wieder und in größerer Zahl auf Holzkreuze als Symbole für Grabstätten zurückgegriffen wurde. Die SDS/Linksjugend [`solid] Magdeburg hatte zur Kundgebung gegen eine Konferenz der CDU-Fraktionsspitze in die Nähe des Tagungsortes im Magdeburger Herrenkrug mobilisiert. Es wurde gegen die bevorstehende Asylrechtsverschärfung protestiert. Während dieser Kundgebung wurden mehrere symbolische Gräber errichtet, viele davon mit einem Holzkreuz markiert.

 

Festzustellen ist, dass eine wichtige und im Rahmen dieser Kritik geäußerte Bemerkung zutrifft, da die meisten übers Mittelmeer Geflüchteten aus der Subsahara Muslime sind und dass ein Kreuz als christliches Symbol höchstwahrscheinlich nicht den Glauben der Mehrheit der Toten abbildet. Der Umstand, dass bei solchen symbolischen Grabstätten niemand bestattet wird, erübrigt die Rücksichtnahme auf diese Tatsache nicht. Allerdings ist die Verwendung eines Holzkreuzes auch der einfachste Weg zur Errichtung einer – als solche erkennbare – symbolische Grabstätte. Dachlatten sind preiswerter als Grabsteine. Der bedeutende Unterschied bei einer tatsächlichen Bestattung von Muslimen zur christlichen Tradition besteht darin, Muslime in Leichentüchern ohne Sarg zu beerdigen und mit einem Grabstein zu kennzeichnen. Das Argument, dass Dachlatten billiger und leichter zu beschaffen sind als Grabsteine, ist aber in diesem Diskurs unzulässig. Die höheren Kosten rechtfertigen die Verwendung eines Holzkreuzes zur teureren Alternative eines Grabsteines nicht.

 

Hauptargument für die Verwendung des Kreuzes als Kennzeichnung eines Grabes ist die Symbolwirkung:

  • Auch Nichtchristen wissen bei einer solchen Anordnung (Kreuz, Grablichter und Blumen auf angehäufter oder ebener Erde) dass es sich um ein Grab handeln soll.

Nebenargumente:

  • Ein Holzkreuz kann einfacher beschriftet werden als ein Grabstein und ist leichter zu transportieren
  • Die Darstellung einer Grabstätte für Muslime ist als Grab nicht mehr erkennbar, wenn dabei auf den Stein verzichtet werden muss

Dennoch gilt es zu reflektieren, welche Möglichkeiten es gibt – gerade in Zeiten der Pegida und rasender Islam-/Muslimfeindlichkeit – darauf hinzuweisen, dass die Verwendung des Kreuzes nicht die Muslime ignorieren will, sondern sich als Symbol an die verlogene christliche Moral der CDU richtet, die Nächstenliebe predigt, aber lediglich politisches Asyl gewährt. Dass sich als bekennende Christen in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen, wenn derart eindringlich an das christliche Prinzip der Nächstenliebe erinnert wird, ist hinzunehmen und anzuerkennen.

In Sachsen-Anhalt sind aber nur knapp 18 % Christen, verbinden also mit einem Kreuz mehr als die Symbolhaftigkeit. Dennoch werden in Sachsen-Anhalt Menschen abgeschoben, Magida marschiert und Sachsen-Anhalt erreicht Spitzenwerte bei der Abfrage fremdenfeindlicher Vorurteile. Eine Mahnung daran, Menschen als Menschen anzuerkennen und sie nicht zum Spielball politischer Interessen zu machen, darf sich also nicht nur auf die Verwendung christlicher Bezüge beschränken. Sachsen-Anhalt wird schwarz-rot regiert und die CDU verfügt mit 41 Sitzen über die größte Fraktion im Landtag. Darum passt das Kreuz als Symbol eben doch zur Situation in Sachsen-Anhalt. Aber auch wenn ein Holzkreuz die Minderheit der Christen an das Gebot der Nächstenliebe im Widerspruch zur Alltagswirklichkeit erinnert, so wird es dennoch auch von der nichtkonfessionellen Bevölkerungsmehrheit als symbolisches Totengedenken verstanden.

Wir danken allen, die sich auf die eine oder andere Art an dieser Protestaktion beteiligen.

Weiter so. Werdet kreativ. Seid ungehorsam!

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eure argumente leuchten ein.aber mal ganz ehrlich.ich finde diese aktionen absolut richtig,ob nun mit kreuzen oder grabsteinen.meinetwegen auch gerne mit grabsteinen, aber die leute die da das maul aufreisen und die kreuze kritisieren; meine fresse,könnt ihr denn selbständig geradeaus denken?es geht doch darum das menschen gestorben sind und man deshalb trastische aktionsformen wählt(sowas wie gräber etc.) um ein totes menschenleben zu veranschaulichen und nicht um irgendeinen religionsquatsch

Blumen sollten doch auch völlig ausreichen.

...erst regen sie sich auf über das Verschwinden der Holzkreuze am Bundestagsgelände. Dann regen sie sich auf, weil sie in Massen auftauchen. Manche reden halt einfach gerne über's Wetter...