[Thiazi-Prozess] 2. Verhandlungstag

Thiazi-Pressegruppe

Am Donnerstag, 18. Dezember 2014, fand der zweite von zunächst 32 angesetzten Verhandlungstagen im s.g. „Thiazi-Prozess“ statt. Auf der Tagesordnung stand auch dieses Mal wieder ausschließlich das Verlesen der Anklageschrift. Aufgrund ihres Umfangs – sie beinhaltet insgesamt 853 Seiten – wird dies wohl auch noch einige weitere Tage in Anspruch nehmen. Der Angeklagten Daniela Wagner scheint der Prozess schon jetzt zu viel zu werden. Der Justizbehörde, die sie am Morgen von ihrer erneuten Verspätung zum Verhandlungstag in Kenntnis setzen musste, teilte sie mit, sie „habe keinen Bock mehr auf den Scheiß“.

 

 Zur Erinnerung: Der Hintergrund


Am 14. Juni 2012 wurde das zu dem Zeitpunkt bedeutendste deutschsprachige Neonazi-Forum auf Betreiben der Staatsanwaltschaft Rostock vom Netz genommen: thiazi.net. In insgesamt elf Bundesländern fanden damals Razzien statt, 24 Objekte wurden vom BKA durchsucht, gegen 26 Beschuldigte im Alter zwischen 22 und 64 Jahren wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt.

Auf der Anklagebank sitzen nun die vermutlichen Köpfe von «Thiazi», der 33-jährige Klaus Werner Ruthenberg aus Barth (Mecklenburg-Vorpommern) und die 32-jährige Daniela Wagner aus Untereisesheim (Baden-Württemberg) sowie die ebenfalls zur „Belegschaft“ gehörenden Dominik Schuster, 33 Jahre, aus Karlsruhe (Baden-Württemberg) und der 28-jährige Denny Stetefeld aus Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt). Die Anklage lautet auf „mitgliedschaftliche Beteiligung in einer kriminellen Vereinigung“ (§129 Abs. 1 Var. 2 StGB) und „Volksverhetzung“ in mehreren hundert Fällen.

 


 

 Der 2. Verhandlungstag


Alle sind da, nur eine fehlt erneut: Aufgrund von Zugverzögerungen erscheint die Angeklagte Daniela Wagner auch zu diesem Verhandlungstermin verspätet. Ihretwegen waren alle Termine bereits von 09.30 Uhr auf 10.15 Uhr verschoben worden, damit sie den Vorabend nicht in Rostock verbringen muss. Um 12.30 Uhr, so lange war auch die Verhandlung ausgesetzt worden, erscheint sie endlich im Gerichtssaal – wieder vollvermummt, obwohl an diesem Tag keine Kameras dort sind. Am ersten Verhandlungstag hatte ihr Anwalt zu erwirken versucht, dass außerhalb des Zuschauerbereichs keine Aufnahmen seiner Mandantin gefertigt werden dürfen, die Bilder zumindest aber zu verpixeln seien. Obwohl nicht bekannt ist, dass im Nachgang des ersten Prozesstermins Fotos veröffentlicht worden sind, auf denen sie zu erkennen wäre, scheint Wagner unzufrieden. Sie beschreibt ihrem Anwalt noch vor Prozessbeginn einen Pressevertreter, der offenbar ein Foto von ihr gefertigt hat, mit dem sie nicht einverstanden ist, und den sie nun ausfindig machen möchte: „Die Leute sind doch alle am Eingang dokumentiert!“

 

Es wirkt ganz so, als würde Wagner bereits zum jetzigen Zeitpunkt Nerven zeigen. Auch auf den Hinweis ihres Anwalts, dass der Richter sie wegen ihrer Verspätung wahrscheinlich rügen werde, reagiert sie aufgebracht und uneinsichtig. Der Richter mahnt zu Beginn der Verhandlung dann tatsächlich an, sie hätte dafür Sorge zu tragen, pünktlich zu den Prozessterminen zu erscheinen, und, sofern sie mit den Justizbehörden telefoniere, dies „in einem ordentlichen Ton“ zu tun. Offenbar hatte Wagner telefonisch nicht nur ihre Verspätung mitgeteilt, sondern auch aufgeregt vorgebracht, dass sie „ein Kind hätte“, „bald aus dem Zug spränge“ und „keinen Bock mehr auf den Scheiß hätte“. Als Wagner sich zu den Ermahnungen des Richters verteidigen möchte, dass sie früh losgefahren wäre, tut sie das aufgebracht und mit fast weinerlicher Stimme, wird jedoch schnell wieder vom Vorsitzenden mit den Worten unterbrochen, dass solche Verspätungen nur dann möglich seien, wenn die Fahrten so gelegt würden, dass man gerade rechtzeitig käme.

Der restliche Verhandlungstag unterscheidet sich danach kaum vom ersten. Die beiden Staatsanwältinnen wechseln sich im Verlesen der Anklageschrift ab, die weitere Songtexte neonazistischer Bands enthält. Mit dem Wissen der „Belegschaft“ standen demnach Schriften und digitale Datenspeicher zum Abruf bereit, die volksverhetzende Inhalte in jeder Spielart aufwiesen. Den Angeklagten wird vorgeworfen, von ihren Betreuerrechten keinen Gebrauch gemacht zu haben, um die Beiträge zu löschen oder zumindest zu sperren; vielmehr sei es ihnen sogar darum gegangen, diese zugänglich zu machen. Für Außenstehende sind die Hasstiraden und Gewaltaufrufe gegen Migrant_innen, Schwarze, POC, Jüdinnen und Juden, Menschen mit Behinderungen, Linke und  andere Gruppen nur schwer zu ertragen. Bis auf Denny Stetefeld bleiben jedoch auch dieses Mal die Angeklagten teilnahmslos und zeigen keinerlei Reaktion.

Die Verhandlung endet aufgrund eines Termins von Stetefeldts Rechtsanwalt, Herrn Christof Zuberbier, um 14.45 Uhr. Die beiden nächsten Verhandlungstermine finden am 7. und 8. Januar 2015 jeweils um 10.15 Uhr am Landgericht Rostock statt. Der vorsitzende Richter, Herr Goebels,  kündigt an, beim nächsten Mal ohne Verzögerungen starten und die Verhandlungstage auch nicht vorzeitig beenden zu wollen.

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Danke für Eure Arbeit.

Ich schließe mich an.

Sind das alle angeklagten? Es gab auch in Darmstadt damals eine Hausdruchsuchung. Ist zu dieser Person etwas bekannt?

Es ist möglich, dass weitere Prozesse folgen!

Was ist den gestern und heute gewesen?