[B] Rassistische Mobilisierungen in Berlin

Refugees Welcome

In Berlin laufen derzeit massive rassistische Mobilisierungen. In Buch, Marzahn und Köpenick gehen immer wieder hunderte Rassist*innen auf die Straße. Diese Mobilisierungen sind kein Zufall. Der Senat hat vier von sechs geplanten Containerdörfern genau in NPD-Hochburgen platziert. Gegenprotest gegen die Nazidemos wird kriminalisiert und unterbunden. Gleichzeitig läuft eine rassistische Medienkampagne gegen die besetzte Schule und Drogenhändler*innen im Görlitzer Park. Der Staat ermöglicht erst durch sein Handeln diese unerwartete, rassistische Mobilisierung. Dem müssen wir uns entschlossen entgegenstellen.

 

Solidarität mit den Geflüchteten


In Deutschland kommt es seit einigen Jahren wieder vermehrt zu rassistischen Protesten gegen Geflüchtete, es gibt Brandanschläge und gewaltsame Übergriffe. Gleichzeitig sind aber auch antirassistische Proteste in der Offensive. In Berlin brachen Geflüchtete die Residenzpflicht, sie verließen die Lager und besetzten die Schule und den Oranienplatz. Viele Menschen zeigten ihre Solidarität mit den Geflüchteten. Rassistisches Handeln des Staates muss sich somit stärker rechtfertigen und erklären.

 

Durch antirassistische Interventionen konnten auch immer wieder rassistische Mobilisierungswellen gestört werden. In Hellersdorf konnte im letzten Jahr durch Blockaden von Demos, einen permanenten Infostand und viele weitere Aktivitäten das Handeln der Nazis eingeschränkt werden. Auch in Schneeberg konnte nach einiger Zeit Gegenprotest organisiert werden, schließlich brachen die öffentliche Naziproteste dort ab. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es weiterhin massive Nazihetze im Internet mit großer Reichweite und anwachsende rassistische Gewalt im Alltag gibt.

 

Trotzdem waren in den letzten Monaten in Berlin die Proteste der Geflüchteten deutlich präsenter als Nazidemos und sie haben auch den öffentlichen Diskurs beeinflußt.

 

Hellersdorf 2.0


Der Senat hat diese Proteste vielfach versucht niederzuschlagen. Der kompromissbereite Teil der Geflüchteten wurde mit einem Angebot gelockt, alle gemachten Versprechungen wurden dann konsequent gebrochen. Die Proteste wurden kriminalisiert, Leute ausgehungert, Unterstützer*innen diffamiert und Demos angegriffen.

 

Eine rassistische Gegenmobilisierung kommt da ganz gelegen, sie bindet Kräfte und verschiebt den Diskurs.

 

Aus den rassistischen Protesten in Hellersdorf im Jahr 2013 hat der Senat offenbar etwas gelernt. Zwei Containerdörfer wurden in die unmittelbare Nähe gelegt. Zwei andere Containerdörfer in die beiden anderen verbliebenen NPD-Hochburgen Buch und das Allendeviertel in Köpenick. In diesen Gebieten hat die NPD die meisten Wähler, nicht in den medial bekannteren Gebieten Schöneweide oder im Weitlingkiez. Der Senat hat eigene Grundstücke für die Errichtung der Containerdörfer zur Verfügung gestellt, war also für den Auswahlprozess ganz alleine verantwortlich.

 

Nun kann das sehr ungewöhnliche Zusammenfallen von NPD-Hochburgen und geplanten Containerdörfern entweder strategisch geplant sein. Es kann aber auch ein Resultat des strukturellen Rassismus des Sozialsenats sein. Der Staat legt ein Containerdorf sicherlich nicht in eine angesagte Wohngegend, sondern möglichst weit weg an den Stadtrand. Dabei hätte es dem Senat auffallen müssen, dass er die Geflüchteten in eine Nazigegend schickt. Dem Senat geht es aber nicht um das Wohl der Menschen, sondern darum die Geflüchteten einzuschüchtern, zu isolieren und abzuschrecken. Ein Nazimob vor der Tür kommt da gar nicht so ungelegen. Besser als solidarische Unterstützer*innen, die die Geflüchten unterstützen und den staatlichen Rassismus kritisieren.

