Am 16.07.2014 gab es in Marburg eine Hausdurchsuchung. Anlass dazu war laut Staatsschutz eine Outingaktion der Kampagne Wälder. Wiesen. Neonazis., welche den Rechtsanwalt Eike Erdel als Nazianwalt bezeichnet und diese Kategorisierung in einem mehrseitigen Text herleitet.
Eike Erdel erstattete in Folge dessen Anzeige wegen Beleidigung. Nachdem die Ermittlungen zuerst im Sande zu verlaufen schienen, fiel der Verdacht auf eine Person aus Marburg, da ihr Fingerabdruck auf einem Flyer der Kampagne gefunden wurde. Daraufhin wurde vom Amtsgericht Gießen eine Hausdurchsuchung genehmigt, welche Informationen über die Kontakte der betroffenen Person zu der „Organisation“ Wälder. Wiesen. Neonazis. liefern sollte. Bei der Hausdurchsuchung in Privat- und Gemeinschaftsräumen wurden Datenträger, Computer, Handys, Fotos und Kameras, sowie weitere Gegenstände beschlagnahmt. Derzeit wird versucht die verschlüsselten Computer zu knacken. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren bereits eingestellt, der Beschwerde von Eike Erdel ist es jedoch zu verdanken, dass es fortgeführt wird.
Aktuell beabsichtigt die Staatsanwaltschaft Gießen beim Amtsgericht Gießen eine DNA-Entnahme zu beantragen. Diese bezieht sich nicht auf den Fall der Beleidigung, sondern auf einen ganz anderen Fall, nämlich eine Sachbeschädigung, die es laut Staatsanwaltschaft am Haus des Anwalts gegeben habe. Allerdings gibt es keine Indizien, die auf eine Täterschaft der beschuldigten Person hinweisen. Die Vermutung liegt nahe, dass die DNA-Entnahme lediglich der Datensammelwut der Ermittlungsbehörden dient.
Noch skurriler wird das Ganze bei Betrachtung der hier dargestellten Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft: Eine Person, deren Beteiligung bei einer Outingaktion nicht nachgewiesen werden kann, soll nun wegen eines an den Haaren herbeigezogenes Verdachts auf Täterschaft in einem Fall ihre DNA abgeben. Die DNA-Analyse und ihre Speicherung ist eine weitreichende Methode der Repressionsbehörden und wird seit einiger Zeit immer häufiger bei immer nichtigeren Anlässen eingesetzt. Sie wird seit einigen Jahren immer öfter beantragt und von Richter_innen genehmigt. Diesen Umstand und das dahinter gelagerte Interesse – Einschüchterung und Auskundschaftung linker Strukturen - verurteilen wir aufs Schärfste.
Gegen die folgenreiche Sammelwut der staatlichen Behörden!
Solidarität mit den Betroffenen!
Wenn Ihr in ähnlichen Fällen von Repression betroffen seid, meldet euch unverzüglich bei der Bunten Hilfe Marburg oder bei der nächstgelegenen Ortsgruppe der Roten Hilfe.
Ein Blick in die folgenden Veröffentlichungen zum Thema Hausdurchsuchungen kann nicht schaden:
- http://www.rote-hilfe.de/rechtshilfe-und-unterstuetzung/rechtshilfetipps...
- AutorInnenkollektiv (Hg.) Wege durch die Wüste - Ein Antirepressionshandbuch für die politische Praxis UNRAST-Verlag
Und hier noch Infos zu DNA-Entnahmen:
- http://warstartsherecamp.org/de/story/aufruf-zur-solidarit%C3%A4t-widers...
- http://www.rote-hilfe.de/literaturvertrieb/infomaterial/flyer-um-haaresb...
Bunte Hilfe Marburg - November 2014 - http://www.bunte-hilfe.de/aktuelles
DNA? Von uns kriegt ihr nix
Fingerabdrücke auf Flyern
Da muss aber schon was ganz besonders Heftiges vorgefallen sein, wenn die Cops so einen Enthusiasmus an den Tag legen. Aber in Mittelhessen sind sie besonders engagiert wenn es gegen bestimmte Leute und Gruppen geht, das kennen wir ja ;-)