Leipzig. Vier Jahre nach dem rassistischen Mord an Kamal K. in Leipzig rufen verschiedene Initiativen zu einem Gedenkmarsch auf. Die Demonstration am Samstagnachmittag soll sich neben gemeinsamer Erinnerung auch gegen die Bagatellisierung rassistischer Gesinnungen und Straftaten wenden. Der Marsch beginnt um 14 Uhr auf dem Markt in der Innenstadt und führt dann über den Tatort des Verbrechens am Hauptbahnhof in Richtung östliche Stadtteile.
Der damals 19-jährige Iraker war in den Morgenstunden des 25. Oktober 2010 von zwei Neonazis vor dem Hauptbahnhof erstochen worden. Nach Überzeugung des Gerichts war Kamal K. von den Tätern aufgrund seines ausländischen Aussehens erst angepöbelt und anschließend mit einem Messer attackiert worden. Der Haupttäter wurde zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt, sein Komplize erhielt drei Jahre Freiheitsentzug.
Laut Statistik der Demo-Organisatoren ist der gewaltsame Tod von Kamal K. einer von acht in Leipzig, die seit der Wende mit rechtsmotivierter Gesinnung verübt worden. Die Messestadt rangiere bei ausländerfeindlicher Gewalt bundesweit sogar auf Platz zwei. Allerdings seien fünf der Morde vom Bundesinnenministerium nicht als rassistisch anerkannt.
Wie es in einer Erklärung der Initiatoren vom Donnerstag heißt, sei deshalb weiterhin eine kritische Begleitung von rechts-motivierten Straftaten notwendig. „So wurde nur durch Druck und dauerhafte Thematisierung […] ein rassistisches Tatmotiv im Fall Kamal K. durch das Gericht anerkannt”, heißt es in der Erklärung. Die Demonstration diene deshalb auch nicht nur der Erinnerung, sondern soll zudem den gesellschaftlichen Rahmen kritisieren, in dem solche Morde möglich sind. „Rassismus passiert tagtäglich einer Vielzahl von Menschen in unserer Gesellschaft, die aus verschiedenen Gründen vermeintlich nicht zu einer weißen Mehrheitsgesellschaft zählen“, so Maximilian Schmidt vom Initiativkreis „Rassismus tötet“.
Jusos: „Handlungsbedarf angesichts der Wahlergebnisse“
Ähnlich sieht dies auch Sachsens Juso-Vorsitzende Katharina Schenk, die angesichts der vergangenen Wahlergebnisse im Freistaat und in Leipzig zusätzlichen Handlungsbedarf erkennt. „Die jüngsten Wahlergebnisse zeigen: Rassismus kennt viele Wege, er bahnt sich hinter 'das muss doch mal gesagt werden dürfen'-Floskeln seinen Weg in den Alltag“, so die künftig auch im Leipziger Stadtrat arbeitende Jungpolitikerin.
Laut Statistik der Amadeu-Antonio-Stiftung gab es seit 1990 insgesamt 184 rechtsmotivierte Morde in der Bundesrepublik. In Leipzig gehören neben Kamal K. dazu auch der 1994 von Skinheads zu Tode geprügelte Klaus R., der 1996 von Rechtsextremen erstochene Bernd G., der 1996 von zwei Skinheads ermordete Achmed B., der 1998 von Neonazismisshandelte Zimmermann Nuno L. und der 2008 von einem betrunkenen Neonazi zu Tode geprügelte Obdachlose Karl-Heinz T. Darüber hinaus starb 2011 der Obdachlose André K. in einem Leipziger Krankenhaus, nachdem er in Oschatz von Rechtsextremen misshandelt worden war.
Zudem gibt es laut der Demo-Organisatoren zwei weitere Verdachtsfälle: 1995 wurde der obdachlose Horst K. in einer Leipziger Straßenbahn von Jugendlichen angezündet und erlag später den Verletzungen. 2003 starb der Schüler Thomas K auf dem Weg ins Krankenhaus, nachdem er zuvor von einem Neonazi mit einem Messer angegriffen worden war.
Lediglich drei genannten Straftaten sind vom Bundesinnenministerium als rassistische anerkannt. Bundesweit listet die Bundesregierung 63 rechts-motivierte Morde auf.
Weitere Statistik im Netz: www.mut-gegen-rechte-gewalt.de
Zugtreffpunkt für alle aus Berlin
Zur gemeinsamen Anreise aus Berlin gibt es nun einen Zugtreffpunkt:
Samstag, 25.10.2014
10.45 Uhr
Bahnhof Berlin Alexanderplatz, Gleis 2
Abfahrt: 11.07 Uhr