 

Lichtenhagen 2.0?


Nun gibt es zeitgleiche rassistische Mobilisierungen an drei Orten. Das erschwert die Intervention. Die Nazis können viele rassistische Normalbürger*innen in ihre Aktivitäte einbinden. Die Presse möchte nicht von Nazidemos reden und die Polizei lobt, wie friedlich doch die Rassist*innen demonstriert hätten. Uns muss es gelingen dieses Szenario zu unseren Gunsten zu drehen, wir müssen in den kommenden Wochen immer wieder an diese drei Orte fahren und unsere Solidarität mit den Geflüchteten zeigen.

 

Der Staat will demnächst das Asylrecht massiv verschärfen. Die Inhaftierung von Geflüchteten soll stark erleichtert werden, Abschiebungen schneller durchgeführt werden. Wir müssen also gleichzeitig gegen den Rassismus von Staat und Gesellschaft aktiv werden. Am Samstag in Marzahn Nazidemo verhindern!

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Diese Ängste sind Rassismus! Gegen die rassistischen Mobilisierungen in Berlin intervenieren!
Ein Aufruf der Kampagnengruppe "Deutschland demobilisieren!" der Naturfreundejugend Berlin

Seit einigen Wochen häufen sich erneut rassistische Angriffe und Mobilisierungen in Berlin: Nach der Räumung des Camps am Oranienplatz fahren die Parteien von CDU bis Grünen eine repressive Kampagne gegen selbstorganisierte Refugee-Strukturen wie die besetzte Gerhart Hauptmann-Schule. Gleichzeitig wird geplant, neu ankommende Asylsuchende unter immer widrigeren Bedingungen in Containern und Hallen zusammen zu pferchen. Rassist_innen fühlen sich in dieser Situation als Vertreter_innen eines „Volkswillens“, der darauf abzielt, den Berliner Senat in seiner menschenfeindlichen Flüchtlingspolitik zu übertreffen. Seit einigen Monaten beschäftigen wir uns mit der vermehrten Entstehung von „Bürgerinitiativen“ gegen geplante Sammelunterkünfte in Deutschland. In Berlin bilden diese sich vor allem aktuell in den Bezirken Köpenick, Pankow/Buch und Marzahn-Hellersdorf. Außerdem kommt es verstärkt zu rassistischen Angriffen auf Einzelpersonen, die als Nicht-Deutsche identifiziert werden, auch in Neukölln oder Kreuzberg.

Kennzeichnend für die Mobilisierungen gegen die Unterkünfte ist es, dass sie zumeist über eine Facebook-Seite an die Öffentlichkeit treten, auf der sich schnell einige hundert bis tausend Likes finden. Damit wird eine virtuelle Plattform geschaffen, die zur Verbreitung von Informationen dient, über die vor allem aber das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und eine Handlungsbereitschaft erzeugt wird. Diese digitale Formierung geht meist einher mit direkten und öffentlichen Aktionen: es
werden Flugblätter in der Nachbarschaft verteilt, es kommt zu Versammlungen vor den (geplanten) Unterkünften oder den Bezirksparlamenten, zu Hetze auf den bezirklich organisierten „Informationsveranstaltungen“ für Anwohner_innen und zu direkten Angriffen bis hin zu Brandanschlägen und Mordversuchen. Die Organisation Pro Asyl zählt seit Anfang des Jahres 50 gewaltsame Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte, darunter 23 Brandanschläge, außerdem 29 körperliche Angriffe auf Geflüchtete und knapp 200 Kundgebungen/Demonstrationen gegen Flüchtlingsunterkünfte. In Limburg/Hessen wurde am 22. Oktober ein Geflüchteter aus rassistischen Gründen ermordet.

