Am 31. Januar diesen Jahres hatte die Dokumentation „Dobrovol'ci Bozhoi Choti" (Freiwillige der Armee Gottes) im Kiyver Arthouse-Filmtheater „Kinopanorama“ Premiere. Mehr als 400 Anwesende wollten sehen, wie die Freiwilligen der Einheit „Dobrvol'cheskij Ukrainskij Korpus“ (DUK), der militärische Arm der faschistischen Partei und Bewegung Pravij Sektor (Rechter Sektor), den Flughafen in Donetsk verteidigen und in den Feuerpausen von der Schaffung einer ukrainischen Nation philosophieren. Bei der Uraufführung in Kiyv waren zahlreiche Kommandeure verschiedener Bataillone des DUK anwesend, die sich in einer Pressekonferenz zur Premiere unzufrieden mit den zu diesem Zeitpunkt laufenden Minsker Verhandlungen äußerten. Kurz nach der Premiere wurde der Film in einer Privat-Vorstellung unter Anwesenheit der Regisseure Leonid Kanter und Ivan Yasniy dem Vorsitzenden der Partei Pravij Sektor und Oberbefehlshaber Dmitrij Jarosch im Krankenhaus vorgeführt, wo er sich seit seiner Verletzung im Kampf um den Donetsker Flughafen aufhielt.
Der Film dokumentiert die Kampfe um den Flughafen von Donetsk aus der Sicht der nationalistischen Freiwilligen des DUK, der zwischen September 2014 bis Januar 2015 eskalierte und am Ende zur vollständigen Übernahme durch die Milizionären der sogenannten Volksrepublik von Donetsk führte. Es kommen verschiedene Kämpfer*innen und Kommandeure des DUK zu Wort. Unter ihnen ist auch ihr Oberbefehlshaber und der Vorsitzendes der Partei Pravij Sektor Dmitrij Jarosch. Die Regisseure Kanter und Yasniy dokumentieren also nicht nur die Ereignisse in Donetsk, sondern produzieren mit ihrem Film auch Propaganda für die nationalistische ukrainische Bewegung im Allgemeinen sowie die Militanten vom faschistischen Rechten Sektor im Besonderen.
Die Einheiten der sogenannten „Freiwilligen-Armee Gottes“ (aka Cyber-Robots) befindet sich im Zuge der Eingliederung der Freiwilligen Einheiten in einem ständigen Konflikt mit der ukrainischen Regierung. Das Bataillon „Azov“, in dem ukrainische aber auch zahlreiche internationale Nazis und Faschist*innen kämpfen, zum Beispiel wuchs im Zuge ihrer Institutionalisierung und Überführung in die offizielle Ukrainische Armee zum Regiment. Die Führung des DUK dagegen verweigert sich der Kontrolle durch das ukrainische Verteidigungsministerium und bietet weiterhin Freiwilligen die Möglichkeit im Donbass zu kämpfen, ohne sich offiziell registrieren und dem Oberbefehl der ukrainischen Armee unterordnen zu müssen.
Durchaus bemerkenswert ist neben den porträtierten Protagonist*innen die in der Dokumentation verwendete Musik. Es singt nämlich der militante Journalist und Milizionär in der begleiteten Einheit Oleksiy Byk. Er wird von der Band Komu Vnyz begleitet, die als Väter der ukrainischen Gothic Musik gelten, denen aber auch Verbindungen zum nazistischen Blood & Honour Netzwerk nachgesagt werden. Das Logo der Band passt übrigens auffallend zu diesen Verbindungen. Es ist nämlich ein Symbol, das verdächtigt an eine schwarze Sonne erinnert. Auf ihren Konzerten präsentiert die Band darüber hinaus gerne die schwarz-rote Fahne des Rechten Sektors. Außerdem haben sie offenbar eine Band-Standarte mit Reichsadler, Ehrenkranz und ihrem Bandsymbol, die in der Form an die Standarte der national-sozialistischen Wehrmacht erinnert. Außerdem hat das Bandmitglied Andrej Sereda auf einem Parteitag der nationalistischen Partei Svoboda gesprochen und grüßte die Delegierten mit dem Hitlergruß. Darüber hinaus scheint er Kontakte zum Regiment „Azov“ zu pflegen.
Die Dokumentation tourt zurzeit unter dem Titel „The Ukrainians“ durch die Welt. Die nächsten Termine in Europa sind in Krakow am 30. Juni, Prag am 1. Juli, München am 9. Juli, einen Tag später Berlin und der11. Juli in Warschau. Es ist fest davon auszugehen, dass weitere Termine folgen werden.
