Frank Henkel will gegen Linksextremismus vorgehen

Erstveröffentlicht: 
05.10.2014

Nach den linksextremen Anschlägen der vergangenen Tage lässt der Innensenator Frank Henkel den Fahndungsdruck und die Polizeipräsenz erhöhen. Der Opposition ist das zu wenig.

 

Nach den jüngsten Gewalttaten der linksextremistischen Szene reagiert nun die Polizei und setzt mehr Beamte ein. „Die Polizei ist mit zivilen und uniformierten Kräften verstärkt im Einsatz“, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) dem Tagesspiegel. „Die Polizei tut alles, was in ihrer Macht steht, um diesem unsäglichen Treiben Einhalt zu gebieten.“ Wie berichtet, hatte ein Mob vermummter Linksextremisten am Mittwochabend Häuser am Engeldamm mit Steinen und Farbbeuteln beworfen. Ein Möbelgeschäft wurde zum fünften Mal getroffen, bei einer Familie flog ein Pflasterstein ins Kinderzimmer.

 

Nach Angaben des SPD-Abgeordneten Tom Schreiber will die Familie jetzt wegziehen. Das Gebäude in Mitte, direkt an der Bezirksgrenze zu Kreuzberg, wurde vor wenigen Jahren erbaut. Am Donnerstag wurde im Internet ein Bekennervideo veröffentlicht, in dem Schreiber bedroht wird. Am Freitagabend meldete sich der Staatsschutz der Polizei bei Schreiber und bot ein sogenanntes Sicherheitsgespräch an.

 

„Anwohner und betroffene Unternehmen erwarten zu Recht Schutz und Hilfe vom Staat“, sagte Henkel weiter. Linksextremisten müssten politisch mit der gleichen Vehemenz wie Rechtsextremisten isoliert werden. „Es gibt keinen guten politischen Extremismus, und es gibt vor allem keine gute Gewalt“, sagte der Senator. „Die Polizei hat den Fahndungsdruck erhöht, und sie wird ihn hochhalten“, versicherte Henkel drei Tage nach dem Anschlag am Engeldamm und zwei Tage nach einer Serie von linksextremistischen Autobrandstiftungen.

Der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber hatte, wie berichtet, direkt nach den Taten einen massiven, auch verdeckten Einsatz der Polizei gefordert. Auch ein Verbot von linksextremistischen Gruppen wie der „Roten Hilfe“ sei zu prüfen.

 

„Zieht der letzte Bürgerliche weg, wird das für Friedrichshain-Kreuzberg zu einer Katastrophe“

 

„Diese Vorschläge sind zu unterstützen“, sagte der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner. „Wer irgendwo etwas Kritisches äußert, das die linke Szene nicht mag, muss damit rechnen, dass er Besuch erhält.“

 

Genau das droht nun den künftigen Bewohnern eines Neubauprojektes an der Rigaer Straße in Friedrichshain. Am Freitag wurde auf einer linksextremistischen Internetseite eine Warnung veröffentlicht. „Trotz der eindeutigen Ablehnung von Luxuseigentum in diesem Stadtteil wollen Verrückte ihren Palast hier bauen“, heißt es in dem Pamphlet einer „Anwohner_innen Initiative“. Auf einem Brachgrundstück errichtet eine Baugruppe derzeit sechs Häuser, die bald bezogen werden sollen. Das Schreiben endet mit der Drohung: „Wer im Glashaus sitzt…“

 

„Zieht aber der letzte Bürgerliche aus dem Bezirk weg, wird das für Friedrichshain-Kreuzberg zu einer Katastrophe“, sagte Wansner. Der Kreisvorsitzende des Bezirks erwartet von Innensenator Henkel, „verstärkt den Blick auf den Bezirk zu richten“. Es sei schon richtig gewesen, dass Henkel die Einsetzung einer Sonderkommission gefordert habe. Das war 2009, Henkel war damals CDU-Fraktionschef in der Opposition. Vor dem 1. Mai 2009 verteilte die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus Postkarten, auf denen sie eine Sonderkommission der Polizei forderte. „Die Ermahnung des Innensenators Körting, man solle Autos nicht provozierend parken, ist eine Frechheit sondersgleichen”, sagte Henkel damals. „Das ist die Kapitulation vor linker Gewalt.“

 

Die Position der Grünen ist eindeutig: Nein zur Gewalt


Deutliche Worte findet die SPD-Kreisvorsitzende Julia Schimeta. „Wir brauchen mehr Polizeipräsenz. Von Henkel kommt zu wenig.“ Jenseits der „konventionellen Strafverfolgung“ will Schimeta keine populistischen Lösungsansätze. In der Friedrichshain-Kreuzberger SPD habe sich eine Arbeitsgruppe „Innere Sicherheit“ gebildet, die sich mit dem Drogenproblem im Görlitzer Park oder an der Revaler Straße befasst. Mit den Grünen habe man schon gesprochen.

 

Die Position der Grünen ist eindeutig: Nein zur Gewalt. Auch in der Straße, wo sie wohne, sagt Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek, seien schon Autos angezündet worden. „Das ist gruselig und muss bestraft werden.“ Innenpolitiker Benedikt Lux fordert, den Fahndungsdruck zu erhöhen. Dazu gehörten auch wie 2011 zivile Streifen, die auf Brandstifter achten. Lux kann sich auch eine Funkzellenabfrage vorstellen. „Die Anschläge sind völlig inakzeptabel.“ Leute, die anderen vorschreiben würden, wer wo wie leben darf, hätten in einer weltoffenen Stadt wie Berlin nichts zu suchen. „Wer Gewalt anwendet, ist ein Straftäter. Gewalt ist kein Mittel linker Politik“, sagt Halina Wawzyniak, Bundestagsabgeordnete der Linken und Kreisvorsitzende.

 

Lux, Wawzyniak und Schimeta kritisieren den Senator. „Henkel taucht unter“, sagt Lux. Er habe seit drei Jahren nichts dazu beigetragen, um effektiv gegen Linksextremisten vorzugehen. Lux erwartet auch von Parteifreunden, Straftaten nicht zu dulden. Nachdem die letzte Bezirksverordnetenversammlung (BVV),  wie berichtet, von der Vorsteherin Kristine Jaath (Grüne) nach Pöbeleien abgebrochen worden war, „haben wir daraus gelernt“, sagt Lux. „Vermeintliche Aktivisten, die sich illegaler Methoden bedienen, dürfen nicht geduldet werden.“ Die nächste BVV wird unter Polizeischutz stattfinden.

WERBUNG
Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Tagesspiegel Artikel  "Kreuzberger Kriegserklärung"