Unter dem Motto „Handeln statt Klagen“ kursiert aktuell ein besorgniserregender Aufruf zur berlinweiten Vernetzung und als Ausgangspunkt für gemeinsame Aktionen unterschiedlicher „Bürgerinitiativen“. In Marzahn wurden bereits Demonstrationen unter diesem Titel durchgeführt. Scheinbar unpolitische Bürger_innen gehen mit organisierten Nazis argumentativ und zum Teil auch praktisch eine nicht mehr zu unterscheidende Allianz ein. In den ersten Novemberwochen gab es allein in Berlin etwa ein Dutzend Demonstrationen. So haben am 10.11. bis zu 500 Menschen in Marzahn gegen die geplante Container-Unterkunft für Geflüchtete demonstriert. „Hogesa“-Rufe zeigen die positive Bezugnahme auf andere Naziaktivitäten bundesweit. Medien und Politiker_innen aller Parteien gehen auf die vermeintlich „berechtigten Sorgen und Ängste der Anwohner“ ein und reproduzieren diese, anstatt sich klar vom rassistischen Mob zu distanzieren. Nicht die „Sorgen und Ängste“ gilt es ernst zu nehmen, sondern die rassistische Einstellung und die mangelnde Abgrenzung der Bürger_innen gegenüber Nazis. Deshalb nochmal ganz deutlich: Diese Ängste sind Rassismus!

Mit den Bildern der Pogrome von Hoyerswerda 1991 und Rostock-Lichtenhagen 1992 im Kopf schauen wir erschrocken auf all die Orte, an denen wieder Brandsätze auf Geflüchtetenunterkünfte geworfen werden. Die Pogrome in den 90ern zeigten deutlich, welche Gefahr von einer solchen arbeitsteiligen rassistischen Dynamik ausgeht. Auch wenn sich die Rolle von Politik und Medien im Vergleich zu den 90ern verändert hat und derzeit der Mob (noch) keine uneingeschränkte Legitimation zum Losschlagen findet: Die Erfahrung lehrt, dass es sehr wichtig ist, frühzeitig gegenzusteuern und die Bildung eines effektiven und gewalttätigen Mobs zu verhindern. Deshalb muss den Rassist_innen auf allen Ebenen wiedersprochen werden!

Wir rufen alle emanzipatorisch gesinnten Menschen auf, sich den rassistischen Mobilisierungen in aller Deutlichkeit entgegen zu stellen:

- Informiert Euch frühzeitig über (neu entstehende) Heime in Euren
Stadtteilen und beobachtet die Stimmung in der Nachbarschaft, um schnell
einschreiten zu können!

- Macht euer Wissen öffentlich zugänglich, helft anderen bei Störung und
Sabotage der rassistischen Vergemeinschaftung

- Interveniert auf den Facebook-Seiten der „Bürgerinitiativen“, stört
die gemeischaftsbildenden Einheit, bringt ihre Diskussionen
durcheinander, legt Fake-Seiten an, fordert die Sperrung der Seiten!

- Lasst rassistische Hetze nicht unwidersprochen: ob auf
Anwohner_innen-Veranstaltungen der Bezirke, auf Treffen der
Bürgerinitiativen, bei Unterschriftensammlungen oder auf
Nazi-Kundgebungen: Mobilisiert, geht hin, mischt Euch ein und stört die
Rassist_innen!

Dazu einige Termine in den nächsten Wochen, die eine antifaschistische und antirassistische Präsenz erfordern:

- 22. November 2014 Berlin-Marzahn: Nazi-Aufmarsch verhindern!
- rassistische „Montagsdemos“ in Marzahn und Buch
- Anfang Dezember 2014: Eröffnung der ersten Container-Unterkünfte in
Köpenick

aktuelle Infos:
http://akmh.blogsport.eu
facebook.com/antira.infoportal
http://www.antifa-berlin.info
facebook.com/HellersdorfhilftAsylbewerbern

deutschland demobilisieren – eine Kampagne der NFJ Berlin

demob (at) naturfreundejugend-berlin.de