Die Organisation der Infoveranstaltungen und Filmvorführungen übernehmen Personen der ukrainischen Diaspora, die offenbar sehr gute Kontakte zu militanten Nationalist*innen und zum Teil zum faschistischen Rechten Sektor haben. Besonders befremdlich ist mit dem Rathaus Charlottenburg nicht nur der Ort der Vorstellung in Berlin sondern auch, dass die Organisation von Mitgliedern der jüdisch-ukrainischen Diaspora übernommen wird. Dieser Umstand ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, da die faschistische und rassistische Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) von Stepan Bandera, in deren Tradition sich der Rechte Sektor und sein militärischer Arm DUK sieht, seit den 1920er bis Ende der 1940er gegen die Sowjets kämpfte und dabei auch mit den Nazis kollaborierte sowie für die Vertreibung und Ermordung von polnischen und jüdischen Ukrainer*innen verantwortlich gemacht wird. Die ukrainische Regierung hat diese militanten, ukrainischen Nationalist*innen vor wenigen Wochen zu gesetzlich geschützten Märtyrern erklärt und so weltweit Entrüstung und Kritik nicht nur in Russland, Polen, der USA und Israel ausgelöst.
Also: Ukrainische Nationalist*innen machen für ukrainische Faschist*innen einen Propaganda-Film. Zur musikalischen Untermalung ihres vermeintlich heroischen Kampfes im Donbass singt eine problematische Band, die keine Probleme mit national-sozialistischen Symbolen und militanten Neonazis hat. Dieser Film tourt zurzeit durch die Welt und vernetzt somit ukrainische Nationalist*innen weltweit. Neben Kinos und Kultureinrichtungen der ukrainischen Diaspora wird ausgerechnet in Berlin ein kommunales Verwaltungsgebäude als Ort für die Propaganda-Veranstaltung genutzt. Da werden schmerzhafte Erinnerungen wach.
ZUR DOKUMENTATION
FB Seite zur Doku (englisch): facebook.com/pages/The-UKRAINIANS/782610808490736
Trailer ukrainisch: https://www.youtube.com/watch?v=WmC_vr5Zf8w
Trailer mit englischen Untertiteln: https://www.youtube.com/watch?v=Fftqr09RQ1w
VORSTELLUNGEN
30. Juni 2015, Krakow, Kika: facebook.com/events/1641123216099832/
1. Juli 2015, Prag, Dům Národnostních Menšin: facebook.com/events/403606389830355
9. Juli 2015, München, Ukrainska Domivka: facebook.com/events/927835600615860/
10. Juli 2015, Berlin, Rathaus Charlottenburg: facebook.com/events/862005423848188
11. Juli 2015, Warschau, Kino KC: facebook.com/events/825006354243347
QUELLEN
Artikel zur Premiere (russisch): http://culture.lb.ua/news/2015/02/01/294023_prokat_vishel_noviy_film.html
Foto, Screening im Krankenhaus mit Yasniy, Jarosch, Kanter
facebook.com/photo.php?fbid=766424963451451&set=a.616334081793874.1073741850.100002518625745&type=1
Interview mit einer führenden Person von Blood & Honour Ukraine (ukrainisch): http://www.lab.org.ua/article/29/
Andrej Sereda zeigt Hitlergruß (russisch): http://newsme.com.ua/ukraine/988519
Über Stepan Bandera und die OUN: http://www.jg-berlin.org/beitraege/details/nazikollaborateur-als-neuer-h...
Filmvorführung des Propaganda Film „The Ukrainians“ abgesagt
Die Filmvorführung der Dokumentation „Dobrovol'ci Bozhoi Choti" (Freiwillige der Armee Gottes), der zurzeit unter dem englische Titel „The Ukrainians“ durch die Welt tourt und am 10. Juli 2015 im Bürgersaal des Berliner Rathaus Charlottenburg gezeigt werden sollte, wurde abgesagt. Damit bleiben vorerst zumindest die Berliner von der patriotischen Propaganda der Freiwilligen der Einheit „Dobrvol'cheskij Ukrainskij Korpus“ (DUK), dem militärische Arm der rechten Partei und Bewegung Pravij Sektor (Rechter Sektor) verschont. Es steht aber zu befürchten, dass ein Ausweichort für die Filmvorführung gesucht wird.
Siehe https://linksunten.indymedia.org/de/node/147207